1.Die Arbeitswelt heute und morgen
Wenn wir auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich bestehen wollen, müssen wir begreifen, was in der Arbeitswelt los ist. Los ist – kurz gesagt – die Digitalisierung, die vierte industrielle Revolution. Programmierbare Algorithmen ersetzen menschliche Routinetätigkeiten. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass sich die Arbeitswelt weiterhin in einem rasanten Tempo tief greifend verändern wird. Wer jedoch die Logik des digitalen Wandels versteht, wird für die neuen Herausforderungen im Beruf heute und auch morgen gut gerüstet sein.
1.1Die Logik der Digitalisierung
Egal ob in der Fabrikhalle oder im Büro, im OP-Saal oder auf der Straße: In der Arbeitswelt kommen immer öfter Roboter mit künstlicher Intelligenz zum Einsatz. Es gibt aber auch viele Tätigkeiten, die nicht von Computern und computergesteuerten Maschinen übernommen werden können. Welcher Logik folgt die Digitalisierbarkeit menschlicher Arbeit und welche Arbeitsplätze sind davon betroffen?
Was Maschinen übernehmen werden
Zunächst zur Beruhigung: Die Hysterie in den Medien, dass uns Roboter mit künstlicher Intelligenz bald ganz ersetzen werden, ist übertrieben. Wenn wir die Arbeitswelt heute und morgen mit kühlem Kopf betrachten, erkennen wir, dass nicht ganze Berufe, sondern nur einzelne Tätigkeitsanteile bestimmter Berufe digitalisiert werden können. Computer ersetzen nicht einfach Menschen. Computer übernehmen einzelne Arbeitsschritte von Menschen. Die Logik der digitalen Veränderung lautet schlicht: Programmierbare Algorithmen ersetzen menschliche Routinetätigkeiten.
Unter Routinetätigkeiten versteht man manuelle oder kognitive Arbeitsschritte, die sich in immer gleicher Weise, also unverändert, ständig wiederholen. Je höher der Anteil dieser Routinetätigkeiten in einem Job, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Tätigkeiten – und irgendwann dann auch der ganze Job – von einem Computer oder einer computergesteuerten Maschine übernommen werden können. Dafür entstehen durch diese neuen Technologien auch neue Berufsbilder.
Routine- und Nicht-Routinetätigkeiten
Der Anteil der Routinetätigkeiten in den rund 3.900 Einzelberufen, die es aktuell in Deutschland gibt, kann man berechnen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat das gemacht. Dafür wurde jeder Beruf in seine Einzeltätigkeiten zerlegt und jede Tätigkeit einer von fünf Routinekategorien zugeordnet:
1.Analytische Nicht-Routinetätigkeiten
2.Interaktive Nicht-Routinetätigkeiten
3.Manuelle Nicht-Routinetätigkeiten
4.Kognitive Routinetätigkeiten
5.Manuelle Routinetätigkeiten
Manuelle und kognitive Routinetätigkeiten können sehr einfach nach programmierbaren Regeln ausgeführt werden. In die Kategorie Routinetätigkeiten fallen schon seit vielen Jahren alle fertigungstechnischen Tätigkeiten in der Produktion, für die Industrieroboter eingesetzt werden. Davon betroffen sind zahlreiche Arbeitsplätze in den Fabrikhallen. In die Kategorie Routinetätigkeiten fallen aber auch immer mehr Tätigkeiten rund um die administrativen, organisatorischen und kaufmännischen Büro- und Sekretariatsarbeiten. Datenbanken, CRM-Systeme, ERP-Anwendungen, Analytics-Tools, Messenger-Funktionen etc. übernehmen gleichbleibende und ständig wiederkehrende Arbeitsabläufe in den Büros, die dann nicht mehr von den Menschen am Schreibtisch ausgeführt werden müssen. Auch in anderen Arbeitsbereichen können mittlerweile zahlreiche menschliche Routinetätigkeiten durch Computer und computergesteuerte Roboter ersetzt werden. So übernimmt zum Beispiel der Medizinroboter die Augen-OP, Laborroboter führen medizinische, physikalische, chemische und biologische Diagnostik und Analysen durch und Programmieralgorithmen übernehmen bereits einfache Programmiertätigkeiten im IT-Bereich.
Nicht-Routinetätigkeiten – egal ob analytisch, interaktiv oder manuell – können Computer indes nicht erledigen, sie können dort den Menschen höchstens unterstützen. Denn Roboter und Computerprogramme können weder wahrnehmen noch feinmotorisch, kreativ- oder sozial-intelligent handeln – zumindest heute noch nicht.
