Diversitätskategorien in der Lehramtsausbildung
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Diversitätskategorien in der Lehramtsausbildung

Ein Handbuch

  1. 368 Seiten
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Diversitätskategorien in der Lehramtsausbildung

Ein Handbuch

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Über dieses Buch

Erste BasisDas Handbuch der "Diversitätskategorien in der Lehramtsausbildung" soll eine erste Basis für das Grundstudium an der Pädagogischen Hochschule schaffen. ZieleZiel ist es zu zeigen, inwieweit Teilbereiche wie Geschlechter-, Migrations- oder Inklusionsforschung im Zusammenhang mit Lernen und Lehren in der Grundschule stehen. Dieses einführende Handbuch bietet praxisrelevante Einblicke, aber auch wissenschaftlich fundierte Ansatzpunkte. Es soll außerdem eine Annäherung an die Hauptprobleme und Diskursstränge der behandelten Felder bereitstellen. Die ThemenUm die Kreuzungspunkte für die Praxis sichtbar zu machen, werden Themen aus aus Soziologie, Erziehungswissenschaft und Psychologie sowie den verschiedensten Fachdidaktiken behandelt

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Information

Jahr
2019
ISBN
9783706559904

HETEROGENITÄT/INDIVIDUALISIERUNG

Christoph Kühberger

Fachdidaktische Diagnose als notwendige Voraussetzung im Umgang mit Heterogenität – Subjektorientierte Zugänge für das historische Lernen

Annäherung

Eine Möglichkeit, der Heterogenität im Klassenzimmer oder in anderen Lerngruppen zu begegnen, stellt die subjektorientierte Fachdidaktik dar. Darunter kann man einen fachdidaktischen Zugang verstehen, welcher die Lernenden und ihre fachspezifischen Denkakte bzw. Handlungen in den Mittelpunkt der LehrLern-Prozesse stellt. Individuelles bzw. eigenständiges Denken und Handeln der Lernenden sind dabei von Vorerfahrungen, Gefühlen, Interessen, Empfinden, Vorverständnissen etc. geprägt, weshalb persönliche, also biografische und identitätskonkrete, sowie lebensweltliche Bedeutsamkeiten als initiierende Momente und motivationale Beförderer gelten (Kühberger, 2015, S. 41). Dabei geht es nicht darum, Schülerinnen und Schüler entlang von Differenzkategorien (Gender, Herkunft/Ethnie, Schicht/Klasse, Behinderung) einzuteilen, wie diese in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zur strukturierenden Einsicht in heterogene Gruppen Verwendung finden, sondern eben im umgekehrten Sinn Lerngelegenheiten zu schaffen, in denen die Lernenden als Subjekte ihre eigenen Sinnbildungen entfalten können, ohne diesen Prozess durch Zuschreibungen zu verengen.
Auf diese Weise werden die Schülerinnen und Schüler als Expertinnen und Experten ihres je individuellen fachlichen Denkens und Handelns ernst genommen, um daran anschließend (in Teilen) neue, aber vor allem wissenschaftsorientierte Annäherungen an die Welt zu entwickeln. Die Lernenden werden auf diese Weise als Subjekte ihres Denkens und Handelns ganz zentral in der Unterrichtsplanung und in der Umsetzung berücksichtigt. Sie sind damit nicht der „Ort“, wohin Wissen transferiert wird, sondern eben selbst ganz zentral in die individuell konstruierende Aneignung eingebunden. Ziel ist es, die zu vermittelnden Inhalte und die anzubahnenden fachspezifischen Kompetenzen ganz grundlegend an evidenzbasierte Momente einer Auseinandersetzung mit vorhandenen Denk- und Vorstellungsstrukturen der Schülerinnen und Schüler zurückzubinden. Ein solches Vorgehen bietet nämlich die notwendigen Hinweise auf individuelle Anschlussstellen, um daran anknüpfend vorhandene kognitive Strukturen zu erweitern oder zu verändern.
