[12][13]Ad-hoc-Mitteilung
→ Unternehmenskommunikation
→ Finanzkommunikation
Vorstand X wechselt am Jahresende in den Aufsichtsrat. Ad-hoc-pflichtig? Der seit Jahren unprofitable Standort Y in Z wird zum Halbjahr geschlossen. Besteht Ad-hoc-Pflicht? Das Pharmaunternehmen hat in den USA die Zulassung für das neue Medikament erhalten und erwartet in diesem wichtigen Kernmarkt einen deutlichen Umsatzsprung in den kommenden Jahren. Besteht unmittelbare Berichtspflicht?
In den Kommunikationsabteilungen der Unternehmen stellt sich immer wieder dieselbe Frage: Ist diese Neuigkeit ad-hoc-pflichtig? Selten sind Pressesprecher sicher in der Beurteilung, ob eine Veränderung im Unternehmen, ein aktualisierter Geschäftsausblick oder Ähnliches die Bedingung oder Notwendigkeit einer verkürzt oft ‚ad-hoc’ genannten Mitteilung erfüllt. Die Folge der Irritation ist deshalb in der Regel ein Anruf in der Rechtsabteilung.
Die Ad-hoc-Mitteilung hat ihren semantischen Ursprung in einer lateinischen Phrase, die korrekt übersetzt ‚zu diesem‘ oder ‚hierfür‘ bedeutet. Im übertragenen Sinne bezeichnet ad-hoc improvisierte Handlungen und Dinge, die speziell für einen Zweck entworfen wurden oder spontan aus einer Situation heraus entstanden sind. Auf die Finanzkommunikation von Unternehmen übertragen enthält eine Ad-hoc-Mitteilung eine zur sofortigen Veröffentlichung bestimmte Tatsache, die den Börsenkurs der zugelassenen Wertpapiere eines Unternehmens erheblich beeinflussen kann.
Näheres erläutert das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). In § 15 steht:
„Ein Inlandsemittent von Finanzinstrumenten muss Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen; er hat sie außerdem unverzüglich, jedoch nicht vor ihrer Veröffentlichung dem Unternehmensregister im Sinne des § 8 b des Handelsgesetzbuchs zur Speicherung zu übermitteln …“
Damit ist die Sache klar: Veränderungen, die in einem publizitätspflichtigen Unternehmen geschehen – dies können positiv wie negativ veränderte Geschäftsaussichten sein, personelle Veränderungen im Vorstand, Investments oder Divestments etc. – und durchaus relevante Auswirkungen auf den Börsenkurs haben, unterliegen der Ad-hoc-Pflicht.
Aber genau diese Relevanz ist häufig umstritten in den Unternehmen. Der Grund liegt auf der Hand: Während Kommunikationsabteilungen in aller Regel lieber eine Pressemitteilung veröffentlichen, die keinerlei gesetzlichen Regeln unterliegt und deshalb in Fragen des Veröffentlichungsprozesses, der Formulierung, des Veröffentlichungszeitpunkts, etwaiger Zitate etc. völlig frei ist, hat die Ad-hoc-Mitteilung einigen Vorgaben zu folgen. Bildlich gesprochen ist die Ad-hoc-Meldung die Pflicht, während die Pressemitteilung eher der Kür entspricht (→ Unternehmenskommunikation).
Die Ad-hoc-Mitteilung wird immer zuerst an die jeweils verantwortlichen Regulierungsbehörden versandt (→ Finanzaufsicht). In Deutschland ist das in der Regel zumindest die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Dort werden Inhalt und entsprechende Einwände geprüft. Diese Prüfung dauert normalerweise etwa eine Stunde. Gibt die BaFin grünes Licht, kann die Ad-hoc-Meldung an → Analysten, → Ratingagenturen [14]und den üblichen Presseverteiler gesendet werden.
Der Veröffentlichungszeitpunkt liegt in der Regel außerhalb der Börsenzeiten, um zu verhindern, dass die Mitteilung direkt in den laufenden Handel der Wertpapiere gelangt. Selbst die längst übliche Methode, Mitteilungen via E-Mail zu versenden, könnte im Worst-Case-Szenario dazu führen, dass computergesteuerte Handelsprogramme einen Zehntelsekunden-Informationsvorsprung für Arbitrage-geschäfte ausnutzen. Mit anderen Worten: Ein Wertpapier, das an mehreren Börsenplätzen der Welt gelistet ist, könnte in Paris für Zehntelsekunden auf dem Verkaufszettel stehen, während in Hongkong die Nachricht noch gar nicht angekommen ist. Dies gilt es in jedem Fall zu verhindern (→ Börse).
Auch die Formulierung einer Ad-hoc-Mitteilung unterliegt in der Regel den Rechtsabteilungen der Unternehmen. Selbst wenn die Pressestellen sie schreiben, wird erst die Rechtsabteilung die Mitteilung freigeben. Die Folge ist, dass Ad-hoc-Mitteilungen nüchtern, sachlich und knapp die Fakten darstellen.
Für Unternehmen, insbesondere die Presseabteilungen, bedeutet eine Ad-hoc-Pflicht stets auch das strikte und konsequente Einhalten des No Comment. Keine Information darf das Unternehmen verlassen, die in irgendeiner Weise der bevorstehenden Mitteilung vorausgreift. Dies ist für Pressesprecher meist eine Phase der Unzufriedenheit, da sich in der Regel selbst diese geheimen oder betriebsinternen Informationen durch oft nicht nachvollziehbare Gänge an die Medien durchtanken. In dieser Phase nicht selten heftiger Spekulationen ist es den Presseabteilungen verwehrt, den Journalisten auch nur eine Art von Guidance zu geben. Offiziell kommentieren dürfen sie ohnehin nicht. Dieses Verbot führt wiederum zu weiterer Unzufriedenheit auf allen Seiten: Journalisten sind in der Regel von der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Kommunikationsabteilungen genervt, die Pressestellen selbst fühlen sich in ihrer Rolle unwohl, nichts wissen und nichts sagen zu dürfen. So erscheinen häufig in diesen Phasen Geschichten und Artikel, die von Spekulationen und Halbwissen getränkt sind, was wiederum die Vorstände mit der Frage auf den Plan treten lässt, warum dieser „Unsinn“ in der Zeitung steht.
Trotz dieser Unzulänglichkeiten ist die klassische Ad-hoc-Mitteilung ein wichtiges Instrument in der Medienarbeit publizitätspflichtiger Unternehmen und ein probates Mittel im Sinne des Anlegerschutzes. Denn auf ihren Kern reduziert, dient die Ad-hoc-Meldung tatsächlich dem zeitgleichen Zugänglichmachen marktrelevanter Informationen für alle Anleger.
Literatur und Links
Güttler, André (2001) Informationsgehalt von Ad-hoc-Mitteilungen, Diplomarbeit, E-Book, München.
www.boerse-frankfurt.de/DE/index.aspx?page ID=41&Tab=AdHoc – Aktuelle Ad-hoc-Meldungen
Ulrich Porwollik, Frankfurt am Main
Aktie
→ Aktiengesellschaft
→ Aktienkurs
→ Bezugsrecht
→ Erstemission
Die Aktie gilt in der Öffentlichkeit nur als Inbegriff des börsengehandelten Wertpapiers, als Spekulationspapier mit beachtlichen Kurschancen und überdurchschnittlichen [15]Renditen, vielleicht noch als Investment zur Altersvorsorge oder als Basiswert für neu strukturierte Produkte der Geldanlage. Finanzjournalisten beschäftigen sich daher vornehmlich mit den Kursbewegungen börsennotierter Aktien, in erster Linie mit Aktien in einem Index wie dem Dax. Es würde sich aber auch lohnen, die Herkunft der Aktie aus der Unternehmensfinanzierung etwas intensiver unter die Lupe zu nehmen und sich ein Bild über die Vielfalt der Aktie zu verschaffen.
Beschreibung
Wer eine Aktie erwirbt, beteiligt sich an einem Unternehmen in der Rechtsform der → Aktiengesellschaft (AG) und schlüpft in die Rolle des Mitgesellschafters. Damit übernimmt er auch eine ganze Reihe von Rechten und Pflichten. Zu den Rechten gehören zum Beispiel das Stimmrecht in der Hauptversammlung und das Recht auf eine Beteiligung am Jahresgewinn (Dividende). Andererseits warten auch Pflichten, zum Beispiel die Pflicht, die Einlage zu leisten, sprich den Ausgabeoder Kaufpreis zu zahlen. Rechtsgrundlage für die Rechte und Pflichten, die fest an die Aktie gebunden sind, bildet in Deutschland das Aktiengesetz (AktG).
In der Wahrnehmung der Aktionäre aus dem privaten Anlegerkreis werden vor allem die unternehmerischen Risiken der Aktienanlage gerne zur Seite geschoben und unterbewertet. Wenn es schlecht läuft und ein geschäftlicher-Jahresverlust ausgewiesen wird, trägt der Aktienbesitzer diesen Vermögensverlust mit. Seine Dividende fällt aus, der Wert seiner Aktie verringert sich. Das ist an der Börse und an sinkenden Kursen erkennbar. Allerdings führt ein Jahresverlust nicht zwangsläufig zum Dividendenausfall. Zur Pflege der Aktionäre, als Zeichen der geschäftspolitischen Zuversicht oder aus Gründen, die der Finanzjournalist herausfinden wird, kann den Gewinnrücklagen, in denen Teile älterer-Jahresüberschüsse geparkt sind, ein Betrag entnommen und als Dividende verteilt werden (§§ 58 Abs. 3 und 152 Abs. 3 AktG). Ein Beispiel: Das bayerische Spezialchemieunternehmen Wacker Chemie zahlte für 2009 eine Dividende trotz eines Verlustausweises von 75 Millionen Euro.
Im Extremfall des Konkurses einer Gesellschaft hat der Aktionär noch schlechtere Karten und seine Rolle als Mitunternehmer wird überdeutlich. Sein Anspruch darauf, aus einem möglichen Liquidationserlös sein Geld wiederzusehen, tritt in der Rangfolge hinter die Forderungen der Gläubiger, vom Mitarbeiter bis zum Lieferanten, zurück. Ein Gefühl dafür, wie bitter sich dies anfühlen kann, bekam 2002 jeder Herlitz-Aktionär. Der Berliner Büroartikelhersteller stellte den Insolvenzantrag und seine Aktie war so gut wie wertlos geworden. Erst in allerletzter Minute gelang eine strategische Neuausrichtung und eine Fortführung des Traditionsunternehmens.
Aktie und Börse
Im historischen Rückblick war es anfangs mühsam, einen Käufer oder Verkäufer für Aktien zu finden, wenn man seine Teilhaberschaft am Unternehmen aufgeben oder neu eingehen wollte. Die Kauf- und Verkaufswilligen mussten sich erst finden. Mit Einführung der → Börse als Tausch- und Handelsplatz für Aktien war diese Hürde beseitigt. Das gab dem Aktienwesen einen großen Auftrieb. In logischer Konsequenz haben der Siegeszug der Elektronik, die sekundenschnelle Datenverarbeitung und die elektronische [16]Orderabwicklung ohne physische Präsenz der Handelsteilnehmer dem Geschäft mit Aktien an der Börse ungeahnte Dimensionen eröffnet. Auch private Anleger können sich auf dem Wege des Online Brokerage und des Intraday Trading mittlerweile dem Gefühl hingeben, wie Profi-Broker zu spekulieren. Die Tür zur Spekulation für unerfahrene, unzureichend informierte Anleger ist allerdings damit auch weit aufgestoßen.
