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Über dieses Buch
Fassung in aktueller RechtschreibungEgon Erwin Kisch gilt als einer der bedeutendsten Reporter in der Geschichte des Journalismus. Nach dem Titel eines seiner Reportagebände wurde er auch als "der rasende Reporter" bekannt. "Schreib das auf, Kisch!" wurde zum geflügelten Wort in den 1920ern.Lesen Sie hier 30 seiner gelungensten Reportagen und Essays."Reportage ist eine sehr ernste, sehr schwierige, ungemein anstrengende Arbeit, die einen ganzen Kerl erfordert. Kisch ist so einer." [Kurt Tucholsky]Mit 153 FußnotenNull Papier Verlag
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Information
Im Wigwam1 Old Shatterhands
Der Grund für den Sturm moralischer Entrüstung, der sich in der Gerichtssaalrubrik erhoben hatte und von dort unaufhaltsam durch Feuilleton und Leitartikel fegte, war dem Kenner journalistischer Gepflogenheit ersichtlich. Karl May war ohne Mitwirkung der Kritik, ohne Zeitungsreklame Haupt einer vieltausendköpfigen Lesergemeinde, zu ihrem Heros und zu einer populären und allgemein interessanten Persönlichkeit geworden, und jeder aktuelle Anlass zur Stellungnahme musste gegrüßt sein. Hätte er einen Literaturpreis bekommen, so wären persönliche Reminiszenzen, Biografien, Beweihräucherungen erschienen, da er im Gerichtssaal eine Schlappe erlitt, wurde eben Empörung geboten, umso leichter zu motivieren, als Karl May ja, weiß Gott, keine literarisch ernst zu nehmende Gestalt darstellte. Dabei schien es klar, dass von den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen die meisten nichts als geschickt propagierte Mache bedeuteten und überdies verjährte Delikte behandelten.
Erstens: Karl May habe niemals die beschriebenen Länder gesehen, und alle seine Erlebnisse seien erfunden! – Bereits als vierzehnjährige Karl-May-Fanatiker hatten wir nicht eine Minute geglaubt, dass Old Shatterhand wirklich jahrzehntelang in den Prärien des Arkansas, in den Schluchten des Balkan, am Rio de la Plata, im Reiche des Silbernen Löwen und so weiter und so weiter sich herumgetrieben, Bären, Löwen, Tiger, Elefanten und Büffel gejagt, Länder entdeckt, Indianerstämme gefangen, durch den Hieb seiner Schmetterhand Menschen betäubt, die wildesten Hengste zugeritten. Tausende übermenschlicher Abenteuer siegreich bestanden und nachher noch Zeit gefunden habe, vierzig dickleibige Bände, abgesehen von den Romanen im »Guten Kameraden«, zu schreiben.
Zweitens: Mays Doktorat sei erschwindelt. – Auch das war uns schon knabenweis immer ganz selbstverständlich gewesen: dass er sich diesen Titel ebenso beilege wie den des Kara ben Nemsi oder des Old Shatterhand. Sogar noch selbstverständlicher, denn über seine Hochschulzeit hatte er in seinen Büchern niemals etwas ausgesagt.
Drittens: Er habe seine Frau ohne Unterstützung gelassen. – Das war eine Privatangelegenheit, die das Publikum nichts anging, obwohl man zugeben muss, diese Beschuldigung hätte uns in der Jugend am meisten verblüfft, da »Emmeh« in den Romanen als das Ideal einer geliebten Frau geschildert war.
Viertens: In seinen Erstlingsbüchern seien frivole Stellen enthalten. – Diese Romane, verschollen, stehen nicht in Zusammenhang mit dem Erfolg Mays, den hatten die Fehsenfeldschen Bände erzeugt, und diese strotzen so sehr von moralischem Gesalbader und Frömmigkeit, dass selbst allfällige wüsteste Pornografie von Jugendwerken dadurch reichlich wettgemacht ist.
