Der Dialog bei Ramon Llull
Literarische Gestaltung als apologetische Strategie
- 356 Seiten
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Über dieses Buch
Theoretische Fragen werden im Mittelalter wie schon seit der Antike - in Konkurrenz zum Traktat - in literarischen Dialogen behandelt. Der mittelalterliche Dialog steht dabei häufig noch im Schatten der Forschung zum Renaissancedialog. Hier am Beispiel eines, wenn nicht des wichtigsten Verfassers von Dialogen im (späten) Mittelalter einen Wandel herbeizuführen, ist das Anliegen dieser Arbeit. Die Dialoge Ramon Llulls (1232-1316), die die katalanische Literatur mitbegründen, sollen dabei in die Debatte um das Verhältnis von Wissenschaft und literarischer Form eingebracht werden. Llull, der im deutschsprachigen Raum bislang vornehmlich als Gegenstand der Philosophie und Theologie untersucht wird, stellt die Konkurrenz der Religionen häufig in den Mittelpunkt, so in seinem berühmtesten Religionsdialog, dem »Llibre del Gentil« (dt. »Buch des Heiden und der drei Weisen«). Zentraler Gesichtspunkt der Arbeit ist zunächst das gattungstypische Zusammenspiel von Argumentation und Handlung, durch das ein Verweisgeflecht zugunsten der christlichen Apologie entsteht (»Liber Tartari«). Daneben treten die literarische Ich-Darstellung im Zusammenhang mit der Sünde der ira (»Consolatio Venetorum« und »Desconhort«) sowie die impliziten gattungspoetischen Stellungnahmen für eine der universitären Disputation angenäherten Argumentationstechnik ins Blickfeld (»Disputatio de Fide et Intellectus«). Spätere Dialoge lullistischer Faktur aus Spanien und Portugal zeigen die neben der immensen Rezeption der Ars magna bestehende, literarische Wirkungsmacht Llulls. Im Anhang ist die »Consolatio Venetorum« erstmals ediert. Eine systematische Analyse erschließt das gesamte Dialogkorpus Llulls thematisch und formal.
Häufig gestellte Fragen
Information
Inhaltsverzeichnis
- Danksagungen
- I. Einführung
- I.1 Der Dialog im Mittelalter
- I.1.1 Frühchristliche Dialogtraditionen
- I.1.2 Felder der mediävistischen Dialogforschung
- I.1.3 Ein Dialogkonzept für das Mittelalter
- I.2 Ramon Llull und der Dialog
- I.2.1 Kulturelle und literarische Kontexte
- I.2.2 Ars lulliana und Frage-Antwort-Form
- I.2.3 Dialogkonzepte der Llullforschung
- I.2.4 Untersuchungsziel
- II. Der Llibre del gentil
- II. 1 Religionsdisputationen und Missionsinitiativen als soziokultureller Kontext
- II.2 Das Religionsgespräch zwischen christlich-jüdischer Polemik und iberoromanischer Weisheitsliteratur
- II.3 Strukturierungstechniken im Dienste des ordo
- II.4 Figurenpräsenz und Abstraktion
- II.5 Strategien der Wertung im Dialog
- II.6 Wahrheit zwischen Offenbarung und Ars lulliana
- III. Der Liber Tartari
- III. 1 Europäische Mongolenpolitik und Llullsche Stellungnahme
- III.2 Dialog als Spiegel der Trinität
- III.3 Das Buchmotiv zwischen liber creaturae und mise en abyme
- III.4 Buch und Richter im Llullschen Dialog
- IV. Der Autor als Figur
- IV. 1 Ichdarstellung im Prolog
- IV. 2 Ramon als Figur: Von den Prologen zum Desconhort
- IV. 3 Die Consolatio Venetorum
- IV. 3.1 Politischer Kontext und literarische Abstraktion
- IV.3.2 Tröstungsdialoge in boethianischer Tradition
- IV.3.3 Ira als Komponente der Figurenzeichnung
- IV. 4 Der Desconhort
- IV.4.1 Das autobiographische Ich
- IV.4.2 Ira im Desconhort: Das moralische Ich
- V. Die Oracions i contemplacions de Venteniment
- V. 1 Soliloquientradition und Kontemplation in den Oracions i contemplacions
- V. 2 Personifikationen als Ichdarstellung
- V. 3 Exkurs: Personifikationen im Llibre de sancta Maria
- VI. Die Disputatio Fidei et Intellectus
- VI. 1 Gesprächskohärenz und Gesprächskonstellation
- VI. 2 Der Dialog als gattungspoetische Stellungnahme
- VI. 3 Mechanisierung der Dialogproduktion
- VII. Der Llullsche Dialog als Modell
- VII. 1 Kennzeichen Llullscher Dialoge
- VII. 2 Ausblick: Der Dialog im iberoromanischen Lullismus des Mittelalters
- Anhang 1: Llullsches Dialogkorpus
- Anhang 2: Textedition Consolatio Venetorum
- Anhang 3: Illuminationen zum L. del gentil
- Bibliographische Angaben
- Register