Dersim – Geographie der Erinnerungen
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Dersim – Geographie der Erinnerungen

Eine Untersuchung von Narrativen über Verfolgung und Gewalt

  1. 335 Seiten
  2. German
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Dersim – Geographie der Erinnerungen

Eine Untersuchung von Narrativen über Verfolgung und Gewalt

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Über dieses Buch

Dersim, eine abgeschiedene Bergregion, bot bis zum Ende des Osmanischen Reichs Fliehenden Schutz vor Verfolgungen, wovon die orale Tradition zeugt. Seit den Erfahrungen von moderner Gewalt und Genozid jedoch sind die Erinnerungserzählungen der Nachkommen armenischer Überlebender und Aleviten durch den hegemonialen Leugnungsdiskurs der Türkei geprägt. Der Band untersucht Grenzen und Möglichkeiten des Überlieferns von Erinnerungen an Gewalt sowie von subalternen Vergangenheiten.

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Information

Jahr
2019
ISBN
9783110627718

1 Einleitung

In einem armenischen Märchen heißt es „Der letzte Gedanke eines Menschen steht außerhalb der Zeit“. 1 Dem westlich geprägten Geschichtsbild und dem daran geknüpften Zeitverständnis entsprechend, kann nichts aus dem Rahmen der Zeit fallen. Die Bezugnahme auf Vorstellungen einer „anderen Zeit“ und auf „andere Mächte“ begegnet jedoch bei Sterbenden und sich dem Tod gegenüber Sehenden häufig. Wenn Überlebende kollektiver Gewalt und Genozid von dem Verlust, den sie erlitten und von ihrer Rettung vor dem Tod erzählen, lässt sich eine solche Bezugnahme auf das „Jenseitige“, auf ein „außerhalb der Zeit“ beobachten.
In der mündlichen Überlieferung in Dersim, einer Bergregion im Osten der Türkei, sind die lokale Geographie und Vorstellungen von mythischen Schutzmächten eng miteinander verbunden. Eine entscheidende Rolle in der kollektiven Erinnerung an die Rettung der Bevölkerung vor einem Angriff der osmanischen Armee spielt der Berg Dujik. 2 Den mündlich überlieferten Geschichten zufolge manifestierten sich über ihn metaphysische Kräfte, die ausschlaggebend für den Verlauf der Ereignisse waren:
Einmal kam mein berühmter Vorfahr Seyit Cafer [einem verbündeten Stamm] zu Hilfe, der gegen die grausamen [Türken] kämpfte. Als er nachts unterhalb des Klosters Halvori 3 vorbeikam, sah er, dass gegenüber dem Kloster etwas hell Brennendes in den Wald stürzte. Der Heilige 4 stieg, den Speer in der Hand, auf ein weißes Pferd mit Flügeln aus Feuer und flog über ihn hinweg. Meinem Großvater hatte es die Sprache verschlagen, seine Begleiter waren vor Schreck erstarrt. Da erzitterte Dujik Baba und Geschosskugeln prasselten nieder. Am Morgen verstanden sie, dass der Heilige das türkische Heer geschlagen und dass ihm auch Dujik Baba mit seinen Blitzen und Geschossen beigestanden hatte. 5
Ethnographische und historiographische Forschungen haben versucht, dieses Erzählmotiv des wehrhaften, widerständigen Bergs und des zur Rettung herbeieilenden Reiters mit rationalen Erklärungsmustern in einen religionshistorischen Kontext einzuordnen. 6 Fragen danach, was diese spezifische Erzähltradition im Zusammenhang der Erfahrung von Verfolgung und Gewalt in der Moderne bedeutet, wie sie sich wandelte und welche Funktion ihr in zeitgenössischen Erinnerungserzählungen zukommt, blieben bisher jedoch unberücksichtigt. Ausgehend von dieser Beobachtung behandelt die vorliegende Untersuchung ein umstrittenes und zugleich ungemindert aktuelles Thema: die Möglichkeiten und Grenzen des Erinnerns und Erzählens von Verfolgung und Gewalt am Beispiel von Narrativen über Vergangenheiten in der modernen Türkei.
Diese Mikrostudie legt den Fokus auf narrative Rekonstruktionen von Vergangenheiten aus einer Region mit dem historischen Namen Dersim. Volksetymologisch wird dieses in der lokalen Sprache Dımılki/Zazaki verwendete Toponym als „silbernes Tor“ gedeutet. Die türkische Regierung benannte die Region 1934 in Tunceli um. Mit diesem neuen Namen, der auf Türkisch „eiserne Hand“ bedeutet, kündigte sie gewissermaßen die staatlichen Gewaltverbrechen von 1938 an, mit denen sie ihren Machtanspruch auf das Gebiet radikal umsetzen sollte. Der Rekonstruktion der Geschichte moderner Gewalt in Dersim widmet sich ausführlich das Kapitel zu Repräsentationen von Vergangenheiten.
