L'andalú – Sprache, Dialekt oder lokale Mundart?
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L'andalú – Sprache, Dialekt oder lokale Mundart?

Zur diskursiven Konstruktion des Andalusischen

  1. 434 Seiten
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L'andalú – Sprache, Dialekt oder lokale Mundart?

Zur diskursiven Konstruktion des Andalusischen

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Die Arbeit behandelt die Revalorisierung und diskursive Konstruktion des Andalusischen im Spannungsfeld von Sprache, Dialekt und lokalen Mundarten.

Bisher fehlt es in der hispanistischen Sprachwissenschaft an einer Theorie und an Methoden, um sprachliche Varietäten als diskursiv konstruierte Entitäten zu begreifen und die Rolle sozialer Akteure in den Konstruktionsprozessen zu berücksichtigen. Traditionellere Untersuchungen basieren oftmals auf einer positivistisch geprägten Grundorientierung, durch die Varietäten als ontologischer Fakt dargestellt wurden. Um diese Forschungslücke zu schließen, geht die Arbeit von epistemologischen Grundannahmen der Variationslinguistik sowie der linguistischen Anthropologie aus und bettet die Studie in den theoretischen Rahmen des enregisterment -Ansatzes.

Mit diesem interdisziplinären Ansatz verfolgt die Arbeit das Ziel, Diskurse zu identifizieren, in denen das Andalusische als abgegrenzte Einheit konstruiert wird, sowie die Valorisierung in ihnen zu analysieren.

Auf Grundlage dieser neuentwickelten Methodologie werden Konstruktionsprozesse zur diskursiven Varietät des Andalusischen mit ihren Bewertungen sowohl empirisch als auch qualitativ untersucht.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783110658620

