1Aufnahmesitzung bei Angst und Panik
Angst und Panik sind die Störungen, die zu behandeln ich als Hypnotherapeut in Wellington, Neuseeland, am häufigsten gebeten werde.
Ich habe mittlerweile über 26.000 Patienten mit Hypnose behandelt. Von diesen litten über 10.000 unter Angst oder Panik, und die meisten von ihnen haben mir bestätigt, dass sie von ihrer Angst völlig geheilt worden sind.
Um die Aussage über meine Erfahrung auf diesem Gebiet zu präzisieren, möchte ich hier gleich zu Beginn einen sehr wichtigen Aspekt der Hypnose ansprechen.
Ich glaube nicht, dass ich jemals einen Menschen hypnotisiert habe!
Ich glaube ganz grundsätzlich nicht an den Sinn des Wortes »hypnotisieren«.
»Hypnotisieren« ist ein Verb, ein Wort für etwas, das man tut.
Ich ziehe es vor, mich in meiner Rolle als medizinischer Hypnotiseur mit dem Dirigenten eines Orchesters zu vergleichen und die Person, die mir auf einem anderen Stuhl gegenübersitzt, als eine Art Orchester, das ständig eine »nicht besonders gute Musik« spielt, zu verstehen. Meine Worte (das, was ich zu ihnen sage) sollen zur Grundlage für die neue Musik werden, die zu spielen sie lernen werden.
Meine Aufgabe besteht darin, dem Orchester wunderbare Musikstücke zum Spielen vorzulegen und mich wie ein Dirigent von Weltklasse zu verhalten. Einzig und allein das Orchester spielt die Musik. Der Dirigent produziert nicht einen einzigen Ton davon. Die Bewegungen des Taktstocks erzeugen keinen Ton.
Der Dirigent »musiziert« das Orchester nicht, ebenso wenig wie der Yoga-Lehrer die Teilnehmer seines Yoga-Kurses »yogisiert« und ein Hypnotiseur ganz bestimmt niemanden »hypnotisiert«. Diese Sicht der wahren Verhältnisse unterscheidet sich sehr stark von der üblichen Darstellung der Hypnose im Fernsehen und in Filmen.
Ich helfe Menschen zu lernen, wie sie die Hypnose am besten für sich nutzen und sich selbst hypnotisieren können.
Ich verzichte auch darauf, den Begriff »Hypnotherapie« zu benutzen.
Hypnose ist ein veränderter Bewusstseinszustand. Auch Narkose ist ein bekannter veränderter Geisteszustand. Wir reden nicht über eine »Narkosetherapie«, weil wir wissen, dass der Zustand der Narkose kaum an und für sich therapeutisch wirkt. Entscheidend ist und therapeutisch wirkt vielmehr der konkrete chirurgische Eingriff, der während einer Narkose durchgeführt wird.
Ärzte nutzen den Zustand der Narkose, weil er chirurgische Behandlungen möglich macht, die ein Mensch bei Bewusstsein kaum ertragen würde.
Therapeuten nutzen Hypnose, weil sie psychotherapeutische Behandlungen ermöglicht, die das Unbewusste andernfalls nicht ertragen könnte.
Entscheidend ist, was im Zustand der Hypnose gesagt wird, nicht die Hypnose an sich. Hypnose ist eigentlich keine Therapie, sondern eine Art, eine Therapie durchzuführen. Hypnose umgeht die kritische Wahrnehmung und die Zweifel und ermöglicht so Staunen.
Ich sage oft, dass sich bei einem Menschen im Zustand der Hypnose eine pessimistische »Ja, aber«-Mentalität in eine weitaus optimistischere »Warum nicht«-Mentalität verwandeln kann.
Hypnose erschließt eine Therapie des Möglichen.
Therapeutisch wirkt in einem veränderten Bewusstseinszustand – im Falle der Narkose – der Inhalt (bzw. der Gegenstand) des chirurgischen Eingriffs oder – im Falle der Hypnose – der konkrete psychotherapeutische Inhalt.
Entscheidend ist der Inhalt.
Deshalb beschäftigt sich dieses Buch so intensiv mit dem spezifischen Inhalt der vor und während der Hypnose genutzten psychotherapeutischen Techniken und weniger mit der Methode des Induzierens der Hypnose. Worte sind wichtig. Sie sind die Währung der Hypnose.
Die meisten meiner unter Angst leidenden Patienten kommen auf Empfehlung ihres Hausarztes, anderer Mitglieder ihrer Familie oder von Freunden zu mir. Manchmal waren auch Arbeitskollegen von ihnen früher einmal bei mir in Behandlung und sind mit deren Resultat sehr zufrieden, weil sie dadurch von Angst oder Panik geheilt wurden.
Sie wissen, dass ich ein Arzt bin, der sich auf medizinische Hypnose spezialisiert hat. Sie nehmen an, dass ich als Arzt erfahren und kompetent bin und sie im Einklang mit dem Stand der Wissenschaft, der ärztlichen Ethik, der Vertraulichkeit und mit ihrem Interesse an ihrer persönlichen Sicherheit behandeln werde.
Mein Ziel als Therapeut ist es, Menschen in vier kurzen Behandlungssitzungen zu einer deutlichen Besserung ihrer Angst- oder Panik-Probleme oder gar zu deren vollständiger Heilung zu verhelfen.
Die meisten meiner Patienten haben keine besonders leistungsfreudige Krankenversicherung und könnten sich eine zehn oder zwanzig Sitzungen umfassende Behandlung bei mir gar nicht leisten. In der Regel sind vier oder höchstens fünf Sitzungen das absolute Maximum dessen, was sie bezahlen können.
Als ich meine Praxis in Wellington eröffnete, zwangen mich die finanziellen Gegebenheiten, mir eine Behandlung für Angst und jede andere Art von Problemen, mit denen Patienten zu mir kamen, zu überlegen, die ihren finanziellen Rahmen nicht sprengte. Konnte ich mit einem Patienten nur vier Sitzungen durchführen, musste ich für jedes Problem, mit dem ich konfrontiert wurde, eine Lösung finden, die der Patient innerhalb von vier Sitzungen erlernt. Die Notwendigkeit ist die Mutter allen Erfindungsgeistes. Wie man arbeitet, hängt vom verfügbaren Zeitrahmen ab und muss ihm durch Expansion oder Kontraktion angepasst werden.
Jede meiner Therapiesitzungen dauert nur ca. 30 Minuten und lässt sich somit problemlos in eine standardmäßige einstündige Sitzung einpassen.
Die vier Therapiesitzungen für Angststörungen schließen die wichtige Aufnahmesitzung ein. In dieser ersten Sitzung entwickelt der Patient eine anfängliche Einschätzung meiner Person. Sie entsteht in den ersten Augenblicken, die er mit mir verbringt. Erste Eindrücke sind sehr wichtig. Die Aufnahmesitzung wird in Hypnoseausbildungen nicht sonderlich thematisiert, weil sich die meisten Ausbildungen – zumindest diejenigen, an denen ich persönlich teilgenommen habe – auf die Vermittlung bestimmter Hypnosemethoden konzentrieren. Dieses Kapitel über die Aufnahmesitzung ist daher das längste in diesem Buch. Ich werde zunächst meine Methodik und mein Ziel bei jeder Aufnahmesitzung mit Patienten, die unter Angststörungen leiden, erklären.
Wenn wir uns auf eine Reise begeben, sollten wir ein klares Ziel vor Augen haben. Dann können wir uns in Richtung dieses Ziels bewegen und werden das Ziel mit hoher Wahrscheinlichkeit auch erreichen.
Welches Ziel hat ein Therapeut in der Aufnahmesitzung mit einem Patienten, der unter einer Angststörung leidet?
Diese grundsätzliche Frage muss beantwortet sein, damit wir die Sitzung in die gewünschte Richtung steuern können.
Viele Therapeuten geben zu, dass jede ihrer Aufnahmesitzungen einzigartig und unstrukturiert ist und weitgehend von dem abhängt, was der Patient in die Sitzung mitbringt und worüber er sprechen will. Sie erklären mir, sie hätten gelernt, sich anzuhören, was der Patient im Sinn hat, und die Pläne und Wünsche des Patienten hätten in jedem Fall Priorität. Und natürlich behaupten sie dann frohgemut, sie seien patientenzentriert.
Andere Therapeuten haben mir gesagt, sie hätten gelernt, sich das Problem genauestens schildern zu lassen und diese Informationen dann zu nutzen, um die Ursachen des Problems zu ergründen und auf dieser Basis einen Plan zu entwickeln, um dem Patienten helfen zu können.
Die Aufnahmesitzung ist der Beginn unserer therapeutischen Reise mit dem Patienten. Und während der Patient sich das Ziel gesetzt hat, Hilfe für die Überwindung seiner Angstprobleme zu suchen, müssen wir als Therapeuten entscheiden, welches Ziel wir uns für die Aufnahmesitzung setzen. Versäumen wir dies, fehlt unseren Bemühungen die Zielgerichtetheit, und wir müssen einen unvorhergesehenen Ausgang der Sitzung in Kauf nehmen.
Das erste Zusammentreffen mit dem Patienten, die Aufnahmesitzung, sollte nach meiner Meinung nicht ausschließlich dem passiven Sammeln von Informationen gewidmet sein. Ich werde im Folgenden noch demonstrieren, wie viel man im Laufe einer sorgfältig geplanten Aufnahmesitzung initiieren und in therapeutischer Hinsicht erreichen kann.
Ich muss die Aufnahmesitzung nutzen, um einen guten Eindruck zu vermitteln und den Patienten vor allem begierig zu machen, auch zu den folgenden drei Therapiesitzungen zu kommen, weil das erforderlich ist, um die Angstbehandlung zum erfolgreichen Abschluss zu bringen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass das wichtigste Ziel des Therapeuten in einer Aufnahmesitzung – ganz gleich, welches Problem der Patient hat – nicht die traditionelle Anamnese sein sollte, sondern dass es vor allem darum geht, das Verlangen, zu allen vier Sitzungen zu erscheinen, und die Erfolgserwartung zu stärken.
Ich möchte erreichen, dass die Patienten auch zu den restlichen Sitzungen kommen.
Wenn Patienten nach der ersten Sitzung nicht zurückkommen, ist der Grund in der Regel, dass sie die Aufnahmesitzung ohne gestärkte Hoffnung darauf verlassen, dass es sich lohnen wird, Zeit und Geld in die folgenden Sitzungen zu investieren, um hinsichtlich ihres Problems eine deutliche Verbesserung zu erreichen.
Wenn Patienten die Hoffnung haben, die eig...