Der Schmuggel politischer Schriften
Bedingungen exilliterarischer Öffentlichkeit in der Schweiz und im Deutschen Bund (1830-1848)
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Der Schmuggel politischer Schriften
Bedingungen exilliterarischer Öffentlichkeit in der Schweiz und im Deutschen Bund (1830-1848)
Über dieses Buch
»Haben unsere Feinde noch Bomben und Kanonen, so haben wir - Flugschriften, kleine, ganz kleine Flugschriften! Glaubt mir, eine einzige Broschüre ist mitunter gegen die Gewalt eine furchtbarere Waffe als ein ganzer Artilleriepark gegen die Freiheit ist.«
Diese Worte stammen von Karl Heinzen, einem der radikalsten Literaten des Vormärz. Sie stehen in einer revolutionären Schrift, die 1846 mit fingiertem Druckort in einem Schweizer Verlag, dem »Literarischen Institut«, produziert, dann über die Grenze in den Deutschen Bund geschmuggelt, dort verkauft und alsbald verboten wurde. Der Verlag, der Heinzens Schrift druckte, produzierte 1845 bis 1852 eine ganze Reihe solcher Pamphlete - darunter auch Freiligraths »Ça ira« - und vertrieb sie in den Deutschen Bund. Neben zahlreichen Archiven in der Schweiz und in Deutschland bilden die Bestände dieses Verlagsarchivs eine einzigartige Quellenbasis für eine Sozialgeschichte der Exilliteratur im Vormärz. So untersucht die Studie am Beispiel des »Literarischen Instituts« und anderer Verlage die Faktoren, die im Vormärz zur Bildung einer exilliterarischen Öffentlichkeit beitrugen. Das "Katz-und-Maus"-Spiel zwischen Verlagen, Exilliteraten und Polizei lief in einer bewegten Phase der europäischen Geschichte ab: Die Ereignisse im Vormärz und in der Revolution von 1848/49 bewogen verschiedene Schweizer Verleger, revolutionäre Schriften deutscher Flüchtlinge zu drucken, die aus der Ferne die politische Entwicklung in ihrer Heimat beeinflussen wollten. Die konservativen Mächte im Deutschen Bund hielten die Schweiz deshalb für einen gefährlichen "Hort der Revolution" und versuchten mit umfangreichen Maßnahmen gegen den Schriftenschmuggel vorzugehen. Die Studie zeigt die Beziehungen zwischen diesen verschiedenen "Feldern" (Bourdieu) auf und analysiert so zentrale Entwicklungen im Vormärz: die politische Emigration, die Auseinandersetzung um Pressefreiheit, die Krise der restaurativen Zensur und Pressekontrolle und den Strukturwandel der Pressepolitik im Deutschen Bund.
Häufig gestellte Fragen
Information
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- a) Fragestellung, Rahmen und Ziel der Arbeit
- b) Quellen, Quellenlage, Quellenkritik
- c) Zum Forschungsstand
- d) Zum Aufbau der Arbeit
- Teil I Das Literarische Institut von Michael Schläpfer und andere politische Verlage in der Schweiz
- 1. Michael Schläpfer und das Literarische Institut
- a) Jugend, Lehre, Wanderjahre
- b) Politische Exilliteratur aus Herisau
- c) Der angesehene Bürger: Schläpfers Bild in der Literatur
- d) Jugendlicher Idealismus, wirtschaftliches Kalkül oder radikale Gesinnung?
- 2. Weitere politische Verlage: Fröbel, Jenni, Walser und Belle-Vue
- a) Die politischen Verlage: Unterschiede und Gemeinsamkeiten
- b) Das Literarische Comptoir von Julius Fröbel »im Kampfe gegen die deutsche Litteraturpolizei« (1841-1846)
- c) Der Verlag von Friedrich Jenni in Bern
- d) Noch ein Appenzeller: Johann Ulrich Walser
- e) Der Verlag Belle-Vue: Eine Druckerei diesseits und jenseits der Grenze
- Zusammenfassung
- Teil II Die Exilliteraten: ihr Umfeld, ihre Ziele, ihre Verbindungen
- 1. Ferdinand Freiligrath: »Der Trompeter der Revolution«
- 2. Karl Heinzen und die »republikanische Hetzjagd«
- 3. Christian Gottlieb Abt
- 4. Friedrich Engels und Karl Marx: »Schufterle Schläpfer in Herisau«
- Zusammenfassung
- Teil III Die deutschen Staaten und der Schriftenschmuggel
- Pressepolitik im Wandel: Vom Polizei- zum Justizsystem
- 1. Der Deutsche Bund
- a) Der Deutsche Bund und die Pressefreiheit
- b) Die Bundespressepolitik im Wandel
- c) Der Deutsche Bund und die Schweizer Verlage: Presse- und Aussenpolitik
- d) Revolution und Reaktion
- Zusammenfassung
- 2. Preussen: Zensur als gesetzlich verwaltete Ordnungspolitik
- a) Die Pressepolitik und die preussischen Reformen
- b) Ein dickes Dossier über das Literarische Institut
- c) Preussen nach der Revolution
- Zusammenfassung
- 3. Österreich: Die Ära Metternich
- a) Metternichs Pressepolitik
- b) Zensur, Geheimdienst und Spitzelberichte
- Exkurs: Zum Umgang mit Verwaltungs- und Polizeiakten in der Geschichtswissenschaft
- c) Das System Metternich und die Schweiz
- Zusammenfassung
- 4. Sachsen: Ein Königreich zwischen Buchhandel und Nachbarn
- a) Sachsens Zensur- und Pressepolitik: Zwischen Toleranz und Repression
- b) Schweizer Schriften in Leipzig: Spuren, reger Austausch und viel Verdruss
- c) Nach der Revolution: Der grosse Schlag gegen Schläpfer
- Zusammenfassung
- 5. Die süddeutschen Staaten: Baden, Württemberg, Bayern
- a) Grossherzogtum Baden: Ein Grenzstaat
- b) Königreich Württemberg: Pragmatismus als Ausweg
- c) Königreich Bayern: »Zwischen Verfassungstreue und Bundespflicht«
- Teil IV Die Massnahmen gegen die Exilverlage in der Schweiz
- 1. Kantonale Massnahmen gegen die politischen Verlage
- a) Die Appenzeller Regierung und das Literarische Institut
- b) Das Verfahren gegen Walser
- 2. Die Strategien und Tricks der Verlage
- Schlussbemerkungen
- Bibliografie
- 1. Quellen
- 2. Literatur
- Anhang
- Register