Europäische Horizonte
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Europäische Horizonte

Gesellschaftswissenschaftliche und sozialpsychologische Perspektiven

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Gesellschaftswissenschaftliche und sozialpsychologische Perspektiven

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Über dieses Buch

Populistische Protestbewegungen, Gruppierungen und Parteien erhalten viel Zulauf - sie schüren antieuropäische Vorbehalte, die sich aus einem generellen Unbehagen an Politik, Staat und Medien speisen.Die Beiträge des Bandes beleuchten das unübersichtliche Terrain von Nationalismus, Populismus und Extremismus in Europa und fragen, warum antidemokratischer Fundamentalismus, Terrorismus und Gewaltmilieus an Attraktivität gewinnen. Zudem erörtern sie, wie wir die Logik des Ressentiments und die Faszination von Gewalt und Fanatismus fassen können.

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Information

PEGIDA – Provinzposse oder Vorbote eines neudeutschen Rechtspopulismus?1

Hans Vorländer
Als am 20. Oktober 2014 eine Gruppe von Demonstranten durch die Dresdner Innenstadt zog, konnte nicht erwartet werden, dass daraus eine Bewegung erwachsen würde, die schnell ein hohes Maß an nationaler und internationaler Aufmerksamkeit auf sich zog. Vor allem das Momentum, mit der aus einer Truppe von rund 250 Leuten eine Ansammlung von fast 25.000 protestierenden Menschen wurde, erstaunte genauso, wie das Label der »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« die Öffentlichkeit erschrecken ließ. Die Reden auf den Kundgebungen, die Äußerungen einzelner Demonstrationsteilnehmer und die mitgebrachten Spruchbänder, Schilder und Fahnen hinterließen – nicht nur – bei journalistischen Beobachtern den Eindruck, dass es sich um Islam- und Fremdenfeinde, um »Rassisten« und »Nazis in Nadelstreifen«, um »Rechtsextremisten«, um »Pack« und »Pöbel« handelte. Die abendlichen »Spaziergänge« schienen zudem an die in Dresden in vielen Jahren gepflegten Aufmärsche neo-nazistischer Gruppierungen von Kameradschaften, Skinheads und NPD anzuknüpfen, die rund um den 13. Februar, den Jahrestag der Zerstörung Dresdens 1945, stattgefunden hatten und gegen die die Stadtbürgerschaft lange Zeit kein wirksames Gegenmittel gefunden hatte. Handelt es sich bei PEGIDA um eine Dresdner Provinzposse, die es zu internationalen Schlagzeilen gebracht hat, oder ist PEGIDA der Vorbote einer neu-rechten, populistischen Bewegung, die Deutschland einen Prozess nachvollziehen lässt, der in anderen europäischen Ländern, in den Niederlanden, in Österreich, Frankreich, Großbritannien schon seit langem zur Etablierung rechtspopulistischer Gruppierungen und Parteien und in Polen und Ungarn zu nationalkonservativen Regierungen geführt hat?

RASANTER AUFSTIEG, ZWEITES LEBENUND JETZT: IN DER AGONIE?

