Land, Dorf, Kehilla
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Land, Dorf, Kehilla

"Landjudentum" in der deutschen und deutsch-jüdischen Erzählliteratur bis 1918

  1. 483 Seiten
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Land, Dorf, Kehilla

"Landjudentum" in der deutschen und deutsch-jüdischen Erzählliteratur bis 1918

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Über dieses Buch

Der vorliegende Band widmet sich dem deutschen Landjudentum aus literaturhistorischer Perspektive und geht der Frage nach, inwiefern die jahrhundertelange Existenz jüdischer Gemeinden im ländlichen Raum erzählliterarisch auf Widerhall stieß. Den Ausgangspunkt dieser Spurensuche bildet eine historisch fundierte Klärung des Begriffs "Landjude", der im Laufe des 19. Jahrhunderts einem Wandel unterworfen war und zusehends zum Gegenbild des kulturell assimilierten, städtischen Juden geriet. Als Projektionsfläche heranziehen und argumentativ vereinnahmen ließ sich der "Landjude" von mancherlei Seite. So behandelt der erste Teil von "Land, Dorf, Kehilla" wesentlich Texte nicht-jüdischer Autoren der Spät- und Gegenaufklärung, während der zweite Teil den Erzählungen jüdischer Autoren des 19. und frühen 20. Jahrhunderts vorbehalten bleibt und auf den zeitgenössischen innerjüdischen Diskurs abstellt.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783110674354

Teil II:Die »Landjuden« in den Erzählungen deutsch-jüdischer Autoren

Eingesandt.

Landflucht.

Zur Frage der »Landflucht«, die in der letzten Zeit in diesen Blättern und in Lehrerversammlungen häufig erörtert worden ist, gestattet sich auch einer von den Landflüchtigen einmal das Wort zu nehmen und zu zeigen, daß die Frage in vielen Fällen doch nicht so einfach zu lösen ist, wie Herr Lehrer Rothschild-Achim und andere anzunehmen scheinen. Im Jahre 1887 bin ich im 38. Lebensjahre von Kirchberg, Krs. Fritzlar, hierher, nach der 5,7 km von meinem damaligen Wohnort entfernten Gemeinde Gudensberg verzogen. Ich hatte in Kirchberg 3-4 ha prima Land, das ich selbst bewirtschaftet habe, da ich von Jugend auf an landwirtschaftliche Tätigkeit gewöhnt war und sie im Hauptberuf betrieb. Ich habe auch Erfolge damit erzielt, soweit solche mit einer derartigen Ackerzahl überhaupt zu erreichen sind. Über den Wert des Berufes als Landwirt, namentlich auch für Juden in einer von wenig Glaubensgenossen bewohnten Gemeinde kann ich mir daher wohl ein Urteil erlauben. Die Gründe, wegen deren ich von Kirchberg hierher verzogen bin, sind folgende: Drei Gemeinden, nämlich Kirchberg und Lohne im Kreise Fritzlar und Riede im Kreise Wolfhagen bildeten eine Kultusgemeinde. Jedes dieser drei Dörfer liegt vom anderen etwa ¾ Stunden entfernt. Bis zum Jahr 1876 bestand für diese Gemeinde eine öffentliche jüdische Volksschule. Der Lehrer, der auch zugleich Kultusbeamter war, erhielt ein Gehalt von 700 Mk. In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts amtierten