1 Einleitung

Das Andalusische wurde traditionell sowohl von den SprecherInnen selbst als auch von solchen anderer Varietäten in Spanien mit negativen Werten versehen, häufig mit sozial niedrigen Strata verknüpft und oftmals wurde ihm auch der Status als eigene Varietät abgesprochen (cf. Snopenko 2007). Im Hinblick auf dieses Spannungsfeld sind jedoch neuere Tendenzen zu beobachten, bei denen dem Andalusischen ein höherer sozialer Wert als Varietät zugeschrieben wird, wobei es zu einer Revalorisierung kommt. Sprachliche Varietäten wie das Andalusische stellen für SprecherInnen in diesem Zusammenhang sinnhafte Einheiten dar, mithilfe derer sie sich als Gruppen konstituieren und von anderen Gruppen abgrenzen oder abgegrenzt werden. Hierzu wird strukturelle Sprachvariation von den SprecherInnen selbst zu für sie sinnhaften Einheiten geformt, die als diskursive Einheiten mit verschiedenen sozialen Werten versehen werden. Im Zuge der Revalorisierung wird das Andalusische u.a. als authentische Sprache der AndalusierInnen sprachideologisch gerahmt, wobei Sprachideologien als gesellschaftliche Konzeptionalisierungen und Vorstellungen über Sprache zur diskursiven Konstruktion herangezogen werden und als Interpretationsfolie dienen.1 So wird beispielsweise der Verknüpfung des Andalusischen mit SprecherInnen unterer sozialer Strata der Gesellschaft Andalusiens ein potentes Gegennarrativ entgegengesetzt, welches das Andalusische aus diesem marginalisierten Status herauslöst und es als Sprache aller AndalusierInnen und sogar als mündlichen Regionalstandard setzt. Dies bedeutet im Umkehrschluss auch, dass es in Andalusien selbst einen höheren Stellenwert erhält, in distanzsprachliche Bereiche, die traditionell dem Standardspanischen zugeschrieben wurden, vordringt und in Konkurrenz dazu gestellt wird.
Die dieser Arbeit zugrunde liegende Fragestellung ergibt sich aus diesem Zusammenhang: Es soll untersucht werden, auf welche Weise in Andalusien das Andalusische im postfranquistischen Spanien als Varietät mittels salienter Merkmale diskursiv konstruiert und in den letzten Jahrzehnten neu bewertet wird. Bei der Analyse der Fragestellung wird von zentraler Wichtigkeit sein, wie die Varietät metapragmatisch besprochen, aufgewertet und von anderen Sprachformen (diatopische/diastratische Varietäten, Standardvarietäten) abgegrenzt wird. Hierbei wird davon ausgegangen, dass sich die Revalorisierung der Varietät durch das aktive Heranziehen salienter Merkmale in ihrer Funktion als Indices, welche mit sozialen Werten versehen und Gruppen homogenisierend zugeschrieben werden, materialisiert. Die salienten Merkmale fungieren hierbei als Indices für die sie verwendende Gruppe, die mit ihr verbundende Identität und die ihr zugeschriebenen prototypischen Eigenschaften. Im gleichen Zuge wird die Vorstellung der Existenz des Andalusischen als objektive und klar abgrenzbare Varietät auf diskursiver Ebene konstruiert.
Da ein Hauptaxiom der Arbeit darin besteht, dass eine Varietät diskursiv konstruiert wird, sind die diskursiven Konstruktionsprozesse des Andalusischen und die damit einhergehenden Bewertungen zentraler Gegenstand dieser Arbeit, welche folglich grundsätzlich konstruktivistisch ausgerichtet ist.2 Es ist bei der Analyse der Neubewertung des Andalusischen als diskursive Varietät von zentraler Bedeutung, von den strukturellen Merkmalen auszugehen, welche diskursiv zur Konstruktion des Andalusischen als diskursive Varietät, zu ihrer Revalorisierung und der damit zu erzielenden sozialen Neubewertung der AndalusierInnen insgesamt eingesetzt werden. Folglich ist der Ausgangspunkt dieser Arbeit, dass diatopische und diastratische Varietäten nicht statisch sind und nicht von allen SprecherInnen einer bestimmten Region oder einer sozialen Gruppe genutzt werden, sondern dass SprecherInnen diese je nach Intention und Redekontext kreativ nutzen und zwischen verschiedenen Sprachformen wechseln, um spezifische Ziele zu erreichen.