So kurz die Anlaufphase war, so kurz war auch die eigentliche Hochzeit von PEGIDA in der Jahreswende 2014/2015. Das mit illuminierten Kreuzen angereicherte – und so an Ku-Klux-Clan-Inszenierungen erinnernde – »Weihnachtsliedersingen« am 22. Dezember 2014 auf dem Dresdner Theaterplatz mit Zwinger, Semperoper und Hofkirche als ikonischer Rahmung, die Zusammenkunft vom 5. Januar 2015 und schließlich der zahlenmäßige Höhepunkt vom 12. Januar 2015 (nach den Pariser Anschlägen auf Charlie Hebdo) markierten den Zenit der Bewegung in Dresden. Der aufgrund terroristischer Anschlagsdrohung untersagte nachfolgende Aufzug sowie die Spaltung des Organisationsteams nach zwischenzeitlichem Rücktritt des Sprechers, Lutz Bachmann, und der Rückzug weiterer Mitglieder ließ PEGIDA in eine Phase der Orientierungssuche eintreten. Zum einen versuchte der nun wieder als Frontmann agierende Bachmann PEGIDA in eine Phalanx bereits etablierter europäischer rechtspopulistischer Bewegungen einzureihen. Er buhlte um die Unterstützung und Rednerauftritte u.a. von Marine Le Pen, Nigel Farage und Geert Wilders. Allein Wilders kam nach Dresden, adressierte in einer kurzen Ansprache die rund 10.000 Demonstranten, vermochte aber nicht den erhofften neuen Schwung für PEGIDA-Dresden zu erzeugen. Auch verlief die mehrmalige Ankündigung Bachmanns, PEGIDA zu einer politischen Partei machen zu wollen, im Sande. Einzig bei der Oberbürgermeisterwahl in Dresden im Juni 2016 trat eine Kandidatin von PEGIDA an. Tatjana Festerling, die sich in der Zwischenzeit als Frontfrau und die Grenze zu volksverhetzender Rede austestende Schmäh- und Hetzrednerin hervorgetan hatte, erlangte 9,6 Prozent der abgegebenen Stimmen, trat aber zum zweiten Wahlgang nicht mehr an. Erst die im September und Oktober desselben Jahres einsetzende ›Flüchtlingskrise‹ hauchte PEGIDA in Dresden ein zweites Leben ein, zum Jahrestag versammelten sich am 19. Oktober 2015 wiederum annähernd 20.000 Demonstranten. PEGIDA zeigte sich nunmehr als Anti-Flüchtlings- und Anti-Islam-Bewegung. Seitdem ist PEGIDA zahlenmäßig geschrumpft. Versuche der internationalen Vernetzung scheiterten erneut, als im Februar 2016 ein sogenannter europäischer Aktionstag weit hinter den Erwartungen seiner Initiatoren zurückblieb. Seitdem treffen sich zwar weiterhin montags Demonstranten, die Organisatoren sind sich indes über die weitere Strategie uneins. Während Festerling eine internationale Allianz »Festung Europa«, vor allem mithilfe deutlich rechtsextremer Kräfte, zu etablieren versucht, hat Siegfried Däbritz den Schulterschluss mit der Partei Alternative für Deutschland öffentlich – bei einer Kundgebung der AfD in Erfurt – geschlossen, während Bachmann nach wie vor auf der Eigenständigkeit von PEGIDA und seinem eigenen Führungsanspruch in Dresden zu beharren scheint. Wechselseitige, über Facebook öffentlich gemachte Beschuldigungen innerhalb des PEGIDA-Vereins stellen die Organisationsfähigkeit zunehmend in Frage. So könnte PEGIDA aufgrund innerer Zerwürfnisse und der ungeklärten Strategiefrage vor einem Ende der selbständigen Existenz stehen. Der elektorale Erfolg der AfD hat ohnehin die mediale Aufmerksamkeit von PEGIDA abgezogen.

