Aristotelische Naturphilosophie und christliche Kabbalah im Werk des Paulus Ritius
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Aristotelische Naturphilosophie und christliche Kabbalah im Werk des Paulus Ritius
Über dieses Buch
Als Sohn jüdischer Eltern, der als junger Mann zum Christentum übertrat, wurde Paulus Ritius/Paolo Ricci († 1541), der Leibarzt der habsburgischen Kaiser und Freund des Erasmus von Rotterdam und Johannes Reuchlins, zu einem der wichtigsten Vermittler der italienischen Renaissancephilosophie in Deutschland. Seine Übersetzungen aus dem Hebräischen, seine Arbeiten zur Beweistheorie und seine christianisierende Aufarbeitung der Kabbalah vereinigte Ricci zu einer eigenwilligen Philosophie, die der der christlichen Dogmatik eine rationale Rechtfertigung an die Seite zu stellen versuchte und den Forderungen des zeitgenössischen Averroismus, wie er an der Universität zu Padua vertreten wurde, gerecht werden sollte. Riccis Werke, zu deren wichtigsten Autoritäten neben Averroes vor allem Giovanni Pico della Mirandola und Moses Maimonides wurden, brachten ihn in Konflikt mit den deutschen Universitäten und gipfelten in einer öffentlichen Kontroverse um die Weltseele, die Ricci mit dem Theologen Johannes Eck austrug. Zum letzten Vorhaben seines Lebens wurde die Aussöhnung von Katholiken und Protestanten, deren Scheitern Ricci endgültig zu einem akademischen Außenseiter werden ließ.
Riccis bewegtes Leben und seine ungewöhnliche Karriere machen ihn zu einer der faszinierendsten Gestalten des 16. Jahrhunderts. Die Arbeit würdigt seine Schriften und seine Bedeutung für die Geistesgeschichte der Frühen Neuzeit umfassend.
Häufig gestellte Fragen
Information
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Zu Leben und Werk des Paulus Ritius
- ERSTER TEIL
- Erkenntnistheorie und christliche Kabbalah: Das Paradigma des Pico della Mirandola
- I. Der Kommentar zu Benivieni: Das metaphysische Modell Picos
- 1. Das kosmologische Schema: Die mens angelica
- 2. Fall und Wiederherstellung des Menschen im angelischen Geist
- 3. Die symbolische Sprache und ihre Überlieferung
- 4. Die Erlösung in Gestalt der Kabbalah
- II. Die ›Oratio de dignitate hominis‹: Die Erlösung im ersten Intellekt
- 1. Die Rückkehr zu Gott im Cheruben
- 2. Die Theologie als Hypostase
- 3. Die Wiederherstellung der Theologie als Wiederherstellung des Geistes
- III. Die ›Conclusiones‹: Das Projekt der Erlösung
- 1. Picos Methode
- 2. Die Hierarchie der Intellekte
- 2.1. Die Stufen des Wissens aus der Perspektive der Philosophie
- 2.2. Die Hierarchie der Intellekte in Gestalt der Kabbalah
- 3. Die Erlösung im ersten Intellekt
- 3.1. Die Entgrenzung des Menschen aus der Perspektive der Philosophie: Beweis und Theologie
- 3.2. Die Erlösung in Gestalt der Kabbalah
- 3.3. Jesus Christus als erlösender Intellekt
- 4. Die systematische Positionierung der Kabbalah
- IV. Die scholastische Überformung des Systems: Die ›Apologia‹
- 1. Die Rechtfertigung der Kabbalah: Die Ebenen der Wahrheit
- 2. Das erlösende Bild
- 3. Das falsche Bild
- V. Eine Philosophie der Heilsgeschichte: Der ›Heptaplus‹
- 1. Exegese der Erlösung
- 2. Die kosmologischen Prämissen: Die Rückwendung des Kreatürlichen und die Rolle des Intellektes
- 3. Christus als Wiederherstellung des menschlichen Bildes
- 4. Das Heilsgeschehen
- 4.1. Die Gnade
- 4.2. Die Heilsgeschichte
- VI. Pico als Modell Riccis
- ZWEITER TEIL
- Ein Beweis der Erlösung: Apodeixis, Glaube und Erkenntnis im Werk Paolo Riccis
- I. Eine Parabel der Konversion
- II. Beweis und Methode: Riccis wissenschaftstheoretische Arbeiten
- 1. Der zeitgenössische Hintergrund: demonstratio, doctrina und regressus
- 1.1. Die Formen der Apodeixis
- 1.2. Galen als Gegenstand der Kommentierung
- 1.3. Das Konzept des regressus
- 2. Zwischen Galen und Averroes: ›De novem doctrinarum ordinibus‹
- 2.1. Die Frage nach den drei Ordnungen
- 2.2. Ordo und Vereinigung mit dem tätigen Intellekt: Das ›Compendium philosophiae Peripateticorum‹
- 2.3. Wissenschaft und Aktualität: ›De scientiarum subiectis‹
- 2.4. Doctrina und fides: Die ›Rede über die dreifache Ordnung‹
- III. Theologie zwischen Wahrheit und Glauben: Der problemgeschichtliche Kontext der Schriften Riccis, Quellenmaterial und ein System als Antwort
- 1. Vernunft, Glaube und ewiges Leben: Jüdische und christliche Ansätze
