Hugo Greßmann und sein Programm der Religionsgeschichte
eBook - ePub

Hugo Greßmann und sein Programm der Religionsgeschichte

  1. 288 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Hugo Greßmann und sein Programm der Religionsgeschichte

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Hugo Greßmann (1877-1927) hat als einer der führenden Vertreter der Religionsgeschichtlichen Schule die religionsgeschichtliche Methode zur Geltung gebracht. Die biographisch-wissenschaftsgeschichtliche Studie stellt Greßmanns religionsgeschichtliches Programm dar, ordnet es in den wissenschaftshistorischen Kontext ein und zeigt seine Bedeutung für die weitere Wissenschaftsgeschichte auf.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Hugo Greßmann und sein Programm der Religionsgeschichte von Sascha Gebauer im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Theology & Religion & Christian Theology. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2020
ISBN
9783110667745

1 Die Anfänge: Wissenschaftliche Qualifikationen

Hugo Greßmann gehört zu den bedeutendsten Vertretern der Religionsgeschichtlichen Schule, die sich Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Anspruch formiert, die Ausrichtung der damaligen historisch-kritischen Theologie zu verändern. Durch ihre starke historische Fokussierung im Umgang mit den biblischen Quellen befindet sich die neue Strömung in Frontstellung zur traditionellen „positiven Theologie“. Gleichzeitig kommt es zunehmend zu Spannungen mit der streng literarkritisch arbeitenden Richtung um Julius Wellhausen, deren Vertreter der Nutzung von außerbiblischen Quellen, ikonographischem Material und Religionsvergleichen zurückhaltend gegenüberstehen.
Um die Wende zum 20. Jahrhundert tritt innerhalb der Religionsgeschichtlichen Schule eine neue Forschergeneration hervor, die bereit ist, die religionsgeschichtliche Arbeit offensiv voranzutreiben und stärker in den wissenschaftlichen Diskurs einfließen zu lassen. Dazu gehört eine Popularisierungsbewegung durch neu gegründete Wissenschaftsreihen, Zeitschriften und Lexika. Diese „zweite Generation“1 kann an die Erfolge der vorangegangenen Generation anschließen, steht nun allerdings unter dem Druck, die religionsgeschichtliche Forschung durch neue Impulse weiterzuentwickeln. Zu den jungen Studenten gehört Hugo Greßmann, der sich schon sehr früh für den Bereich der Religionsgeschichte begeistert.
In einer Stellungnahme zu seiner ersten Dissertationsprüfung 1899 fasst Greßmann seine Schul- und Universitätsbildung zusammen, gibt einen Überblick über seine Studienlaufbahn und beginnt dabei wie folgt:
Ich, Hugo Gressmann, bin am 21. März 1877 zu Mölln in Lauenburg geboren, wohnte aber bald darauf in Reinfeld und hernach in Travemünde. Dort ging ich bis zu meinem neunten Lebensjahr in die St. Lorenzknabenschule und kam danach auf das Katharineum zu Lübeck, wo ich 1896 das Reifezeugnis erlangte.2
