Ein jüdischer Artusritter
Studien zum jüdisch-deutschen »Widuwilt« (»Artushof«) und zum »Wigalois« des Wirnt von Gravenberc
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Ein jüdischer Artusritter
Studien zum jüdisch-deutschen »Widuwilt« (»Artushof«) und zum »Wigalois« des Wirnt von Gravenberc
Über dieses Buch
Die Arbeit setzt sich mit dem einzigen erhaltenen Artusroman in jüdisch-deutscher Sprache (»Widuwilt«/»Artushof«) und seinem Verhältnis zum »Wigalois« des Wirnt von Gravenberc auseinander. Im Mittelpunkt stehen Fragen eines deutsch-jüdischen bzw. jüdisch-deutschen Literaturtransfers sowie Aspekte der Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des jüdisch-deutschen »Widuwilt« und »Artushof«. Ausgehend von der These, derzufolge Juden "fremde" Texte nach ihren spezifischen Bedürfnissen veränderten, erhebt sich die Frage, warum ein gerade so dezidiert christlicher Roman wie »Wigalois« von Juden rezipiert wurde. Es läßt sich zeigen, daß die Kürzungen und inhaltliche Modifikationen der jüdisch-deutschen Überlieferung darauf abzielen, den Protagonisten als einen "jüdischen Artusritter" erscheinen zu lassen. Im aschkenasischen Raum existierte nämlich bereits im 14./15. Jahrhundert eine jüdische Oberschicht, die Kontakt zur nichtjüdischen Umwelt pflegte und Literatur als Mittel der gesellschaftlichen Partizipation bzw. der Repräsentation nutzte. Mit der Verbreitung der Drucke weitete sich auch der Rezipientenkreis des »Artushof«. Die jüdisch-deutsche Erzähltradition wurde seit dem 17. Jahrhundert von deutscher Seite rezipiert, so von Johann Christof Wagenseil, Johann Ferdinand Roth und Ludwig Uhland. Die parallel zur »Wigalois«-Rezeption existierende »Widuwilt«/»Artushof«-Rezeption verdeutlicht, daß es sich bei der Wirkungsgeschichte der Texte um ein Phänomen von langer Dauer handelt.
Häufig gestellte Fragen
Information
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung
- 1 Einleitung
- 1.1 Ein ›deutsches‹ Buch in ›jüdischem Gewand‹?
- 1.2 Warum jüdisch-deutsch? Zur Definition eines heuristischen Terminus
- 2 Die Texte im Spiegel der Überlieferungs- und Forschungsgeschichte
- 2.1 Widuwilt und Artushof
- 2.1.1 Handschriften und Drucke
- 2.1.2 Der Artushof in Wagenseils Belehrung der Jüdisch-Teutschen Red- und Schreibart (1699)
- 2.1.3 Positionen der Forschung
- 2.1.4 Datierung und literarhistorischer Stellenwert des Widuwilt/Artushof
- 2.1.5 Die Frage nach der Verfasserschaft
- 2.1.6 Die Suche nach der Quelle des Widuwilt/Artushof
- 2.1.7 Struktur und Motive der Romane
- 2.1.8 Spielmannsliteratur und Aufführungspraxis
- 2.1.9 Manifestationen des ›Jüdischen‹ in Widuwilt und Artushof
- 2.2 Wigalois
- 2.2.1 Zur Rezeptionsgeschichte des Wigalois
- 2.2.2 Die Wigalois-Foxsänung im Aufriß
- 3 ›Ghetto‹ oder ›Symbiose‹? Überlegungen zur Rezeption höfischer und populärer volkssprachlicher Literatur in jüdischen Kontexten
- 3.1 Jüdisch-deutsche Texte im Spannungsfeld von Ausgrenzung und Akkulturation
- 3.2 Soziale und literarische Kontakte zwischen Juden und Nichtjuden
- 3.3 Der Festsaal der Frau Minne in Zürich
- 3.4 Der Widuwilt/Artushof - ein Kuriosum?
- 4 Vergleichende Analyse von Widuwilt/Artushof und Wigalois
- 4.1 Inhaltliche Parallelen und Unterschiede der Texte
- 4.1.1 Erster Erzählabschnitt: Die Vorgeschichte
- 4.1.2 Die Jugend der Protagonisten
- 4.1.3 Zweiter Erzählabschnitt: Die Bewährungs-âventiuren
- 4.1.4 Dritter Erzählabschnitt: Die Zentral-âventiure
- 4.1.5 Vierter Erzählabschnitt: ›Happy End‹ und Namur-Episode
- 4.2 Die Prologe
- 4.2.1 Artushof
- 4.2.2 Wigalois
- 4.3 Überlegungen zur Bearbeitungstechnik und Kürzungstendenz im Widuwilt/Artushof
- 4.3.1 Inszenierungen der Erzählinstanz in Widuwilt/Artushof und Wigalois
- 4.3.2 Religiöse und moralische Bemerkungen
- 4.4 Einzelne Episoden und Motive im Vergleich
- 4.4.1 sit und reht: Brauchtum am Artushof
- 4.4.2 Die Gürtel-Episode
- 4.4.3 Jorams Glücksrad und die Tilgung des Motivs im Widuwilt/Artushof
- 4.4.4 Die Tugendstein-Episode
- 4.4.5 Die unterschiedliche Charakterisierung und Genealogie der Protagonisten: Familienthematik als Schlüssel zur Textstruktur?
- 4.4.6 Der Raub des Schönheitspreises und die Hojir-Episode
- 4.4.7 Das brennende Land
- 4.4.8 Drachenkampf-Episode und Ohnmachtszene
- 4.4.9 Die Fischer-Episode
- 4.4.10 Ruel und die Riesenmutter
- 4.4.11 Funktionsverlust des Schwertrads von Korntin
- 4.4.12 Der Teufelsbündler Roaz und der starke Riese im Widuwilt/Artushof
- 4.4.13 ›Kreuzzugstendenz‹ und Namur-Episode. Überlegungen zur Schluß-âventiure des Wigalois
- 4.5.14 Hochzeit und Herrschaft
- 5 Zur Wirkungsgeschichte des Widuwilt/Artushof
- 5.1 Jüdisch-deutsche Literatur in der (frühen) Neuzeit: Jüdischdeutsche ›Volksbücher‹ und europäische Erzähltraditionen
- 5.2 HJSTORJE oder moralische erzehlung - Widwilt in China
- 5.3 Der Artushof im Norden: Daniel Emst Wagners Erzehlungen aus dem Heldenalter teutscher Nationen (1780)
- 5.4 Vom Könige Artus und dem bildschönen Ritter Wieduwilt Ein Ammenmärchen (1786)
- 5.4.1 Das Ammenmärchen - ein Ammenmärchen?
- 5.4.2 Der Anonymus: Johann Ferdinand Roth
- 5.4.3 Die Konzeption des Ammenmärchens
- 5.4.4 Nachtstücke: Abendstündchen mit Wieduwilt
- 5.5 Ludwig Uhlands Gedicht Ritter Wieduwilt
- 6 Ergebnisse und Perspektiven
- 7 Literaturverzeichnis
- 7.1 Texte
- 7.2 Lexika, Kataloge, Hilfsmittel
- 7.3 Forschungsliteratur
- 8 Personen- und Werkregister