dort nach einander verschiedene Lehrer, deren Einkommen jedoch kaum die Hälfte von 700 Mk. betrug. Nach Mitteilungen meines seligen Vaters erhielt um das Jahr 1820 der damalige Bocher (Lehrer) gar nur 2 Karolin – 37.50 Mk. Daneben hatte er freien Tisch bei den Gemeindemitgliedern und durfte sich durch Holzhacken und Botengänge noch etwas dazu verdienen. Der Gottesdienst an Sabbaten und Feiertagen fand abwechselnd in einem der drei Orte statt. Lehrer und Gemeindemitglieder mit ihren Familien mußten also aus zwei Orten bei Wind und Wetter einen Weg von ¾ Stunden zurücklegen, um einen Gottesdienst überhaupt zustande zu bringen, denn an einem Orte allein war niemals Minjan, da in jedem nur 3-4 jüdische Familien wohnten. Unter diesen Umständen, und da zu jener Zeit Lehrermangel war, ist es nicht zu verwundern, daß sich kein Bewerber mehr für die Stelle fand, und die »Volksschule« mußte 1876 aufgelöst werden. Wir hätten bei steigenden Lehrergehältern auch keinen Lehrer mehr besolden können. Als nun meine Kinder schulpflichtig wurden, blieb mir nichts anderes übrig, als landflüchtig zu werden und die Landwirtschaft, die mir trotz intensiver Arbeit keine großen Schätze gebracht hatte, aufzugeben. Denn im anderen Falle hätten meine Kinder die christliche Dorfschule besuchen müssen und, um Religionsunterricht zu erhalten, jede Woche zweimal nach Lohne gehen müssen, wohin der Lehrer aus der Kreisstadt Fritzlar kam. Ich habe es auch bis heute nicht bereut, damals vom Dorfe nach dem nächsten Städtchen gezogen zu sein. Denn es gewährt mir noch heute die größte Genugtuung, dadurch meinen Kindern den Besuch einer guten jüdischen Schule und meiner alten Mutter und meiner Frau die regelmäßige Teilname [!] an einem geordneten Gottesdienst ermöglicht zu haben. Gewiß ziehen auch viele Glaubensgenossen aus Orten, in denen Kultusgemeinden bestehen, nachdem sie dort reich geworden sind, in die Großstädte und schädigen dadurch die kleineren Gemeinden recht schwer. Denn dadurch, daß diese Reichen verziehen, und die weniger Steuerkräftigen zurückbleiben, haben diese allein alle Lasten zu tragen. Wenn sich die Bewegung nur gegen diese Elemente richtet, ist sie berechtigt. Um den Wegzug dieser Leute zu verhindern, sollte man ihnen eine Abzugssteuer von etwa 2 Prozent ihres Vermögens auferlegen. Hier setze man den Hebel und versuche, ein solches Gesetz durchzuführen, durch das die kleineren Gemeinden leistungsfähiger erhalten werden. Und wenn man schon einmal den Juden den Rat erteilt, Landwirtschaft zu betreiben, so wende man sich wieder an diese reichen Leute. Denn nur sie sind heute in der Lage, ein Areal zu erwerben, das zur Ernährung einer Familie von 5-6 Köpfen erforderlich ist. Ein Hektar gutes Land kostet heute 8000 Mk., und 8-10 Hektar sind zur Ernährung einer Familie unbedingt erforderlich.
Gudensberg, im Juli 1912
Lassar Hahn.
Gemeinde-Ältester.
Israelitisches Familienblatt Hamburg 14 (1912),
Nr 29 (?), S. 11.