Greßmann nimmt das Theologiestudium 1896 in Greifswald auf. Zum Wintersemester 1897/98 wechselt er nach Göttingen und ein Jahr später nach Marburg. Für das Studium semitischer Sprachen kehrt er nach Göttingen zurück. Es ist Friedrich Giesebrecht (1852 – 1910) in Greifswald, der Greßmanns Interesse am Alten Testament weckt und ihn ermutigt, eine entsprechende Preisschrift bei der Göttinger Fakultät einzureichen. „So kommt es, daß meine Privatstudien seit dem zweiten Semester im Großen und Ganzen fast nur auf das Alte Testament gerichtet waren, in dessen Verständnis ich vor allem durch Smend und Wellhausen wesentlich gefördert bin“,3 rechtfertigt er sich in seinem Antrag zum Lizentiat. Am 21. Juni 1899 besteht Greßmann sein Examen mit „cum laude“ (gut) und geht nach Kiel, um dort Arabisch und Äthiopisch zu studieren.4 Seit der Studienzeit in Göttingen hält er engen Kontakt zu Wilhelm Bousset (1865 – 1920), der dort Neues Testament lehrt und zur „kleinen Göttinger Fakultät“5 der Religionsgeschichtler gehört. Mit ihm ist Greßmann durch den Schwarzburgbund verbunden, dessen verschiedenen Burschenschaften er seit seinem Studium in Greifswald angehört.6 Als „Philister“7 steht Bousset Greßmann mit Rat und Tat zur Seite. Mit ihm bespricht er die Entwicklungen der Studentenverbindung Franconia,8 aber auch seine eigenen Zukunftspläne: „Ich muß notwendig jetzt noch 2 Jahre studieren, da sonst mein Wissen Halbwissen bleibt“,9 vertraut er dem väterlichen Freund an.
Um sein Studium in Kiel zu finanzieren, stellt sich Greßmann der Preisaufgabe der Theologischen Fakultät über den Menschensohn, womit ein Vorstellungskomplex berührt ist, der ihn bis zur Arbeit an seinem Buch über den Messias (1929) beschäftigen wird.10 Seine Preisschrift wird allerdings abgelehnt und die anschließende Beratung mit Otto Baumgarten ausführlich mit Bousset thematisiert:
Du kennst ja meine schnoddrige Art und Weise. Ich habe z. B. gesagt: von einem „Idealmenschen“ redete ich nicht gerne; denn das schmeckte zu sehr nach dem Rationalismus und der höheren Töchterschule u. a.m. Man hat mir dies, was für mich nur Freude an einem guten Witz bedeutet, als „unverschämt“ ausgelegt, Oldenberg11 soll sogar das Wort „süffisant“ gebraucht haben. Baumgarten hat mir nun mit Recht klar gelegt, wie sehr ich mir dadurch schadete. Er meinte, es sei immer noch besser, die Fakultät erkläre: Die Arbeit fällt nicht unter unsere Kritik; denn sie behandelt das Thema nicht – als etwa ½ Preis mit dem Hinzufügen: „trotz der saloppen, unwissenschaftlichen Selbstgenügsamkeit und der beweislosen Conjecturenjägerei“. Im letzten Fall sei für mich, wenn nicht vielleicht jetzt schon, die Habilitation hier in Kiel unmöglich. Baumgarten aber wünscht dies.12
Es ist schließlich August Klostermann (1837 – 1915), der Greßmann auf das Gebiet der Kirchenväter bringt, damit er dort eine theologische Dissertation anstrebt.13 Dank der Förderung durch ein Stipendium im Jahr 1902 kann Greßmann dieses Projekt angehen und beschließt, die religionsgeschichtliche Arbeit über den Menschensohn vorerst ruhen zu lassen und seine Zwischenergebnisse Bousset anzubieten: „Willst Du Deine Studien fortsetzen und willst Du die Arbeit machen? Ich bin gern bereit, Dir mein Material zur Verfügung zu stellen. Du kannst es eher, Du hast ja nichts zu fürchten, wenn Du eine solche Studie machst.“14 Doch schließlich wird Greßmann selbst das Thema wieder aufnehmen und bis zu seinem Lebensende die Spuren der Menschensohnvorstellung in der Religionsgeschichte weiterverfolgen.15