Fünftens: Er sei ein Plagiator. – Eine vollkommen unhaltbare Behauptung. Denn im Grund war überhaupt keine Handlung in diesen dicken, atemlosen Büchern, ihre Spannung wurde, billig genug, durch die Masse der Gegner, die Schnelligkeit von Flucht und Verfolgung, die Unbesiegbarkeit des Helden und durch den Zauber exotischer Namen (»Fantasie«) erregt, und diese Elemente wiederholten sich ununterbrochen, sodass May nur ein Plagiator seiner selbst sein konnte. Die Parallelität einer kleinen Novelle Gerstäckers (ein Fluch, der sich erfüllt) mit einer Mays war übrigens den Mayanern bekannt, ohne dass wir dieser Tatsache Bedeutung beigelegt hätten.
Sechstens: Karl May sei ein berüchtigter Räuberhauptmann, Zuchthäusler, Gewalttäter und Erpresser. – Das war zu absurd, um erfunden zu sein, aber da May doch als einer der produktivsten Schriftsteller weder Geldnot noch Zeit zu Verbrechen haben konnte, mussten die Delikte mindestens vierzig Jahre zurückliegen (umso niederträchtiger der Vorwurf) und schienen übertrieben charakterisiert zu sein.
Das waren sie allerdings nicht. Das Material, das mir für große Summen – die Karl-May-Kampagne war eine Industrie geworden – zum Abdruck angeboten wurde, gab darüber Auskunft. Ich kaufte es umso weniger, als ich mich bereits auf die Seite Mays gestellt und ihm meine publizistische Hilfe angeboten hatte, die er mit Freude annahm. Dennoch kann nicht geleugnet werden, dass die Gerichtsakten als Beitrag zur Psychologie des schriftstellerischen Schaffens bedeutsam, ja sensationell sind. Für den Fall Karl May beweisen sie: Er verdankte den außerordentlichen Erfolg seiner Bücher einer so außerordentlichen Hemmungslosigkeit, dass sie im bürgerlichen Leben nur als kriminell gewertet werden konnte, und er war kein gewöhnlicher Bramarbas, sondern wirklich ein Mann des Abenteuers, das aus dem Tätlichen ins Verbale verdrängt, also innerlich echt war. Wie sehr die den heidnischen und mohammedanischen Milieus aufgesetzten Predigten von Moral und Ehre dazu dienten, eine verkrümmte Lebenslinie geradezubiegen, indem sie auf die andere Seite geneigt wurde, liegt klar zutage. May führt diese Überkompensation auf sittliche Läuterung zurück, die ein katholischer Anstaltskatechet bei ihm, dem Lutheraner, bewirkt hat, doch wird die Tatsache, dass die erfundenen Abenteuer das genaue Komplement der erlebten sind, aus den Akten ersichtlich. Einige Proben daraus können veröffentlicht werden, ohne dass jemand es wagen wird, sie zu einer Herabsetzung Mays zu verwenden, der nach diesen Taten mehr als vierzig Jahre lang an seinem schriftstellerischen Œuvre gearbeitet hat, so gut er konnte.
Fasz.-Nr. 80 463
Kgl. Polizeiamt Leipzig.
20. März 1865.
Kgl. Polizeiamt Leipzig.
20. März 1865.
Mit heutigem Tage zeigt Herr Hermann Hennig, im Geschäft seiner Mutter, der Witfrau2 Johanna Hennig, Essigfabrikantin, Thomaskirchhof 12, an: Nachmittags gegen drei Uhr sei zu seiner Mutter ein junger Mann gekommen, circa 25 Jahre alt, blasses Gesicht, blondes halblanges Haar, ohne Bart, circa 73 Zoll groß und von schlanker Statur, bekleidet mit brauner Tuchtwine, grauen Hosen und einer Deckelmütze, und habe sich mit Frau Hennig sofort über ein Zimmer, das dieselbe zu vermieten und heute im Tageblatt annonciert hatte, geeinigt. Kurz darauf habe der junge Mann, der sich »Noten- und Formenstecher Hermin« nannte, eine Geldtasche in den Kleiderschrank gehangen und sich entfernt. Circa dreiviertelfünf Uhr sei der angebliche Hermin wieder nach Hause gekommen, und kurz darauf habe ein Kürschnerbursche einen Biberpelz gebracht. Der Kürschnerbursche sei in die von Hermin gemietete Stube gegangen. Nach ungefähr einer halben Stunde kam der Kürschnerbursche ins Nebenzimmer und fragte, wo der Käufer des Pelzes sich aufhielte, er lasse ihn schon so lange warten. Man habe nun den Hermin gesucht, denselben jedoch nicht gefunden, augenscheinlich sei derselbe mit dem Pelz, den er seinen Wirtsleuten zu zeigen angegeben, sofort die Treppe hinuntergelaufen, und habe auch die Stube nur zu dem Zwecke gemietet, um den Betrug ausführen zu können.