Die Mehrzahl der → Aktiengesellschaften, über 90 Prozent, ist allerdings nicht börsennotiert. So überraschend die Zahl zunächst auch klingt, der Blick auf die schier unübersehbare Vielzahl von Konzern-Tochtergesellschaften in der Rechtsform der Aktiengesellschaft macht den Wert plausibel. Für diese Unternehmen gibt es keinen tagesaktuellen Preis ihrer Aktien. Hier müsste der tatsächliche Aktienkurs erst aus den Bilanzen und der Ermittlung des Unternehmenswerts errechnet werden. Im Rahmen von Unternehmensverkäufen, → Management-Buy-outs oder Zusammenschlüssen fällt diese Bewertungs- und Rechenaufgabe auch immer wieder an.
Entscheidet sich eine Aktiengesellschaft eines Tages dazu, ihre Aktien doch an die Börse zu bringen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, so spricht man von einer Neuemission, besser von einer → Erstemission, in der englischen Fachsprache von einem Initial Public Offering (IPO). Mit diesem Schritt wird das Grundkapital, eingeteilt in Aktien, handelsfähig. Die Ziele der Altaktionäre und des Managements sind dabei vielfältig:
Das Unternehmen will wachsen und benötigt zusätzliches Eigenkapital, über die Börse ist die Aufnahme neuen Kapitals in der Regel leichter möglich als über die Kreditmärkte.
Altaktionäre möchten sich (teilweise) aus dem Unternehmen zurückziehen und Kasse machen.
Das Unternehmen möchte national und vor allem international bekannter werden. Weltweit agierende Konzerne haben fast keine andere Wahl, nur als börsennotierte Unternehmen sind sie an den Leitbörsen der Welt präsent, agieren finanztechnisch auf demselben Feld wie ihre Wettbewerber. Und nur als börsennotierte Unternehmen verfügen über den vollen Aktionsraum für Kapitalmaßnahmen.
Der Weg über die Aktie ist weltweit gleichermaßen üblicher und akzeptierter Standard der Unternehmensfinanzierung.
Kapitalveränderungen sind immer ein journalistisch interessanter und lohnender Ansatzpunkt, die Geschäftspolitik, die Zukunftsaussichten des Unternehmens, mögliche Veränderungen im Aktionärskreis und Auswirkungen auf die Aktie und ihre Börsenbewertung zu hinterfragen.
Kapitalerhöhung
Die Kapitalerhöhung gegen Einlagen ist der typische Weg, um frisches Kapital aufzunehmen. Eine Erhöhung des Grundkapitals über die Ausgabe neuer Aktien muss zuvor in der Hauptversammlung von den Aktionären beschlossen werden (§ 182 AktG). Die Altaktionäre erhalten einen Anspruch auf junge Aktien, damit ihr prozentualer Besitzanteil an den Vermögenswerten des Unternehmens durch die Fülle neuer Aktien nicht verwässert wird (→ Bezugsrecht).
Die bedingte Kapitalerhöhung (§ 192 ff. AktG) dient dem Zweck, ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien sicherzustellen. Die Inhaber von Wandel- und Optionsanleihen werden auf diesem Wege abgesichert. Das Recht, bei Ausübung [17]ihres Wandlungs- oder Optionsrechts auch tatsächlich Aktionär zu werden, ist ihnen dann nicht mehr zu entziehen.
Um die Schwerfälligkeit des Verfahrens zur Kapitalerhöhung, vor allem bei großen börsennotierten AGs, abzumildern, räumt das Aktiengesetz (§ 202 ff. AktG) das so genannte genehmigte Kapital ein. Die Hauptversammlung kann den Vorstand ermächtigen, selbstständig über eine Kapitalerhöhung zu entscheiden. Diese Flexibilität gilt für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren. Gleichzeitig kann der Vorstand auch ermächtigt werden, das Bezugsrecht auszuschließen. Dieser Einschnitt in klassische Aktionärsrechte bedarf schon guter Gründe und Begründungen. Auf den Investor-Relations-Seiten der jeweiligen AG ist die Erläuterung dazu im Internet nachzulesen. So ist beispielsweise der Daim...