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Was bleibt vom Dokument in der Edition?

  1. 210 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Über dieses Buch

In den letzten Jahren erfährt der Wert des, Dokuments' als Überlieferungsträger für eine Edition in der philologischen und kulturwissenschaftlichen Forschung einen grundlegenden Wandel. So wird es nicht länger als reiner Textträger wahrgenommen, sondern wird u.a. hinsichtlich seiner Materialität Teil des zu edierenden Gegenstands. Doch wie werden Editionen diesem Paradigmenwechsel gerecht? Wie wird die Überführung des Dokuments in die Edition realisiert? Wann kann überhaupt von einem Dokument gesprochen werden? Diesen Fragen nähert sich der vorliegende Sammelband als Produkt der Tagung, (un)documented – Was bleibt vom Dokument in der Edition?' des GRK 2196, Dokument – Text – Edition' aus multidisziplinärer Perspektive an.
Inhaltlich wird neben der theoretischen Annäherung an eine fächerübergreifende Terminologie der Umgang mit unterschiedlichsten Dokumenttypen und die Berücksichtigung dokumentspezifischer Phänomene in der Edition im analogen und digitalen Medium diskutiert. Dabei werden Inschriften, Handschriften, Drucke und auch Tonträger besprochen.
Somit ist der vorliegende Band für ein breites philologisches und kulturwissenschaftliches Fachpublikum mit theoretischem und praktischem editorischen Interesse relevant.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783110692860
Anne-Elisabeth Beron

(un)interessant? Glossen als eigener Apparat am Beispiel der Handschriften zur 1. Ekloge des Calpurnius Siculus

In der Klassischen Philologie beschränkt sich das fachliche Interesse von Haus aus zunächst auf den Text eines Autors, wie er in den Editionen dargeboten wird, um davon ausgehend weitere Studien zu betreiben: z. B. Kommentierung und Übersetzung, Betrachtung der narratologischen Struktur und der Intertextualität, Beleuchtung bestimmter Motive und der Inszenierung des Autor-Ichs usw. Den Text eines antiken Autors zu rekonstruieren stellt natürlich das primäre Movens eines Editors bei der Arbeit an Papyri, Handschriften und frühen Drucken dar, jedoch sieht er sich bei dieser Arbeit mit weiteren Inhalten des Dokuments, d.h. des Textträgers, konfrontiert, die dem Benutzer der Edition in der Regel nicht sichtbar gemacht, geschweige denn erklärt werden.
Im Wuppertaler Graduiertenkolleg ‚Dokument – Text – Edition‘ habe ich eine kommentierte Ausgabe der 1. Ekloge des neronischen Bukolikers Calpurnius Siculus besorgt,270 in die Glossen prominent integriert sind. Dieses neue Konzept wird hier vorgestellt, wobei es gilt, zunächst allgemein den handschriftlichen Befund (I.) zu präsentieren und die unterschiedlichen Arten der Paratexte (II.) zu kategorisieren, dann ihre Behandlung in der bisherigen Calpurnius-Forschung und ihren potentiellen Nutzen (III.) zu beleuchten, um schließlich auf ihren Platz in der Neuedition und die damit verbundenen editorischen Entscheidungen (IV.) einzugehen. Da es hier nicht inhaltlich um den Text des Calpurnius geht, liegt es in der Natur der Sache, dass vieles im Folgenden rein deskriptiven und klassifizierenden Charakter haben wird.

I.Der handschriftliche Befund

Zunächst zum handschriftlichen Befund: Die 7 Eklogen des Calpurnius Siculus sind in insgesamt 34 Manuskripten und 7 Florilegien überliefert, hinzu kommen einzelne Verse am Rand eines Berner Codex sowie die editio princeps (ρ) von 1471, die auf einen codex deperditus zurückgehen dürfte.271 Die älteste Handschrift stammt aus dem zwölften, der Rest lässt sich zumeist in das fünfzehnte Jahrhundert datieren.
Die ohnehin übersichtliche Gesamtzahl lässt sich für die Überlieferung der 1. Ekloge auf 33 Handschriften und ein Florilegium weiter reduzieren. Davon können ferner 13 Handschriften sowie das Florilegium als codices descripti eliminiert werden,272 d. h. es handelt sich hierbei lediglich um Kopien anderer Manuskripte, die für die Textkonstitution nicht von Relevanz sind. Überschaubar ist der Befund schließlich dadurch, dass die 1. Ekloge nur 94 Verse umfasst, also nicht zu den längsten Gedichten des Calpurnius zählt.273 In einem Codex nimmt sie – je nach dessen Format – drei bis fünf Seiten ein, so dass auch der verfügbare Raum im Dokument für Zusätze über die Verszahl hinaus begrenzt ist.
Schließlich ergibt sich eine weitere Einschränkung: Manche Handschriften bieten nur den eigentlichen Text erster Hand ohne Zusätze (zu Autor, Titel, Sprecherbezeichnungen und Varianten siehe Abschnitt II, Punkte 1 bis 3), etwa der Ambrosianus I 26 sup. (b) oder der Vaticanus Latinus 2110 (c); nur wenige sind im Gegensatz dazu reich glossiert wie der Ottobonianus Latinus 1466 (f) oder der Riccardianus 636 (u).

