Die Politisierung des antiken Mythos in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur
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Die Politisierung des antiken Mythos in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur
Über dieses Buch
Die deutsche Literatur der letzten vier Jahrzehnte hat in den verschiedenen politischen Kontexten, in denen sie sich entwickelt hat, eine beachtliche Anzahl von mythopoetischen Werken hervorgebracht, die Wurzeln in der klassischen Antike haben. Der gemeinsame Nenner dieser Werke ist das politische Moment. Der politisierte Mythos ist littérature engagée, insofern sein Ziel ein kritisch-aufklärerisches ist; zugleich aber ist er poésie pure, insofern er ein intertextuelles Spiel darstellt. Die künstlerischen Strategien - Historisierung, Ästhetisierung, Polemisierung, Allegorisierung und Methaphorisierung - werden als intertextuelle Dialogmodalitäten betrachtet und exemplarisch diskutiert. Akribisch durchgeführte Analysen von Werken von Rolf Hochhuth (»Die Berliner Antigone«), Günter Kunert (»Ikarus 64«), Volker Braun (»Iphigenie in Freiheit«), Botho Strauß (»Ithaka. Schauspiel nach den Heimkehr-Gesängen der Odyssee«) und Friedrich Dürrenmatt (»Minotaurus. Eine Ballade«) fungieren als Beitrag zur Diskussion um die Einheit, die Kontinuität und die Identität der deutschen Gegenwartsliteratur. Diese Diskussion gestaltet sich zugleich auch als Diskussion um die Identität der Postmoderne, zumal dem Umgang der Postmoderne mit dem antiken Mythos und der von ihr praktizierten Mythencollage eine Fülle von identitätsstiftenden Momenten innewohnt, die bisher wenig analysiert wurden.
Häufig gestellte Fragen
Information
Inhaltsverzeichnis
- Einführung: Mythos und Intertextualität
- I. Politisierung durch Historisierung: Rolf Hochhuths Prosawerk ›Die Berliner Antigone‹
- Analogien zur Gegenwart
- »Eine unerhörte Begebenheit«?
- Aufspaltungen, Tautologien, Metaphern
- »Die Kollision der beiden höchsten sittlichen Mächte«
- Die Frage nach den Grenzen der Macht
- Sprache und Diktatur
- Gesetz und »Führerbefehl«
- »Was schau ich Arme noch zu Göttern auf?«
- Politische Initiation, metaphysische Initiation
- Tragische hamartía?
- Zwischen profaner Tat und heiligem Ritual
- Die Freiheit der Gefangenen
- »Ein dialektisches Kalkül«?
- Aufklärungsstrategien
- Vergangenheitsbewältigung
- II. Politisierung durch Ästhetisierung: Günter Kunerts Gedicht ›Ikarus 64‹
- Erst- und Endfassung des Gedichtes ›Ikarus 64‹
- Von Ikarus zu Kassandra
- Das intertextuelle Bezugsfeld des Gedichtes ›Ikarus 64‹: eine Skizze
- Unter der Maske des sozialistischen Realismus
- Politische Utopie, künstlerische Utopie
- »Ballast«: Thema und Variationen
- Ikarus: Euphorion, Christus, Sisyphus
- Im Dialog mit Franz Kafka
- Im Zeichen der Paradoxie
- Ästhetisierung des poetischen Duktus
- III. Politisierung durch Polemisierung: Volker Brauns Text ›Iphigenie in Freiheit‹
- Ein reduktionistisches Interpretationsangebot
- Der »Wahnsinn unserer transitären Existenz«
- Ideologische Gefangenschaft
- Die Befreiung aus der ideologischen Gefangenschaft
- Das denkende Individuum, das handelnde Individuum
- »Unter dem hellen Himmel der wie Blut stürzt«
- Iphigenie, Sonja Marmeladowa, Marion
- Weitere Elemente einer russischen Kulturwelt
- Die Realität der Gewalt, die Utopie des humanen Handelns
- Eine postmoderne revolutionäre Literatur
- Die Welt als Supermarkt
- Die Dialektik der »friedlichen Arbeit«
- »Alles Erben ist zugleich Polemik«
- IV. Politisierung durch Allegorisierung: Botho Strauß’ ›Ithaka. Schauspiel nach den Heimkehr-Gesängen der Odyssee‹
- »Das souveräne Mißverständnis, das inspirierte Versehen«
- »Eine Übersetzung von Lektüre in Schauspiel«
- Poetologische Monade, ästhetisches Relikt
- Im Zeichen des ästhetischen Matriarchats
- Der König als Komödiant, der Komödiant als König
- Erotik und Macht, Perversion und Politik
- Germanen, Nationalsozialisten, Neofaschisten
- ›Ithaka‹ und ›Der Untergang des Abendlandes‹
- »Wiedervereint ist das Paar«
- ›Ithaka‹ – eine Antwort auf Sergej Eisensteins Film ›Panzerkreuzer Potemkin‹
- ›Ithaka‹ und ›Das Gleichgewicht‹ – zwei Rezeptionsmodelle der ›Odyssee‹, zwei Variationen zum Thema Wiedervereinigung
- V. Politisierung durch Metaphorisierung: Friedrich Dürrenmatts ›Minotaurus. Eine Ballade‹
- Das Gleichnis und sein dynamisches Bedeutungspotential
- Die Tänze im Labyrinth
- Mimetische Syntax
- Rhetorik der Parallelspiegel
- Die Sonne und der Mond über dem Labyrinth
- Das Labyrinth – Unterwelt, platonische Höhle, Gefängnis
- Die Farben des Labyrinthes
- Das Wesen: Tier, Mensch, Gott
- Die Utopie »Mensch« und ihr Scheitern
- Die poetologische Auslegung des Gleichnisses: Die Minotaurus-Ballade als ars poetica
- Die existentielle Auslegung des Gleichnisses: Die Minotaurus-Ballade als Anti-Bildungsroman
- Die erkenntnistheoretische Auslegung des Gleichnisses: Die Minotaurus-Ballade als zivilisationskritische Antwort auf Platons Höhlengleichnis
- Die politische Auslegung des Gleichnisses: Die Minotaurus-Ballade als Parabel über den Zweiten Weltkrieg, den Nationalsozialismus und den Holocaust
- Eine irreduktible semantische Pluralität
- Abschließende Bemerkungen: Konstanten einer politisierten Mythosrezeption
- Bibliographie
- Autoren- und Werkregister