Als theoretische Grundlage für eine solche Herangehensweise kann auf den „Conceptual Change“ verwiesen werden. Darunter wird jenes Bemühen verstanden, die (alltagsweltlich generierten) Vorstellungen von Schülerinnen und Schülern hin zu wissenschaftlich tragfähigen Konzepten zu führen. Astrid Kaiser betont diesbezüglich etwa, dass es hinsichtlich einer solchen Veränderung „keine einfache Kontinuität in den Vorstellungen von den Alltagsphänomenen“ hin zu kultur- oder sozialwissenschaftlichen Konzepten gibt, die einer logischen Progression unterliegen würden, sondern es könnten durchaus auch Rückschritte gemacht werden. Sie sieht im Konzeptwechsel ein Ausdifferenzieren immer neuer Vorstellungen, die jedoch an die schülerseitigen Lernvoraussetzungen anschließen (Kaiser, 2006, S. 171). Kaiser verweist auf Eva Gläser, die festhält:
„Sinnvolles Lernen kann nur stattfinden, wenn der neue Lehrstoff in bereits vorhandenen kognitiven Strukturen verankert wird. Kann Wissen dagegen nicht zur Anwendung kommen und nicht in bestehendes Vorwissen integriert werden, wird es zu wenig vernetzt und bleibt zusammenhangslos. So werden individuelle Lernprozesse lediglich verkürzt als Weitergabe von Informationen verstanden. Beispielsweise bei mechanischem Lernen wird ‚träges Wissen‘ produziert.“ (Gläser, 2001, zitiert nach Kaiser, 2006, S. 171)
Welche (Vor-)Konzepte ein denkendes Subjekt über die Welt besitzt, hängt davon ab, welche es sich im privaten oder öffentlichen Raum erworben hat und mit welchen zu bewältigenden Situationen es in Kontakt kam (Seel, 2003, S. 24, Winkel, Petermann & Petermann, 2006, S. 159ff.). Damit muss man im Unterricht mit ganz individuellen Vorstellungswelten und Erklärungsmustern rechnen, die es grundlegend wahrzunehmen gilt, um fachspezifisches Lernen als Erweiterung und Umbau überhaupt erst zu ermöglichen. Wer die verschiedenen konzeptionellen Zugänge zu fachlichen Inhalten und fachspezifischen Methoden der Schülerinnen und Schüler nicht kennt, läuft Gefahr den Lernenden „träges Wissen“ anzutrainieren oder überhaupt über „ihre Köpfe hinweg“ bzw. „durch sie hindurch“ zu unterrichten.
„Concepts are the glue that holds our mental world together. […] If we have formed a concept (a mental representation) corresponding to that category (the class of objects in the world), then the concept will help us understand and respond appropriately to a new entity in that category. Concepts are a kind of mental glue, then, in that they tie our past experiences to our present interactions with the world, and because the concepts themselves are connected to our lager knowledge structures.“ (Murphy, 2004, S. 1)
Unter „prior concepts“ oder „Vorkonzepten“ werden davon abgeleitet jene meist wenig elaborierten mentalen Repräsentationen (Konzepte) verstanden, über welche Subjekte verfügen, um sich spezifische Zusammenhänge und Zustände zu erklären. Fehlen den Subjekten dazu adäquate Muster, bilden sie oft Analogien, um die Leerstelle zwischen domänenspezifischem Wissen und Weltwissen zu schließen, was in einigen Fällen zu „Misskonzepten“ führt.
Abbildung 1: Konzepte und Vorkonzepte/„prior concepts“ (Kühberger, 2010, S. 43, Götzmann, 2007, S. 87)