Um die Revalorisierung des Andalusischen untersuchen zu können, ist auch die Stellung der Sprachen in Spanien im Allgemeinen zu betrachten. Hierbei ist im postfranquistischen Spanien ein komplexer Zusammenhang zwischen dem romanischen Kontinuum einerseits und den daraus diskursiv «geschaffenen» Standardsprachen andererseits festzustellen: Das Kastilische3 als einzige offizielle Sprache Gesamtspaniens sowie das Katalanische, Galicische und Baskische (als nicht-romanische Sprache) sind in den jeweiligen Regionen durch die Verfassung anerkannte ko-offizielle Sprachen und im Hinblick auf ihre politische Einordnung und ihren Status gefestigt. Die Basis für die sprachliche Kategorisierung des Andalusischen und die damit zusammenhängende rechtliche Definition sind dagegen nicht genau geklärt, wie im folgenden Ausschnitt der sprachpolitischen Zielsetzung in Bezug auf das Andalusische im andalusischen Autonomiestatut von 2007 unter den Rubriken «Objetivos básicos de la Comunidad Autónoma» («Título preliminar») bzw. «Medios de comunicación social» («Título VIII) deutlich wird:
«Artículo 10.4. La defensa, promoción, estudio y prestigio de la modalidad lingüística andaluza en todas sus variantes.»
«Artículo 213. Reco nocimiento y uso de la modalidad lingüística andaluza. Los medios audiovisuales públicos promoverán el reconocimiento y uso de la modalidad lingüística andaluza, en sus diferentes hablas» (Junta de Andalucía 2007).
Dem Autonomiestatut zufolge weise das Andalusische, welches als «modalidad lingüística» bezeichnet wird, Varianten oder auch «hablas» auf, was impliziert, dass unter einem überordnenden Konzept Subeinheiten zu finden seien. Jedoch wird keine genauere Definition angegeben, was eine Modalität sein soll und in welchem Verhältnis sie zum Standardspanischen steht. Im Bereich der spanischen Sprachwissenschaft haben sich einige Definitionen und Einteilungen des Andalusischen etabliert, welche im Laufe dieser Arbeit näher dargestellt werden. Jedoch wird an dieser Stelle bereits ersichtlich, dass rechtlich von der Existenz des Andalusischen als eine abgrenzbare Einheit mit dazugehörigen Subeinheiten ausgegangen wird. Die Bewertung dieser Modalität gegenüber anderen Modalitäten oder auch Sprachen ist im postfranquistischen Spanien nicht mehr nur – wie bereits zuvor angesprochen – negativ, sondern es ist in der Zeit nach der Transición4 zunehmend ein Aufwertungsprozess zu beobachten. Im Zuge dieser Revalorisierung kommt es auch zu einer endogenen sozialen Neubewertung des Andalusischen als prestigeträchtiger Varietät, welche vom Standardspanischen auf vielfältige Art und Weise abgegrenzt wird. Endogene Revalorisierung meint hier eine positive Besetzung des Andalusischen als diskursive Varietät durch andalusische AkteurInnen als DiskursteilnehmerInnen. Diese Aufwertung geschieht vor allem über den Fokus auf (sprachliche) Variation als sozialen Wert für sich (z.B. das Andalusische ist eine alle SprecherInnen einschließende Varietät), indem das Andalusische als diskursive Varietät aufgefasst wird, die wiederum Subeinheiten – die hablas andaluzas – umfasst, bei welchen die interne Variation als «Reichtum» des Andalusischen – el andaluz – gerahmt wird. Die Inklusion der Variation in die Identitätskonstruktion ist dabei von entscheidender Bedeutung, wie Lacomba (2006, 304s.) betont: Er nimmt für die andalusische Kultur eine diskursive Existenz an, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die AndalusierInnen sich trotz ihrer kulturellen und sprachlichen Diversität doch gemeinsam als AndalusierInnen fühlen. In diesem Sinne spricht Lacomba (2006, 305) von mehreren Andalucías, die gemeinsam ein zusammenhängendes Andalusien bilden und eine eigene, sich von den Kulturen des Nordens unterscheidende, gemeinsame Kultur aufweisen. Hierbei diene die sprachliche und kulturelle Diversität als symbolisches Kapital für die diskursive Konstruktion eines Andalusiens.
Was die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Andalusischen betrifft, so gilt es hinlänglich als eine der am besten beschriebenen Varietäten des Spanischen.5 In diesen Darstellungen wird oftmals nicht das Andalusische als solches strukturell für sich beschrieben, sondern es wird über die Devianz des Andalusischen vom Standardspanischen, das als Vergleichsfolie dient, gesprochen. Hierbei werden oftmals varietäteninterne Charakteristika auf struktureller Ebene beschrieben oder aber externe historische Prozesse zur Explikation interner Wandelphänomene angeführt. Eine solche dichotomische Aufteilung der Geschichte einer Sprache in interne und externe Faktoren führt per se zu Untersuchungsebenen, die entweder die Entwicklung sprachinterner Bestandteile im Sinne einer historischen Grammatik