1.1 Philosophische Dissertation (1899)

Mit der Teilnahme an einer Preisaufgabe der Göttinger philosophischen Fakultät 1897/98 beginnt das literarische Schaffen Hugo Greßmanns.16 „Die in Jes 56 – 66 vorausgesetzten zeitgeschichtlichen Verhältnisse sollen untersucht werden“, so lautet die Aufgabenstellung.17 Greßmann, der gerade an die Göttinger Universität gewechselt ist, nimmt diese Herausforderung an. Ermutigt wird er dabei, wie bereits erwähnt, von Friedrich Giesebrecht, der den Studenten aus der Greifswalder Zeit kennt.
In seiner Untersuchung setzt sich Greßmann im Wesentlichen mit der von Bernhard Duhm (1847 – 1928) aufgestellten These über Tritojesaja auseinander.18 Schon in dieser ersten wissenschaftlichen Arbeit lassen sich charakteristische Züge erkennen, die die Methodik Greßmanns, aber auch seine Persönlichkeit ausmachen. Besonders auffällig ist das von ihm gewählte Motto der Preisschrift, das er für die Druckfassung beibehält: „Sei ein Schwätzer – und siehe, alle Schwierigkeiten verschwinden!“19 Der Gutachter Julius Wellhausen urteilt in der Gesamtbewertung: „Der mit dem frechen Motto hat Judiz.“20
Seine scharfe Zunge und sein gelegentlich provozierendes Auftreten behält Greßmann zeit seines Lebens bei. Allerdings ist der Leitspruch der Arbeit keineswegs zufällig gewählt, er zeigt vielmehr den Wortwitz und die weitreichende Gelehrsamkeit Greßmanns. Er ist aus der letzten Schrift Søren Kierkegaards entnommen, wo er Schmerz, Empörung, aber auch Spott des dänischen Philosophen in der Auseinandersetzung mit der Kirche seines Landes zum Ausdruck bringt.21 Greßmann gibt hier, wie gelegentlich auch an anderen Stellen, einen kurzen Einblick in sein Seelenleben, indem er die Schwierigkeiten andeutet, unter denen die „kleine Göttinger Fakultät“22 zu bestehen hat. Schon früh schließt sich Greßmann der überschaubaren und doch recht inhomogenen Gruppe an, die sich der neuen religionsgeschichtlichen Methode verschrieben hat.23 Dadurch bekommt er bald die Anfeindungen zu spüren, die von verschiedenen Seiten gegen die religionsgeschichtliche Arbeitsweise erhoben werden.24 Umso erstaunlicher ist es, dass die Gutachter Julius Wellhausen (1844 – 1918) und Rudolf Smend (1851 – 1913), die in Opposition zur Religionsgeschichtlichen Schule stehen, dem jungen Hugo Greßmann den Vorzug vor der zweiten Arbeit des Wettbewerbs geben, die August Marahrens (1875 – 1950) eingereicht hat.25
Einige Punkte der wissenschaftlichen Abhandlung Greßmanns sollen hier kurz erläutert werden, da sie für sein folgendes Schaffen von Bedeutung sind und seinen religionsgeschichtlichen Ansatz und den Bruch mit der zeitgenössischen Exegese deutlich machen. Bereits formal ist der nahezu vollständige Verzicht auf Anmerkungen sehr auffällig.26 Greßmann setzt die Literatur zur Diskussion über Tritojesaja als bekannt voraus und verweist übersichtshalber auf den Kommentar zu Jesaja von August Dillmann (1823 – 1894), der im selben Jahr in der sechsten, von Rudolf Kittel (1853 – 1929) überarbeiteten Auflage erschienen war. Andere Autoren werden meist nur dann angeführt, wenn Greßmann ihnen widerspricht, oft mit wenig Respekt vor den Autoritäten der Wissenschaft. Duhms Erklärung zu Jes 57,14 sei „als zu gekünstelt zu verwerfen“,27 Franz Delitzschs (1813 – 1890) Interpretationsergebnisse könne er nirgends im Text wiederfinden,28 Dillmanns Herleitungen aus Jeremia fehle die Grundlage29 und auch Carl Heinrich Cornills (1854 – 1920),30 Willem-Hendrik Kosers (1843 – 1897) und Bernhard Stades (1848 – 1906) Positionen31 bleiben nicht unwidersprochen. Der damals 21-Jährige geht nicht nur ausgesprochen selbstbewusst vor, er setzt der bisherigen wissenschaftlichen Diskussion auch pointierte eigene Hypothesen entgegen. Darin zeigt sich eine Eigenart Greßmanns, die in der späteren wissenschaftlichen Tätigkeit weitere, zum Teil recht eigenwillige Blüten treiben wird. Dennoch liegt es Greßmann fern, der „Schwätzer“ zu werden, gegen den er mit Kierkegaard soviel Abneigung empfindet.32 Stets ist ihm die Vorläufigkeit seiner Überlegungen und Hypothesen bewusst, was er in seinen Untersuchungen immer wieder deutlich macht. Wo er allerdings nach genauer Abwägung die Argumente auf seiner Seite sieht, verteidigt er seine Position auch gegen die vorherrschende Gelehrtenmeinung mit großem Nachdruck.
Entscheidend für den Gang seiner Untersuchung zu Jesaja ist der Entschluss, di...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Vorwort
  5. Einleitung
  6. 1 Die Anfänge: Wissenschaftliche Qualifikationen
  7. 2 Arbeiten zur Religionsgeschichte Israels
  8. 3 Religionsgeschichte und Archäologie
  9. 4 Greßmanns Verhältnis zum Judentum
  10. 5 Wissenschaftspolitik und Wissenschaftsorganisation
  11. 6 Schluss
  12. Anhang
  13. Literaturverzeichnis
  14. Personenregister