Die verlorenen Seelen von Malcesine
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Die verlorenen Seelen von Malcesine

Adolf Pichler (1819–1900)

  1. 236 Seiten
  2. German
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Die verlorenen Seelen von Malcesine

Adolf Pichler (1819–1900)

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Über dieses Buch

ADOLF PICHLER (1819–1900) – PROFESSOR FÜR GEOLOGIE an der Universität Innsbruck, LITERATURKRITIKER, SCHRIFTSTELLER – war zu seiner Zeit der BEKANNTESTE LIBERALE INTELLEKTUELLE TIROLS, ein Universalgelehrter, der sich in einem ausgeprägt katholisch-konservativen Milieu von niemandem das Denken nehmen ließ. Obwohl seine Gesammelten Werke zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einer repräsentativen, 17 Bände umfassenden Ausgabe erschienen und seinem Verleger wohlwollende Besprechungen einbrachten, erhielt er nie einen kanonischen Status als Literat. Allzu oft stießen seine Texte im unsicheren Gelände ZWISCHEN REALISMUS UND MODERNE auf Widerstand.Seine literarische Handschrift, die Zeitgenossen wie Adalbert Stifter oder Ferdinand Kürnberger durchaus schon erkannt haben, zeigt sich am schönsten in Pichlers HOCHGEBIRGSGESCHICHTEN UND REISEBILDERN. Pichlers Blick auf die Geschichte wie auch auf die Landschaft ist nie bloß ein Blick von außen oder oben. Überall entdeckt er Sehenswürdigkeiten, die in keinem Prospekt auszumachen sind, überall hat er ein Auge für die geologischen Formationen, die Pflanzenwelt, die Kunstschätze, überall stößt er auf alte oder moderne Fundstücke und auf Menschen, die sein Interesse wecken und ihn bedrängen, Betrachtungen über Gott und die Welt und über seine Zeit anzustellen, mit anderen Worten: UNAUFHÖRLICH ZU ERZÄHLEN.