Die Anfänge jüdischer Belletristik im 19. Jahrhundert

Mit theoretischen, oft allzu schulmeisterlichen Schriften ließ sich eine breite Öffentlichkeit nicht erreichen, geschweige denn die Herzen gewinnen. Dazu eignete sich indes jenes Medium, das eine besondere Bedrohung für den bewussten Verbleib in der jüdischen Gemeinschaft bei sich allmählich auflösender Pflichtschuld darstellte: die schöne Literatur. »Vor Einem hüte Deinen Sohn, Vater, Deine Tochter, Mutter! das ist vor dem Romanlesen!« wetterte Ludwig Philippson 1855 auf der Titelseite des Jüdischen Volksblatts, um den verderblichen Einfluss der sog. »Lesesucht« in drastischen Bildern zu schildern:
Das häufige Lesen von Romanen ist das Gift der Jugend, Gift für den Verstand, Gift für das Herz, Gift für die Bildung, Gift für das wirkliche Leben! Das Romanlesen ist dem Essen des Opiums, ist dem Rausche durch Branntwein gleich. Die Leihbibliotheken sind die offenen Buden dieser Vergiftung – legen ja doch schon die Schulen ähnliche Boutiken an! Giebt man doch schon recht wohlfeile Ausgaben, damit ein jeder sich selbst ein Magazin des entnervenden, betäubenden Stoffes anlegen könne. Ja, die Romane wie das Opium, bringen Rückgratsverkrümmungen des Geistes hervor. Erst Mährchen, dann Erzählungen, dann Romane – das ist der Weg!382
Philippsons Anwürfe gegen die Romane seiner Zeit waren keineswegs neu. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts ein effizienteres Distributionssystem (Stichwort »Leihbibliotheken«) belletristische Schriften zugänglicher gemacht hatte und späterhin Feuilletonromane und preiswerte Ausgaben die Leserinnen und Leser mit Stoff versorgten, kamen in immer rasanterer Folge neue Romane auf den Markt, die von der zeitgenössischen Literaturkritik als »Trivialliteratur« angeprangert wurden. Die Handlung schematisch, die Figuren typenhaft, boten die zahllosen historischen und sentimentalen Liebesromane, Schauer- und Abenteuergeschichten, etc. leichte Unterhaltung und Ablenkung, die, wie ernste Gemüter warnten, Gefahr lief, ihre Leser und vor allem Leserinnen der Wirklichkeit zu entrücken. »Weltflucht« und intellektuelle Abstumpfung gehörten zu den immer wieder vorgebrachten moralischen Bedenken, während sich die ästhetischen »Vergehen« der Romanschreiber – anachronistisch gesprochen – unter der Kategorie »Kitsch« subsumieren ließen.
Als Philippson sein ingrimmiges Pamphlet gegen die zeitgenössische Unterhaltungsliteratur vom Stapel ließ, ging die von ihm gegründete, herausgegebene und auch redigierte Allgemeine Zeitung des Judenthums bereits in ihr 19. Jahr. Seit ihrem ersten Erscheinen 1837 hatte sie – zweifelsohne das wichtigste Organ des liberalen Judentums – Novellen in Fortsetzung, Lebensbilder, Skizzen und Erzählungen aller Art als fixen Bestandteil ihres Feuilletons geführt.383 Kritisch betrachtet wurden diese literarischen Texte kaum den Ansprüchen hoher Literatur gerecht, sondern ähnelten in vielerlei Hinsicht jenen Romanen, die Philippson so abstoßend fand. Literarische Verfahren, Handlungsaufbau und die Idiomatik eines gattungsspezifischen Stils ließen durchblicken, von welchem Modell man sich hatte inspirieren lassen. Zweifellos ging es Philippson und seinen Mitstreitern an der literarischen Front darum, ihre Erzählungen ansprechend und mitreißend, kurz: volksnah zu gestalten. Schließlich schrieb man nicht für die intellektuelle Elite, sondern für einen sich formierenden, bildungshungrigen Mittelstand, dem die Lektüre zeitgenössischer Schriften in Landessprache kultureller Fixpunkt war. Worin bestand nun aber der Unterschied zu den verfemten Romanen?
Zunächst ganz augenfällig in der Wahl des Milieus und des (historischen) Stoffes. Bei den von Philippson veröffentlichten Erzählungen handelte es sich um Adaptionen bekannten Novellen- und Romanguts und dessen Verlagerung in die Sphäre jüdischer Lebenswelt und Geschichtsauffassung. Als mithin konfessionelle Literatur konnten sich die Texte einer klaren Positionierung in weltanschaulichen und ethischen Fragen nicht entziehen, die sie letztlich ja auch bezweckten, nämlich: das Judentum in Zeiten des Umbruchs ideologisch auf eine neue Grundlage zu stellen. Nicht umsonst lautete der Untertitel des Jüdischen Volksblatts: »Zur Belehrung und Unterhaltung auf jüdischem Gebiete« [Hervorhebung A. L.]. Philippson war nicht allein Publizist und Romanautor, er war Rabbiner und seiner liberalen Amtsauffassung nach dafür verantwortlich, die jüdische Religion unbeschadet, wenngleich »geläutert«, durch die Zeit zu tragen. Sein Eintreten für die Belange einer neuen israelitischen Literatur stand also im Dienst einer Sache, die mehr mit Ideal und Moral als mit ästhetisch-literaturhistorischen Fragen zu tun hatte. Aus Philippsons Sicht fielen die literarischen Beiträge der Allgemeinen Zeitung des Judent(h)ums unter »ernste, belehrende Lectüre«.384
