Gleichnisse und Parabeln Jesu im Thomasevangelium
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Gleichnisse und Parabeln Jesu im Thomasevangelium

Untersuchungen zu ihrer Form, Funktion und Bedeutung

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Gleichnisse und Parabeln Jesu im Thomasevangelium

Untersuchungen zu ihrer Form, Funktion und Bedeutung

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Das Thomasevangelium bietet eine ungewöhnliche Perspektive auf Jesus: In dieser Schrift, die im Wesentlichen auf das 2. Jahrhundert zurückgeht, wird der "lebendige Jesus" vor allem als redende Figur dargestellt. Darin finden sich besonders viele Gleichnisse und Parabeln, die von Jesus erzählt werden. In der umfangreichen Forschungsdiskussion wurden sie jedoch häufig losgelöst von ihrem literarischen Kontext betrachtet. Die vorliegende Studie nimmt das Thomasevangelium als eigenständige Form der Jesusrezeption wahr und geht der Frage nach, welche Bedeutung die Gleichnisse und Parabeln im Kontext dieser Schrift gewinnen. Nach einer grundlegenden Reflexion darüber, wie sich die spezifische Hermeneutik des Thomasevangeliums auf die Wahrnehmung parabolischer Gattungen auswirkt, folgen sorgfältige Einzeltextanalysen. Darauf aufbauend wird dargestellt, dass die Gleichnisse und Parabeln einen bedeutenden inhaltlichen Beitrag zur Theologie dieser Schrift leisten, indem sie etwa mehrfach das exemplarische Handeln einzelner Figuren darstellen. Zugleich regt die besondere Deutungsoffenheit der Gleichnisse und Parabeln des Thomasevangeliums dazu an, dass die Rezipientinnen und Rezipienten selbst nach der Deutung der Worte Jesu suchen.

