1.
Prolog
Kapital kann man beschaffen,
Fabriken kann man bauen,
Menschen muss man gewinnen.
– Hans Christoph von Rohr
Wer führt, gewinnt!
Führung ist das wichtigste Handlungsfeld in Organisationen. Das ist zwingend logisch, denn die Führungsfähigkeit potenziert oder limitiert die erzielbaren Ergebnisse. Bei Kongressen und Seminaren lässt sich seit Jahren ein Trend weg von Management- hin zu Leadership-Themen feststellen.
Es gibt zwei weitere Indikatoren, welche auf eine gestiegene und weiter steigende Bedeutung von Leadership hinweisen. Erstens geben Unternehmen verstärkt an, dass sie im Führungsstil einen Wettbewerbsvorteil erkennen. Zweitens steigt die Nachfrage nach Veröffentlichungen zum Thema Leadership.1
Führung und Leadership – gefährliche Wörter?
Schon immer wurden große Leader beneidet und zugleich von anderen Menschen gehasst. „Führer“ ist ein gefährliches Wort, weil damit zwar die besten Leistungen der Geschichte, aber oft auch die schlechtesten verbunden sind. Rund sieben Jahrzehnte Distanz zum größten Missbrauch der Begriffe „Führer“ und „Führerschaft“ reichen nicht aus, um sie kritiklos in Diskussion zu bringen.2 Durch die katastrophale Führungsmethode im Dritten Reich ist das Wort „Führer“ im deutschen Sprachraum äußerst negativ behaftet. So unvermeidlich die Konfrontation, so lächerlich die zeitliche Dimension der zwölf Jahre des tausendjährigen Reiches, so immens die negativen Auswirkungen. Zu viele haben dies aus der eigenen unabwendbaren Geschichte erfahren müssen. Ein von Beginn an fürchterliches Kapitel der Menschheit. Der Aufarbeitung folgt die Einsicht, dass schuldhaftes Verhalten nicht nur auf einen einzelnen Menschen fokussiert werden kann, sondern die Verteilung von Verantwortung ernst zu nehmen ist.3 Bedauerlicherweise wurde damals und wird auch heute oftmals ein Mensch, der falsche Werte propagiert, als charismatisch und als Führungsperson empfunden.
Die Bereitschaft, den angloamerikanischen Begriff Leadership im deutschen Sprachgebrauch zu verwenden, ist sehr ausgeprägt. Nur allzu verständlich. Die Führung im Dritten Reich basierte nicht auf einem Führer, sondern auf etwas gänzlich anderem, nämlich auf einem Verführer.
Man muss kein Freund des inflationären Gebrauchs von Anglizismen sein, doch das englische Wort besitzt seine Verwendungsberechtigung. Leadership ist der Begriff für unsere Zukunft, er kommt keinesfalls aus der Vergangenheit.
Führung und Verführung
Das Gegenteil von ehrlicher Führung ist Verführung, die auf schlechten Werten basiert. Man manipuliert Menschen, indem man ihnen nach falschen Methoden die falschen Dinge vermittelt und verkauft. Man bringt finanzielle Massenvernichtungswaffen unter die Leute und verführt die Menschen zum Spielen. Man informiert die Bürger eines Landes oder Staatenverbunds unzureichend und betrügt im großen Stil. Das gnädige Wörtchen „man“ enthebt einige aus der Verantwortung. Wer ist mit „man“ gemeint? Es bedarf eines genauen Hinsehens, um zeitgerecht zu erkennen und zu benennen, wer diejenigen sind, die verführen.
Ein weites Feld
Das Terrain, auf das sich das Thema Leadership vorgewagt hat, ist äußerst unübersichtlich.
Regieren und Führen werden nie mehr so sein wie bisher.4 Für Menschen in Führungsverantwortung gilt: Alles ist wie früher, aber nichts ist mehr gleich.
