Locating Media/Situierte Medien
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Locating Media/Situierte Medien

(hg. von Sebastian Gießmann und Nadine Taha)

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Locating Media/Situierte Medien

(hg. von Sebastian Gießmann und Nadine Taha)

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Über dieses Buch

Susan Leigh Stars (1954-2010) Werk bewegt sich zwischen Infrastrukturforschung, Sozialtheorie, Wissenschaftsgeschichte, Ökologie und Feminismus. Die wegweisenden historischen und ethnografischen Texte der US-amerikanischen Technik- und Wissenschaftssoziologin liegen mit diesem Band erstmals gesammelt auf Deutsch vor. Ihre Arbeiten zu Grenzobjekten, Marginalität, Arbeit, Infrastrukturen und Praxisgemeinschaften werden interdisziplinär kommentiert und auf ihre medienwissenschaftliche Produktivität hin befragt.Mit Kommentaren von Geoffrey C. Bowker, Cora Bender, Ulrike Bergermann, Monika Dommann, Christine Hanke, Bernhard Nett, Jörg Potthast, Gabriele Schabacher, Cornelius Schubert, Erhard Schüttpelz und Jörg Strübing.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783732831265

Infrastrukturen und Praxisgemeinschaften

Schritte zu einer Ökologie von Infrastruktur
Design und Zugang für großangelegte Informationsräume (1995/1996)1

Susan Leigh Star und Karen Ruhleder
»Eine elektronische Community ist ein Computersystem, das das Wissen einer Gemeinschaft codiert und eine Umgebung bietet, welche die Veränderung und Bearbeitung dieses Wissens unterstützt. Verschiedene Gemeinschaften haben zwar ein unterschiedliches Wissen, aber ihre Umgebung weist große Ähnlichkeiten auf. Man könnte sich vorstellen, dass das Wissen der Gemeinschaft in einer elektronischen Bibliothek gespeichert wird.«2
BRUCE SCHWARZ
»Funktioniert die virtuelle Gemeinschaft (virtual community) oder nicht? Sollten wir uns alle in den Cyberspace begeben oder ihm als einer dämonischen Form von symbolischer Abstraktion widerstehen? Ersetzt er das Reale oder gibt es in ihm die Wirklichkeit selbst? Wie so viele wahre Dinge lässt auch dies sich nicht auf Schwarz oder Weiß reduzieren. Es ist auch nicht grau. Es ist wie das übrige Leben schwarz-weiß. Beides und keines.«3
JOHN PERRY BARLOW

WAS IST INFRASTRUKTUR?

