Über den Tellerrand
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Über den Tellerrand

  1. 304 Seiten
  2. German
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Über den Tellerrand

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Über dieses Buch

Hans Bürger führt als selbstständiger Kaufmann ein Leben im Wohlstand. Zuhause bestimmt seine Frau uneingeschränkt über das Zusammenleben. Für die gemeinsame Tochter Eva sieht sie eine kaufmännische Lehre und die spätere Übernahme des Familienbetriebes vor. Das ganze Dorf beneidet Eva um ihre Zukunft – doch das ist alles nur schöner Schein.Denn ab ihrem zwölften Lebensjahr ändert sich für Eva das Familienleben schlagartig: Ihre Mutter beginnt, sie immer mehr herabzusetzen und reißt den Rest der Familie – Großmutter, Vater und Bruder – mit. Endlich volljährig kämpft Eva um ihre Ziele und damit gegen die Wünsche ihrer Mutter an. Und doch endet alles anders, als sie es sich ausgemalt hat …

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Kapitel 14

Erwachsen

Am Tag meines achtzehnten Geburtstages fällt der erste Schnee des Winters. Als würde meine unglückliche Kindheit unter dem Schnee begraben werden und eine neue Zeit für mich beginnen.
Jetzt könne ich machen, was ich möchte, sagt der Mann im Haus lachend zu mir. Er gratuliert mir mit einem Kasten Pralinen, auf den er einen Hundert-Mark-Schein befestigt hat. Seine Mutter gratuliert mir auf die gleiche Weise. Seine Frau schenkt mir nichts. Ihre Kinder haben doch alles.
Die Verwandten schenken mir zum Geburtstag alle dasselbe: Handtücher.
»Als ob wir keine Handtücher im Haus hätten«, wundere ich mich.
Tante Waltraud erklärt mir: »Das soll doch deine Aussteuer sein. Du wirst ja bald einen Mann finden und heiraten.«
Ich beschwere mich: »Ihr habt auch nichts anderes im Kopf als Heiraten. Das Thema haben wir ja schon einmal gehabt. Ich werde nie heiraten.«
Auch der Mann im Haus erinnert sich daran: »Unsere Kinder werden nie heiraten oder Kinder bekommen. Das habe ich schon einmal gesagt. Ich weiß es einfach.«
Aber den Leuten hier kann man das so oft sagen, wie man will, und die kapieren es nicht. Tante Waltraud verteidigt lediglich ihr Geschenk: »Aber sie kann auf alle Fälle Handtücher gebrauchen. Ihren eigenen Haushalt hat sie ja wohl bald.«
Ihre Schwester weiß es besser: »Warum soll sie ihren eigenen Haushalt führen? Hier hat sie doch alles! Ohne uns ist die sowieso verloren und kommt unter die Räder.«
Ich habe es gewusst. Die wollen mich hier nicht raus lassen. Die bitterste Zeit, der Kampf um meine Freiheit, steht mir zweifellos noch bevor.
Tante Waltraud meckert lautstark los: »Euch kann man auch gar nichts recht machen. Immer wenn ich hier ein Geschenk mitbringe, ist es falsch.«
»Dir kann man doch auch nie etwas recht machen. Und wenn du anderen etwas nicht recht machst, meckerst du genauso«, sagt der Mann im Haus ihr.
Beim Kaffeetrinken fragte die Tante: »Eva, was willst du denn einmal arbeiten?«
Ich antworte: »Ich mache jetzt erst einmal den Führerschein. Dann ziehe ich nach Frankfurt und besuche eine Kosmetikschule. Ich will nämlich Kosmetikerin werden.«
Meine Eltern erstarren.
Jetzt fragen Tante und Mutter gleichzeitig: »Woher willst du denn das Geld für die Wohnung und die Schule nehmen?« Derart geschickt verpackt kann man schließlich auch erfahren, ob ich das bezahlt bekomme.
Ich antworte: »Die Schule ist am ganz frühen Nachmittag aus. Danach kann ich noch arbeiten gehen.«
Unser Onkel ist recht schweigsam, aber er weiß es ganz altklug besser: »Aber du musst noch für die Schule lernen. Ob du überhaupt eine Arbeit findest, ist auch nicht sicher.«
Ich zitiere einfach die buckelige Verwandtschaft: »Wenn man will, kann man alles. Sagt ihr doch immer.«
Tante Waltraud spricht jetzt das aus, was alle über diesen Beruf sagen, nämlich die mir allzu bekannten Worte: »Kosmetikerin – das ist Gesicht vollschmieren.«
Eben nicht nur über das Heiraten denken die Leute hier auf dem flachen Land gleich.
»Wenn jeder so denken würde, dann würde es diesen Beruf nicht geben«, denke ich darüber laut.
Es klingelt einmal mehr an der Tür. Zu meiner Überraschung kommt die Gärtnerin mit einem riesigen Blumenstrauß. Das ist der schönste Blumenstrauß, den ich je gesehen habe.