- 1.1. Die Hierarchie der Erkenntnis im arabischen Aristotelismus
- 1.2. Apodeixis und glaubende Wirklichkeit: Das Vorbild Maimonides
- 1.3. Der zeitgenössische jüdische Hintergrund: Torah und Apodeixis in der jüdischen Renaissance
- 1.4. Das Zeugnis der Weisheit: Die Kabbalah als Argument und Motiv
- 1.5. Das christliche Fundament: Thomas von Aquin
- 1.6. Die Freiheit der Vernunft und die Unbeweisbarkeit der Religion: Pietro Pomponazzi als Herausforderung
- 2. Die Selbstevidenz des intelligiblen Gesetzes: Paolo Ricci
- IV. Die Auslegung des Gesetzes
- 1. Exegese zwischen Beweis und Offenbarung
- 1.1. Allegorese als demonstrative Reduktion: Averroes
- 1.2. Das erzieherische Bild als Teil der Heilsgeschichte: Maimonides und seine thomistische Adaptation
- 1.3. Epistrophe und imago: Die Theologie des erlösenden Bildes im Werk Avicennas
- 1.4. Das illuminierende Gesetz: Al-Ghazzalis symbolische Theologie
- 1.5. Kabbalah als letzte Hermeneutik
- 2. Kabbalistische Allegorese als Werkzeug der Heilsgeschichte: Paolo Ricci
- DRITTER TEIL
- Die Arbeit am Zeugnis: Riccis Schriften zur Apologetik
- I. Die jüdische Integrität des Christentums: Das ›Sal foederis‹
- 1. Die Harmonie der Axiome
- 2. Demonstrative Theologie: Das Symbolum als Vollendung der Vernunft
- 3. Exegese als Beweis
- II. Die Torah zwischen Urbild und Abbild: ›De sexcentum et tredecim edictis‹
- 1. Der Wert der Gebote
- 2. Die falsche imago: Ricci im Bilderstreit
- III. Arbeit am Zeugnis: ›De talmudica doctrina‹
- VIERTER TEIL
- Das Innere der Tradition: Riccis Aufarbeitung der Kabbalah
- I. Angelische Philosophie: Die ›Isagoge in eruditionem Cabalistarum‹
- 1. Die Einbindung in die angelische Welt: Der homo coelestis
- 1.1. Quellen und Quellenadaptationen: Philosophische Kabbalah
- 1.2. Die Metamorphose des angelischen Geistes
- 2. Die Vereinigung mit der Welt der Intelligenzen in Gestalt der Kabbalah
- 2.1. Die Polarität der Geschlechter
- 2.2. Die Wiederherstellung des ersten Menschen
- 3. Der Engelmensch als Quelle spiritueller Engelmagie
- 4. Das Heilsgeschehen in Gestalt der Kabbalah
- 4.1. Einheit und Vielheit der Sefirot: Einheit und Vielheit der Trinität
- 4.2. Sefirot und Heilsgeschichte
- 4.3. Kabbalah und demonstrative Theologie
- 5. Gikatilla christianus: Die ›Portae lucis‹
- II. Kabbalah in der Kontroverse: Ricci als Verteidiger Reuchlins
- FÜNFTER TEIL
- Der Weg der Ratio: Riccis philosophische Schriften
- I. Theologia naturalis: Der ›Dialogus in symbolum Apostolorum‹
- 1. Epistemologie und Erlösung: Ein offener Aristotelismus
- 1.1. Ein neuplatonischer Aristoteles und sein Kommentator
- 1.2. Ein offener Averroismus
- 2. Der Beweis des Christentums
- 2.1. Allmacht und Schöpfung
- 2.2. Trinität und Erlösung in der imago
- 2.3. Die Zeugung des vollkommenen Mikrokosmos
- 2.4. Die Heilsgeschichte
- II. Ein Schriftbeweis: ›De arcana Dei Providentia commentariolum in Psalmum beatus vir‹
- III. Die Philosophie in der Kontroverse: Der Streit um die ›anima coelestis
- 1. Das ›Compendium de anima‹
- 1.1. Der Beweis der Tradition
- 1.2. Die philosophische Rechtfertigung
- 2. Johannes Ecks ›Amica Responsio‹
- 3. Riccis ›Apologetica narratio‹
- 4. Johannes Ecks ›Defensio contra invectiones Ritianas‹
- SECHSTER TEIL
- Das Projekt der Concordia: Ricci im Streit der Konfessionen
- I. Eine Brücke zwischen Katholiken und Protestanten?
- II. Zwischen den Fronten: Die ›Statera prudentum‹
- 1. Das Gesetz als Fundament der Erlösung und des Dialogs
- 2. Fides, opera und iustificatio
- 2.1. Gerechtigkeit im Glauben oder Gerechtigkeit in den Werken?
- 2.2. Reinheit im Gesetz und Gerechtigkeit im Glauben
- 3. Sacramenta und sacrificia
- 3.1. Zeichen der Verheißung oder Zeichen der Gnade?
- 3.2. Zeichen des intelligiblen Gesetzes
- 4. Averroes und Maimonides: Der Fortschritt des Gesetzes
- 5. Scriptura und ecclesia
- 5.1. Sola scriptura oder sola ecclesia?
- 5.2. Ein Vorschlag Riccis
- III. Concordia und Häresie: Die ›Statera‹ vor Gericht
- 1. Die Zensur Johannes Ecks
- 1.1. Eine Rechtfertigung im Alten Bund?
- 1.2. Ein progressives Gesetz ohne Evangelium?
- 2. Kontroverstheologie und höfische Intrigen: Riccis Streit mit Johannes Fabri
- 3. Das letzte Wort: Die neue ›Statera‹
- Zusammenfassung
- Conclusio
- Quellen- und Literaturverzeichnis
- I. Handschriften
- II. Ausgaben der Werke Riccis
- III. Gedruckte Quellen
- IV. Literatur
- Register