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Information

Jahr
2019
ISBN
9783706560047

Allerlei aus Italien

Meine jährliche Pilgerfahrt nach Italien begann am 30. März um halb vier Uhr Morgens, wo ich mich dem Eilzuge anvertraute, der mich um fünf Uhr Abends nach V e n e d i g brachte. Ich sehnte mich nicht bloß der Kunst, sondern auch dem Frühling entgegen; beide hatte ich in meiner Heimat lange genug entbehrt. Doch war jenseits des Brenners die Pflanzenwelt noch weit zurück, über der Landschaft schwebten erst die rothen und weißen Wölkchen der Pfirsich- und Aprikosenbäume, ein scharfer kalter Wind wehte mir über die Lagunen entgegen. So wenig als bei früheren Ausflügen will ich heuer ästhetische Compilationen aus Lübke, Burkhardt und Kugler bringen; wer nichts Neues zu bringen oder Altes nicht neu zu sagen hat, kann um so eher schweigen, da ja die mittelmäßigste Photographie mehr giebt, als die weitläufigste Schilderung. In Venedig fiel mir zunächst die Zunahme der Bettler auf und auch im übrigen Italien sollte ich die gleiche Beobachtung machen. Als Grund dieser traurigen Erscheinung bezeichnete man mir stets den Mißwachs der letzten Jahre und die dadurch herbeigeführte Steigerung der Preise, während die Löhne der Skala nicht folgten. Bei der Überzahl von Arbeitskräften würde ein Strike die Lage der armen Leute nur verschlechtern. Zu Venedig zahlt der Staat für öffentliche Arbeiten per Tag fünfzig Kreuzer und nebenbei speist die Stadt aus alten Stiftungen tausende von Mittellosen. Venedig hat durch die Vereinigung mit dem Königreiche Italien nicht gewonnen, eben so wenig als Mantua und Verona, in deren Straßen fast Gras wächst. Die großen österreichischen Garnisonen zahlten gut und die Anfertigung der Monturen beschäftigte viele Hände. Nicht der Müssiggang treibt die Armen auf die Straße; ihre hohlen Augen, ihre blassen Gesichter betteln auch ohne Worte; denn vor der Zudringlichkeit schützt, wenigstens in größeren Städten, die Polizei und meist sind es nur Deutsche, die sich auf langes Parlamentiren einlassen.
Außer den Elenden, die wie den Odysseus der Magen aus den Schlupfwinkeln hervortreibt, giebt es wohl auch Bettler, die eigentliche Stiftplätze zu behaupten scheinen; so der dicke, feiste Schlingel, der zu Florenz beim Aufstieg nach San Miniato zwischen seinen Krücken lauert. Vielen Vorschub leistete der Trägheit die Suppe, welche an den Klosterpforten ausgetheilt wurde; nach Aufhebung dieser Anstalten versucht man es mit dem Bettel, der freilich wegen der Concurrenz seinen Mann immer schlechter nährt. Darum erhebt sich jetzt allgemein der Ruf nach Theilung der Latifundien, wodurch weite Flächen fruchtbaren Bodens, wo sich freie Familien einen eigenen Herd gründen können, urbar werden. Zweckmäßiger ist es jedenfalls, wenn sich die Italianissimi innerhalb der jetzigen Grenzen auf diese Art neue Königreiche erobern, anstatt nach dem sogenannten Trentino, diesem deutschen Reichsfürstenthum, oder gar nach Triest, welches österreichischen Herrschern und nur diesen seine Größe verdankt, die gierigen Finger auszustrecken und das ne quid nimis, welches die Nemesis Göttern und Menschen als Regel verhängt, zu vergessen. Die welschen Poeten haben keine Ursache mehr, das „morte ai Tedeschi“ auf die lyrische Drehorgel zu setzen, und wir möchten daher der Dichterin Erminia Fuà Fusinato, deren Reime unlängst Lemonnier zu Florenz druckte, den ungalanten Rath ertheilen, lieber die Maschen eines Strumpfes zu zählen, als Strophen zu scandiren wie jene auf die Deutsch-Tiroler.
Übrigens beschäftigt die gebildeten Italiener die Frage des Pauperismus sehr eindringlich: sie fangen an sich zu schämen, daß die Fremden das Almosen zur Erhaltung ihrer Armen steuern sollen. Und das ist gut; Worte und Zeitungsartikel helfen jedoch hier wenig, wenn man nicht die praktische Lösung sucht. Man spricht von Verbesserung des Unterrichtes und doch wagte man aus falschem Liberalismus nicht, den zwangsweisen Schulbesuch einzuführen, wie das bei einem Volk auf so elementarer Stufe unbedingt noththut. Man will die unbeschäftigten Hände in den Städten dem Ackerbaue zuführen. Das wird kaum gelingen; das städtische Proletariat läßt sich nicht auf das Feld, sondern nur in die Fabrik schicken und, wie die Erfahrung vieler Orte zeigt, sich hier allmälig an eine regelmäßige Thätigkeit gewöhnen.