Fachdidaktische Diagnostik

Versucht man Gesellschaftliches Lernen – insbesondere historisches und politisches Lernen – in der Primarstufe umzusetzen, das die Schülerinnen und Schüler als Subjekte ihres Denkens bzw. Lernens involvieren möchte, ist es notwendig, sich für die individuellen Vorstellungen der Lernenden zu interessieren. Lange Zeit wurde fachspezifisches Vorwissen in der Primarstufe nahezu ignoriert, obwohl die Lernpsychologie bereits auf die Notwendigkeit seiner Aktivierung und Nutzung für ein erfolgreiches Lernen verwies. Im Zusammenhang mit Vorwissen zum Lernbereich Geschichte wurden dabei vor allem sehr vage Wissensbestände aus dem Alltag der Kinder wahrgenommen oder bei anderen Lernenden ein wahres vertieftes Expertenwissen: „Manchen Lehrerinnen und Lehrer schien das historische Wissen der Kinder zu sehr von Kinderbüchern geprägt, anderen war es zu heterogen und sehr auf einzelne Themen wie Saurier oder Ritter bezogen, um darauf aufbauen zu können.“ (Rohrbach, 2009, S. 73)
Wird ein Vorwissen bzw. Vorverständnis im Umgang mit Vergangenheit und Geschichte oder auch mit Fragen der Gesellschaft bzw. des Politischen in der Primarstufe im Unterricht berücksichtigt, ist es erforderlich, eine angemessene fachdidaktische Diagnostik (Abb. 2) zu nutzen. Diagnostische Verfahren ermöglichen es, die konkreten Ausprägungen von Heterogenität in einer Lerngruppe kennenzulernen bzw. Anschlussstellen an (Vor-)Konzepte der Schülerinnen und Schüler offenzulegen.
Unter fachdidaktischer Diagnose versteht man eine gezielte und im Idealfall evidenzbasierte punktuelle oder längerfristige Beobachtung von fachspezifischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern mit dem Ziel, über ein systematisches Sammeln und Aufbereiten von Informationen zu einem zusammenfassenden fachdidaktischen Befund zu gelangen, um auf dieser Basis Lernangebote erstellen zu können, die individuelles Fördern und Fordern ermöglichen.
Damit grenzt sich die fachdidaktische Diagnose von älteren diagnostischen Verfahren der Pädagogik oder Psychologie ab, welche Störungsbilder oder die Feststellung von Defiziten in den Mittelpunkt stellten, da die fachdidaktische Diagnostik sich mit Lernpotentialen beschäftigt und strukturelle Hilfestellungen für die Konzeption von differenzierten Lernangeboten geben möchte.
Abbildung 2: Fachdidaktische Diagnose (Jäger, 2006, S. 632, Kühberger, 2012, S. 45)
Jene Einsichten, die über verschiedene methodische Tools einer fachspezifischen Diagnostik Einblicke in das Vorwissen, die Vorstellungen und das Vorverständnis der einzelnen Lernenden bieten, ermöglichen es Lehrerinnen und Lehrern einen subjektorientierten Unterricht, der Heterogenität wahrnimmt, auszugestalten. Damit liegt das hier intendierte Konzept einer fachdidaktischen Diagnose nicht vorrangig auf einem Offenlegen eines deklarativen Wissens (z. B. reproduzierbares Daten-/Faktenwissen) der Schülerinnen und Schüler, welches von der Lehrperson an die Lernenden „weitergegeben“ wurde, sondern eben auf deren individuellen „Deutungen und Vorstellungen, die die thematische Auseinandersetzung im Unterricht grundlegend vorstrukturieren und beeinflussen. Ein konstruktivistisches bzw. den neueren Lerntheorien entsprechendes Lernverständnis verschiebt somit den Fokus von einer defizitorientierten Wissensdiagnostik hin zu einer verstehensorientierten Vorstellungsdiagnostik.“ (Mosch, 2013, S. 70)
Methodische Tools, die dafür zum Einsatz kommen können, sind in der Primarstufe je nach dem Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler auszuwählen (Zumhasch, 2014, Kühberger, 2014, Kühberger, 2013). Während in den ersten Schuljahren sicher Herangehensweisen, die auf mündliche und gezeichnete Äußerungen der Lernenden setzen, zu bevorzugen sind, können mit dem Ausbau des Schriftspracherwerbs auch schriftliche Methoden der fachdidaktischen Diagnostik zum Einsatz kommen. Der Einsatz dieser Tools sollte im Unterrichtsgeschehen so eingebaut werden, dass die Lehrperson auch tatsächlich auf die vorgefundenen kognitiven Strukturen der Lernenden eingehen kann. Es macht daher in vielen Fällen Sinn, punktuelle diagnostische Erhebungen zu einem neuen Bereich des fachspezifischen Lernens (z. B. „Warum können wir heute überhaupt etwas über die Vergangenheit wissen?“ – oder – „Was arbeitet eigentlich ein/e Politiker/in?“) am Ende von Unterrichtssequenzen anzusetzen, um den tatsächlichen Einstieg und den Zugang zum neuen Lernbereich in der nächsten Unterrichtssequenz daran ausrichten zu können und vorhandene „prior concepts“ zu berücksichtigen.

Diagnostische Tools

Im Folgenden wird versucht, eine Auswahl von praxisnahen diagnostischen Zugängen vorzustellen, die aufgrund ihrer methodologischen Dimension nicht vergleichbar sind mit empirisch überprüften Instrumenten (z. B. Tests zur Messung der Lesekompetenz, wie beim PISA-Test). Der Vorteil von derartigen pragmatischen Methoden einer informellen fachspezifischen Diagnostik liegt demnach nicht in der Vergleichbarkeit mit anderen S...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Christoph Kühberger, Silvia Kronberger, Manfred Oberlechner: Vorwort
  6. Alter
  7. Gender
  8. Sexualität
  9. Soziale Schicht
  10. Beeinträchtigung
  11. Migration
  12. Nation/Ethnie
  13. Sprache
  14. Religion
  15. Heterogenität/Individualisierung
  16. AutorInnen