Die Region liegt „umgeben von vier Bergen“ 7 und reißenden Flüssen im Inneren des Taurus-Gebirges im Osten der Türkei. 8 Aufgrund ihrer geographischen Abgeschiedenheit kam der Gegend bereits früh die Rolle eines Zufluchtsorts für Flüchtlinge zu. Über Jahrhunderte wechselte ihre politische und religiöse Zugehörigkeit zwischen konkurrierenden Großmächten – zwischen dem Perserreich und Byzanz und später zwischen den Sassaniden und den Osmanen. Bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts wies die Region eine historisch gewachsene ethnisch, religiös und politisch heterogene Bevölkerung von hauptsächlich Aleviten und Armeniern auf, die sich eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber der osmanischen Regierung bewahrt hatte. 9
Heute ist Tunceli die einzige türkische Provinz, deren Bevölkerung mehrheitlich einer regional spezifischen Ausprägung des Alevitentums angehört. 10 Die alevitische Religion ist eine schiitische Strömung und steht in der Tradition der islamischen Mystik, die im 12. bis 16. Jahrhundert unter dem Einfluss von Wanderderwischen in ruralen Gebieten des osmanischen Reichs entstanden war. 11 Im Unterschied zu den Buchreligionen kam dem Alevitentum als mündlich überlieferter Religion in der osmanischen Rechtsordnung keine definierte Stellung zu. Weder wurde es umstandslos dem Islam, noch den geduldeten nicht-muslimischen Religionen des Judentums und Christentums zugeordnet. Der ungeklärte Rechtsstatus und die politische Verfolgung und Gewalt, die sich gegen die Glaubensgemeinschaft der Aleviten in osmanischer Zeit im 16. Jahrhundert und wieder ab dem 19. Jahrhundert richteten, können als ein Teil eines diskursiven Ausschließungssystems verstanden werden, welches diese Untersuchung näher in den Blick nimmt.
Die osmanische Regierung warf den Aleviten, die noch bis in die 1920er Jahre pejorativ als „Kızılbaş“ (türk.), als Rotkopf, bezeichnet wurden, religiöse Abweichung von der Norm vor und unterstellte ihnen gleichzeitig eine politische Disposition zum Verrat. Kemalistische Funktionäre, die der jungtürkischen Ideologie verhaftet blieben, führten für die Kızılbaş zwar den neuen Begriff Aleviten ein, um sie über ihren türkischsprachigen Teil in die türkische Nation zu assimilieren. Der staatsnahe sunnitische Islam der jungen Republik Türkei ordnete jedoch besonders den nicht-türkischsprachigen Teil der Aleviten weiterhin als heterodoxe, politisch unzuverlässige Strömung ein. 12 Insbesondere die Bevölkerung von Dersim wurde durch die Zuschreibung religiöser Differenz in eine vulnerable Lage versetzt, weil diese Konstruktion ihre ethnische Zugehörigkeit zur türkischen Nation sowohl aufgrund ihrer religiösen als auch ihrer sprachlichen Eigenheiten in Frage stellte.
Die Aleviten in der Türkei sind heute schätzungsweise zu zwei Dritteln türkischsprachig, ein weiteres Drittel spricht die iranischen Sprachen Dımılki/Zazaki und Kurmanci. Der überwiegende Teil der nicht-türkischsprachigen Aleviten lebt in Dersim und spricht vor allem Dımılki/Zazaki, während ein relativ kleiner Teil in Dersim und um Diyarbakır lebt und das nordkurdische Kurmanci spricht. 13 Die Einordnung von Dımılki/Zazaki als eigenständige Sprache ist linguistisch eindeutig, der Grad ihrer Verwandtschaft mit anderen, insbesondere kurdischen Sprachen, ist jedoch politisch umstritten. 14
Neben den Aleviten lebten in Dersim bis zum Genozid 1915 zahlenmäßig geringere, jedoch historisch bedeutsame nicht-muslimische Bevölkerungsgruppen: armenisch-apostolische und armenisch-protestantische sowie kleinere syrisch- und griechisch-orthodoxe Gemeinden. 15 Die armenischen und syrisch-christlichen Familien lebten vor allem von Landwirtschaft sowie von Handel und Handwerk. Infolge der spätosmanischen Reform des Landrechts wurden sie im 19. Jahrhundert entrechtet und verloren ihren Landbesitz, woraufhin sie oft nur mehr als Pächter oder Leibeigene der türkischen Herren auf ihren vormals eigenen Ländereien arbeiteten. 16