Die Roboter werden durch künstliche Intelligenz zwar immer selbstständiger lernen und fähig werden, erfahrungsbasierte Entscheidungen zu treffen, aber das bedeutet nicht, dass menschliche Arbeit durch intelligente Maschinen ersetzt wird. Tätigkeiten im Management, in der Beratung, im Pflege- und Gesundheitsbereich genauso wie in Kunst und Kultur werden weiterhin von Menschen ausgeführt werden – weil es sich dabei um Nicht-Routinetätigkeiten handelt.
Das Paradox der Digitalisierung
Viele einfache Berufe mit einfachen Tätigkeiten wurden lange als bedroht angesehen. Versteht man die Logik der Digitalisierbarkeit menschlicher Arbeit, erkennt man jedoch, dass dem nicht so ist. Der springende Punkt ist nicht, ob eine Aufgabe einfach oder schwierig ist, sondern ob es sich um eine Routine- oder Nicht-Routinetätigkeit handelt. Für viele Arbeitsfelder gilt: Ungelernte Helfer müssen weniger um ihren Job bangen als viele qualifizierte Fachkräfte.
Der Grund dafür: Bei vielen, selbst schwierigen Aufgaben gelernter Produktions- und Bürofachkräfte, Laborfachkräfte und anderer Facharbeiter handelt es sich um Routinetätigkeiten, die in programmierbare Algorithmen zerlegt werden können. Helfer dagegen erledigen zwar oft einfache Aufgaben, diese bestehen jedoch zu einem großen Teil aus Nicht-Routinetätigkeiten, die sich nicht so leicht automatisieren lassen.
Zum Beispiel in der Gastronomie: Tische eindecken, Gäste im Blick behalten, Bestellungen aufnehmen, volle Teller sicher durch den Raum jonglieren und dabei freundlich sein – hier braucht es den Menschen! Und zwar die Servierkraft und nicht den Buchhalter.
Menschen führen weiterhin alle Aufgaben aus, die einer Nicht-Routinetätigkeit entsprechen. In Zukunft werden Roboter und Computerprogramme zwar viele weitere Arbeitsschritte und auch ganze Jobs übernehmen können – weil Tätigkeiten, die bisher als Nicht-Routinetätigkeiten galten, zu Routinetätigkeiten werden und künstliche Intelligenz bzw. maschinelles Lernen die Maschinen besser werden lässt –, ob diese Tätigkeiten jedoch tatsächlich von Computern ausgeführt werden und die entsprechenden Jobs wegfallen, hängt von betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und ethischen Faktoren ab, nicht nur von der technischen Machbarkeit.
Übung 1: Routine- und Nicht-Routinetätigkeit notieren
Notieren Sie, bei welchen Ihrer Tätigkeiten es sich um manuelle oder kognitive Arbeitsschritte handelt, die sich ständig und in der immer gleichen Weise wiederholen. Das sind Ihre Routinetätigkeiten. Notieren Sie auch, welche analytischen, interaktiven oder manuellen Nicht-Routinetätigkeiten Sie ausführen.
Computer ersetzen nicht einfach Menschen. Computer übernehmen einzelne Arbeitsschritte von Menschen. Programmierbare Algorithmen können menschliche Routinetätigkeiten übernehmen, nicht aber analytische, interaktive und manuelle Nicht-Routinetätigkeiten. Maschinen können (noch) nicht wahrnehmen und feinmotorisch, kreativ- und sozial-intelligent handeln. | |
1.2Anzeichen der Veränderung
Zur Arbeitsmarktfitness gehört nicht nur, die Logik der Digitalisierung zu begreifen. Um Chancen des digitalen Wandels zu nutzen, müssen wir auch frühzeitig erkennen, wann es in unserem Berufs- und Tätigkeitsfeld zu Veränderungen kommen wird. Welche Anzeichen gibt es für einen bevorstehenden Wandel und wie schärfen wir unsere Wahrnehmung dafür?
Anzeichen kennen
Technische Machbarkeit allein reicht als Anzeichen für eine bevorstehende digitale Veränderung am eigenen Arbeitsplatz nicht aus. Haben Sie also keine Angst, wenn Sie Schlagzeilen darüber lesen, dass Computer und Roboter heute schon Millionen von Arbeitskräften ersetzen k...