Der gleichzeitig miterschienene Kürschnergehilfe Otto Erler hat den angeblichen Hermin genau so, wie oben bemerkt, beschrieben und dazu bemerkt: Derselbe sei heute nachmittags in das Geschäftslokal, wo nur Erlers Mutter anwesend gewesen, Brühl Nr. 73, gekommen, habe einen Biberpelz mit Biberfutter und desgleichen Aufschlag und schwarzem Tuchüberzug für 72 Taler gekauft und den Auftrag gegeben, den Pelz in seine Wohnung bei Frau Hennig zu tragen. Dies habe Erler junior auch getan, habe den angeblichen Hermin angetroffen, demselben den Pelz übergeben und nun auf die Zahlung gewartet. Hermin sei damit zur Stube hinausgegangen, um den Pelz seinen Wirtsleuten zu zeigen, jedoch nicht wiedergekommen.
Die Geldtasche, die der Fremde in den Kleiderschrank der Frau Hennig gehangen, hat derselbe, auf welche Weise, ist unbekannt, wieder an sich und mit fortgenommen. – Die Polizei hat das Leihhaus und die Pfandleihen benachrichtigt und ersucht, den Pelz gegebenenfalls festzuhalten.
Kgl. Polizeiamt Leipzig,
21. März 1865.
21. März 1865.
Früh nach acht Uhr ist vom Leihhause gemeldet, dass ein Biberpelz von Frau Beyer, Hallesche Straße 5, zum Versatz gebracht und letztere angehalten ist. Auf Vorlegen hat Herr Kürschnermeister Erler den Pelz als denjenigen anerkannt, den gestern nachmittags seine Ehefrau an den beschriebenen jungen Mann verkauft habe. Frau Beyer hat, befragt, angegeben, dass gestern nachmittags nach fünf Uhr ein junger Mann, einige zwanzig Jahre alt, schlank, ohne Bart, mit blassem Gesicht, bekleidet mit schwarzem Rock und schwarzseidener Mütze, der im Halstuch zwei Stecknadeln getragen, zu ihr gekommen sei, ihr den fraglichen Pelz zum Versatz im Leihhause überbracht und, da sie ihm gesagt, dass sie den Versatz erst am nächsten Tag vornehmen könne, vorläufig Zahlung von zehn Talern verlangt habe. Diese Summe habe sie dem Fremden, der sich »Friedrich« genannt, nach Rücksprache mit ihrem Ehemann auch gegeben, worauf sich der angebliche Friedrich entfernt und am folgenden Tag das übrige Geld vormittags um neun Uhr abholen zu wollen erklärt habe.
Der Wachtmeister Lindner hat sich sofort mit Polizeidiener Krug in die Wohnung der Beyer verfügt, um den Fremden, wenn er sich einfinden würde, in Beschlag zu nehmen. Der Fremde hat sich jedoch weder um neun Uhr noch später bei Frau Beyer wieder sehen lassen.
27. März 1865.
Gestern Nachmittag um drei Uhr hat Frau Beyer, Hallesche Straße 5, hier melden lassen, dass ein Packträger soeben unter Überreichung des Zettels (folgt Sub 1 bei) Zahlung desjenigen Betrages verlangt hat, welchen sie nach Gewährung der zehn Taler von dem beim Leihhaus verlangten Pfandbetrag für den Pelz noch übrig habe, sowie dass der Packträger (Karl Heinrich Müller, Thomaskirchhof 10) in ihrer Wohnung warte. Die sofort dahin abgegangenen Polizeidiener Bentner und Wolff haben den Packträger in der Beyerschen Wohnung nicht mehr angetroffen und von Frau Beyer erfahren, dass ihr Mann mit demselben in das Rosental gegangen sei, um denjenigen, der dem Packträger den Auftrag zur Abholung des Geldes gegeben habe und an gedachtem Platz auf Rückkunft seines Boten habe warten wollen, festzuhalten.
