Traumakonfrontation - Traumaintegration
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Traumakonfrontation - Traumaintegration

Therapiemethoden im Vergleich

  1. 254 Seiten
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Traumakonfrontation - Traumaintegration

Therapiemethoden im Vergleich

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Über den Umgang auch mit seelisch schwer erschütterten Menschen verfügen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten inzwischen über reichlich Wissen und praktische Fähigkeiten. Wie aber mit den konkreten Erinnerungen an schwere Belastungserfahrungen umgegangen werden soll, insbesondere dann, wenn sie aufgrund der Schwere und Dauer nicht gut zugänglich gemacht werden können, ist nach wie vor umstritten. Die Autorinnen und Autoren dieses Buches stellen verschiedene von ihnen weiterentwickelte, gereifte Methodiken für die Wiederbegegnung mit traumatischen Erinnerungen vor, so dass diese direkt verglichen sowie in der praktischen Umsetzung gut miteinander kombiniert werden können.

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Information

Jahr
2019
ISBN
9783170351363

1 Einführung – grundsätzliche Überlegungen zur Traumakonfrontation und -integration

Getraud Müller

1.1 Einleitung

Im alten Griechenland wurde einst das Orakel gefragt, was die durch einen Speer verursachte, seit langem eiternde Wunde des Königs Telephos heilen könne. Die Antwort lautete: »der, der verwundet hat, soll auch heilen« (Rose, 2003, S. 224). Tatsächlich führten schließlich Eisenspäne eben dieser Waffe in Form einer Wundauflage zu einer zügigen Heilung des chronischen Geschwürs. Dies erscheint auf den ersten Blick widersprüchlich – das einst traumatisierende Agens wird zur Heilung benötigt. Ähnliches geschieht, wenn Patientinnen, die psychisch verwundet wurden, im Rahmen einer Konfrontation mit ihren Traumaerinnerungen Linderung ihrer psychischen Schmerzen erfahren – sie stellen sich noch einmal dem, was sie vielleicht am meisten fürchten und vermeiden.
Im ersten Kapitel soll diesem Paradox nachgegangen werden und es sollen theoretische Grundlagen für »Traumakonfrontation« und »Traumaintegration« gelegt werden, die dann im Zuge der Vorstellung verschiedener Traumakonfrontationsmethoden in den folgenden Kapiteln in praktische therapeutische Handlungsanweisungen umgesetzt werden. Theoretische Grundlagen der Psychotraumatologie werden verkürzt und nur insoweit dargestellt, als sie für das Verständnis der Wirkung von Traumaexposition notwendig sind. Da es noch kein vollständiges Theoriegebäude zu dieser Thematik gibt, werden sicherlich viele Fragen offenbleiben – zukünftige Forschergenerationen werden also noch ausreichend zu tun haben.

1.2 Trauma, Traumakonfrontation, Traumatherapie – Begriffsbestimmungen

1.2.1 Psychisches Trauma

Die in Deutschland wohl meistzitierte Definition für ein psychisches Trauma lautet:
»Vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt.« (Fischer & Riedesser, 2003, S. 82).
Die Autoren betonen, dass diese Paradoxie, nämlich in existenzieller Bedrohung nicht adäquat handeln zu können, nicht nur in seiner subjektiven und objektiven, sondern auch in seiner individualistischen und sozialen Dimension, sowie seiner Entwicklung im Laufe der Zeit, also dynamisch, gesehen werden müsste. Traumatische Ereignisse, wie z. B. Umweltkatastrophen oder Gewalterlebnisse können zu Krankheitssymptomen führen, die entweder spontan ausheilen oder aber wegen erheblicher Beeinträchtigungen zu krankheitswertigen Störungen führen.

1.2.2 Traumafolgestörungen

Traumatische Ereignisse können (müssen aber nicht!) zu Symptomen bzw. zu unterschiedlichen Krankheitsbildern führen, wobei es bei einmaliger Traumatisierung (Monotrauma) seltener zu krankheitsrelevanten Störungen kommt, wie z. B. zu einer Anpassungsstörung oder einer ggf. mit zeitlicher Latenz auftretenden posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) mit Symptomen der Übererregung, Vermeidung bzw. Intrusionen, wie Alpträumen oder Flashbacks. Mehrfachtraumatisierungen, insbesondere wenn sie in der Kindheit durch nahe Bezugspersonen verursacht werden, führen zu komplexeren Störungsbildern, die neben den Symptomen der PTBS nicht nur zu Störungen im interpersonellen und affektiven Bereich, wie z. B. Beziehungsstörungen oder Depressionen, sondern auch zu negativen Veränderungen des Selbstkonzepts führen (Reddemann & Wöller, 2017). Auch Folgen für die körperliche Stressregulation sollten Beachtung finden. Von den primären, also bei der Traumatisierung direkt durch die Überflutung des Informationsverarbeitungssystems entstandenen Folgen wie Übererregung, können sekundäre, traumakompensatorische, abgegrenzt werden, wie z. B. Suchterkrankungen oder Vermeidungsverhalten.

1.2.3 Traumapsychotherapie

Bereits seit Pierre Janet (van der Hart, Brown & van der Kolk, 1989) wird die Traumapsychotherapie in die drei Phasen Stabilisierung, Konfrontation und Integration der traumatischen Erfahrung in die Lebensgeschichte (Trauer und Neuorientierung) eingeteilt. Ulrich Sachsse (2009a) definiert Stabilisierung als das Erlernen der Fähigkeit Erregungsniveau, Affekte und dissoziatives Verhalten kontrollieren, sowie verletzten innere Anteile trösten zu können. Traumakonfrontation/-exposition wird insbesondere in der Verhaltenstherapie wie folgt definiert (Boos, A., 2014): Ein möglichst lebendiges und detailgetreues Wiedererleben des traumatischen Erlebnisses über einen längeren Zeitraum hinweg in der Vorstellung (in sensu).
Natürlich wäre auch eine Exposition in vivo denkbar. Im Gegensatz zum hier erwähnten »längeren Zeitraum« definieren Reddemann & Wöller (2017, S. 66) »schonender«: »Eine detaillierte Auseinandersetzung mit einer traumatisierenden Erfahrung als eine wohldosierte Konfrontation mit den traumatischen Szenen«. Einige Experten führen aus, dass der Begriff »Traumakonfrontation« schlichtweg falsch oder zumindest unscharf sei, da man ja keine Konfrontation mit einem vergangenen Trauma durchführen könne. Stattdessen komme es nur zu einer Begegnung mit inneren Sinnesseindrücken, Gefühlen, Körpersensationen, also eigentlich »mit Phantomen, Hirngespinsten, inzwischen dysfunktionalen Gerhirn-Engrammen« (Sachsse 2010, S. X). Wobei »Hirn-Engramme« zu kurz greift (»Reductive Physicalism«), ist doch der Mensch bzw. sind doch des Menschen Erinnerungen mehr als in der Materie Gespeichertes! (Nijenhuis, 2015). Durch die Konfrontation mit diesen Erinnerungen soll u. a. Traumatisches prozessiert werden. Hierunter versteht man die Verknüpfung von Informationen, die bisher getrennt gehalten wurden, so dass Verstehen möglich wird. Ein Prozess, der sich ggf. auch nach der Therapiestunde fortsetzt (Huber, 2011).
In der letzten Therapiephase des Trauerns und Neubeginnens geht es vor allem um die Akzeptanz des Erlittenen und die Trauer um traumabedingte Einschränkungen (Reddemann & Wöller, 2017). Eines der wichtigsten Ziele der gesamten Traumatherapie ist die Integration, nämlich der
»Prozess der völligen Akzeptanz oder vielleicht besser Assoziation aller dissoziierten Aspekte, wie Gedanken, Gefühle, Ängste, Kognitionen, Erfahrungen, Gedächtnisinhalte. Diese Aufnahme des Abgespaltenen ins normale Bewusstsein kann innerhalb einer Therapie erfolgen, ist aber auch ein Prozess im Rahmen der natürlichen (spontanen) Traumaheilung« (Downing, 2003, Übersetzung der Autorin).

