Mittelständische Unternehmer im Nationalsozialismus
Wirtschaftliche Entwicklungen und soziale Verhaltensweisen in der Schuh- und Lederindustrie Badens und Württembergs
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Mittelständische Unternehmer im Nationalsozialismus
Wirtschaftliche Entwicklungen und soziale Verhaltensweisen in der Schuh- und Lederindustrie Badens und Württembergs
Über dieses Buch
Wie verhielten sich mittelständische Unternehmer im Dritten Reich? Profitierten sie, wie oft gesagt wird, vom Nationalsozialismus und unterstützten ihn tatkräftig? Am Beispiel der baden- und württembergischen Schuh- und Lederindustrie geht die Autorin diesen Fragen nach.
Da die Betriebe stark von Im- und Exporten abhängig waren, hatten die Eingriffe der NS-Planungsbehörden oft existenzbedrohende Folgen. Beide Branchen, in denen Juden überdurchschnittlich repräsentiert waren, waren in extrem hohem Maße der sogenannten Arisierung ausgesetzt. Etliche Unternehmer beider Branchen verweigerten die Umsetzung antijüdischer Maßnahmen, selbst wenn dies der betrieblichen Entwicklung schadete. Erpreßte "Verkäufe" lehnten die meisten ab, zeigten sich also resistent gegen diese Folge nationalsozialistischer Weltanschauung und suchten den Entrechteten zu helfen.
Einer der Unternehmer fand schließlich in Litauen, konfrontiert mit der Mord-Politik der Nationalsozialisten, zum entscheidenen Widerstand, der vielen Juden das Leben rettete. Da er früh Mitglied der NSDAP geworden war, hatte er nach 1945 ein schwieriges Entnazifizierungsverfahren zu überstehen. Auch dieses Nachkriegsgeschehen betrachtet die Autorin.
Häufig gestellte Fragen
Information
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- I. Die Entwicklung der deutschen Schuh- und Lederindustrie
- 1. Die deutsche Schuh- und Lederindustrie bis 1933
- 1.1. Vom Handwerk zum Industriebetrieb: Die Lederindustrie im Zeichen der Industrialisierung
- 1.2. Die Bedeutung des Welthandels für die Lederindustrie
- 1.3. Von Krise zu Krise: Die Entwicklung der Schuhindustrie
- 1.4. Die Bedeutung des Schuhaußenhandels
- 2. Die Zentren der deutschen Schuh- und Lederindustrie
- 3. Firmengeschichten
- 3.1. Der Weg durch die Krise: Die Firma Louis Schweizer, Backnang und Murrhardt
- 3.2. Keine Spur von Krise: Die Firmen Carl Kaess und Backnanger Lederwerke GmbH, Backnang
- 3.3. Vom Aufschwung der Lederfirma Carl Freudenberg in Weinheim/Bergstraße zur großen Krise in der Oberlederproduktion
- 3.4. Die Krise überwinden: Die Roßledergerberei Sigmund Hirsch in Weinheim/ Bergstraße
- 3.5. »...daß ein Schwabe immer mehr hält, als er verspricht!« Salamander: Die Geschichte eines Weltunternehmens
- II. Eingriffe der nationalsozialistischen Planungsbehörden in die Wirtschaft
- 1. Die Grundzüge der NS-Wirtschaftspolitik
- 1.1. Vom Neuen Plan zum Vierjahresplan
- 1.2. Die Kriegswirtschaft
- 1.3. Die Neuorganisation der Wirtschaft
- 2. Staatliche Lenkung in der Schuh- und Lederindustrie
- 2.1. Den Mangel verteilen: Rohstofflenkung
- 2.2. Preisgestaltung im Bereich der Lederwirtschaft
- 2.3. Staatlich gefördertes »Preisdumping« zur Förderung des Exports: Das Zusatz- ausfuhrverfahren
- 2.4. »Deutsche Werkstoffe«: Die Ersatzstoffproduktion
- 2.5. Lenkung der Produktion
- 2.6. Firmenschließungen
- 2.7. Lenkung der Arbeitskräfte
- III. Auswirkungen - Die Schuh- und Lederindustrie während des Nationalsozialismus
- 1. Aufschwung und Defizit
- 2. Schuh- und Lederfirmen im »Organisationsdschungel« der NS-Planungsbehörden
- 3. Die Entwicklung der einzelnen Firmen während des Nationalsozialismus
- 3.1. Lederfirmen im Zeichen der Autarkie
- 3.1.1. Wachstum und Rückgang: Die Firma Louis Schweizer, Backnang und Murrhardt
- 3.1.2. Expansion und Stagnation: Die Kaess’sehen Gerbereien
- 3.1.3. Aufschwung durch Rüstungsaufträge: Die Firma Christ. Breuninger, Schorndorf
- 3.1.4. Die Katastrophe auf dem Oberledermarkt setzt sich fort: Die »Lederfabrik« Carl Freudenberg