Als sich im Verlauf der Transformation des spätosmanischen Reichs in die türkische Republik die türkisch-nationalistische Ideologie herausbildete, geriet die nicht-muslimische, nicht-türkische Bevölkerung, von der Dersim fast ausschließlich bewohnt war, zunehmend unter Druck. Der gewaltsame Ausschließungsprozess religiös-ethnischer Bevölkerungsgruppen begann im spätosmanischen Reich mit dem Genozid an den Armeniern 1915, der die Voraussetzung für den türkischen Nationalstaat schuf, den Mustafa Kemal nach den türkischen „Befreiungskriegen“ am 29. Oktober 1923 ausrief. Um diesen abschließend zu konsolidieren, verübte das türkische Militär von 1937 bis 1938 Gewaltverbrechen in Dersim. Seitdem sieht sich die Bevölkerung der Region Dersim mit verschiedenen, teils miteinander konkurrierenden nationalistischen Machtansprüchen konfrontiert, die territorial und kulturell auf sie erhoben werden. Die gleiche Ausschließungslogik setzte sich durch die Geschichte der Republik Türkei hindurch in verschiedenen Verfolgungsmaßnahmen gegen ethnische und religiöse Gruppen fort. 17
Als einer der Nachfolgestaaten des osmanischen Reichs trägt die Türkei schwer an ihrer Gewaltgeschichte, durch die sich die Transformation vom heterogenen osmanischen Reich zum homogenen türkischen Nationalstaat vollzog. Der Grund für den vermeidenden Umgang mit der schwierigen Vergangenheit in der Türkei liegt in der seit jungtürkischer Zeit bis in die Gegenwart anhaltenden Wahrnehmung, der zufolge die konsequente Ausschließung und Leugnung nicht-muslimischer, nicht-türkischer Bevölkerungsteile notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung der imaginierten Gemeinschaft als muslimisch türkische Nation sowie für die Existenz der Republik Türkei sei. Im hegemonialen Diskurs der Türkei wird der jungtürkische Genozid an den Armeniern 1915 bis heute weitgehend abgestritten. 18 Darauf aufbauend werden auch die staatlichen Gewaltverbrechen 1938 in Dersim unter der kemalistischen Führung sowie weitere Akte von Verfolgung und Gewalt in republikanischer Zeit geleugnet. 19
Angesichts dieser Problemlage stellt sich die vorliegende Untersuchung die leitende Frage, inwieweit die Nachkommen der Überlebenden des Genozids an den Armeniern 1915 und der Gewaltverbrechen von 1938 in Dersim in ihren Erinnerungserzählungen an den hegemonialen Leugnungsdiskurs in der Türkei anschließen und ob sie über diesen hinaus auf andere Vergangenheiten verweisen können. Die Untersuchung orientiert sich dabei an folgenden untergeordneten Fragen: Welche Bedingungen, Grenzen und Möglichkeiten der Rede von Vergangenheiten, insbesondere von Gewaltereignissen in Dersim, werden durch den hegemonialen Leugnungsdiskurs bestimmt? Welche Differenzkategorien werden in ihm hinsichtlich Dersim entworfen? Inwiefern werden über ihn Bedingungen für eine Inklusion in die modernen Projekte des türkischen Nationalstaats, des kurdischen Modells des demokratischen Konföderalismus oder religiöser Gemeinschaften formuliert? Welche unterschiedlichen Erinnerungsstrategien entwickeln armenische und alevitische Überlebende und deren Nachkommen, um von ihren Erfahrungen erlittener Gewalt zu sprechen? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Aushandlungsprozess mit hegemonialen Diskursen strukturieren die Erzählungen dieser beiden Gruppen mit je verschiedenen sozialen Erinnerungsrahmen aus Dersim und wie verhalten sie sich zueinander?