KOLLEKTIVE WUT UND RITUELLE GEMEINSCHAFTSSTIFTUNG

Wenn sich im Spätherbst 2015 der Eindruck verfestigen konnte, dass PEGIDA eine offen rassistische Bewegung geworden war, die sich aggressiv gegen Flüchtlinge und Migranten wendete und mit der immer radikaleren Rhetorik die dünnen Grenzen zwischen sprachlicher und physischer Enthemmung zu verschwimmen drohten, so war für die Hochphase um die Jahreswende 2014/15 festzustellen, dass PEGIDA in Dresden keine Bewegung von Rechtsextremisten sowie Islam- und Ausländerfeinden gewesen ist, wie zunächst gemutmaßt wurde. Etwa ein Drittel der Teilnehmer der Kundgebungen und »Abendspaziergänge« ließ zwar fremdenfeindliche und islamophobe Motive und Einstellungen erkennen. Die Mehrheit übte indes vor allem fundamentale Kritik an Politik, Medien und der konkreten Funktionsweise der praktizierten Demokratie in Deutschland.2
Pegida rekrutierte sich anfangs überwiegend aus der (klein-)bürgerlichen Mitte Dresdens und ihren fragilen Segmenten. Auffallend in der soziodemographischen Zusammensetzung war der vergleichsweise hohe Anteil von Selbständigen und Angestellten und – bezogen auf die Einkommensstruktur – ein leicht überdurchschnittlicher Verdienst. Die biographischen Hintergründe der mehrheitlich aus dem westlichen Umland Dresdens stammenden Organisatoren ließen vielfach auf ein wechselhaftes, prekäres Berufsleben als selbständige Kleinunternehmer vor allem im Dienstleistungsgewerbe schließen. Sie waren in Dresden gut vernetzt: ein Teil ist der Dresdner Partyszene beruflich verbunden, ein anderer den Kreisen von Fußball und Eishockey. Der Sprecher, Lutz Bachmann, hatte sich bereits anlässlich des Elbehochwassers im August 2013 als Organisator eines umfassenden Fluthilfenetzwerkes im Stadion von Dynamo Dresden hervorgetan. Für sein Engagement hatte er den Sächsischen Fluthilfeorden erhalten.
Dresdens Plätze und Straßen wurden zu einem Raum kollektiver Empörung und Selbstvergewisserung. Für die Teilnehmer von PEGIDA schienen die montäglichen Zusammenkünfte auch eine kompensatorische, ›therapeutische‹ Wirkung zu besitzen. Hier wurden Verluste, Ängste und Traumatisierungen verarbeitet, die sich in den persönlichen Nah- und sozialen Umwelten durch den tiefgreifenden politischen, sozialen, kulturellen und demographischen Wandel in Ostdeutschland und Sachsen eingestellt haben. Offensichtlich substituierten die zum gemeinschaftsstiftenden Ritual gewordenen montäglichen Zusammenkünfte das Gefühl verloren gegangener Identität und Tradition. Der ›Stammtisch‹ der Straße füllte die Sinnleere in einem Umfeld auseinandergebrochener Gewissheiten und enttäuschter Erwartungen und vermittelte das Gefühl, im Kreis von Gleichen mit den diffusen Ängsten und Sorgen ›aufgehoben‹ zu sein. Zugleich wurde eine scheinbar aus den Fugen geratene Welt mit einfachen Antworten – und seien es Verschwörungstheorien – wieder begreifbar gemacht. Dabei brach sich das Gefühl der Verunsicherung, des Abgehängt-Seins in der Konstruktion des Fremden, Flüchtlings und Asylbewerbers genauso Bahn wie das Gefühl, von den Medien nicht gehört und der etablierten Politik nicht repräsentiert zu werden, in den Schmähparolen von »Lügenpresse« und »Volksverräter« seinen Niederschlag fand. Die unverstellte, enthemmte Rhetorik der Straße spiegelte grundlegende lebensweltliche Entfremdungserfahrungen und vertiefte so die Spaltung zum etablierten politischen System, schaffte aber zugleich einen neuen virtuellen, über die sozialen Medien vermittelten und realen, auf den Plätzen Dresdens konstituierten Raum wechselseitiger Anteilnahme und Bestärkung. Nur in der öffentlichen Inszenierung lag die Möglichkeit beschlossen, die eigene Ohnmacht überwinden und kommunikative Macht erringen zu können. Dabei ging es nicht um konkreten issue-gebundenen Protest, nicht um klare Lösungsvorschläge für konkrete politische Probleme, sondern um die Zurschaustellung von kollektiver Wut und Empörung.
Die hohe Emotionalität, der konfrontative Gestus, der Modus zur Schau gestellter Entrüstung und der erfolgreiche Versuch, kommunikative Macht auf prominenten Plätzen und Straßen zu erzeugen, ließ PEGIDA in ihren Hochzeiten zu einer rechtspopulistischen Empörungsbewegung werden. Ursprünglich in Form von Bewegungen wie Occupy… als globalisierungskritischer Protest entstanden, um der Vorherrschaft weltweit agierender finanzpolitischer Akteure entgegenzutreten, haben derartige Formen öffentlich artikulierter Empörung, sowohl nach Eigen- wie Fremdzuschreibungen, bisher ausschließlich zum eher linken politischen Lager gerechnet werden können. PEGIDA hat sich ähnlicher Mechanismen und symbolischer Formen bedient, um als Bewegung öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen. Dabei spielten die sozialen Medien in der Entstehungs- wie auch in der Hochphase eine entscheidende Rolle, und zwar als virtueller Raum von Kommunikation und Organisation. PEGIDA wurde aber erst in dem Moment zu einer Bewegung, als sie den realen Raum, prominente Straßen und Plätze, öffentlichkeitswirksam zu besetzen wusste. Und weil sie es tat, fand sie zu einer breiten Teilnehmerschaft. Performativer Akt und Konstituierung von PEGIDA als Massenbewegung gingen Hand in Hand. Die öffentliche, montägliche, durch Kundgebung und »Abendspaziergang« strukturierte Veranstaltung etablierte ein Ritual, welches durch regelmäßige Wiederholung den Teilnehmern das Gefühl gab, zu einer Gemeinschaft Gleichgesinnter zu gehören.