Die Diener Bentner und Wolff haben sich nun eiligst in das Rosental begeben, sind dort kurz nach dem Packträger und Herrn Beyer eingetroffen und haben einen fremden Mann, mit dem der Packträger, nachdem er von jenem zur Abgabe des Geldes in das Gebüsch gerufen worden ist, gerungen hat, ergriffen und nachher mittels eines Fiakers hierhertransportiert. Bei dem Ringen mit dem Packträger, der anfänglich sich gestellt hat, als ob er das Geld bringe, und so dem Fremden ganz nahe gekommen ist und ihn nun gepackt hat, ist dem Fremden ein Beil (folgt Sub 2 bei), welches derselbe bei sich geführt hat, unter dem Rocke vorgeglitten. Der Arretierte ist anfänglich ganz regungslos und anscheinend leblos gewesen und hat auch, nachdem der Polizeiarzt herzugerufen wurde, nicht gesprochen und erst später angegeben, dass er Karl Friedrich May heiße, in Ernstthal heimatberechtigt und dort Lehrer gewesen sei und seit dem 28. Februar dieses Jahres in Gohlis, anfänglich bei Hausbesitzer Wilhelm Damm, Möckernsche Straße 28b, dann aber bei dem Stahlstecher Schule, in dem nämlichen Hause wohnhaft, gewohnt habe.
Das Beil ist Eigentum des gedachten Schule, im Besitz Mays gewesen und von demselben gestern mit zur Stadt gebracht worden. Bei einer Visitation in der Wohnung Mays hat man die Umhängetasche desselben (folgt Sub 3 bei), den Heimat- und Verhaltschein (Sub 4/5), einen Verhaltschein des Ortsgerichtes zu Nauslitz (Sub 6) aufgefunden.
May ist gestern Nachmittag aufgehoben worden. Er hat die Schriftstücke Sub 7-13 samt dazugehörigen Kuverts, einen Pfandschein des Pfandleihers Bitterlich (Sub 14), zwei Zettelchen, Adressen von hier und Dresden enthaltend (Sub 15 und 16), ein Portemonnaie mit 20 Pf., drei Münzen und einem unechten Ring (Sub 17), ein Rasiermesser (Sub 18) und einige Toilettegegenstände, Bleistift pp. (Sub 19) bei sich gehabt.
Heute früh ist May sowohl Herrn Hermann Hennig als Frau Friederike Erler, geb. Krumbach, vorgestellt und von beiden als der Ermieter des Logis bei Frau Hennig bzw. der Käufer des Biberpelzes anerkannt worden. May hat auch eingeräumt, dass er sich auf die Fol. 1 angegebene Weise den Pelz des Herrn Erler zu erschwindeln gewusst habe. Ferner ist derselbe auf Vorhalt, dass er der im Gendarmerieblatt Band X, Stück 50, Seite 291, Nr. 19, aufgeführte Unbekannte sei, welcher sich in Chemnitz auf betrügerische Weise zwei Pelze von Bisam und zwei Frauenpelzkragen im Dezember vorigen Jahres erschwindelt habe, nicht in Abrede zu stellen imstande gewesen, dass er in Wahrheit der dort aufgetauchte Seminarlehrer, welcher sich Ferdinand Lohse genannt habe, sei. Die betr. Requisition wird beigelegt.
May ist nicht über Leipzig gekommen, hat vielmehr seiner Angabe zufolge die beiden Pelzpelerinen an ein ihm unbekanntes Frauenzimmer für sechs Taler in Freiberg, den neuen Pelz für zwanzig Taler an den Gutsbesitzer Fickler in Nauslitz bei Dresden verkauft und den älteren Pelz für fünfzehn Taler in Dresden versetzt, angeblich auf dem Sub 14 beigefügten Pfandschein.
Ferner hat May auf Vorhalt auch eingeräumt, dass er der im Gendarmerieblatt Band X, Stück 7, Seite 42, Nr. 22, Seite 92, Nr. 17, und Seite 123, Nr. 23, gesuchte, in Penig aufgetauchte Betrüger, der sich med. Heilig genannt hat, sei.
Seiner Angabe zufolge hat er den erschwindelten Winterüberzieher und die Weste noch (die Beschreibung passt genau auf diese beiden Kleidungsstücke) und will den anderen Rock und die beiden Paar Beinkleider, nachdem er diese Kleidungsstücke einige Zeit getragen, an einen ihm dem Namen nach nicht bekannten Trödler in Chemnitz für fünf Taler verkauft haben.
Das Beil will May deshalb bei sich geführt haben, um es in Leipzig schärfen zu lassen. (Sonntags!)
Schließlich wird noch erwähnt, dass der frühere Logiswirt Mays, Herr Damm, angezeigt hat, dass ihm aus seinem unverschlossenen Kasten, der in der Schlafkammer Mays gestanden, zwei Stück Shirting, 6/4 Ellen breit und je 6 bis 8 Ellen lang, verschwunden seien. Diesen Diebstahl stellt May beharrlich in Abrede.
Für diese Delikte wurde Karl May vom Bezirksamt Leipzig zu Arbeitshaus in der Dauer von vier Jahren und einem Monat verurteilt, welche Strafe er am 14. Juni 1865 antrat; nach erfolgter Begnadigung wurde er am 2. November 1868 entlassen. Kaum anderthalb Jahre später wird er in Tetschen an der Elbe von Neuem festgenommen – er hatte unter dem Namen Alwin Wadenbach aus Orby in den böhmischen Wäldern des Erzgebirges (wo er schon früher mit dem Banditenhauptmann Napoleon Krüger ein Räuberleben geführt hat) verschiedene Delikte verübt, war verhaftet worden, ist aber entsprungen. Am 13. April 1870 ergeht vom Kgl. Bezirksgericht Mittweida (Abtg. II, Nr. 771) folgendes Urteil:
In der Untersuchung wider Karl Friedrich May erkennt auf Grund der heute stattgefundenen öffentlich-mündlichen Verhandlung das Königliche Bezirksgericht zu Mittweida für Recht: dass Karl Friedrich May
wegen einfachen Diebstahls,
ausgezeichneten Diebstahls,
Betruges, und
Betruges unter erschwerenden Umständen,
Widersetzung gegen erlaubte Selbsthilfe, und
Fälschung, bzw. mit Rücksicht auf seine Rückfälligkeit
nach Artikel 272, 2762, 2783, Strafbest. 284, 285, 2b und 3 in Verbindung mit Art. 276 und 277, 299 Abs. 1 sub. 3 und Abs. 2, 3 Art. 2763, 143 in Verbindung mit Art. 142, 311, 78, 82 folgende ff. 300 Abs. 1 des revid. Strafgesetzbuchs mit Zuchthausstrafe in der Dauer von vier Jahren zu belegen, auch die aufgelaufenen Untersuchungskosten abzustatten schuldig ist.
Das Königl. Bezirksgericht
(gez.) Wirthgen, Lincke, Leonhardt.
(gez.) Wirthgen, Lincke, Leonhardt.
Entscheidungsgründe
Der Angeklagte Karl Friedrich May, geb. Februar 1842 in Ernstthal, Sohn eines dortigen noch am Leben befindlichen Webers, hat, wie von ihm selbst angegeben wurde, eine nicht gewöhnliche Erziehung genossen und ist auf den Seminarien zu Waldenburg und später zu Plauen zum Lehrer geworden. Nach beendigtem Kursus und nach beendigter Prüfung zum Schulamtskandidat ist der Angeklagte gegen Ende des Jahres 1861 als Hilfslehrer in Glauchau und bald darauf als Lehrer an der Fabrikschule zu Alt-Chemnitz angestellt worden. Bereits im Jahre 1862 hat indes May den Verlust dieser Stellung dadurch verschuldet, dass er einen gemeinen Diebstahl verübte und eine bei dem Gerichtsamt Chemnitz ihm zuerkannte sechswöchige Gefängnisstrafe vom 6. September bis 20. Oktober 1862 verbüßt hat. Gleicher Gestalt ist er im Jahre 1865 wegen gemeinen Betruges vom Bezirksamt Leipzig zu vier Jahren einem Monat Arbeitshaus verurteilt worden, hat jedoch diese Strafe infolge eingetretener Begnadigung nur bis zum 2. Nov. 1868 verbüßt. Kaum aus der Strafanstalt zurückgekehrt, hat der Angeklagte seine verbrecherische Tätigkeit aufs neue begonnen.
Ad 1) Am 29. März 1869 vormittags hat der Angeklagte bei dem Krämer Karl Reimann in Wiederau sich eingefunden und unter dem Vorgeben, er sei der Polizeileutnant von Wolframsdorf aus Leipzig und beauftragt, nach Falschmünzern, mit denen Reimann seit Jahren in Verbindung stehen solle, zu recherchieren, genannten Reimann angeblich zu Protokoll vernommen und ihn aufgefordert, die etwa vorhandenen Kassenscheine zur Prüfung ihm vorzulegen. Reimann hat einen Zehntalerschein herbeigeholt, der Angeklagte aber solchen, nach anscheinend genauer Untersuchung, als falsch erklärt. Ebenso hat er Reimanns Taschenuhr mit dem Bemerken, dass er sie als gestohlen erkenne, zu sich genommen und Reimann aufgefordert, behufs weiterer Erörterung mit ihm nach Clausnitz zu gehen, wo sich die Gendarmerie befinde. Dort angekommen, ist Reimann von dem Angeklagten einstweilen, bis er werde gerufen werden, in den Gasthof gewiesen worden. Der Angeklagte selbst mit Geld und Uhr hat sich schleunigst von Clausnitz fortgemacht, die Uhr, die einen Schätzwert von acht Talern besaß, verkauft und den Erlös ebenso wie den Zehntalerschein für sich verwendet.
Ad 2) In ganz ähnlicherweise, nämlich unter dem Vorgeben, er sei Mitglied der Geheimen Polizei und abgeordnet, wegen Ausgabe falschen Geldes zu recherchieren, ist der Angeklagte am 10. April 1869 bei dem Seilermeister Krause in Ponitz eingetreten, hat denselben unter vier Augen zu sprechen verlangt, ihn dann aufgefordert, die vorhandene Barschaft vorzuzeigen, und von dem von Krause hervorgebrachten, aus 23 Talern Kurantbillett...
Inhaltsverzeichnis
- Titel
- Impressum
- Inhaltsverzeichnis
- Danke
- Schollenjagd und Haifischfang
- Eilige Balkanfahrt
- Im Wigwam Old Shatterhands
- »Monna Vanna« auf der Hochzeitsreise
- Verbrechen in den Hochalpen
- Il Equilibrista
- Werften und Docks
- Es spukt im Mozarthaus
- Gässchen der Unterröcke
- Die Befreiung Orsovas
- Was die Wöchnerinnen singen
- Wilde Musikantenbörse
- Mysterien des Hydrografischen Instituts
- Erste und letzte Ausfahrt der Flotte
- Der Naturschutzpark der Geistigkeit
- Besuch beim Prager Schinken
- Die Festung Bouillon
- Prag – Wysotschan – Paris
- Der Herr der Waggonvilla
- Pistyaner Schwefel
- Die Dame in Trouville
- »Handeln mit alte Kleider …«
- Zürcher Zuchthaus
- Die Giftschränke der Deutschen Bücherei
- Polizeiakten des Baumgartens
- Sonntagsfahrt durch Nordseeland
- Raubtiere fressen
- Böhmisches Dorf in Berlin
- Lenins möbliertes Zimmer
- Die Geheimnisse des Salons Goldschmied
- Das weitere Verlagsprogramm