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Information

1 Methodische Annäherung in Auseinandersetzung mit der Forschungsdiskussion

1.1 Grundlegende Probleme einer Auslegung des Thomasevangeliums

Aus mehreren forschungsgeschichtlichen sowie methodischen Gründen wurde das Thomasevangelium als inhaltlich eigenständiges Zeugnis des frühen Christentums in weiten Teilen der Forschung als sekundär angesehen. Die Erforschung dieser Schrift fand dabei im Kontext einer komplexen Diskussion verschiedener, miteinander verbundener Fragenkomplexe statt, von denen im Folgenden einige beleuchtet werden sollen.
Bereits im Beitrag von Henri-Charles Puech in den von Edgar Hennecke und Wilhelm Schneemelcher herausgegebenen „Neutestamentlichen Apokryphen“ von 1959 wird die Aufteilung in verschiedene Fragenkomplexe deutlich.1 Puech sieht im Thomasevangelium „eine Sammlung von 114 Logien, […] anscheinend eine mehr oder weniger künstliche Zusammenstellung verschiedener Elemente, die mit einer Einleitung versehen ist“.2 Mit Verweis auf die Länge des Textes gibt er nur eine Auswahl wieder, die er zudem nicht in der Reihenfolge des Nag-Hammadi-Textes präsentiert, sondern geordnet nach verschiedenen Themenkomplexen. Nach einer kurzen Darstellung dessen, was bereits aus der antiken christlichen Literatur über das Thomasevangelium bekannt war, analysiert Puech, welche „Logien“ sich inhaltlich mit diesen Informationen verbinden lassen. Anschließend präsentiert er einige „Logien“, die die Vielfalt der in dieser Schrift enthaltenen Gattungen sowie ihre inhaltliche oder formale Verwandtschaft mit Abschnitten in den neutestamentlichen Evangelien zeigen. Dem folgt eine kurze Diskussion zu den Oxyrhynchos-Papyri (P. Oxy. I 1; IV 654 und IV 655), die in dieser Ausgabe an anderer Stelle ausführlich durch Wilhelm Schneemelcher und Joachim Jeremias besprochen wurden.3 Am Schluss steht eine „Liste solcher Logien […], die wir entweder vollständig oder bruchstückhaft, in Spuren oder als Widerhall, isoliert hier und da in den Werken der Väter, in manichäischen Schriften und Resten gnostischer und häretischer Literatur finden.“4
Gegen eine solche Fragmentierung des Thomasevangeliums durch verschiedene Fragestellungen – insbesondere die Suche nach Bestandteilen älterer Überlieferung – wurde seit den 1960er Jahren von mehreren Forschern Einspruch erhoben. So kritisiert bereits Ernst Haenchen, die Forschung konzentriere sich zu sehr auf das Verhältnis des Thomasevangeliums zu den Synoptikern und interessiere sich zu wenig für die eigene, „gnostische Botschaft“ des Thomasevangeliums.5 Haenchen stellt dagegen den methodischen Grundsatz auf: „vor der Quellenfrage steht methodisch die Frage nach dem, was das ThEv sagen will.“6 Um dieser Frage nachzugehen, will Haenchen ausdrücklich nicht bei einzelnen „Logien“ beginnen und im Vergleich mit möglichen synoptischen Parallelen erschließen, „welche gnostische Tendenz am Werke ist“.7 Für aussichtsreicher hält er vielmehr den theologischen Ansatz beim Prolog:
Dann müssen wir alle diese Worte, ob sie uns leicht oder schwer verständlich sind, als λόγοι ἀπόκρυφοι nehmen, deren eigentlicher Sinn nicht an der Oberfläche liegt. Gibt es nun eine Methode, um den verborgenen Sinn aller dieser Sprüche zu finden? Das ist tatsächlich der Fall: wir müssen von jenen Sprüchen ausgehen, die unverhüllt das gnostische Antlitz zeigen. Von ihnen aus lassen sich dann auch jene Züge erkennen, die sich in anderen Sprüchen unter dem synoptischen Schleier verbergen.8
Als „eine gewisse Kontrollinstanz“ für diese Auslegung schlägt Haenchen die „gnostische Interpretation synoptischer Stellen bei den Naassenern“ vor, wie sie bei „Hippolyt“ referiert werde.9 Dabei erkennt Haenchen zwar die Differenzen zwischen der naassenischen Theologie und dem Thomasevangelium ausdrücklich an.10 Er stellt jedoch die enge Verknüpfung zwischen dem Prolog dieser Schrift und der „Gnosis“ nicht grundsätzlich infrage. Wie später näher erläutert wird, hat in dieser Hinsicht vor allem die intensive diskurskritische Debatte des „Gnosis“-Begriffs seit den 1990er Jahren in weiten Teilen der Forschung zu einem differenzierteren Blick auf die religionsgeschichtliche Einordnung des Thomasevangeliums geführt. Nichtsdestotrotz kommt Haenchen das Verdienst zu, dass er das Interesse ausdrücklich auf das Thomasevangelium als ganzes richtet und die Frage nach der „Botschaft“ dieser Schrift in den Vordergrund stellt. Dieser Impuls soll auch in der vorliegenden Arbeit, die sich als Beitrag zur Interpretation des Thomasevangeliums als einem eigenständigen Zeugnis des frühen Christentums versteht, aufgenommen werden.
Die frühen Beiträge von Puech und Haenchen nehmen auf Fragestellungen Bezug, die auch für die weitere Forschungsdiskussion von hoher Bedeutung sind. Die wesentlichen Fragenkomplexe, die bis in die gegenwärtige Forschung hinein unterschiedlich bewertet werden, gleichwohl aber für eine Auslegung des Thomasevangeliums entscheidend sind, werden im Folgenden auf vier Bereiche fokussiert: das Verhältnis zwischen der koptischen Version in NHC II und den griechischen Oxyrhynchos-Papyri I 1; IV 654 und IV 655, sodann der literarische Charakter und die Gattung des Thomasevangeliums, die Frage nach den literarischen Vorstufen und Quellen dieser Schrift und schließlich die Diskussion um ihren religionsgeschichtlichen Hintergrund.

1.1.1 Die Versionen des Thomasevangeliums in Nag Hammadi Codex II und den Oxyrhynchos-Papyri

Forschungsgeschichtlich bedeutend ist die Tatsache, dass die drei griechischen Fragmente P. Oxy. I 1 sowie IV 654 und 655 bereits um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entdeckt und publiziert wurden. Die intensive Forschungsdiskussion, die diese Fragmente schon damals auslösten, stand im Kontext eines großen Interesses an außerkanonisch überlieferten Worten Jesu, den sogenannten Agrapha. Der Blick auf die Agrapha war dabei mit der Hoffnung verbunden, alternative, vom narrativen Kontext der neutestamentlichen Evangelien freie Zugänge zu Jesus zu finden.11 Nach dem Fund der Nag-Hammadi-Codices im Winter 1945 / 46 markierte die 1952 gemachte Entdeckung Puechs, dass einer der Codices koptische Parallelen zu den drei Fragmenten aus Oxyrhynchos enthält, einen entscheidenden Wendepunkt der Thomas-Forschung.12 Die Diskussion über die bei Nag Hammadi gefundene Version des Thomasevangeliums wird seither stark von der Kontinuität mit der vorherigen Debatte über die Oxyrhynchos-Papyri geprägt. Ungeachtet der großen Bedeutung dieser drei Fragmente für die Textbezeugung ist deshalb kritisch zu reflektieren, dass mitunter methodische Annahmen und Einschätzungen der älteren Agrapha-Forschung, die auf die fragmentarisch erhaltenen Papyri Bezug nahmen, auf die nahezu vollständig erhaltene Nag-Hammadi-Version übertragen wurden. Auf diesen Aspekt soll besonders auch in der Diskussion der Gattung des Thomasevangeliums zurückgekommen werden.

