Religionspädagogik für Erzieherinnen
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Religionspädagogik für Erzieherinnen

Ein ökumenisches Arbeitsbuch

  1. 275 Seiten
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Religionspädagogik für Erzieherinnen

Ein ökumenisches Arbeitsbuch

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

In diesem Arbeitsbuch werden die zentralen Themen der Religionspädagogik übersichtlich dargestellt - ausgehend von den grundlegenden Qualifikationen, die ErzieherInnen heute brauchen, um Kinder und Jugendliche religiös zu erziehen. Es bietet gleichzeitig ein schlüssiges Konzept religionspädagogischer Qualifikation und liefert methodisch-didaktische Anregungen für die Aus- und Fortbildung von ErzieherInnen. Im Unterricht an Fach(hoch)schulen kann es als Lehr- und Studienbuch eingesetzt werden. FortbildnerInnen werden in ihm viele Ideen für eigene Veranstaltungen finden.Diese grundlegende Neubearbeitung des "Arbeitsbuches Religionspädagogik für ErzieherInnen" greift die aktuellen Entwicklungen im Feld religiöser Elementarbildung auf: So ist neben einem dezidiert ökumenischen Ansatz auch Raum für interreligiöse Perspektiven. Im Blick auf die religiös und weltanschaulich vielfältige Zielgruppe der ErzieherInnen geht es um die Förderung einer religiösen Sensibilität, die sich in der Praxis in einer religiösen Sprach- und Wahrnehmungsfähigkeit zeigt.

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Information

Jahr
2019
ISBN
9783170364226

1. Zur Berufsrolle der Erzieherin

Dieter Miedza

A. Einführung

1. Religion gehört dazu

Wer sich heute für den Beruf der Erzieherin entscheidet, erhält eine »Breitbandausbildung«. Immer neue Tätigkeitsfelder mit je eigenen Ansprüchen und Anforderungen tragen zu einem attraktiven Berufsbild bei, in dem unterschiedlichen Interessen an der pädagogischen Arbeit, angefangen in der Vorschulbetreuung, -bildung und -erziehung bis hin zur Erwachsenenbildung nachgegangen werden kann. Der größte Teil der Erzieherinnen findet im Anschluss an die Berufsausbildung aber immer noch eine Anstellung in der Elementarpädagogik.1
Hier haben sich die Ansprüche an die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in den vergangenen Jahren verändert. Eine der Ursachen dafür ist die Ausdehnung der Angebote für unterschiedliche Altersgruppen, insbesondere für unter dreijährige Kinder. Ab dem 1. August 2013 besteht ein Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung, u. a. in einer Tageseinrichtung, ab dem ersten Lebensjahr. Diese Vorschrift ergänzt die bereits seit 1996 bestehende gesetzliche Grundlage, Kindern ab dem dritten Lebensjahr und bis zum Eintritt in die Schule einen Platz in einer Tageseinrichtung zu garantieren.2
Für Tageseinrichtungen für Kinder bedeuten diese Vorgaben in erster Linie eine Erweiterung ihres Angebots. Neben der Umsetzung der räumlichen und inhaltlichen Notwendigkeiten für die Betreuung von Kindern ab dem 1. Lebensjahr bleibt die »klassische« Aufgabe der Elementarpädagogik für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren jedoch bestehen.
Vor diesem Hintergrund der wachsenden und sich ständig verändernden Aufgaben in der Elementarpädagogik erscheint die Überschrift zu diesem Kapitel möglicherweise provokant. Religion und Glaube sind in der postmodernen Gesellschaft vermeintlich auf dem Rückzug, die großen Kirchen in Deutschland sind eher Zielscheibe vielfältiger Kritik als dass sie als die Gesellschaft stützende und belebende Einrichtungen verstanden werden.
Es gibt allerdings auch zentrale gesellschaftliche Entwicklungen, die Religion und Glaube insbesondere für die Elementarpädagogik in den Blick rücken. Hier ist an erster Stelle der kulturelle und religiöse Pluralismus zu nennen. Was früher ein Merkmal für Ballungsgebiete war, zeigt sich heute in vielen Einrichtungen auch außerhalb großer Städte: Kinder, Eltern und Erzieherinnen unterschiedlicher nationaler und ethnischer Gruppen und oft damit einhergehend unterschiedlicher Religionszugehörigkeiten leben und arbeiten in Tageseinrichtungen für Kinder zusammen. Die religiöse Vielfalt reicht von unterschiedlichen Formen gelebter Religiosität bis zum Fehlen einer konfessionellen Anbindung und eines religiösen Interesses.
Ein weiteres Merkmal der Postmoderne ist die Individualisierung. Sie ist Folge der Tradierungskrise und bezeichnet die in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts einsetzende radikale Veränderung der »Grundkonstellation für die Weitergabe des Glaubens«3. Für Tageseinrichtungen für Kinder bedeutet das, dass bis zur Tradierungskrise davon ausgegangen werden konnte, dass seit der Grundlegung der institutionalisierten Kleinkindpädagogik im 19. Jahrhundert christliche Erziehung und Bildung wesentlicher Bestandteil der Vorschulerziehung war.4
Mit dem Wegfall dieser Tradition ging eine in der Gesellschaft akzeptierte Orientierungsmöglichkeit verloren. Heute wird vom Einzelnen zunehmend eine eigenständige Lebensgestaltung und Werteorientierung erwartet.
Als Folge des Pluralismus und Individualismus verschwinden Religion, Glaube und Kirche, wie bereits gesagt, immer mehr aus dem gesellschaftlichen Leben. Damit gibt es einerseits weniger Vorbehalte gegen Religion und religiöse Erziehung als in den 1970 Jahren. Seinerzeit warf man der Religion sogar Normierung und Manipulation vor, die bis hin zu einer gestörten Gottesbeziehung führen konnte. Andererseits führt diese Entwicklung zu einer zunehmenden Bedeutungslosigkeit von Religion für die eigene Lebensgestaltung.5 Das betrifft natürlich auch die gegenwärtigen Erzieherinnengenerationen, deren Kindheit von einer »religiösen Enthaltsamkeit« (Norbert Mette) geprägt war und die in einer »spirituellen Leere«6 (hier nimmt Norbert Mette Bezug auf Karl ernst Nipkow) stattfand.
Der Traditionsabbruch und damit das Fehlen eines kirchlichen Milieus, das Bibelwissen, Glaubensgrundlagen und Kirchenverständnis von Generation zu Generation tradierte, lässt darüber hinaus auch religiös Interessierte in Unsicherheiten und Unkenntnis zurück.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Überschrift zu diesem Kapitel vielleicht doch nicht provokant. Denn es gibt verbindliche Gründe, sich bereits zu Beginn der Ausbildung mit der Frage nach dem »Umgang mit Religion in pädagogischen Prozessen«7 zu befassen. Dazu gehören die religiösen Dispositionen in unterschiedlichen Konfessionen und Religionen, die unsere Kinder mit in die Einrichtung bringen (vgl. hierzu auch Kapitel 3), aber auch die für den Umgang mit Religion in pädagogischen Prozessen notwendige Reflexion der eigenen Religiosität im Kontext der je eigenen Lebensbiografie. Daneben ist auch ein Blick in die Geschichte der institutionalisierten Kleinkindpädagogik notwendig. Denn christliche und religiöse Erziehung waren nicht nur selbstverständlicher Bestandteil in den pädagogischen Einrichtungen für junge Kinder im 19. Jahrhundert, auch die Initiativen zur vorschulischen Betreuung und Erziehung entsprangen christlicher Motivation.

2. Wie alles begann

Fürstin Pauline zu Lippe-Detmold gründete im Jahre 1802 in Deutschland die erste »Aufbewahrungsanstalt« für kleine Kinder.8 Inspiriert dazu wurde sie von einem Bericht über Joséphine Bonaparte, die sich in Paris um die Kinder erwerbstätiger Mütter kümmerte. Auch in anderen europäischen Ländern gab es zu dieser Zeit ähnliche Einrichtungen: In den Niederlanden die »Spielschulen«, in denen Kindern im Vorschulalter neben spielerischem Zeitvertreib auch Handarbeiten, Lesen und das Erlernen geistlicher Lieder ermöglicht wurde. Im schottischen New Lanark richtete der britische Unternehmer Richard Owen zu Beginn des 19. Jahrhunderts u. a. eine Kleinkinderschule für die Kinder seiner Arbeiterinnen und Arbeiter ein. Owens Idee führte in weiteren Teilen Englands zur Gründung von Vorschuleinrichtungen.9
In Deutschland selbst gab es schon im 18. Jahrhundert vereinzelt Bemühungen um die außerfamiliäre Betreuung von Kindern. Als eine der ersten Initiativen wurde das »Waisenhaus« der überkonfessionellen christlichen Herrnhuter Brüdergemeine gegründet, das in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts in Berthelsdorf in der Oberlausitz eröffnet wurde. Das Waisenhaus war, im Gegensatz zum heutigen Verständnis einer Einrichtung für unversorgte Kinder und Jugendliche mit pädagogischer Betreuung, eine Bildungseinrichtung für Kinder und Jugendliche zwischen dem dritten und zwanzigsten Lebensjahr, die zum Teil in prekären Familienverhältnissen lebten, aber auch – insbesondere die Älteren – eine angemessene Bildung anstrebten. Der Tagesablauf war schulisch geprägt und sah für die Jüngsten zunächst das Sitzen-Lernen vor, bevor nach dem Buchstabieren das Lesen und Schreiben auf dem Stundenplan standen.10
In den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts gab es im Ursulinenkloster in Straubing schon eine Vorbereitungsschule für vorschulpflichtige Mädchen, um diese vor Verwahrlosung bzw. schlechter Erziehung durch ungeeignete »Kindermägde« zu bewahren. Neben religiöser Erziehung durch biblische Geschichten, Gebet und Gesang standen auch Handarbeitstechniken auf dem Lehrplan.11
Mit der Entstehung der institutionellen Kinderbetreuung im 19. Jahrhundert werden heute drei Namen verbunden: Friedrich Fröbel, Theodor Fliedner und Johann Georg Wirth. Fröbel gründete 1840 den ersten Kindergarten und legte damit eine noch heute gültige Bezeichnung »der nebenfamiliären öffentlichen Kleinkinderbetreuung«12 fest. Fliedner, ein evangelischer Pfarrer, eröffnete 1835 und 1836 in Düsseldorf und Kaiserswerth, heute einem Stadtteil von Düsseldorf, »eine Kleinkinderschule für Kinder aller Konfessionen« sowie »eine ›Pflanzschule für Kleinkindlehrerinnen‹«13.
Wirth favorisierte mit seinen 1834 gegründeten Kleinkinderbewahranstalten, anders als an einigen Kleinkinderschulen, neben Handarbeiten, das Spiel.14 Er schreibt selbst:
Aus ihren Spielsachen, die den Kleinen überlassen werden, bilden sie eine Welt, in der sie als die wichtigsten Bewohner erscheinen. Dort, in der selbst gemachten Welt, machen sie sich im stillen Auftrage ihrer eigenen, kindlichen Schöpfung, zum Herrn aller Dinge, die ihnen gehören, und Niemand wird sie des denkübenden, beschäftigenden Verweilens bei ihren Spielsachen wegen beneiden, sondern sich freuen, und besonders wünschen, daß [sic!] sie den einfachen kindlichen Sinn recht lange behalten möchten! Ihre ganze Thätigkeit [sic!] ist eine Uebertragung [sic!] dessen, was sie im wirklichen Leben gesehen, gehört, erfahren haben, in ihre eigene Welt. Hier soll nun alles vorgesehen, wovon sie sich einen Begriff verschafft haben. Auch die Bewahranstalten mögen nicht störend auf das kindliche Verlangen, spielen zu wollen, einwirken, sondern den Sinn für das Spielen noch mehr zu beleben, sogar die sämtlichen Übungen mehr spielender als ernster Natur erscheinen lassen.
(Wirth 1838, 263f.).15
Gedacht waren die Einrichtungen für die Kinder der arbeitenden Bevölkerung, die sich zum Teil auch als Tagelöhner verdingten. Daneben ging es Wirth aber auch darum, die Kinder aus der Arbeitswelt der Eltern, die ihren Lebensunterhalt als Heimarbeiter verdienten, herauszubringen. Ziel war es, »die Kinder mit Hilfe ständiger Aufsicht vor moralisch-sittlichen Fehlentwicklungen zu bewahren«16.
Theodor Fliedner, evangelischer Pfarrer, wollte benachteiligten und armen Kindern (Schul-)Bildung ermöglichen. Vorbild dafür waren englische Schulen, die er auf einer Kollektenreise in den 20er und 30er Jahren des 19. Jahrhunderts in England kennengelernt hatte. An ihnen orientiert eröffnete Fliedner 1835 in Düsseldorf die erste Kleinkinderschule in Deutschland.17
Wir haben niemals verkannt, daß [sic!] die Kinder in ihrem zarten Alter am besten in dem häuslichen Kreise, von den Aeltern [sic!], erzogen werden, wenn diese, namentlich die Mutter, die hinreichende Zeit, die rechte Liebe und Weisheit zu ihrer Erziehu...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Impressum
  3. Vorwort
  4. 1.  Zur Berufsrolle der Erzieherin (Dieter Miedza)
  5. 2.  Kinder verstehen lernen (Clauß Peter Sajak)
  6. 3.  Wie hältst Du’s mit Religion? – Religion und religiöse Identität in der modernen Gesellschaft (Karolin Thater)
  7. 4.  Konzeptionelle Grundlagen religionspädagogischer Arbeit (Rainer Möller)
  8. 4.2.  Alltagssituation in der Kita: Konflikte erleben und bewältigen (Karolin Thater)
  9. 4.4.  Alltagssituation in der Kita: Ramadan feiern in der Kita (Naciye Kamcili-Yildiz)
  10. 5.  Religionsdidaktische Methoden für die Arbeit mit Kindern: Einführung (Clauß Peter Sajak)
  11. Perspektivwechsel: Glaubensgeschichten erzählen und gestalten. Ein muslimischer Kommentar (Naciye Kamcili-Yildiz)
  12. 5.6.  Zur eigenen Mitte finden. Übungen zur Stille und Achtsamkeit in der KiTa (Ingeburg Sylla)
  13. Autorinnen und Autoren