Reisen zum Ursprung
Das Mauritius-Projekt von Jean Marie Gustave Le Clézio
- 349 Seiten
- German
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Über dieses Buch
Die vorliegende Studie stellt die zweite Werkphase von J.M.G. Le Clézio (*1940) in die literarische Tradition imaginärer Reisen, die sich aus Romantik und Surrealismus herleiten. Imagination und Traum sind Schlüsselbegriffe einer auf Grenzüberschreitung ausgerichteten Suche, die sich vor allem auf die Sprach- und Ecriture konzeption bezieht. Seit dem Roman »Voyages de l'autre côté« wird die Reise auf die 'andere Seite' zum Programm, mit der Erzählung »La montagne du dieu vivant« auch zum Struktur- und Erkenntnisprinzip: Der Initiationsweg beschreibt die stufenweise Abkehr aus der historischen Wirklichkeit und die temporäre Erfahrung mystischer Überwirklichkeit, aus der die Protagonisten, desillusioniert oder befreit, zurückkehren. Am Beispiel der Mauritius-Texte - dem Roman »Le chercheur d'or« (1985), dem Reisebericht »Voyage à Rodrigues« (1986) sowie dem monumentalen Reiseroman »La quarantaine« (1995) - wird deutlich, daß die wiederholte Reise auf die Insel der Vorfahren einer poetologischen Selbstinszenierung entspricht: Die regressive Engführung der Quarantäne wird zum Akt dichterischer Selbstwerdung. Auf der methodischen Grundlage von Gaston Bachelards Dichtungstheorie der imagination matérielle, die auf C.G. Jungs Archetypenlehre rekurriert, wird das Projekt in tiefenpsychologischer Perspektive untersucht: In einer Figuren- und Bildbereichanalyse wird gezeigt, daß wiederkehrende Doppelgänger und elementare Naturräume Projektionen sind, durch die sich ein schreibendes Ich zum Ursprung des Textes führt.
Häufig gestellte Fragen
Information
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Forschungsstand
- A. Methodologische Überlegungen
- 1. Le Clézios extase matérielle als Bewußtseinsexperiment
- 1.1 Die äußere Natur als Spiegel innerer Prozesse
- 1.2 Von der Bewußtseinsreise zum mythischen Sonnenhelden
- 2. Gaston Bachelards imagination matérielle als Dichtungstheorie
- 2.1 Primitivität und Moderne: Lautréamonts Chants de Maldoror
- 2.2 Poesie und Wissenschaft: Bachelards Literaturpsychologie
- 2.3 Zur Technik der aktiven Imagination
- B. Zur Initiationsstruktur der Reise
- 1. Initiation und Erkenntnis
- 2. Rituale des Übergangs
- 2.1 Das Strukturmodell: Die Erzählung La montagne du dieu vivant (1978)
- 2.2 Phase I des Projekts: Der Roman Le chercheur d’or (1985)
- 2.3 Phase II des Projekts: Der Reiseroman La quarantaine (1995)
- C. Reise zum Ursprung des Ich: Konzepte personaler Doppelung
- 1. Figuren des Animus als Doppelgänger
- 1.1 ‹Je suis un Indien›: Archaik als anthropologische Konstante
- 1.2 ‹Devenir autre›: Alterität als experimentelle Konstante
- 1.3 ‹Je suis l’autre Léon›: Der Vater als existentielle Konstante
- 2. Die Figur der Anima
- 2.1 Die Kindgöttin
- 2.2 Zur Dynamik der Ganzheit: Fisch und Vogel
- D. Reise zum Ursprung der Welt: Die Poetik der Elemente
- 1. Abstieg ins Imaginäre: Das Wasser als onirische Substanz
- 1.1 Der Jona-Komplex
- 2. Die Inselquarantäne und der Akt dichterischer Selbstwerdung
- 2.1 Der Robinson-Komplex
- 3. Zur Dynamik der Imagination: Der Poet als Feuervogel
- 3.1 Der Phaeton-Komplex
- 3.2 Der Phoenix-Komplex
- Resümee: Vom gefesselten zum entfesselten Dichten
- Literaturverzeichnis
- 1. Siglen
- 2. J. M. G. Le Clézio
- 2.1 Werke
- 2.2 Artikel und Rezensionen
- 2.3 Interviews
- 3. Werke anderer Autoren
- 4. Sekundärliteratur