Die verschlungenen Intrigen und Abenteuer der Protagonisten, all die heimlich zugeworfenen Blicke zweier Liebender und schwelgerischen Landschaftsbeschreibungen waren also zweckgebunden. Indem sich der Leser mit den allzeit vorbildlich agierenden jüdischen Helden identifizierte, sollte er sein eigenes Judentum und seine Stellung in der Gesellschaft reflektieren und stolz und zuversichtlich in seiner Treue zur angestammten Glaubensgemeinschaft bestärkt werden. Eine neue jüdische Volks- oder Populärliteratur in deutscher Sprache war dazu berufen, eine verhängnisvolle Leerstelle auszufüllen, bevor die zeitgenössische Unterhaltungs- und Trivialliteratur mit ihren wenig tugendhaften und noch weniger jüdischen Protagonisten diese besetzen – und die Herzen abspenstig machen konnte.385
Die Aufgabe der Unterhaltung, Belehrung und Erbauung hatte über Jahrhunderte – um die erwähnte Leerstelle zu benennen – die jiddische Literatur innegehabt. »Auch wir hatten bis vor ungefähr zwei Dezennien unsre Volksbücher. Das Simchath-nephesch, der Weiberspiegel, das Samuel-Buch, Ritter Widwilt u. a. m. waren zu ihrer Zeit sehr brauchbare Schriften. Sie unterhielten, belehrten und erbauten das Volk zugleich und entsprachen somit ihrem Zwecke«, schreibt Simon Krämer 1839 in der Vorrede zu seiner ersten Volks- und Jugendschrift. Und weiter heißt es:
Eine andere Zeit ist an uns heraufgezogen, neue Verhältnisse haben sich gestaltet, neue Interessen sich geltend gemacht, die Volksbildung ist im Zunehmen. Grund genug, jene Werke nicht mehr genügend zu finden, wenn nicht die schiefen Weltansichten ihrer Verfasser, ins Besondere aber ihr korupter, unästhetischer Styl sie aller Brauchbarkeit für unsre Zeit beraubt und bereits zum Gegenstande des Spottes bei denen gemacht hätte, welchen sie nützen sollen.386
In seiner Aufzählung von Mussar-Büchern, legendenhaften Nacherzählungen biblischer Stoffe und höfischen Ritterepen des 16., 17. und frühen 18. Jahrhunderts beanstandet Krämer, seines Zeichens Dorfschullehrer in Mittelfranken,387 die Unzulänglichkeiten einer in jeder Hinsicht »veralteten« Literatur. Die Verwendung des Jiddischen oder Judendeutschen entlockte all jenen, denen die deutsche Standardsprache bereits vertrauter war als das jüdische Idiom, ein abfälliges Urteil ganz nach dem Muster eines aufgeklärten Sprachpurismus: Das Dargebotene wirkte archaisch, verderbt und primitiv. Und weltanschaulich hinkte es erst recht: Klar wie die Grenzen dieser literarischen Gattungen waren die sozialen einer »altständischen, hierarchisch-korporativen Ordnung«388 und Gruppenbindung, welcher sich der Einzelne bedingungslos unterzuordnen hatte. In Konflikt dazu geriet er erst, als religiöse Zugehörigkeit, bürgerlicher Stand, Bildungsgrad und Vermögensverhältnisse sich als unabhängige Parameter der eigenen Standortbestimmung innerhalb des gesellschaftlichen Ganzen voneinander zu lösen begannen. Roman und Novelle waren mit ihrer strukturellen Offenheit für konfligierende Lebensentwürfe, Selbstverwirklichung und Scheitern ihrer Protagonisten am Puls der Zeit – einer Zeit, in der sich Religiosität von Religion abzulösen begann.
Was die neuen Volksschriften bezwecken sollten, war die »Beförderung ächter Humanität«, die »Bildung des Geistes und Herzens«,389 wie Abraham Kohn in seinem ebenfalls 1839 erschienenen Aufsatz schreibt. Mit Stolz auf die unge-AA brochene Traditionskette und Begeisterung für das Eigene sollten die Leser erfüllt werden, zumal sich im Schoße der christlichen Mehrheitsgesellschaft sich diese nicht von selbst einstellten: »weit und breit zerstreut« lebten die Israeliten, »als kleine Gemeinden oder einzelne Familien«, argumentiert der Hohenemser Rabbiner.390 Nicht biblische (oder anderweitig mythologisch etablierte) Helden taugten zur Identifikationsfigur, sondern »tüchtige[] und ehrliche[] jüdische[] Handwerks- und Ackerleute«,391 »mittlere Helden« also, deren Fähigkeiten und Leistungen sie zu Großem befähigten. Manifestierte sich im Verlangen nach deutschsprachiger Literatur bereits die Überwindung einer alten Ordnung, musste diesem auch in der Wahl von Stoff, Gattung und Präsentationsweise Rechnung getragen werden. Im Gegensatz zu Philippson schwebte Kohn und Krämer kein historischer Heroismus vor, sondern ein zeitgenössischer, unmittelbar exemplarischer, wie ihn Letzterer in seinen Jugendschriften auch tatsächlich umsetzte.
Die neue Volksliteratur in Landessprache hielt sich ni...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Open-Access-Transformation in den Jüdischen Studien
  5. Inhalt
  6. Danksagung
  7. Einleitung
  8. Teil I: Die »Landjuden« in der Literatur der prä- und frühemanzipatorischen Epoche
  9. Teil II: Die »Landjuden« in den Erzählungen deutsch-jüdischer Autoren
  10. Zusammenfassung und Schlussbemerkungen
  11. Bibliographie
  12. Index