Vernakuläre Wissenschaft
Christian Wolffs Bedeutung für die Herausbildung und Durchsetzung des Deutschen als Wissenschaftssprache
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Vernakuläre Wissenschaft
Christian Wolffs Bedeutung für die Herausbildung und Durchsetzung des Deutschen als Wissenschaftssprache
Über dieses Buch
Der Übergang vom Lateinischen zum Deutschen in den Wissenschaften ist bislang noch wenig erforscht. Durch Christian Wolff (1679-1754) wird das Deutsche zu einer leistungsfähigen und methodisch gegründeten, dem Gelehrtenlatein in jeder Hinsicht ebenbürtigen Wissenschaftssprache. Die Arbeit macht Wolffs Denkstil und seine Sprache umfassend zum Thema. Es wird nachgewiesen, daß die Durchsetzung einer deutschen Wissenschaftssprache durch Wolff einhergeht mit einer Neubestimmung des Wissenschaftsbegriffs, ja daß sie sie zur Voraussetzung hat. Ein moderner Wissenschaftsbegriff verbindet sich bei ihm mit einer vollständig darauf zugeschnittenen Sprache. Die konsequente Verbindung einer 'rein deutschen' Terminologie mit dem mathematisch-deduktiven Denkstil unter dem 'Primat der Methode' bringt eine klare, durchsichtige, auf präzisen und knappen Begriffsdefinitionen ruhende Sprache hervor, die eine rasche Adaption des zugrundeliegenden Denkstils ermöglicht. Damit kann sich erstmals in Deutschland eine vernakuläre Wissenschaft etablieren.
Nach einem einleitenden Überblick über Entwicklung und Stand der Wolff-Forschung wird zunächst - unter Berücksichtigung der Diskussion in der Fachsprachenlinguistik - eine Antwort auf die Frage "Was ist Wissenschaftssprache?" zu geben versucht. Die sprach- und wissenschaftshistorischen Rahmenbedingungen für den Denkstil- und Sprachenwechsel werden detailliert dargestellt, in der Analyse seiner Wissenschaftssprache werden sowohl die Leistungen und die Vorbildwirkung wie die Grenzen von Sprache und Denkform aufgezeigt. Der Universalitätsanspruch seiner Methode und die von Wolff eingeleitete frühe Verwissenschaftlichung der Lebenswelt werden an Textbeispielen nachgezeichnet. Diese Arbeit macht Christian Wolff als Schlüsselfigur in der Geschichte der deutschen Wissenschaftssprache erkennbar.
Häufig gestellte Fragen
Information
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- I. Entwicklung und Stand der Wolff-Forschung
- 1. Das neuerwachte Interesse an Christian Wolff
- 2. Höchster Ruhm zu Lebzeiten und Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung
- 3. Die Abwertung Wolffs Ende des 18. und im 19. Jahrhundert; vereinzelte Würdigungen im 19. Jahrhundert
- 4. Übergang zur gegenwärtigen Wolff-Forschung
- 5. Wolff in der Historiographie der Naturwissenschaften
- 6. Sprachwissenschaftliche Arbeiten
- II. Was ist ‘Wissenschaftssprache’? Das Problem der Gegenstandsbestimmung und des methodischen Zugangs in der linguistischen Fachsprachenforschung
- 1. Versuch einer Definition
- 2. Differenzierungen
- 3. Geschichte und thematische Schwerpunkte der Fachsprachenforschung
- 4. Der methodische Ansatz der vorliegenden Arbeit
- III. Die günstige Ausgangslage für die Wissenschaftssprache Wolffs
- 1. Allgemeinsprache (Hochsprache)
- 2 Fach- und Wissenschaftssprache
- 3. Die Entwicklung in England und Frankreich
- IV Die historischen wissenschaftstheoretischen und institutionellen Rahmenbedingungen für Wolffs deutsche Wissenschaftssprache
- 1. Die Neuorientierung der Wissenschaften am ‘mathesis’ – Gedanken als epochaler Denkstilwandel
- 2. Universität im Umbruch
- 3. Verschiebungen in Lehrkanon und Fakultätenhierarchie
- 4. Wolffs Anteil an der Universitätsreform
- 5. Die Notwendigkeit einer neuen Sprache
- V Der neue Wissenschaftsbegriff Wolffs: Wissenschaft als System
- 1. Bedeutungswandel des Wortes ‘Wissenschaft’ (lexikalische Bedeutung)
- 2. Inhaltliche Neubestimmung des Begriffs: Wissenschaft als Philosophie – Wissenschaft als System
- 3. Die Klassifikation der Wissenschaften durch Wolff und der universale Geltungsanspruch der Wissenschaftssprache – Philosophie als System von Begründungen
- VI. Wolffs Sprachauffassung
- VII. Wolffs Grundsätze der Wissenschaftssprache und ihre praktische Umsetzung
- 1. Lexik
- 2 Syntax
- 3. Der Syllogismus als Denkform und Stilfigur
- 4. Werkebene. Vermittlung und Kodifizierung von Wissen – Die Doppelfunktion der Deutschen Werke Wolffs als Lehrbücher und als Lexikon
- VIII. Die Leistungsfähigkeit von Sprache und Denkform
- 1. Die Übertragung von Denkform und Stil in den Bereich der „Volksaufklärung“. Wolffs ‘Getreideschrift’ als Beispiel für die beginnende Verwissenschaftlichung der Alltagswelt
- 2. Vorbildfunktion und Wirkung seiner Wissenschaftssprache: Johann Friedrich Neumann (Landwirtschaft), Adam Kulmus (Anatomie) und Tobias Mayer (Mathematik, Geographie)
- Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis