Gletscher und Glaube
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Gletscher und Glaube

Katastrophenbewältigung in den Ötztaler Alpen einst und heute

  1. 276 Seiten
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Gletscher und Glaube

Katastrophenbewältigung in den Ötztaler Alpen einst und heute

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(ÜBER-)LEBEN IM SCHATTEN DES EWIGEN EISES – EINST UND HEUTEDas LEBEN IN HOCHALPINEN LAGEN war und ist ein Leben der EXTREME. Den NATURKATASTROPHEN und ihren Auswirkungen ausgesetzt, entwickelten die Menschen KULTURELLE STRATEGIEN, mit denen sie auf die Folgen von Klimazyklen reagierten. Während zwischen 1650 und 1850 die "KLEINE EISZEIT" für Gletschervorstöße, Muren, Überschwemmungen und Lawinen sorgte, ist es seit 1850 die KLIMAERWÄRMUNG, die das Leben im hochalpinen Raum beeinflusst.Franz Jäger untersucht die Auseinandersetzung mit der "wilden Natur" in den ÖTZTALER ALPEN – dem hinteren Ötztal, Pitztal und Passeiertal – und begibt sich auf die Spur kultureller Bewältigung. Dabei unterzieht er die EPOCHENÜBERGREIFENDEN KULTURELLEN PROZESSE einer breiten INTERDISZIPLINÄREN ANALYSE und zieht auch einen Vergleich mit dem Gebiet des Oberwallis in der Schweiz, dessen Bewohner mit ähnlichen Naturgefahren zu rechnen hatten.Im Umgang mit Naturkatastrophen in den Alpen kommt insbesondere VOLKSFROMMEN PRAKTIKEN ein herausragender Stellenwert zu, der sich in Ansätzen bis in die heutige Zeit erhalten hat. Der Autor begab sich zum Studium solcher MITTEL KULTURELLER KATASTROPHENBEWÄLTIGUNG auf eine intensive Feldforschung und eröffnet auch einen Blick auf die gegenwärtige Lage dieser Region im Schatten der Gletscher.

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Information

Teil III

Warmphase folgt der „Kleinen Eiszeit“ – Fortführung und Anpassung der Bewältigungsstrategien bis in die Gegenwart