Ich freue mich: »Wer bringt mir denn so einen schönen großen Blumenstrauß? Papa, der ist doch von dir?«
»Nein, der ist nicht von mir«, antwortet er.
Er ist von Toni, verrät mir ein Blick auf die Grußkarte. Jetzt freue ich mich nicht mehr. Hätte mir Siggi diesen Blumenstrauß geschickt, würde ich mich mehr darüber freuen.
Tante und Onkel wollen jetzt wissen, wer Toni ist.
Ganz traurig kommt von Mutter die Antwort: »Ach, so ein kleiner hinkender arbeitsloser Italiener.«
Ich erkläre: »Den will ich gar nicht, aber der lässt nicht locker.«
Hier verstehen sich die Leute untereinander relativ gut. Kein Wunder. Über so viele Dinge denken sie gleich. Auch über Ausländer. Tante Waltraud meint: » Mit diesen Ausländern darf man sich nicht abgeben, Eva, das ist gefährlich! Wenn der schon nicht lockerlässt, dann nimmt der vielleicht irgendwann ein Messer und sticht dich ab.«
»Ihr mit euren Horrorfantasien von gefährlichen Ausländern. Ihr kennt sie ja gar nicht, weil ihr ihnen aus dem Weg geht. Früher waren sie nicht hier. Aber jetzt. Sie leben unter und mit uns. Da kann man ihnen nicht aus dem Weg gehen. Sowieso ist Toni nicht gefährlich und auch nicht schlecht. Er mag mich nur.«
Mutter erklärt: »Die Kinder werden in der Schule so erzogen, so zu denken. Sie hat keine Lebenserfahrung. Ich habe Angst um sie. Der Toni muss ihr natürlich durch die Blumen sagen, dass er hinter ihr her ist. Das sieht ihm ähnlich.«
»Er hat einfach an mich gedacht. Tante Waltraud kann man nichts recht machen und dir auch nicht. Ihr seid eben Schwestern. Wenn er mir nichts geschenkt hätte, hättest du gemeckert: ›Siehst du, vom Toni kriegst du nichts.‹«
Nach meinen deutlichen Worten schaue ich sie streng an.
»Ach, Kind, dir kann man auch gar nichts sagen. Du hörst nicht auf uns«, beschwert sie sich traurig.
Am nächsten Tag beschwert sie sich weiter: »Warum willst du denn lernen, wie man ein Gesicht vollschmiert, wenn jeder ein Gesicht hat? Der Papa würde dich ausbilden, hat er gesagt. Wenn du dann gelernt hast, kannst du dem Papa helfen und später einmal die Firma weiterführen. Das ist doch viel besser als Gesicht vollschmieren.«
Der Schock über meine Offenbarung an meinem Geburtstag sitzt beiden noch in den Knochen. Jetzt haben sich beide untereinander beraten. Er schaut mich gespannt an.
Jetzt oder nie ist die Zeit reif zu verhandeln: »Dann hört auf, mich so zu ärgern.«
Sie stöhnt: »Kind, das haben wir schon ein paarmal gesagt! Warum verstehst du das denn nicht? Wir wollen dich nicht ärgern. Du bist dumm. Wir sagen dir deshalb nur, was mit dir los ist. Aber du wirst nicht besser.«
Ich erkläre: »Ich versteh doch, was du sagst und was du meinst, aber kann das nicht verinnerlichen. Ich kann nicht glauben, dass ich so dumm und so schlecht bin.«
Sie findet: »Da sieht man mal, wie dumm du bist. Weil du es nicht selbst merkst und weil du so etwas Dummes wie Kosmetikerin werden willst. Du glaubst mir noch nicht einmal. Bei dir ist Hopfen und Malz verloren.«
Den Führerschein nehme ich noch mit. Sonst werde ich nie Geld haben, um ihn selbst bezahlen zu können. Bei der nächsten Fahrstunde frage ich den Fahrlehrer, wann ich ihn machen kann.
Er fällt aus allen Wolken: »Fräulein Bürger, Sie sind noch lange nicht so weit. Sie brauchen mindestens noch drei Monate.«
Drei Monate möchte ich das Theater am Mittagstisch nicht mehr ertragen. Ich erschrecke laut. »Was? So lange!«
Er erklärt: »Fräulein Bürger, das kann ich beurteilen. Vorher fallen Sie auf alle Fälle durch. Sie haben es mit dem Führerschein eilig. Das merke ich. Aber warum denn?«
Als ich es zu Hause weitergebe, urteilt der Mann im Haus: »Der will nur Geld herausschlagen, weil wir ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titel
  2. Impressum
  3. Blutlinien
  4. Homo sapiens
  5. Gesamtschule
  6. Zaubermacht
  7. Konfirmandenstunden
  8. Der erste Freund
  9. Schule aus
  10. Ewig lebe der Vergleich
  11. Moderne und blöde Sitten
  12. Eine neue Leidenschaft
  13. Nur ein Scherz
  14. Berufsleben
  15. Fahrstunden
  16. Erwachsen
  17. Besoffen
  18. Der Führerschein
  19. Wohnungssuche
  20. Ganz intern
  21. Die Hölle auf Erden
  22. Erlösung