PROTEST GEGEN DIE ›ELITENDEMOKRATIE

PEGIDA kann auch als ein Reflex auf die Metamorphosen des Systems repräsentativer Demokratie beschrieben werden. Auf der einen Seite sind fortschreitende Auflösungserscheinungen des politischen Vorfeldes, der sozialen Infrastruktur der Demokratie, zu verzeichnen. Parteien, Gewerkschaften, Stammtische und Vereine verlieren immer mehr ihren politisch bindenden, organisierenden, aber auch integrierenden Charakter. Die Bereitschaft zu einem verstetigten politischen Engagement nimmt ab, während Ad-hoc-Initiativen und der anonyme Foren-Kommentar im Internet zu neuen Aktivitätsformen avancieren. In der Folge drohen die etablierten Wege und Prozeduren demokratischer Partizipation zunehmend ins Leere zu laufen. Dem gegenüber steht, auf der anderen Seite, ein ähnlich tiefgreifender Wandel der Institutionen der verfassten Demokratie – einer politischen Ordnung, in der wirtschaftliche Macht und staatlich-administrative Funktionseliten in den nationalen und transnationalen Arenen der Verhandlung und Kompromissfindung politische Entscheidungen entwerfen, sich dabei aber gleichzeitig von dem entfernen, was die Bürger wahrnehmen bzw. was sie überhaupt noch demokratisch kontrollieren können. Jene Kongruenzsuggestion eines funktionierenden Repräsentationssystems, wonach Bürger und repräsentative Politik durch ein Verhältnis des Vertrauens aneinander gebunden sind, geht damit verloren – mit kaum absehbaren Folgen für die in komplexen Strukturen, Institutionen und Prozeduren verfasste repräsentative Demokratie. Die ›Flüchtlingskrise‹ scheint diese Wahrnehmung einer gestörten Beziehung zwischen Politik und Bürgern verschärft zu haben (Vorländer 2016b).

DRESDEN UND SACHSEN – RESONANZRAUM VON TRADITIONALISMUS UND ETHNOZENTRISMUS

Die Frage nach den Gründen für den besonderen Erfolg von PEGIDA in Dresden sind immer wieder mit Mutmaßungen über eine besonders ausgeprägte Fremden- und Islamfeindlichkeit beantwortet worden (vgl. Nachweise bei Vorländer et al. 2016: 17-30), zumal die bei den Kundgebungen gehaltenen Reden keinen Zweifel an der pauschalen Ablehnung und Diffamierung des Islam, der Muslime und von Flüchtlingen zuließen. Doch unterschied sich das bei den Demonstranten festgestellte Ausmaß an Islam- und Fremdenfeindlichkeit nicht oder nur geringfügig von der durchschnittlichen Verbreitung dieser Einstellungsmuster in der Gesamtbevölkerung – im Osten stärker als im Westen. Empirische Befunde haben zudem auch erkennen lassen, dass die sächsische Landeshauptstadt keine überdurchschnittliche Konzentration an ausländerfeindlichen Orientierungen der Bevölkerung aufweist und deshalb auch nicht argumentiert werden kann, dass in Dresden generell ein idealer Nährboden für xenophobe oder islamophobe Handlungsmotive vorliegt (vgl. Reuband 2015: 137). Dessen ungeachtet haben ausländerfeindliche Gewalttaten gerade in Sachsen stark zugenommen. PEGIDA hat hier ohne Zweifel zu einer Verrohung der Diskussionskultur auf der Straße, dem Abschleifen allgemeiner Umgangsformen, vor allem in den sozialen Netzwerken, und einer Radikalisierung im Umgang mit fremdenfeindlichen Ressentiments beigetragen.
Während in Westdeutschland islamfeindliche Einstellungen oft durch Alltagswahrnehmungen geprägt zu sein scheinen, war die bei PEGIDA in Dresden artikulierte Islamfeindlichkeit anfänglich eher diffus und von abstrakten Vorstellungen einer drohenden kulturellen Überfremdung geprägt, bei denen Muslime stellvertretend als Projektionsfläche für die Ablehnung des Unbekannten, des Neuen und ganz Anderen dienen. Im Zuge der ›Flüchtlingskrise‹ hat sich diese Befürchtung materialisiert. PEGIDA und ihre Anhänger fühlten sich nunmehr mit ihren Warnungen ins Recht gesetzt und konnten in der Pose des »wir haben es schon immer gesagt« die Früchte ihres wütenden Tuns einsammeln, weshalb Kundgebungen und »Abendspaziergänge« wieder mehr Teilnehmer verzeichneten und sich die Redner und Rednerinnen weiter radikalisierten. Das trotzige »Sachsen zeigt, wie es geht« wurde zur Maxime des Protestes gegen ungesteuerte Zuwanderung und zugleich auf der Seite besonderer ›sächsischer Weitsicht‹ stolz verbucht.
Bei der Frage nach möglichen lokalen und regionalen Besonderheiten der Entstehung und Dauerhaftigkeit von PEGIDA können zwei politisch-kulturelle Erklärungszusammenhänge für Dresden bzw. Sachsen angeführt werden. Zum einen lässt sich für Sachsen ei...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Statt einer Einleitung
  7. Populismus und Extremismus in Europa – eine Gefahr für die Demokratie?
  8. Populisten verstehen!?
  9. Populismus und der ›gesunde Menschenverstand‹
  10. PEGIDA – Provinzposse oder Vorbote eines neudeutschen Rechtspopulismus?1
  11. Zwischen Elitenkritik und Menschenfeindlichkeit
  12. Spiegel der Menschheit?
  13. Abendland – Deutschland – Europa
  14. Autoren und Herausgeber