Entfernung der Antike
Carl Ludwig Fernow im Kontext der Kunsttheorie um 1800
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Über dieses Buch
Der Spätaufklärer Fernow (1763-1808) hält an Denkfiguren des Klassizismus fest, für den Antike und Natur zu jenem erneut normativen Referenzhorizont geworden waren, innerhalb dessen sich der "ganze Mensch" zu definieren begonnen hatte. In dieser Hinsicht steht Fernows Beitrag zur Ästhetik in der Nachfolge von Winckelmann und Mengs. Andererseits ist Fernow vom Klassizismus Winckelmanns durch einen epistemologischen Bruch getrennt, der es ihm nicht mehr erlaubt, "Antike" vom Grundsatz der Nachahmung her zu verstehen. Dieser Bruch, der zwischen einem mimetischen und einem produktionsästhetischen Verständnis von Kunst verläuft, wird anhand von Bedeutungsverschiebungen der kunsttheoretischen Begrifflichkeit nachgezeichnet. Bei Fernow hat sich das historische Denken der Spätaufklärung, das zur Relativierung metaphysisch verankerter Wissensbestände angetreten war, zu einem kunsthistorischen Denken transformiert, das im Bewußtsein, den Bruch mit der Vergangenheit vollzogen zu haben, einen Stilbegriff erarbeiten muß, der nun als Problem der Darstellung zu definieren hat, was als Repräsentation nicht mehr gedacht werden kann. Die Aufgabe, jene neue Einheit von "Darstellung" zu stiften, wird damit einem Begriff des bildnerischen Umrisses aufgegeben, der von sich aus als Einheit zu setzen hat, was nicht mehr im rhetorischen Verständnis von compositio aus Teilen zusammenzusetzen ist. Fernow will autonome Kunst vom Eigenwert des signifikativen Materials her bestimmen. Diese sensualistische Aufwertung des Signifikanten trennt ihn denn auch von den Weimarer Kunstfreunden Goethe und Meyer, zu denen er in einem historischen Augenblick stößt, als diese die normativen Implikationen ihres Klassizismuskonzepts zu überdenken beginnen. Die diskursiven Probleme, die sich aus dieser Autonomietheorie ergeben, werden insbesondere an Fernows Schriften über Carstens und Canova nachgezeichnet.
Häufig gestellte Fragen
Information
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. ›Das Leben des Künstlers Asmus Jakob Carstens‹: Spätklassizistische Kunstindustrie und autonomes Kunststreben
- Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Kunstgeschichte: Zum Begriff des Stils um 1800
- Zeichnung zwischen Bildlektüre und Darstellung
- »Wir armen Künstler dieser letzten Zeiten« – Wahl des Stoffes als Gegenstandsproblem der Moderne
- »Darstellungen ohne bestimmten Moment« – Ausdruck und Ausdrucksloses
- Kolorit ohne Helldunkel. Zur Pauperisierung der Bildmittel in der Moderne
- Schönheit in der Verhüllung: Gewand
- ›Kunststreben‹ einer produktiven Einbildungskraft
- 3. ›Über den Bildhauer Canova und dessen Werke‹
- »Al color vero« – Hebe und die Frage der Polychromie der Plastik
- »Wo sonst der Apollo stand« – Perseus
- »bei den Alten war die Wirklichkeit so gediegen und reich an Leben« – Das Monument für Erzherzogin Maria Christina von Osterreich
- 4. Schluß
- Anhang
- 1. Zur Ikonographie Carl Ludwig Fernows
- 2. Zu Fernows Zeichnungen
- 3. Zu Fernows Bibliothek und Kupferstichsammlung
- 4. Fernows Editionsplan für die erste Gesamtausgabe der Winckelmannischen Schriften
- 5. Eine unbekannte Schrift Fernows
- Literaturverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
- Abbildungen
- Personenregister