Ungeheure Größen: Malaparte - Céline - Benn
Wertungsprobleme in der deutschen, französischen und italienischen Literaturkritik
- 389 Seiten
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Ungeheure Größen: Malaparte - Céline - Benn
Wertungsprobleme in der deutschen, französischen und italienischen Literaturkritik
Über dieses Buch
Nach 1945 herrscht unter westeuropäischen Intellektuellen der Konsens, daß sich literarisch 'hochwertige' Künstler in den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts nicht kompromittiert haben. Dahinter steht die Überzeugung, dass ästhetisches Gelingen und politisch-ethisches Versagen a priori unvereinbar sind. Anhand von drei Fallstudien – Curzio Malaparte (1898–1957), Louis-Ferdinand Céline (1894–1961) und Gottfried Benn (1886–1956) – untersucht Astrid Arndt, wie das literarische Feld mit Autoren umgeht, die dieses vielleicht brisanteste Axiom der Ästhetik im 20. Jahrhundert erschüttern. Alle drei Autoren sind einerseits durch ihre Schriften und ihr persönliches Verhalten in Diskredit geraten, gelten aber andererseits als valide Kandidaten für den literarischen Kanon. In der Arbeit geht es dezidiert nicht darum, die Berechtigung literarischer Werturteile in Frage zu stellen. Vielmehr geht es darum, die ideologischen Prämissen transparent zu machen, die den untersuchten (De-)Kanonisierungsprozessen zugrunde liegen. Dabei lassen sich paradigmatische Argumentationsstrukturen beobachten, die sich – wie sich anhand aktueller Debatten (z.B. Peter Handke, Martin Walser) nachweisen lässt – bis heute halten.
Häufig gestellte Fragen
Information
Inhaltsverzeichnis
- I Einleitung
- 1 Ästhetik und Moral
- 1.1 Literaturdebatte im 18. Jahrhundert: ›Die Leiden des jungen Werthers‹
- 1.2 Ethik und Ästhetik: Von der Kalokagathie zum aesthetic turn
- 1.3 Prüfstein für Intellektuelle: Totalitäre Systeme des 20. Jahrhunderts
- 1.4 Das Inkompatibilitäts-Diktum
- 1.5 Die ›üblichen Verdächtige‹
- 1.6 Erkenntnisinteresse
- 2 Vorgehen
- 2.1 Fallbeispiele: Malaparte - Céline - Benn
- 2.2 Erkenntnisleitende Fragestellungen
- 2.3 Literaturkritik - Material
- II Curzio Malaparte
- 1 Einleitung: Der ›Fall‹ Malaparte
- 2 Phasen der Rezeption
- 2.1 Grundstein der ›Legende Malaparte‹: ›Viva Caporetto!‹ (1920/21)
- 2.2 Malaparte und der Faschismus: enfant prodige - enfant prodigue
- 2.3 Im Licht der Öffentlichkeit: Erfolge und Misserfolge 1944 bis 1957
- 2.4 Die Jahre 1958 bis 1980: ›congiura del silenzio‹
- 2.5 Seit 1980: ›11 ritorno del santo maledetto‹
- 3 Synthese: Malaparte
- 3.1 Argumentationsstrategien
- 3.2 Korrelationen zum literarischen Feld
- III Louis-Ferdinand Céline
- 1 Einleitung: Der ›Fall‹ Céline
- 2 Phasen der Rezeption
- 2.1 1932: »Enfin Céline vint...« Im Herzen von rechts und links?
- 2.2 Die Jahre 1936 bis 1944: Die Pamphlete
- 2.3 Von der Libération zu ›D’un chateau l’autre‹: »Conspiration du silence« (1944-1957)
- 2.4 Purgatorium (1957-1969)
- 2.5 Verwissenschaftlichung in den 70er Jahren: Das Ende des Purgatoriums?
- 2.6 Um 1980: Céline tel quel
- 2.7 ›Normalisierung‹ am Ende des Jahrhunderts: grand écrivain et écrivain raciste
- 3 Synthese: Céline
- 3.1 Die Frage der Neuedition der Pamphlete
- 3.2 Argumentationsstrategien
- 3.3 Korrelationen zum literarischen Feld
- IV Gottfried Benn
- 1 Einleitung: Der ›Fall‹ Benn
- 2 Phasen der Rezeption
- 2.1 Die Jahre 1912 bis 1927: Ruhm à part
- 2.2 Der Platz des Dichters? - Die Jahre 1928 bis 1945
- 2.3 1946 bis 1956: Vom Schubladendichter zum ›Big Benn‹
- 2.4 »Jahrzehnte des Vergessens« - 1957 bis 1975
- 2.5 Das zweite Comeback: 1976 bis 1986
- 2.6 Aprèslude: seit 1986
- 3 Synthese: Benn
- 3.1 Argumentationsstrategien
- 3.2 Korrelationen zum literarischen Feld
- V Schlussteil
- 1 Die drei ›Fall‹-Studien
- 1.1 Pathologischer und juristischer Diskurs: Ausschließungs- und Normalisierungsprozesse
- 1.2 Plausibilitäten und Gegenproben
- 2 Jenseits von ›rechts‹ und ›links‹: Grenzen binärer Argumentationsmodelle
- 2.1 Irrationalismus als Grundwiderspruch zum ›linken‹ Literatur- und Geschichtsmodell
- 2.2 Wi(e)der die »Verwertungssucht« - Rolf Dieter Brinkmann unter Faschismusverdacht
- 2.3 Die ›Neue Rechte‹: ›Gegenaufklärung‹ und Rückkehr zum Mythos bei Botho Strauß
- 2.4 »Dieses Entweder-Oder, eine alte Schwarz-weiß Show« - Restriktion des literarischen Wertungsspektrums
- 3 Rückkehr des Autors? (I): Autonomie - Heteronomie: Der Dichter im politischen Diskurs
- 3.1 Polyphonie und Literarizität: Exkulpation von Autor und Text
- 3.2 Zwischen politischem und literarischem Diskurs: Martin Walsers ›Sonntagsrede‹ und Peter Handkes ›Serbientexte‹
- 3.3 Das Changieren zwischen Politik und Poesie als Immunisierungsstrategie
- 4 Rückkehr des Autors? (II): Die Rolle des Intellektuellen
- 4.1 Christa Wolf und der deutsch-deutsche Literaturstreit
- 4.2 Intellektuellendämmerung?
- 5 Schlussbemerkung: Ästhetisches Gelingen und ›political incorrectness‹ - Kontradiktion oder Koexistenz?
- Literaturverzeichnis
- 1 Siglen
- 2 Literatur
- 2.1 Malaparte
- 2.2 Céline
- 2.3 Benn
- 2.4 Werke anderer Autoren
- 2.5 Allgemeine Forschung und Kritik