Leader sind gefordert und Leader sind gefragt. Mehr als jemals zuvor. Deshalb habe ich mich eingehend damit befasst, die Aufgaben und Fähigkeiten eines Leaders zu betrachten, zu analysieren und in diesem Buch darzustellen.
Leader benötigen die richtigen Leute, die an das, was sie tun, glauben. Leute, die keinen Job machen, sondern Verantwortung tragen. Wer seine Leute richtig behandelt, sorgt für konstruktives Zusammenarbeiten. Aber oft gehen Leader mit ihren Mitarbeitern nicht richtig um. Dieses Versagen ist ohne Ausrede den Führungskräften zuzuordnen.5
Ein Leader ist unentbehrlich, egal ob in der kleinen Gruppe oder im Großkonzern. Führungsverhalten ist uns selbstverständlich vertraut, die Erfahrungen damit sind vielfältig. Jeder kann – anscheinend – mitreden. Unsere Gesellschaft ist in allen Bereichen von Leadership betroffen und kann letztlich nur durch Leadership weiterentwickelt werden. Leistungen in Wirtschaft, Bildung, Politik, Medizin und Sport können durch die Unterstützung von Leadern großartig ausfallen und werden zugleich durch mangelnde Leadership-Fähigkeiten beschränkt.
Führungskräfte aller Hierarchieebenen müssen Leadership-Aufgaben übernehmen, um durch Kompetenz und Leidenschaft gemeinsam Größeres zu erreichen: egal ob als wirtschaftliche Führungskraft, Unternehmer, Trainer im Sport, Arzt, Lehrer, Kapitän oder Politiker.
Wer Menschen erfolgreich führen will, muss sich drei Hauptaufgaben widmen:
1. Jeder Mensch in Führungsverantwortung braucht Charakter und Charisma.
2. Nur wer die Menschen wirklich in den Mittelpunkt seines Handelns stellen kann und will, wird langfristig erfolgreich sein.
3. Klarheit und gesunder Menschenverstand punkten deutlich gegenüber Absichtserklärungen und Unwahrheiten.
Es geht in diesem Buch um Profundes und nicht um Profanes
Zentral ist, dass Charakter und Charisma entscheiden, und eine hohe Leadership-Kompetenz ist das Fundament für Erfolg. Ein rein deskriptives Werk zu modernen oder historischen Führungsgrößen würde viel zu kurz greifen. Es geht vielmehr darum, das Bewusstsein für die Wichtigkeit von „Leadership leben“ und die Möglichkeiten der Erlernbarkeit aufzuzeigen.
Es liegt an Ihnen, „Leadership leben“ als Begleiter zu Ihren Zielen einen Platz einzuräumen. Als Leader verwirklichen Sie einfach mehr, weil Sie mit Ihren Fähigkeiten Zuversicht und Kompetenz vermitteln. Wie kommen Leader ans Ziel? Nicht nebeneinander, nicht gegeneinander, sondern miteinander.
Einfache Antworten zu Leadership-Fragen erhofft wohl niemand ernsthaft. Weder ein Buch allein noch ein Vortrag kann eine Antwort auf etwas liefern, was nicht beiläufig gelehrt und gelernt werden kann. Es muss empfunden und gelebt werden.
Führungskunst ist Weitsicht bei der Ausrichtung einer Organisation. Dabei sind unter anderem Kreativität, Vorbildwirkung und Nähe zu den Mitarbeitern die von einem Leader geforderten Eigenschaften. Führungsqualität wird sichtbar, wenn wir die Herzen der Mitarbeiter erreichen.
Es geht um Hoffnung und um ein besseres Leben
Was ist für Sie ein besseres Leben? Ist das nicht ein Leben, in dem wir der Balance und Einfachheit mehr Platz einräumen, als wir es heute tun? Die Hoffnung auf ein besseres Leben stirbt zweifellos, wenn Sie eine begeisterungsfreie und unnahbare Führungskraft sind. Eine Philosophie der Hoffnung in sich zu tragen, das zeichnet Leader aus. Was Leadership erreichen kann, ist nie zu unterschätzen.