Klimaerwärmung – Kulturfolgen

Den Gletscherhochständen um 1850 folgte eine gegenteilige Entwicklung: Seit Mitte des 19. Jahrhunderts löste eine Klimaerwärmung die seit 1650 herrschende Kaltphase ab und nahm seit den 1970er-Jahren bis heute zusätzlich Fahrt auf. Ursachen und Folgen der Warmphase, vor allem ihre stete Zunahme, sind gegenwärtig Gegenstand medialer, politischer und wissenschaftlicher Diskussionen.700 Aktuelle Naturereignisse werden mit neuen Wortkombinationen, wie Klimakatastrophe, Erderwärmung, Abschmelzen des Permafrostes oder Verschwinden der Gletscher, beschrieben. Damit geht ein allmählicher Wandel des Naturverständnisses Hand in Hand: Nicht die Natur an sich bedroht die Menschen, sondern anthropogene Eingriffe in die sensiblen Natur-Systeme fordern deren Rache heraus; die Zivilisation bedroht die Natur und damit sich selbst. Naturereignisse werden nun „fast automatisch mit dem Klimawandel in Zusammenhang gebracht“701 und damit menschlichem Verhalten zugerechnet. Die Natur, die in der Vergangenheit beschriebene Reaktionen der Gesellschaft hervorrief, wird nun zum Opfer eines überschießenden anthropogenen Handelns. Informationsmedien verstärken dazu öffentliche Diskussionen und vermitteln den Lesern die schlechten Neuigkeiten. Wie ist dieser Wandel zu erklären und in welche Situation werden die Bewohner in unseren hochalpinen Regionen gedrängt?
Illustration
2015 – Blick in das Rofental, wo einst der Vernagtferner für Unheil sorgte: Gletscher auf dem Rückzug. Fotoarchiv Franz Jäger.
Klimaerwärmung – Klimaforschung
Unter den Klimatologen besteht zu einem hohen Prozentsatz Konsens darüber, „dass ein vom Menschen verursachter Klimawandel stattfindet“, dass sich das „Erd-Klimasystem erwärmt und weiter erwärmen wird“. Mit 90-prozentiger Sicherheit wird diese Entwicklung also durch Treibhausgase, Rodungen und das Verbrennen von fossilem Treibstoff verursacht, wofür der Mensch zum großen Teil die Verantwortung trägt. Der Wissensstand über die Folgen dieser Klimaänderung ist ausreichend, um „umfangreiche Klimaschutzmaßnahmen zu rechtfertigen“.702 Ein andauernder Ausstoß von Treibhausgasen im bisherigen oder noch zunehmenden Ausmaß würde sehr wahrscheinlich klimatische Veränderungen in der Zukunft verursachen.703
Die klimatischen Verhältnisse im Alpenraum waren nie stabil, dies zeigt sich in wechselnden Vorstößen und Rückzügen der Gletscher. Während der Römerzeit und während des Mittelalters (950–1350 n. Chr.) schmolzen die Gletscher weiter zurück als heute, die „Kleine Eiszeit“ (1550–1850) war durch die massivsten Gletschervorstöße seit der letzten Eiszeit gekennzeichnet. Je nach Klimasituation werden „unterschiedliche naturräumliche Dynamiken verstärkt“: Kaltphasen begünstigen wegen verstärkter Feuchtigkeit Lawinen und Hochwasser; in Warmphasen taut der Permafrost, das gelockerte Material wird bei Starkregen durch Muren nach unten geschwemmt. Die Entwicklung einer Warmphase kann seit dem Ende der „Kleinen Eiszeit“ nachvollzogen werden, weil sie mit dem Beginn einer modernen Instrumentenmessung zusammenfällt.704 Sukzessive legten Wissenschaftler dafür Ursachen und Theorien offen. Im Jahre 1859 entdeckte der irische Physiker John Tyndall (1820–1893) die sogenannten Treibhausgase und stellte fest, dass „Sauerstoff und Stickstoff, die hauptsächlichen Bestandteile der Luft, strahlendurchlässig waren, Kohlendioxyd nicht“. Diese Situation war seiner Meinung nach die Grundvoraussetzung für das Leben auf der Erde. Im Jahre 1896 wies Svante August Arrhenius (1859–1927) auf das Problem der steigenden CO2-Emission hin und war, vom „Technikoptimismus“ seiner Zeit geprägt, von der Lösungsmöglichkeit für alle Probleme überzeugt.705 Der jugoslawische Astronom Milutin Milankovic (1879–1958) versuchte eine Verbindung zwischen Klimazyklus, Sonnenfleckenzyklus, Schwankungen der Erdbahnparameter sowie den „Variationen in der Neigung der Erdachse und der Rotationsachse herzustellen“.706 Modellrechnungen von Gilbert Plass im Jahre 1956 ergaben erstmals die „Kohlendioxyd-Theorie des Klimawandels“. Ein Jahr später wurde die „Keeling-Kurve“ Grundlage für die Erforschung der globalen Erwärmung.707 Charles Keelings Messdaten lieferten einen wichtigen Beleg für die menschlich verursachte globale Erwärmung.708 In den 1960er-Jahren stand man vor dem Problem, dass sich entgegen der vorhergesagten Erwärmung aufgrund der Treibhaustheorie die Angst vor einer neuen Eiszeit verbreitete, denn seit den 1940er-Jahren gingen die Temperaturen kontinuierlich zurück, bis zum Jahre 1970 global um 0,3 Grad Celsius. Berechnungen und Theorien zum Global Warming wurden durch eine Abkühlungsphase verdrängt, „Klimaforscher [waren] besessen von der Idee einer unmittelbar bevorstehenden Eiszeit“. Als Ursache für die Abkühlung wurde neben natürlichen Prozessen die von Menschen ausgelöste Luftverschmutzung durch die Industrialisierung und Zunahme des Autoverkehrs vermutet. Dadurch tritt ein „Filter-Effekt“ ein, so dass nicht mehr genügend Sonnenlicht die Erde erreicht.
Der amerikanische Klimaexperte J. Murray Mitchell hielt im Jahre 1970 „menschliche Aktivitäten für die Hauptursache von Temperaturschwankungen der letzten Jahrzehnte“. Seiner Auffassung nach hätten bis in die Nachkriegsjahre Treibhausgase die Erwärmung verursacht, nachher hätte „die Luftverschmutzung als Ursache der Abkühlung offenbar die Wirkung des Treibhausgases überholt“. Für die Zukunft allerdings sagte er weiterhin eine Erwärmung voraus.709
Klimaerwärmung: Herausforderung an die Politik
In Anbetracht der Klimakrise in den 1970er-Jahren mit Dürrezeiten, Ernteeinbußen und Hungersnöten trat die Politik auf den Plan. US-Außenminister Henry Kissinger drängte in einer Rede vor der UNO im April 1974 angesichts der drohenden Klimaänderung auf verstärkte Forschung. Im Jahre 1978 wurde im US-Kongress ein nationales Klimaprogramm beschlossen und eine internationale Zusammenarbeit bei der Erforschung des Klimas für den Zeitraum 1980 bis 2000 gefordert. Um der drohenden Klimaveränderung zu begegnen, sei es geboten „rasch mit technischen Mitteln einzugreifen“: Ein Damm sollte die Beringstraße zwischen Alaska und Russland absperren und dadurch auf das Weltklima einwirken, ein Projekt, das bereits zwischen Amerikas und Russlands Präsidenten (Gerald Ford und Leonid Breschnew) im Jahre 1974 diskutiert wurde.
Neben anderen kühnen Plänen, wie dem Abdecken der Polkappen oder dem Aufheizen Grönlands durch Atomreaktoren, wurde sogar ein vermehrter, künstlich erzeugter CO2-Ausstoß zur Verstärkung des Treibhauseffektes in Erwägung gezogen.710 Um eine drohende Kalt-Phase zu verhindern, wollte man in der Atmosphäre künstlich jene Phänomene fördern, die heute als Hauptursache für die Klima-Erwärmung angesehen werden. Als nach dem Helsinki-Protokoll (1987) – einer völkerrechtlichen Vereinbarung über die Reduzierung von Schwefelemissionen – die Schadstoffbelastungen stark vermindert wurden, kehrte sich die seit den 1960er-Jahren beobachtete kurze Abkühlungsphase wieder um. Im Jahre 1988 wurde im Rahmen der UNO der Zwischenstaatliche Ausschuss über den Klimawandel (Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC) eingerichtet und von der Reagan-Administration mit der Aufgabe betraut, „Berichte und Empfehlungen aller weltweit im Bereich Klimatologie führenden Wissenschaftler zusammenzufassen, wobei für jeden Bericht der Konsens der beteiligten Regierungen zwingend erforderlich war“.711 Damit war die Ver...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Inhaltsverzeichnis
  4. Vorwort
  5. Einleitung – Der Reiz des Themas
  6. Teil I
  7. Teil II
  8. Teil III
  9. Literaturverzeichnis
  10. Quellenverzeichnis
  11. Impressum