1.3 Theoretische Erwägungen zur Wirkungsweise der Traumakonfrontation

1.3.1 Furchtstrukturmodell – Wirkprinzip der Konfrontation: Habituation

Die eigene Sicherheit bedrohende Ereignisse, die eine intensive psychophysiologische Erregung auslösen, führen zur Ausbildung von Furchtstrukturen (Foa & Kozak, 1986), also Nervennetzwerken, die den bedrohlichen Stimulus ebenso beinhalten, wie kognitive und emotionale Elemente sowie körperliche Reaktionen. Triggerreize bzw. intrusives Wiedererleben führen über eine Teilaktivierung des Furchtnetzwerkes zu einem unkontrollierten Anstieg der Symptomatik, was durch Vermeidungsverhalten (kurzfristig) verhindert werden kann. Bei der Konfrontation mit den Erinnerungen an das traumatische Erleben über 10 bis 15 Minuten kommt es zu einer vollständigen Aktivierung des Furchtnetzwerks und zunächst zu einer starken Angstreaktion, die dann aber wieder abnimmt. Letztendlich wird die Furchtstruktur gelöscht. Gleichzeitig werden Informationen, die mit denen der Furchtstruktur inkompatibel sind, z. B. die sichernde Anwesenheit der Therapeutin, integriert, was zu einem Nachlassen der traumassoziierten Gefühle durch Gewöhnung (Habituation) führt. Ziel von Exposition ist letztendlich, dass die Betroffenen die gegenteilige Erfahrung machen, also dass Befürchtetes (z. B. ich werde sterben) nicht eintritt, Angst ausgehalten werden kann und abnimmt (für eine zusammenfassende Darstellung vgl. Boss, 2014, S. 35). Das Neulernen bei diesem Extinktionsmodell geht also über den Aufbau gegenregulatorischer Prozesse. Eine aktive Hemmung aversiver, impliziter Gefühlszustände soll durch Wiederholungen aufgebaut werden – es handelt sich also eigentlich nicht um eine Löschung, sondern um zusätzliches, gegenregulatorisches Lernen – hier: Angst kann ausgehalten werden. (Hensel, 2017).

1.3.2 Traumagedächtnismodell – Wirkprinzip der Konfrontation: Integration und Verortung bzw. Vergeschichtlichung, Symbolisierung, Bildung eines Narrativs

Durch das hohe Erregungsniveau, das beim Abspeichern von traumatischer Erinnerung herrscht, kommt es zur Bildung verschiedener sensorischer, emotionaler, kognitiver und körperlicher Erinnerungsfragmente im implizite Gedächtnis, die im weiteren Verlauf durch Triggerreize erneut aktiviert werden können und nicht mit funktionalen Gedächtnisinhalten vernetzt sind, weshalb sie nicht überarbeitet oder verändert werden können. (Van der Kolk, Burbidge & Suzuki, 1998). Gleichzeitig werden das Sprachzentrum und die Aktivität des Hippocampus gehemmt, so dass eine zeitliche und räumliche Einordnung des Erlebten ebenso wenig gelingt, wie die Konstruktion eines Narrativs (Van der Kolk et al. 1998). Auch können Teile des Geschehens nicht erinnert werden (peritraumatische Dissoziation); andere werden, mitverursacht durch den hohen Adrenalinspiegel während der Traumatisierung, ins Gedächtnis scheinbar unveränderlich »eingebrannt« und verändern sich durch nachfolgende Erfahrung nicht. (Van der Kolk et al., 1998). Mittels der Konfrontation mit den traumatischen Erinnerungen werden dysfunktional gespeicherte, kompartimentierte Erinnerungen, wie die Teile eines Puzzles wieder zusammengesetzt (Prozession), zu einem Ganzen integriert (Integration) und ins semantische Gedächtnis übernommen, ein Narrativ wird ermöglicht, die Abspeicherung ins Dort und Damals gelingt.

1.3.3 Das Modell der Gedächtnisrekonsolidierung: Wirkprinzip der Konfrontation: Modifikation, Tilgung von »dysfunktionalen« Gedächtnisinhalten

Bisher war man der Meinung, dass unter hoher emotionaler Aktivierung Erlerntes, das im impliziten Gedächtnis gespeichert wird, also dem Bewusstsein n...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Abkürzungsverzeichnis
  5. Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
  6. Inhalt
  7. Vorwort
  8. 1 Einführung – grundsätzliche Überlegungen zur Traumakonfrontation und -integration
  9. 2 Screentechnik KReST™ (Körper-, Ressourcen- und Systemorientierte Traumatherapie) Eine sanfte Methode der Traumakonfrontation, -synthese und -integration
  10. 3 Traumaverarbeitung in der Ego-State-Therapie
  11. 4 Heilsame Netzwerke – EST und EMDR: Ein roter Faden für den Behandlungsprozess
  12. 5 Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy (IRRT) bei Traumafolgestörungen
  13. 6 Strukturierte TraumaIntervention (STI)
  14. 7 Die Beobachtertechnik zur Traumakonfrontation in der Psychodynamisch Imaginativen Traumatherapie PITT
  15. 8 Traumakonfrontation in der Katathym Imaginative Psychotraumatherapie (KIPT)
  16. 9 Traumaintegration mit TRIMB – Trauma Recapitulation with Imagination Motion and Breath
  17. 10 Der Diskurs – Auf dem Weg zu einer Expertenempfehlung
  18. Stichwortverzeichnis