Bei der Untersuchung, wie Technik die Transformation von Organisationen beeinflusst, wird zunehmend ihre doppelte, paradoxe Natur erkannt. Diese ist sowohl Motor als auch Hindernis für Veränderung, anpassbar und rigide, innerhalb wie außerhalb organisatorischer Praktiken. Sie ist Produkt und Prozess. Manche Autoren haben dieses scheinbare Paradox nach Giddens4 als Strukturation analysiert: Aus technischer Rigidität gehen Adaptionen hervor, die wiederum Kalibrierung und Standardisierung erfordern. Im Lauf der Zeit re-formieren sich Struktur-Handlungs-Beziehungen dialektisch.5 Dieses Paradox ist für umfangreiche, verstreute Technologien von integraler Bedeutung.6 Es entsteht aus der Spannung zwischen lokaler, individualisierter, intimer und flexibler Nutzung einerseits und dem Bedürfnis nach Standards und Kontinuität andererseits.
Mit dem Aufkommen dezentralisierter Technologien, die sich über große geografische Distanzen hinweg nutzen lassen, werden sowohl das Bedürfnis nach gemeinsamen Standards als auch das nach situierten, individualisierbaren und flexiblen Technologien stärker. Ein kleinster gemeinsamer Nenner wird die Nachfrage nach angepassten Möglichkeiten nicht befriedigen, und auch rigide Standards werden das Problem nicht lösen.7 »Universale Nischen« sind unmöglich – was für einen Menschen Standard ist, ist für einen anderen Chaos. Es gibt keine genuinen Universalien im Design großangelegter Informationstechnologie.8
Überdies basiert dieses gleichzeitige Bedürfnis nach Individualisierung und Standardisierung weder auf der geografischen Lage noch auf simplen Parametern von Gruppenmitgliedschaft. Ein Individuum ist oft Mitglied mannigfaltiger Praxisgemeinschaften, die Technologien unterschiedlich nutzen und damit verschiedene Anforderungen an ihre flexiblen wie standardisierten Erfordernisse stellen. Es gibt kein absolutes Zentrum, aus dem Kontrolle und Standards entspringen, ebenso wenig wie eine absolute Peripherie.9 Und doch wird irgendeine Art von Infrastruktur benötigt.
Wir haben den Aufbau eines geografisch verstreuten, komplexen digitalen Kommunikations- und Publikationssystems für eine Gemeinschaft von Wissenschaftlern untersucht. Dieser Aufbau, der seinerseits ein Versuch war, infrastrukturelle Forschungswerkzeuge zu kreieren und zu verbessern, vollzog sich in einer Zeit immenser, ja radikaler Veränderungen im größeren Umfeld elektronischer Informationssysteme zwischen 1991 und 1994. Bei der Entwicklungsarbeit beabsichtigte man auch, die lokale Labororganisation umzugestalten und Ineffizienzen in der Skalierung zu minimieren, die Wissen und Ergebnisse betreffen. Man stellte sich eine Art von Superlabor vor, das die gesamte wissenschaftliche Gemeinschaft umfasste. Die Bedürfnisse nach Standards und individualisierbaren Komponenten waren gleich stark. Bei der Systementwicklung bemühte man sich auch, Praxisgemeinschaften mit ganz unterschiedlichen Ansätzen für die Computerinfrastruktur zusammenzubringen. Designer und Nutzer standen bei der Entwicklung des Systems vor zwei Herausforderungen: miteinander trotz ganz unterschiedlicher Praktiken, Techniken und Fähigkeiten zu kommunizieren sowie mit Veränderungen Schritt zu halten, die durch das Wachstum des Internets und Werkzeuge wie Gopher und Mosaic verursacht wurden. Die Entwicklung einer großangelegten Informationsinfrastruktur in einem solchen Umfeld entspricht – metaphorisch gesprochen – dem Bau eines Bootes, während man gleichzeitig das Navigationssystem konstruiert und in einer Regatta gegen starke Konkurrenz zu einer sich ständig verschiebenden Ziellinie segelt.
Dieser Aufsatz befasst sich mit dieser Erfahrung und mit dem endgültigen Scheitern der erwarteten organisatorischen und infrastrukturellen Veränderungen. Er bietet einen analytischen Rahmen und ein Vokabular an, um folgende Fragen beantworten zu können: Worin besteht die Beziehung zwischen großangelegter Infrastruktur und organisatorischer Veränderung? Wer oder was verändert sich und wer verändert? Wir definieren zunächst Infrastruktur und konzentrieren uns dann auf zwei Aspekte der Systementwicklungsarbeit: Kommunikation zwischen Designern und Nutzern und ihr wechselseitiges Lernen.

Wann gibt es eine Infrastruktur?