Leadership kann Menschen zu einem besseren Leben verhelfen. Allen. Jenen, die geführt werden, genauso wie jenen, die selbst Führungsverantwortung übernehmen und tragen.
Das unvermeidbare Erfordernis einer Definition
Definitionen können definitiv nerven, sind jedoch unumgänglich für das Verständnis: Leader führen durch Motivation und Übertragung von Verantwortung. Sie erkennen die Herausforderungen und erreichen Zustimmung zu ihrer Vision. Leader entwickeln die Leistung Einzelner und schaffen kompetente Teams.6 Diese Annahme ist natürlich idealistisch, denn die Realität sieht häufig anders aus.
Ein verheerendes Bild
Heutzutage sind viele Menschen in der Arbeitswelt demotiviert. Die Folgen zeigen sich in einer verminderten Leistungsfähigkeit der Organisationen. Dafür verantwortlich sind vor allem Defizite in der Führung. Mangelnde Leadership-Kenntnisse vernichten Motivation und Geld, was ein nicht zu verachtender und niemals widerlegbarer Faktor ist.
Führungsverantwortliche sprechen viel zu selten Anerkennung und Dankbarkeit aus. Auch können sich Mitarbeiter oft nicht ausreichend einbringen, da ihre Meinung kaum jemanden zu interessieren scheint.7
Schlechtes Führungsverhalten zerstört die Beziehungen der Menschen in der Organisation, ihr Selbstbewusstsein und letztlich die Unternehmensergebnisse. Leadership erkennt und nutzt das Potenzial aller, um positiv auf Menschen und Organisationen zu wirken.
Ein positiver Ansatz
Aus der Positiven Psychologie ist bekannt, dass Menschen, die positiv emotionalisiert sind, mehr wahrnehmen. Sie sind generell aufmerksamer und achtsamer. Positive Emotionen wirken noch dazu ansteckend.
Optimistisch ist jemand, der Positives in der Zukunft erwartet und sich selbst Gelingen zuschreibt. Widerstandsfähigkeit und Ausdauer sind die notwendigen Eigenschaften, um trotz Widrigkeiten optimistisch und voller Ressourcen zu bleiben. Leadership betrachtet das Wohlbefinden des einzelnen Menschen wie auch die Leistungsfähigkeit der Organisation.8 Durch den persönlichen Kontakt zu den und die Kommunikation mit den Mitarbeitern bleibt der Leader nahe am Geschehen. Er ist dadurch in der Lage, das Arbeitsumfeld für die Menschen zu verbessern. Zudem steigert er mit ihnen die Effektivität. So bündelt der Leader die positiven Kräfte.
Die Positive Psychologie beschäftigt sich mit Charakterstärken. Charakterstärken sind ein Synonym für Tugenden.9
Das Wort „Leader“ hörte ich zum ersten Mal von einem Psychologie-Professor. Er hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für eine neue und begeisternde Art der Menschenführung. Er sprach von Führungskräften, die uns dorthin bringen, wohin wir allein nicht gelangen können.
Das Credo
Erfolg beinhaltet auch Eigenschaften, die am postmodernen Wertehimmel fast Feindseligkeit provozieren: Disziplin und Konzentration. Ein Mensch auf einem Berggipfel ist nicht dahin gefallen. Ohne Selbstdisziplin ist kein Problem lösbar. Sie ist für alle Arten des Lernens und Wachsens notwendig. Analog dazu findet sich ein Unternehmen nicht automatisch als Marktführer wieder, nur weil es gute Ideen hat.
Was die Sache schwierig macht, ist die Illusion, es müsse leicht gehen, ohne Schmerz. Der ideale Berg, die ideale Route, das ideale Wetter, der ideale Markt, die ideale Konkurrenzsituation, keine Widerstände, das ideale Team …
Berufliche Professionalität ist jedoch Grundvoraussetzung und außerdem gilt Folgendes: Nur diejenigen, die in ihrem Leben tun, was sie...