ins Zentrum rücken oder aber externe soziale Faktoren, die mit Sprache und ihrer Entwicklung bzw. sozialen Stellung als verknüpft angesehen werden, nachzeichnen. In diesem Metadiskurs ergibt sich ein Positivismus, durch den die neutrale Beschreibung des Andalusischen als ontologisches und durch die Wissenschaft produziertes Wissen erreicht werden soll. Hierbei werden das Andalusische sowie die Geschichtsschreibung über diese Varietät oftmals nicht als die diskursive Setzung, die sie sind, gekennzeichnet, sondern als objektives Faktum dargestellt. Del Valle (2013, 6) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine Sprache durch eine Sprachgeschichtsschreibung, welche Sprache positivistisch objektiviert und von ihrem sozialen Gebrauch löst, zwangsläufig diskursiv reifiziert wird und dieses diskursiv geschaffene Objekt nicht mit der Sprache in ihrer konkret materialisierten Form in einzelnen Sprechakten verwechselt werden darf. Er prangert rein interne Sprachbeschreibungen aufgrund der Trennung der Sprache von ihren SprecherInnen an, da «scientificity in language study had come at the tremendous cost of surgically removing it from speakers, from the act of speaking and therefore from the contextual conditions of language’s existence». Aus dieser Klage lässt sich das Desiderat ableiten, Sprache als in den SprecherInnen verankert zu beschreiben und hierbei konkret nachzuzeichnen, wie die Geschichte einer Sprache von ihren SprecherInnen in spezifischen historischen Erzeugungsbedingungen konstruiert wird und welche Prozesse dazu führen, dass die dingliche Konzeptionalisierung einer Sprache aktiv durch und von SprecherInnen erreicht wird, sie also diskursiv konstruiert wird.6 Dies impliziert, dass nicht allein das Sprechen von Sprache Gegenstand sprachwissenschaftlicher Analysen sein sollte, sondern auch das Machen einer Sprache durch handelnde SprecherInnen und das daraus entstehende diskursive Produkt. Hierzu sind Ideologien zu betrachten, die diese Prozesse generieren und tradieren.
In vielen Forschungsrichtungen der Sprachwissenschaft stellt der Gegenstand – also die Sprache – selbst eine Abstraktion dar. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass in vielen sprachwissenschaftlichen Ansätzen dieses abstrahierte System einer historischen Einzelsprache untersucht wird und eben nicht sprachliche Strukturen in ihrem tatsächlichen Auftreten selbst, sodass eigentlich Aussagen über eine Abstraktion gemacht werden, die dann generell als der Sprache eigen angesehen werden. Für den hispanophonen Raum ist zu konstatieren, dass das Spanische als kodifizierte Sprache durch die Real Academia Española insofern sprachideologisch konstruiert wird, als dass das Spanische als Sprache auf Grundlage der Sprechweise der gente culta – der gebildeten Schichten – beschrieben wird. Es erfolgt eine sprachideologische Setzung, bei welcher allein diese diastratischen Register zur Sprache selbst erhoben werden, was u.a. in Gal/Irvine (2000, 38) als sprachideologischer Prozess gesehen wird und mithilfe des Konzepts erasure – «a process in which ideology, in simplifying the sociolinguistic field, renders some persons or activities […] invisible» – beschrieben werden kann. Die Sprache derjenigen, die nicht gehobenen Schichten angehören, wird somit ideologisch ausgeblendet und scheint nicht Teil dieser Sprache zu sein.
In diesem Zusammenhang ist eine Illustration dessen, wie Sprachgeschichte traditionell geschrieben und Sprache mit einigen Sprechergruppen des Spanischen in Spanien verknüpft sowie bewertet wurde, einem Auszug aus Menéndez Pidals (1950 [1926], 475) Orígenes del español zu entnehmen:
«Castilla, al emanciparse así de la tradición de la corte visigoda tan seguida en León, al romper así con una norma común a toda España, surge como un pueblo innovador y de excepción. Retengamos esta característica que nos explicará la esencia del dialecto castellano. Castilla, que, caracterizada por su derecho consuetudinario local, se opone al derecho escrito dominante en el resto de España, es la región que da la lengua literaria principal de la Península […]».
