Deutsche Wirtschaft im Ersten Weltkrieg
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Deutsche Wirtschaft im Ersten Weltkrieg

  1. 645 Seiten
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Deutsche Wirtschaft im Ersten Weltkrieg

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Ohne Indienstnahme der Wirtschaft lässt sich kein Krieg führen. Zumeist wird die Niederlage der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg auf ihre wirtschaftliche Unterlegenheit zurückgeführt. Marcel Boldorf präsentiert mit seinem Handbuch ein Panorama der deutschen Kriegswirtschaft zwischen 1914 und 1918. Die Überblicksbeiträge verbinden gesicherte Kenntnisse mit den Ergebnissen neuerer Forschungen und führen fundiert in die Grundlagen der Kriegswirtschaft, die verschiedenen kriegswichtigen Industriesektoren, die Agrarwirtschaft, den Arbeitsmarkt sowie die Außen- und Besatzungswirtschaft ein.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783110553864

1 Einleitung

1.1 Forschungsfragen und Wissensstände

Prof. Dr. Marcel Boldorf
, Saarbrücken, Deutschland
Der Erste Weltkrieg als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ 1 wird meist im Hinblick auf seine Auswirkungen interpretiert, d. h. als welthistorisches Desaster mit weitreichenden Folgen für Wirtschaft und Politik der nachfolgenden Jahrzehnte. Die Versailler Friedensordnung konnte kaum als solche gelten, denn sie entwickelte eine gewaltige Sprengkraft für die internationale Politik und mündete in einen nachhaltigen Zerfall des europäischen Staatensystems. Unter den tiefgreifenden Umwälzungen, die der Krieg hervorbrachte, sind die Revolutionen hervorzuheben, als deren wichtigste die russische Oktoberrevolution 1917 gelten kann. Die Errichtung des Sowjetstaats führte zu einem Zerwürfnis mit dem kapitalistischen Rest der Welt und war für die Geschichte des 20. Jahrhunderts prägend. Aggressivität und Verrohung im Krieg begünstigten allgemein die politische Radikalisierung. Für den Aufstieg faschistischer Bewegungen wirkte der Krieg als Katalysator. Im deutschen Fall lässt sich ein ganzes Bündel von Faktoren anführen, die die nationalsozialistische Kriegsentfesselung zwei Jahrzehnte später mit dem Ersten Weltkrieg in Zusammenhang bringen.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde die „Büchse der Pandora“ 2 geöffnet: Ihr vergifteter Inhalt führte zu einer Kriegsführung mit bisher unbekannten Grausamkeiten – „Materialschlachten“ mit Einsatz moderner Massenvernichtungswaffen wie Giftgas und Maschinengewehren sowie großflächigen Bombardements, von denen auch die Zivilbevölkerung betroffen war. Die Gewalt geriet außer Kontrolle, ihre Basis war die Steigerung der Rüstungsproduktion und die Verbesserung der Waffentechnologie. Den Krieg beherrschte ein Rüstungswettlauf, der nach einem immer größeren Einsatz materieller und menschlicher Ressourcen verlangte. Die Kriegsführung bewegte sich auf einer „neuen Grundlage“, die auch eine neuartige Form des Wirtschaftskriegs hervorbrachte. 3 Die mannigfaltige Ressourcenmobilisierung stellte Herausforderungen an die Wirtschaftsorganisation, deren Ziel die Inanspruchnahme der gesamten Volkswirtschaft für den Krieg wurde.
Das neue Kriegssystem, das sich im konfliktarmen 19. Jahrhundert herausbildete, wurde als „Industrialisierung des Kriegs“ 4 beschrieben. Der erste militärisch-industrielle Komplex der Moderne entstand im letzten Jahrhundertdrittel. Er führte zum Ausbau der Arsenale durch den Bau raffinierter und verheerender Waffen, die jedoch kaum erprobt wurden. Aber bereits in den Augen der Zeitgenossen schien die Frage über Sieg oder Niederlage in künftigen Konflikten entscheidend von der Mobilisierung der Kapazitäten der industriellen Kapazitäten abzuhängen. Die Massenproduktion der Stahl-, Metall- und Chemieindustrie war Voraussetzung für die Herstellung der enormen Mengen an Kampfstoffen und Waffen, ebenso wie für ein leistungsfähiges Transportsystem, insbesondere das Eisenbahnnetz, zur Versorgung der Front. 5 Im Ersten Weltkrieg zeigte sich dann, wie stark Umfang und Dauer des Krieges von der Existenz hoch entwickelter Industrien abhingen. Die Entwicklung und der Einsatz von chemischen Kampfstoffen und Maschinengewehren, die ersten Panzer sowie der Luftkrieg stehen sinnbildlich für die Industrialisierung der Kriegsführung. 6
Abb. 1 Neuartige Rüstung: Siemens, Flugzeugproduktion in Nürnberg, 1916 (Siemens Historical Institute, A 1077_30_300).