II.Die verschiedenen Paratexte

Vor dem Blick auf die unterschiedlichen Zusätze ist es notwendig, knapp die im Folgenden verwendeten Begriffe zu definieren:
Mit Text ist das gemeint, was zunächst auf den Autor Calpurnius selbst zurückgeht, dann aber in davon und voneinander abweichenden Fassungen handschriftlich bis in die Frühe Neuzeit tradiert ist.274
Paratext ist im wörtlichen Sinne alles, was sich neben diesem Text als Zusatz findet (abgeleitet von παρά – ‚neben‘), sich inhaltlich auf den Text bezieht275 und sich letztlich nicht auf den Autor zurückführen lässt,276 wobei die Frage nach der Materialität, also etwa nach Papier/Pergament, Format und Tinte für die folgenden Erwägungen nicht im Vordergrund stehen soll.277
Der französische Literaturwissenschaftler Gérard Genette allerdings würde die meisten im Folgenden kategorisierten Paratexte nicht als solche identifizieren, da sich gemäß seiner Theorie nur der Autor oder dessen Vertreter (z. B. ein Editor) für einen Paratext verantwortlich zeichnet,278 während es sich bei den Zusätzen in Handschriften oft um (spätere) Anmerkungen und Erläuterungen Dritter handelt, also eher um Metatexte gemäß Genette.279 Freilich ist seine für gedruckte Bücher etablierte Differenzierung nicht ohne Weiteres auf handschriftlich massenhaft überlieferte Texte übertragbar,280 zumal dort nicht stets ersichtlich ist, was wirklich auf den Autor zurückgeht bzw. von ihm autorisiert ist, und was nicht.281
In der Klassischen Philologie werden in der Regel nur wenige Paratexte aus den Handschriften in Editionen überführt.282 Regelmäßiger erscheinen in den Ausgaben:283

1.Autor/Titel284

Obwohl Autor und Werktitel in jeder kritischen Edition in irgendeiner Form erscheinen (z. B. auf dem Buchumschlag),285 wird dort nicht unbedingt Auskunft darüber gegeben, wie die Handschriften den Verfasser bzw. das Werk benennen. Ohnehin wäre es schwierig, anhand dessen zu rekonstruieren, wie Calpurnius sein Gedichtbuch überschrieben haben wollte, ob mit Bucolica oder Eclogae,286 zumal die Frage nach dem Originaltitel schon bei seinem Vorbild Vergil nicht geklärt ist.287 Schwer wiegt dabei zusätzlich, dass sich die Quellen über einen Calpurnius Siculus beharrlich ausschweigen.288
Grundsätzlich ist es also unmöglich zu entscheiden, inwieweit es sich bei Werktiteln um einen Paratext handelt oder um einen Teil des Originals und damit um Text. In den kritischen Gesamteditionen des Calpurnius ab 1885 bieten nur Verdière und Korzeniewski die Informationen zu Werktitel und Verfasser im Apparat.289

2.Sprecherbezeichnungen

Stets in die Editionen übernommen sind Sprecherbezeichnungen mit ihren Varianten im textkritischen Apparat, bei denen sich streiten lässt, ob sie überhaupt zum Text gehören, also auf den Autor selbst zurückgehen oder einen späteren Zusatz und damit einen Paratext darstellen. Freilich erhöhen sie in einer Edition die Benutzerfreundlich keit immens, auch wenn sie sich gleichermaßen nur inhaltlich rekonstruieren ließen. Bei Calpurnius erscheinen die namentlichen Sprecherbezeichnungen bzw. die Anzeige des Sprecherwechsels nur in zwei Handschriften nicht,290 sie sind also mit großer Wahrscheinlichkeit ebenso im mittelalterlichen Archetypus zu finden. Was das Original betrifft, dürften sie vielleicht auch dort bereits enthalten gewesen sein.291 Es handelt sich bei Sprecherbezeichnungen also wohl um keinen echten Paratext.

3.Variante

Sofern ein Paratext eine vom Text abweichende Lesart verzeichnet, ist er natürlich von großem Interesse für die Textkonstitution. Daher wird die Variante in der Regel auch in den kritischen Apparat überführt, sofern sie nicht zu eliminieren ist (das beträfe z. B. orthographische Varianten, offensichtliche Verschreibungen, klaren Nonsens – alles Dinge, die ja eben meist nicht aufgenommen werden, sondern nur Varianten, welche die Aufspaltung der Überlieferung deutlich aufzeigen).292
Allerdings soll es hier weder hauptsächlich um Autor, Titel, Sprecherbezeichnungen oder Varianten gehen, sondern um Glossen, die sich bei einem ersten Blick in den handschriftlichen Befund eindeutig als Paratexte identifizieren lassen, weil sie als Zusatz neben dem Text stehen, sei es interlinear, sei es marginal, und inhaltlich auf ihn Bezug nehmen, jedoch aus der Feder eines Dritten stammen. Gerade deshalb halten sie nur bedingt Einzug i...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort der Herausgeber
  6. Materialtext und Textur
  7. Das Studienheft als Dokumententyp und Editionsgegenstand.
  8. Byzantine Book-Epigrams: From Manuscript to Edition
  9. Saxa loquuntur. Über die Bedeutung der Materialität römischer Inschriften in virtuellen Zeiten
  10. „Johann Friedrich Blumenbach – Online“: Welten verbinden
  11. Weiterschreiben, überschreiben: Wie der Kommentar zu den Statuten des Militär-Knaben-Erziehungsinstituts entsteht.
  12. (un)interessant? Glossen als eigener Apparat am Beispiel der Handschriften zur 1. Ekloge des Calpurnius Siculus
  13. Wie bildet man eine offene Überlieferungstradition ab?
  14. Textual editing and Documentary Continuity: Marking of Old Testament Quotations in Editions and Manuscripts of the Greek New Testament
  15. Is There Life in our Critical Apparatuses?
  16. Dokumente hören. Editions- und literaturwissenschaftliche Herausforderungen akustischer Texte
  17. Die Autorinnen und Autoren