Ziel der Untersuchung ist es, den diskursiven Prozess der Ausschließung von Wissen über andere, subalterne Vergangenheiten zu analysieren, wie er sich im hegemonialen Leugnungsdiskurs am Beispiel der Türkei nachvollziehen lässt. Mit dem Begriff der subalternen Vergangenheiten werden im Rahmen dieser Untersuchung in Anlehnung an Dipesh Chakrabarty jene Wahrnehmungen und Deutungen von Zeit und Ereignissen bezeichnet, welche nicht westlich geprägten, akzeptierten Geschichtsvorstellungen entsprechen. 20 Die Untersuchung analysiert somit den diskursiven Aushandlungsprozess zwischen hegemonialen Geschichtsnarrativen und Referenzen auf subalterne Vergangenheiten, wie er sich in autobiographischen Erinnerungserzählungen aus der Region Dersim äußert. Auf diese Weise versucht die Untersuchung nachzuvollziehen, wie im Spannungsfeld andauernder gewaltvoller Aushandlungsprozesse um Hegemonie die Generierung und Tradierung historischen Wissens einen Wandel durchläuft und wie sie dabei eine spezifische diskursive Formation und Praxis oraler und schriftlicher Aussagen hervorbringt. 21 Anhand einer Analyse sprachlicher Muster und Strategien der Argumentation und Legitimation beleuchtet die Studie den Prozess der Delegitimierung und Disqualifikation des Wissens der Bevölkerung von Dersim und rekonstruiert die machtvolle Einsetzung eines neuen, als wahr codierten, Wissens.
Zur Beantwortung der zentralen Frage nach den Grenzen und Möglichkeiten des Sagbaren, nimmt die Studie insbesondere eine De- und Rekonstruktion von Motiven vor, die in den autobiographischen Erzählungen Erinnerungen an Verfolgung und Gewalt vermitteln, welche auf vormals gültiges Wissen verweisen. Das neue, nunmehr geltende, Wissensregime schließt dieses Wissen von subalternen Vergangenheiten als irrational und inakzeptabel aus. 22 Das Hauptaugenmerk legt die Studie somit auf jene Motive, die bei der Aneignung hegemonialer Fremdbilder als Selbstbilder ihren Verweischarakter auf unterworfenes Wissen behaupten können. Mit dem von Michel Foucault entlehnten Begriff des unterworfenen Wissens versucht die Untersuchung jenes Wissen von Vergangenheit analytisch zu greifen, dessen potenzielles „Wieder-Auftauchen“ das neue Wissensregime beständig fürchtet, da es sich dadurch in Frage gestellt sieht. Im andauernden Behaupten und Ringen um die Deutungshoheit kann die Korrektur und Substitution des für ungültig erklärten Wissens nie ganz abgeschlossen werden. Somit bleibt das unterworfene Wissen ein Gegenstand der Ausschließungsmechanismen.
Die Erinnerung an den Genozid und die Zeit davor sowie deren Weitervermittlung konfrontiert die armenischen Überlebenden und ihre Nachkommen mit dem unwiederbringlichen Verlust ihrer Gemeinschaft, ihrer Muttersprache und somit ihres sozialen Erinnerungsrahmens. Um Verständnis für ihre Erinnerungen an die Vergangenheit im neuen, akzeptieren Wahrheitsregime zu gewinnen, müssen sie notwendigerweise dominanten Diskursen in der Gesellschaft entsprechen. Die vorherrschenden Bedingungen des Sprechens in der modernen Türkei zwingen den Überlebenden und deren Nachkommen fast vollständig den Leugnungsdiskurs auf. Wie Marc Nichanian herausstellte, sind ihre Narrative daher dermaßen verändert, dass ihr Aussagewert entstellt und umgekehrt wird, bis er schlussendlich droht, gänzlich verloren zu gehen. 23
Die Studie zielt darauf, explizite Formen der Ausschließung von Wissen zu bestimmen, indem sie narrative Muster der Disqualifikation herausstellt, wie der Leugnungsdiskurs sie formuliert. Außerdem beleuchtet die Studie nicht explizite Formen der Ausschließung des ungewollten Wissens in den verschiedenen Formen von Schweigen. Durch regelmäßige Auslassungen und Brüche strukturieren Ausschließungsmechanismen die Rede von Vergangenheiten in den Erinnerungen der Überlebenden und zeugen somit vom Wirken der Leugnung.
Im Prozeß der Ausschließung entstehen Ambivalenzen, Unvereinbarkeiten und Unstimmigkeiten im Diskurs, denen sich diese Untersuchung zentral widmet. Einer Annahme dieser Studie zufolge, begegnen Ambivalenzen besonders verdichtet in Motiven aus den regionalen Erzähltraditionen, die auf Bedeutungsebenen Bezug nehmen, die Vorstellu...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Vorwort
  5. Abkürzungsverzeichnis
  6. 1 Einleitung
  7. 2 Begriffe und theoretischer Rahmen
  8. 3 Methodisches Vorgehen
  9. 4 Forschungsstand
  10. 5 Rekonstruktionen von Vergangenheiten: orale Tradition, türkisch-nationales Geschichtsnarrativ und Leugnungsdiskurs
  11. 6 Der hegemoniale Leugnungsdiskurs zu moderner Gewalt in Dersim
  12. 7 Repräsentationen von Vergangenheiten in Dersim
  13. 8 Schluss
  14. 9 Bibliographie
  15. Anhang: Karte von Dersim, Türkei