Die Bezeichung der KastilierInnen als «pueblo innovador», das heißt die Verknüpfung dieser Eigenschaft mit der Entwicklung der von ihnen gesprochenen diatopischen Varietät, die dann für ganz Spanien die literarische Hochsprache sein sollte, ergibt sich aus einer Charakterisierung dieser sprachlichen Varietät als Sprache, da die Entwicklung – im Gegensatz zu anderen diatopischen Varietäten – als «innovativ» dargestellt wird. Dies bedeutet im Umkehrschluss auch, dass diese Form des Spanischen positiv besetzt und subtil mit einem höheren ideologischen Wert bestückt wird. Die Wertzuschreibung zu bestimmten Erscheinungsformen einer Sprache trägt also erheblich zur diskursiven Konstruktion der abstrahierten Sprache bei, die dann als die Sprache selbst imaginiert und reifiziert wird. Die Zuschreibung bestimmter Eigenschaften durch soziale AkteurInnen – also solche, die sowohl Zugang zum Diskurs als auch eine Wirkungsmacht auf dessen Ausgestaltung haben – erfolgt aber nicht nur für die Sprache an sich, sondern es findet auch gleichzeitig eine Aufwertung derjenigen statt, die diese Varietät sprechen. Die diskursive Konstruktion sowie die sprachideologische und soziale Implementierung der auf eine spezifische Art valorisierten Varietät in einer Gruppe kann mit Hilfe der theoretischen Grundannahmen zum enregisterment (Agha 2007) erkannt und beschrieben werden, da hierbei die soziale Rolle einer reifizierten Varietät für die SprecherInnen eine zentrale Rolle spielt. Für SprecherInnen des Andalusischen kann in diesem Zusammenhang zunächst eine exogene Konstruktion ihrer Sprach- bzw. Sprechform konstatiert werden, welche seit dem 16. Jahrhundert auf negativen Stereotypen basiert und welche den SprecherInnen Autorität in Bezug auf das Spanische, also eine Selbstbestimmung bei der Konzeptionalisierung ihrer eigenen Sprechweise, abspricht (Snopenko 2007, 56ss.). Wie bereits zuvor erwähnt, sind nun im postfranquistischen Spanien endogene Gegenreaktionen von SprecherInnen zu beobachten, die sich in Abgrenzung von dieser traditionellen, exogenen Bewertung das Andalusische als diskursive Varietät und die Diskurshoheit über dessen Konstruktion und Bewertung als ihre eigene Sprache wiederaneignen.
Um diese Neubewertung des Andalusischen als diskursive Varietät untersuchen zu können, sollen nach einer Darstellung der sprachlichen Substanz – die häufigsten salienten Merkmale – deren diskursive Funktionen aufgezeigt werden, um den Gebrauch dieser Merkmale bzw. Indices sowie ihre Verknüfung mit sozialen Eigenschaften und Werten herauszuarbeiten. Nach diesem Schritt soll eine Analyse ihrer Funktion für die diskursive Konstruktion von Varietäten und die damit einhergehende Bewertung erarbeitet werden. Mithilfe dieser theoretischen Fundierung wird anschließend ein methodisches Rahmenmodell zur Analyse der Bewertung diskursiver Varietäten erstellt, welches dann im Analyseteil auf das sprachliche Material angewendet werden soll. Diesem Vorgehen entsprechen die Kapitel dieser Arbeit wie folgt:
In Kapitel 2 wird die Studie in der Forschung positioniert und es werden methodische Vorüberlegungen angestellt. Zunächst erfolgt in Kapitel 2.1. die Verortung der Studie im Bereich der Soziolinguistik, der anthropologischen Linguistik und der Ethnographie, woraufhin in Kapitel 2.2. das methodologische Grundkonzept erläutert wird. In Kapitel 2.3. werden das methodische Vorgehen sowie die einzelnen Analyseschritte erläutert, welche im Hinblick auf das empirische sprachliche Analysematerial erarbeitet werden. Um eine möglichst repräsentative Analyse der diskursiven Konstruktion des Andalusischen und seiner Revalorisierung zu ermöglichen, ist es notwendig, eine Vielzahl unterschiedlicher Materialien zu untersuchen. Hierbei handelt es sich u.a. um wissenschaftliche Sprachbeschreibungen, Int...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. 1 Einleitung
  5. 2 Positionierung der Studie in der Forschung, Analysematerial und methodische Vorüberlegungen
  6. 3 Das Andalusische als strukturelle Varietät: diatopische und diastratische Einteilung einiger charakteristischer Merkmale
  7. 4 Geordnete Indexikalität struktureller Merkmale als Analyseinstrument
  8. 5 Geordnete Indexikalität im Prozess der Entstehung und Bewertung diskursiver Varietäten
  9. 6 Methodisches Rahmenmodell zur Analyse der Konstruktion und Bewertung diskursiver Varietäten
  10. 7 Das Andalusische als diskursive Varietät: Neubewertungstendenzen des Andalusischen
  11. 8 Das re-enregisterment des Andalusischen und seine Revalorisierung als diskursive Varietät
  12. Sachregister