1.1.1 Industrialisierung und Krieg

Das Potential zur ungeahnten Hochrüstung des Ersten Weltkriegs gründete in der vorangehenden Industrialisierung der am Krieg beteiligten, weltweit führenden Nationalstaaten. Die industriellen Prinzipien des Maschineneinsatzes, der Rationalisierung und der Massenfertigung schlugen sich in der Rüstungswirtschaft nieder. In gewisser Weise kann der Krieg als eine von außen kommende Herausforderung für die Wirtschaft gedeutet werden, die nach einem erneuten Industrialisierungsschub verlangte. Die Umstellung auf die Kriegswirtschaft erforderte Veränderungen, wie sie insbesondere von der älteren Forschung der Industriellen Revolution im Allgemeinen zugeschrieben werden. Als solche Kennzeichen sind zu nennen: Output-Steigerung und Wachstum; sektorale Verlagerung der Produktion; massenhafter Einsatz von Energie, vor allem auf der Basis fossiler Brennstoffe; Wandel der Organisationsformen der Industrieproduktion; Ausschöpfung des Faktors Arbeitskraft; Verschiebung zwischen privatem Konsum und Staatsverbrauch. 7 All diese Effekte sind in den Kriegswirtschaften der kriegführenden Staaten zu beobachten.
In Bezug auf die trendmäßige langfristige Wachstumsentwicklung kann der Kriegsausbruch als tiefer Strukturbruch angesehen werden. Die Strukturbruchthese geht davon aus, dass ein Wirtschaftsmodell ein anderes wegen einschneidender Veränderungen der institutionellen Rahmenbedingungen ablöst. Sie setzt im politischen Bereich an: Der Staat nahm im Krieg eine neue Rolle an, und es fand ein abrupter Wandel der ökonomischen Leitideen statt. Dadurch änderten sich Wirtschaftsordnung und -politik in radikaler Weise. Außerdem unterlag das internationale Umfeld einem starken Wandel. Die grundlegende Veränderung des inneren und äußeren Rahmens für das Wirtschaften ließ das neue Modell der Kriegswirtschaft entstehen. Die Erfordernisse des bewaffneten Konfliktes verlangten nach einer umfassenden Wirtschaftsregulierung. Die von der staatlichen Wirtschaftspolitik nach Möglichkeit zu steuernden Umstellungen betrafen die Produktion, den privaten und öffentlichen Verbrauch, die Märkte sowie die Preise. Das Ziel des Wirtschaftens veränderte sich markant: Während in Friedenszeiten die optimale Bedarfsdeckung und ein facettenreicher Konsum im Zentrum des Wirtschaftens standen, versuchte der kriegführende Staat, sich ein Maximum an Rüstungsgütern zu beschaffen und dies mit militärischen Machtmitteln abzusichern. 8 Allgemein lag dem Staat wenig an Investitionen, außer in den rüstungsrelevanten Bereichen. Realwirtschaftlich manifestierte sich der Strukturbruch im Deutschen Reich durch die nach Kriegsausbruch rasch ansteigende Arbeitslosigkeit, den deutlichen Fall der Produktion, auch in kriegswichtigen Branchen, sowie den außenwirtschaftlichen Einbruch. 9
Abb. 2 Granatenherstellung, Frauen an einer Maschine zum Stanzen von Granatendeckeln, 1914/18 (BArch, Bild 146-1976-001-49).
Der Strukturbruch-Ansatz stößt auf Schwierigkeiten, wenn man die Erklärung der langfristigen Wachstumsentwicklung als „Leitmotiv“ 10 der Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts ansieht. Aus dieser Perspektive scheint eine Einschreibung der Weltkriegsphasen in die langfristigen Entwicklungslinien erforderlich. Gegen die Überbetonung des Strukturbruchs führte z. B. Knut Borchardt 1977 in einer Debatte über die langfristige Kontinuität der industriellen Wachstumsentwicklung an, dass trotz radikaler Brüche in den Weltkriegen eine Vielzahl von Faktoren unverändert blieb: die geographische und klimatische Lage, die Bodennutzung, der Kenntnisstand der Bevölkerung, die Mentalität, die „Masse des Anlagekapitals“, die Kommunikationsnetze oder das Rechtssystem. 11
Quantitative Ansätze betrachten oft andere Faktoren – insbesondere die Konjunktur, die Wirtschaftsstruktur, das Humankapital oder die wirtschaftliche Integration – als Schlüssel zum Verständnis der Wachstumsentwicklung. Nach Nikolai Kondratieff wiesen säkulare Wachstumstrends „lange Wellen“ einer trendmäßigen Beschleunigung und anschließend lang andauernde Verlangsamungsphasen auf. 12 Wie sind die Kriege hierin einzuordnen? Schon ältere Literaturtitel merkten an, dass beide Weltkriege sowohl positive als auch negative wirtschaftliche Auswirkungen hatten, auch wenn eindeutige Kriegseffekte kaum zu isolieren sind. 13 Manchmal wurde hervorgehoben, dass dem Ersten Weltkrieg eine Schrittmacherfunktion im Hinblick auf die technische Entwicklung, die Erprobung neuer Verfahren sowie die Rationalisierungsbewegung zufiel. 14 Die deutsche Wirtschaft befand sich in den Jahren nach 1910 in einer Aufschwungphase, die 1913 ein nochmaliges kleines Hoch erlebte, das als rüstungsinduziert interpretiert werden kann. Es herrschte bereits eine ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Title Page
  2. Copyright
  3. Contents
  4. 1 Einleitung
  5. 2 Grundlagen der Kriegswirtschaft
  6. 3 Wirtschaftssektoren und Industriebranchen
  7. 4 Arbeitsmarkt und Verteilungspolitik
  8. 5 Außen- und Besatzungswirtschaft
  9. 6 Ausblick
  10. Autoren und Herausgeber
  11. Personen- und Unternehmensregister
  12. Ortsregister
  13. Sachregister