- 3.2. Die Entwicklung der Schuhfirmen Südwestdeutschlands
- 3.3. Zusammenfassung und Vergleich
- 4. Firmenschließungen im Bereich der württembergischen und badischen Lederindustrie
- 5. Ersatzstoffverwendung in der süddeutschen Schuh- und Lederindustrie
- 5.1. Schuhfabrikanten gegen Ersatzstoffe
- 5.2. Die Verwendung von Leder- und Gerbersatzstoffen in den Backnanger Lederfabriken
- 5.3. Von der Leder- zur Kunststoffherstellung
- 6. Konflikte mit Planungsstellen
- 6.1. Schuh- und Lederfirmen vor dem Reichswirtschaftsgericht
- 6.2. Einflußnahme von Parteistellen auf die Justiz: Die Firma Breuninger vor dem Reichswirtschaftsgericht
- 6.3. Konflikte der Firma Schweizer mit Behörden
- 6.4. Ein »nationalsozialistischer Musterbetrieb« vor dem Reichswirtschaftsgericht
- 6.5. Fachliche Mängel bei den Planungsstellen: Die Firma Salamander vor dem Reichswirtschaftsgericht
- 7. Zwangsarbeiter in der Schuh- und Lederindustrie
- IV. Die Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz der jüdischen Bevölkerung
- 1. Erste Boykottmaßnahmen im März/April 1933 bis Frühjahr 1935
- 1.1. Boykottmaßnahmen im März/April 1933
- 1.2. »Schleichende Judenverfolgung« von Sommer 1933 bis Frühjahr 1935
- 1.3. Die Situation der Juden in Württemberg und Baden
- 1.4. Die Auswirkungen der Boykotte auf die Juden in der Schuh- und Lederindustrie
- 2. Die Nürnberger Rassegesetze im Jahr 1935: Keine »Schonzeit« für jüdische Unternehmer
- 3. Der Boykott deutscher Waren im Ausland: Auswirkungen auf die deutsche Schuh- und Lederindustrie
- 4. »Schleichende Judenverfolgung« in der Schuh- und Lederindustrie?
- 5. Die Ausschaltung der Juden aus Wirtschaft und Gesellschaft von Herbst 1937 bis November 1938
- 6. Verschärfte Verdrängung im Bereich der Schuh- und Lederindustrie
- 7. Der Pogrom vom 9./10. November 1938 und die Folgen
- 7.1. Das Schicksal der jüdischen Schuh- und Lederunternehmer
- 7.2. Die Auswanderung jüdischer Schuh- und Lederunternehmer aus Deutschland
- V. »Arisierungen«
- 1. Die »Entjudung« der deutschen Wirtschaft
- 2. »Arisierungen« im Bereich der Schuh- und Lederindustrie in Württemberg und Baden
- 2.1. »Richard Freudenberg gab bekannt, daß sich die Firma die zweitgrößte Schuhfabrik Deutschlands angeeignet hat...«
- 2.2. Von der Gerberei zum Konzern: Die Erfolgsgeschichte der Firmengruppe Carl Kaess
- 2.2.1. Erwerb von Schuhfabriken und von Beteiligungen an Schuhfabriken
- 2.2.2. Überschreitung von Branchengrenzen: Kaess’ Beteiligungen an Brauereien
- 2.2.3. Überschreitung der Landesgrenzen: Kaess’ Erwerbungen in Mähren
- 2.2.4. Zusammenfassung der »Arisierungen« durch Carl Kaess
- 2.3. »Arisierung« von jüdischen Lederfirmen
- 2.3.1. Eine neue Form der »Arisierung«: Übernahme durch eine Firmengruppe
- 2.3.2. »Unrecht Gut gedeihet nicht!«: Die »Arisierung« der Firma Hirsch durch Carl Freudenberg
- 3. Zusammenfassung
- VI. Dissens und Widerstand
- 1. Das Vorgehen gegen einen politisch unliebsamen Betriebsführer: Richard Freudenberg
- 2. Sippenhaftung: Die Familie Räuchle in den Mühlen der NS-Verfolgungsbehörden
- 3. Die Entwicklung zum Widerstand: Richard Schweizer
- 3.1. Ein unangepaßter Unternehmer in Backnang
- 3.2. »Der SD hat ein Verfahren gegen Sie eingeleitet.«
- 3.2.1. Die Vorgeschichte: Zwangsarbeit in den besetzten Gebieten am Beispiel Litauens
- 3.2.2. Widerstand gegen die Verschleppung von Zwangsarbeitern
- 3.2.3. Die Rettung von Juden in Litauen
- VII. Unternehmer vor der Spruchkammer
- 1. Mitläufer (Räuchle und Breuninger)
- 2. Entlastete (Freudenberg und Schweizer)
- 3. Der »Fall Kaess«
- 3.1. Entnazifizierung
- 3.2. Der »Entnazifizierungsskandal« in Württemberg-Baden
- 4. Zusammenfassung
- Schluß
- Anhang
- Abkürzungen
- Begriffserklärungen
- Verzeichnis der Tabellen und Schaubilder
- Quellen- und Literaturverzeichnis
- Personenregister
- Ortsregister
- Firmenregister