1.1.1.1 Die Papyri P. Oxy. IV 654; I 1 und IV 655

Seit einigen Jahren zeigt sich in der Forschung ein verstärktes Interesse an der frühchristlichen materiellen Kultur und ihrer Bedeutung für die Entwicklung des neutestamentlichen Kanons. In diesem Kontext haben Larry Hurtado und AnneMarie Luijendijk die verschiedenen paläographischen Charakteristika der drei Oxyrhynchos-Papyri detailliert untersucht und auch daraufhin ausgewertet, welche Schlussfolgerungen sich daraus für die tatsächliche Benutzung dieser Papyri in der Antike ziehen lassen.13 Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden daher im Folgenden mit berücksichtigt.
Das Fragment einer Papyrusrolle P. Oxy. IV 654 enthält auf der Vorderseite – parallel zur Faserrichtung (recto) – ein Verzeichnis von Ländereien. In Zweitverwendung wurde diesem Papyrus etwa Mitte bis Ende des 3. Jahrhunderts eine griechische Version des Thomasevangeliums – ganz oder in Teilen – auf die Rückseite geschrieben (verso).14 Soweit der Text erhalten ist, umfasst er eine griechische Version parallel zu NHC II,2 p. 32,10–ca. 33,27, beginnend mit dem Prolog sowie den ersten Worten Jesu. Der Papyrus verwendet als einziges Nomen sacrum ιηϲ für Ἰησοῦς. Ein besonderes Merkmal dieses Papyrus ist zudem die Verwendung von Lesehilfen: Neben Tremata auf initialem Iota und Ypsilon finden sich Coronides in Form eines liegenden Pfeils (etwa
), die meist vor der Redeeinleitung λέγει Ἰησ(οῦ)ς erscheinen,15 sowie Paragraphoi (
), die jeweils unterhalb der Zeile stehen und links leicht über die Kolumne hinausragen.16 Mit Hilfe der Coronides und der Paragraphoi werden offenbar Abschnitte und insbesondere auch Sprecherwechsel17 markiert. So wird etwa eine Frage der Jünger mit einer Paragraphos unter Z. 31 markiert und vor Jesu Antwort in Z. 36 eine Coronis gesetzt.18 Ob durch diese Lesehilfen „der Charakter einer Sammlung von je eigens eingeleiteten Jesusworten“ betont wird,19 ist daher im Rahmen der Erörterung der Gattung des Thomasevangeliums näher zu diskutieren.
Ungefähr gleich alt oder etwas älter als der zuvor genannte Papyrus ist das Fragment P. Oxy. I 1,20 das jedoch Teil eines Codex war und auf der Vorderseite (recto) die Paginierung ια (sc. 11) enthält.21 Lesehilfen wie in P. Oxy. IV 654 finden sich darin nicht, in P. Oxy. I 1 kommt jedoch eine deutlich größere Anzahl von Nomina sacra vor: ιϲ (Ἰησοῦς), θυ (θεοῦ), πρα (πατέρα), ανων (ἀνθρώπων) etc. Der fragmentarische Text zeigt eine griechische Parallelversion zu NHC II,2 p. 38,16–39,12 sowie p. 46,27–29.
Von P. Oxy. IV 655 sind insgesamt sechs Fragmente unterschiedlicher Größe erhalten,22 die zu einer Rolle aus der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts gehörten.23 Darauf sind hauptsächlich die Reste von zwei der verhältnismäßig schmalen Kolumnen erkennbar. In dem mitunter sehr bruchstückhaft erhaltenen Text werden weder Lesehilfen noch Nomina sacra verwendet, wobei zugleich anzumerken ist, dass keine Wörter erhalten sind, bei denen Nomina sacra zu erwarten wären.24 Der erhaltene Text bietet im Wesentlichen eine erheblich längere griechische Parallele zu NHC II,2 p. 39,24–40,13, deren Verhältnis zur koptischen Version noch näher zu diskutieren sein wird.
Was die mutmaßliche Verwendung dieser drei Papyri betrifft, schlussfolgert Hurtado auf der Grundlage seiner paläographischen Analyse, dass eine private Benutzung zur religiösen Erbauun...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. Einleitung
  5. 1 Methodische Annäherung in Auseinandersetzung mit der Forschungsdiskussion
  6. 2 Form und Hermeneutik der parabolischen Gattungen im Thomasevangelium
  7. 3 Analyse der Gleichnisse und Parabeln im Thomasevangelium
  8. 4 Die Gleichnisse und Parabeln im Thomasevangelium im Kontext der frühchristlichen Literatur: Ergebnisse und Ausblick
  9. Zusammenfassung
  10. Stellenregister