Das Materiale zur Bewirthschaftung der wüsten Gegenden in der Maremna und Apuliens kann nur der Kleinbauer, der Tagwerker liefern und daß dieses Materiale ein wahrhaft treffliches ist, zeigt uns z.B. das Chiana-Thal, dessen giftige Fieberluft Dante in der Hölle erwähnt. Die Entwässerung dieser Niederungen, deren üppige Fruchtbarkeit nun tausende von Menschen ernährt, ist eines der schönsten und edelsten Denkmäler der lothringischen Dynastie und wenn jemand, so verdient Fossombrone, der dabei mitwirkte, die Marmorstatue in S. Croce. Die Bettler Italiens erinnern uns wohl an die noblen Brüder in Deutschland, leider nicht zum Vortheile der letzteren. Will der Welsche ein Stücklein Polenta, um den Hunger zu stillen, so heischt der Deutsche die Kreuzer meistens nur für den Durst, und wir können uns nicht erinnern, in Italien je so schnapsduftige, kupfernasige Strolche gesehen zu haben, wie sie bei uns alle Pfade unsicher machen. Dies für den Leser; für uns wollen wir die Erinnerung an die schönen Abendstunden auf dem Marcus-Thurme behalten; dort athmen wir mit der Seeluft den Hauch der Weltgeschichte und wie die Wolken über das graue Meer hinziehen, gleiten vor dem Geiste die Riesenschatten alter Helden vorüber; wir gedenken der großen Männer, eines Goethe und Byron, die von dieser Höhe mit ernstem Aug’ auf all die Schönheit und Herrlichkeit in der Tiefe hinschauten.
Über den Apennin gelangt man nach F l o r e n z leicht in einem Tage. Die Luft war hier bereits milder, über dem Arno flatterten die ersten Schwalben. Vor einem Gewitter konnte man sich leicht zu der ewigen Jugend in den Uffizien oder im Palast Pitti flüchten, auch die Thore der Kirchen standen weit offen. Die prachtvolle Gruft der Mediceer beschäftigte mich auch diesmal für einige Stunden.
Zuerst beim Eintritt von der Straße das schmucklose düstere Gewölbe auf seinen niederen Pfeilern; man schreitet über die Grabplatten der verschiedenen Dynastien – Staub! Dann die Halle mit ihrer Auskleidung von verschiedenen Gesteinsarten, welche das Auge des Kenners entzücken, so daß er fern von Todesgedanken sich plötzlich weit weg auf geologischen Excursionen ertappt, bis ein Blick auf die Bronzestatuen wieder zur Gegenwart der Gräber zurückführt. Diese zwei Mediceer! der eine schaut aus, als wäre er mit der Elle aus dem Atelier eines Schneiders entlaufen, der andere, mit der ungeheuren Nase und dem zerrauften Bart, wie vom Galgen gefallen. Das ist nicht mehr das Geschlecht des großen Magnifico, von dem Dichter singen und sagen, das sind Abenteurer, die ihre Krönchen flink unter dem Tische nahmen. Aus der Gruft führt ein schmaler Gang in die Sacristei, wo Michel-Angelo lebt. Aus diesen Marmorbildern spricht sein Geist am gewaltigsten; ich konnte mich allein und ungestört dem großen Eindrucke überlassen. Zwei Namen jener Zeit darf man in Einem Athem aussprechen: Martin L u t h e r und M i c h e l - A n g e l o ! Luther führte das Recht der Subjektivität im Glauben durch, Michel-Angelo in der Kunst. Nur dadurch waren seine ungeheuren Schöpfungen möglich, weil seine gigantische Persönlichkeit die Werke deckte, nach ihm mußte die Willkür des Zopfes mit ihren Schnörkeln und Guirlanden, ihrer regellosen Phantastik folgen, die immer auf eine Schwäche des Kunstverstandes deutet. So kamen auf Luther die lutherischen Afterpäpstlein, von denen jeder auf das Pult seiner Kanzel schlug und dabei verknöcherte. Die Aufklärer des 18. Jahrhunderts zerbrachen diese Theologie; von den Ausschweifungen des Rococo führten Carstens und Thorwaldsen mit strenger Hand zu den Gesetzen ewiger Schönheit, wie sie aus der Antike leuchten, Führich und Overbeck schlossen sich an die alten Traditionen der Kirche und schufen so ihre Gemälde voll inniger Frömmigkeit. Für den Gegensatz ist stets der Gegensatz das richtige Maß: nach einander oder neben einander!
Daß Martin Luther und Michel-Angelo jeder die rechte Zeit und den rechten Ort trafen, bedingte wesentlich ihre Erfolge. Man versetze jenen nach Italien, die Halbinsel widerhallt vom Ätna bis zu den Alpen von Lärm und Geschrei, aber Alles erlischt auf dem Scheiterhaufen Arnalds oder unter dem Cardinalshut Piccolomini’s. – Michel-Angelo in Deutschland…. Armer Dürer, dem die wackeren Nürnberger nicht bloß keine großen Wände zur Verfügung stellten, sondern nicht einmal den angewiesenen Gehalt bezahlten; für den ein Pirkhaimer zwar Muskateller, aber keinen Auftrag hatte; der nach der Sonne Italiens frierend für den Holzschnitt zeichnete, um die Blätter durch sein Weib auf dem Markte an Bauern und Handwerker verkaufen zu lassen. Glücklicher Holbein, der am Hofe Heinrich des Achten von England und bei seinen Peers das fand, was er daheim vergeblich suchte.
In der Charwoche sind die schönsten Bilder auf den Altären mit blauen Tüchern verhängt. Dafür sind die religiösen Ceremonien, welche an diesen Tagen mit besonderer Feierlichkeit abgehalten werden, sehenswerth.
Auch in Tirol stellt man gewöhnlich in einer Seitencapelle der nächtlich dunklen Kirche das heilige Grab auf. Das Bild des Gekreuzigten liegt, wie einst der Adonis in den Gärten Theokrits, in einem prächtigen Grabe von Blumen, an dem die Engel trauern und die Soldaten mit Schild und Lanze wachen; Wachskerzen erhellen das geheimnißvolle Dunkel und dazwischen streuen mit einer Flüssigkeit gefüllte Glaskugeln ein farbiges Licht. Auf einem schwarzen Tuche liegt am Boden ein Kreuz hingestreckt; die Gläubigen werfen sich auf die Kniee und küssen in demüthiger Andacht die Wundmale des Erlösers. Düstere Gesänge erschallen, alles zeigt einen mystisch-feierlichen, schwermüthigen Charakter. Ähnlich in den Kirchen Italiens; nur ist hier die Pracht künstlerischer, der Blumenflor, darunter die üppigen Camelien, reicher. In eigene Gefäße säet man Hanfkörner und läßt sie in der Finsternis eines feuchten Kellers keimen und aufschießen zu seidenweichen blonden Büscheln. Daraus werden nun allerlei Zierathen geflochten. Ganz eigenthümlich ist aber der Festzug des Carromato am Charsamstag. Ich war durch eine Seitenthüre in den Dom getreten und wurde auf eine hohe Stange, von der ein gespanntes Seil zum Hauptthore lief, aufmerksam. Dem ging ich nach und erblickte dort ein Gerüst gar eigenthümlicher Art. Auf einem schweren Wagen erhob sich ein hoher viereckiger Unterbau und darauf eine rippige Muschel. Aus dieser stieg ein achtseitiger Thurm, der auf Stangen eine Mauerkrone trug. Alle Theile waren schwarz mit reichem Schnitzwerk im Rococostyl. Der Bau, der überdies an allen Seiten mit dreifarbigen Schnüren und Rosetten geschmückt war, ragte weit über den ersten Stock der nahen Häuser empor. Verwundert fragte ich, was denn das zu bedeuten habe. Ein alter Bürger erklärte mir, das sei für die Bauern. Am Seil werde eine hölzerne Taube, in die eine mit Pulver gefüllte Röhre gesteckt sei auf Rollen befestigt. Um zwölf zünde man die Patrone an, der Triebkraft des Pulvers folgend gleite die Taube rasch durch das Thor und wenn sie während der Glockenschläge den Carromato, wo dann das Feuerwerk losgeht, ohne Hemmniß erreiche, dann dürfe man ein gutes, fruchtreiches Jahr hoffen.
Nachdem ich Alles angeschaut, ging ich in den Bargello. Um ein Uhr hörte ich auf der Gasse unermeßlichen Lärm, Gelächter und Jubel. Gegen das Fenster nickte langsam die Zinnenkrone des Carromato, den vier graue Ochsen von einer wunderbaren Fülle und Größe der Glieder zogen. Zwei Männer in grauen Röcken spannten sie aus und trieben sie abseits an einen einsamen Platz. Ich eilte auf die Straße. „Jetzt geht das Feuerwerk los!“ jubelte Alles durch einander. Richtig: Piff, Paff, Puff knallten und prasselten Schwärmer, Raketen, Speiteufel, welche von Guirlanden und Rosetten verhüllt waren, nach allen Seiten. Das Tschin-Tschin der Janitscharenmusik fiel ein, es war eine Scene, wie man sie eben nur in Italien genießen kann.
Das Feuerwerk wurde zur Erinnerung an den Herrn, der durch ein Testament diesen Umzug gestiftet, vor dem Hause seiner Erben abgebrannt. „Dieser Brauch ist weit über tausend Jahre alt und man hat ihn nur zu Florenz!“ sagte mir selbstgefällig ein verwittertes Bäuerlein; wenigsten weiß bereits Franco Sacchetti in einem Madrigal davon zu erzählen.
Volgendo i suoi begli occhi in vêr le fiamme
Le quali una colomba avea accese
Vidi colei, da cui amor discese.
Während hier eine zahllose Volksmenge braust, ist die Theilnahme an den religiösen Feierlichkeiten in der Kirche eine sehr geringe. Das scheint nun wieder auf die Priesterschaft verstimmend zu wirken. Wenigstens sucht sie, so weit ich es beobachtete, schnell fertig zu werden, manchmal fehlt es auch nicht an kleinen Spässen, die eben nicht zur Weihe des Ganzen beitragen. In einer Kirche saß ein Mönch, der gemüthlich einzuduseln schien; da schlich ein anderer hinzu und gab ihm auf die Glatze einen Klaps, daß es von der Wölbung widerhallte. Das Publicum nahm das sehr gleichgültig hin. Es ist übrigens bekannt, daß man in Italien die religiösen Übungen mit einer Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit flott abzuthun pflegt, die in den katholischen Städten Deutschlands gewiß schweres Ärgerniß gäbe.
Die Florentiner haben sich über ihre Collinen einen neuen Weg mit wechselnden Fernsichten gebaut. Die Höhe von S. Miniato darf man ohne weiteres neben dem Pincio nennen. Hat man dort das ewige Rom mit seinen Ruinen und Rococokirchen, aus denen die Erinnerung an die Weltherrschaft emporsteigt, zur Seite, so ist das mittelalterliche Florenz architektonisch bedeutender, und welche Stadt der Welt darf sich...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Johann Holzner: Adolf Pichler (1819–1900). Geologe, Literaturkritiker, Schriftsteller
  6. Texte von Adolf Pichler
  7. Über Adolf Pichler
  8. Editorische Notiz