»[W]as untersucht werden kann, ist immer eine Beziehung oder ein unendlicher Regress von Beziehungen. Niemals ein ›Ding‹.«10
GREGORY BATESON
Yrjö Engeström beantwortet die in der Überschrift gestellte Frage in seinem Aufsatz »When Is a Tool?« in Bezug auf ein Netz, das Nutzbarkeit und Handeln ermöglicht.11 Ein Werkzeug ist nicht einfach ein in der Zeit erstarrtes Ding mit vorgegebenen Attributen – vielmehr wird ein Ding für jemanden zum Werkzeug in der Praxis, wenn es mit einer bestimmten Tätigkeit verbunden ist. Engeströms Aufsatz veranschaulicht dies durch das Foto eines Arztes, der an einem Computerterminal arbeitet. Das Terminal ist von gelben Post-it-Zetteln bedeckt, umgeben von handschriftlichen Schmierzetteln, während er telefoniert – ein wahrhaft heterogenes »Netz der Computerarbeit«.12 Das Werkzeug entsteht in situ. Analog dazu ist Infrastruktur etwas, das für Menschen in der Praxis entsteht, in Verbindung mit Tätigkeiten und Strukturen.
Wann also gibt es eine Infrastruktur? Übliche Metaphern stellen Infrastruktur als Substrat dar: als etwas, auf dem etwas anderes ›läuft‹ oder ›operiert‹, etwa ein Netz von Eisenbahnschienen, auf denen Eisenbahnwaggons fahren. Dieses Bild präsentiert eine Infrastruktur als etwas, das gebaut und gewartet wird und das dann in einem unsichtbaren Hintergrund versinkt. Infrastruktur ist etwas, das einfach da ist, zuhanden, völlig transparent.
Wenn wir die Beziehung zwischen Arbeit bzw. Praxis und Technik verstehen wollen, ist eine solche Metapher weder sinnvoll noch genau. Was uns stört, ist das Bild vom »Versinken im Hintergrund«. Überdies wissen wir, dass eine derartige Definition nicht die Vieldeutigkeiten der Nutzung erfasst, von denen oben die Rede war: So wird z. B. das Internet ohne ein Braille-Gerät die Kommunikation blinder Menschen nicht unterstützen. Und für den Klempner sind die mit dem städtischen Wasserwerk verbundenen Wasserleitungen in einem Haus ein Arbeitsobjekt und keine Versorgungsleistung im Hintergrund. Im Anschluss an Tom Jewett und Rob Kling13 behaupten wir vielmehr, dass Infrastruktur ein grundlegend relationaler Begriff ist. Sie wird zur Infrastruktur in Relation zu organisierten Praktiken. Innerhalb eines bestimmten kulturellen Kontexts betrachten Köche das Wassersystem als Teil einer funktionierenden Infrastruktur, die für die Zubereitung eines Essens unabdingbar ist – für Stadtplaner wird sie zu einer Variablen in einer komplexen Gleichung. Daher fragen wir nicht, was eine Infrastruktur ist, sondern wann sie eine ist.
Analytisch gesehen erscheint Infrastruktur nur als eine relationale Eigenschaft, nicht als ein von seiner Nutzung befreites Ding. Bowker beschreibt dies mittels einer »infrastrukturellen Inversion«14, ein methodologischer Begriff, der eine starke Gestalt-Verschiebung von Figur und Grund (figure-ground gestalt shift) in Untersuchungen zur Entwicklung einer großangelegten technologischen Infrastruktur bezeichnet.15 Die Verschiebung betont weniger Dinge oder Menschen als simple kausale Faktoren in der Entwicklung solcher Systeme; stattdessen erhalten Veränderungen in infrastrukturellen Beziehungen eine zentrale Bedeutung. Während wir lernen, uns bei unserer Arbeit auf Elektrizität zu verlassen, verändern sich unsere Praktiken und unsere Sprache. Wir werden »angeschlossen« und unsere täglichen Rhythmen verschieben sich. Wissenschaftliche und ästhetische Probleme verschieben sich ebenfalls. Während diese infrastrukturelle Veränderung zu einem primären analytischen Phänomen wird, kehren sich viele traditionelle historische Erklärungen um. Yates weist darauf hin, dass selbst eine so bescheidene infrastrukturelle Technologie wie der Aktenordner ein zentraler Faktor für Veränderungen im Management und der Kontrolle amerikanischer Industrie ist.16 In der historischen Analyse werden Politik, Stimme und Autorschaft sicht- und hörbar, die in den Systemen eingebettet sind – nicht als Motor für Veränderung, sondern als artikulierte Komponenten des untersuchten Systems. Aus Substrat wird Substanz.
Wenn man dies berücksichtigt, entsteht Infrastruktur mit den folgenden Dimensionen:
Eingebettetsein. Infrastruktur ist im Inneren anderer Strukturen, sozialer Arrangements ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Editorial
  3. Titlelseite
  4. Impressum
  5. Inhalt
  6. Preface
  7. Einleitung
  8. Grenzobjekte
  9. Marginalität und Arbeit
  10. Reflexionen zur Ökologie sichtbarer und unsichtbarer Arbeit bei Susan Leigh Star und Anselm Strauss
  11. Infrastrukturen und Praxisgemeinschaften
  12. Quellennachweise
  13. Autorinnen und Autoren
  14. Herausgeber und Herausgeberin