Immobilienfinanzierung und Kreditsicherheiten in Spanien
Stefan Meyer/Janis Amort, Rechtsanwälte und Abogados, Madrid
1Einführung
1.1Kurzer Überblick über den aktuellen Immobilienmarkt in Spanien
1.2Einführung in das Beurkundungs- und Grundbuchwesen Spaniens
1.2.1Notare und notarielle Beurkundungen
1.2.2Grundbuch
2Kreditvertrag unter spanischem Recht
3Wesentliche Kreditsicherheiten, die in der spanischen Finanzierungspraxis regelmäßig zur Anwendung kommen
3.1Dingliche Kreditsicherheiten
3.1.1Hypotheken
3.1.2Pfandrechte
3.2Nicht dingliche Kreditsicherheiten und Garantien
3.2.1Bürgschaften
3.2.2Avale und Garantien auf erstes Anfordern
3.2.3Rangrücktritte
3.2.4Patronatserklärungen
4Kreditsicherheiten: Vollstreckung und Insolvenz
4.1Vollstreckung
4.2Insolvenz
4.2.1Die Privilegierung mittels Hypothek gesicherter Forderungen
4.2.2Einzelzwangsvollstreckung von Hypotheken und dinglichen Sicherheiten (Aussetzungstatbestände)
5Wie läuft ein Immobilienkauf mit Finanzierung in der Praxis in Spanien ab?
6Sonderfall: Darlehen in Deutschland – Sicherheitenbestellung in Spanien
7Kosten einer Sicherheitenbestellung in Spanien
7.1Rechenbeispiel Hypothekenbestellung im wohnungswirtschaftlichen Bereich bei einer Finanzierung von 500.000 Euro
7.2Rechenbeispiel Hypothekenbestellung im gewerblichen Bereich bei einer Finanzierung von 20.000.000 Euro.
Abkürzungsverzeichnis
AGB – Allgemeine Geschäftsbedingungen
CC – Código Civil (spanisches Zivilgesetzbuch)
CCom – Código de Comercio (spanisches Handelsgesetzbuch)
EU – Europäische Union
INE – Instituto Nacional de Estadística (Nationales Statistikinstitut Spaniens)
KAGB – Kapitalanlagegesetzbuch
LC – Ley Concursal (spanisches Insolvenzgesetz)
LEC – Ley de Enjuiciamiento Civil (spanisches Zivilprozessgesetz)
LH – Ley Hipotecaria (spanisches Hypothekengesetz)
LHMPSD – Ley de Hipoteca mobiliaria y prenda sin desplazamiento (spanisches Gesetz über die Mobiliarhypothek und das besitzlose Pfandrecht)
LSC – Ley de Sociedades de Capital (spanisches Kapitalgesellschaftsgesetz)
NIE – Número de Identificación de Extranjeros (Identifikationsnummer für Ausländer – natürliche Personen)
NIF – Número de Identificación Fiscal (Steueridentifikationsnummer für juristische Personen)
RH – Reglamento Hipotecario (spanische Hypothekenverordnung)
RN – Reglamento Notarial (spanische Notarsordnung)
RRHMPSD – Reglamento del Registro de Hipoteca Mobiliaria y Prenda sin Desplazamiento (spanische Verordnung über das Register zur Mobiliarhypothek und das besitzlose Pfandrecht)
SPV – Special Purpose Vehicle (Projektgesellschaft)
1Einführung
1.1Kurzer Überblick über den aktuellen Immobilienmarkt in Spanien
Die spanische Bau- und Immobilienbranche stellt neben dem Tourismussektor das entscheidende Standbein der spanischen Wirtschaft dar und war insbesondere während der spanischen „Boom“-Jahre rund um die Jahrtausendwende ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung und die rasante Aufholjagd Spaniens im Vergleich zu den „etablierten“ Wirtschaftsnationen in der Europäischen Union. In diesen Jahren wurden in Spanien rund 800.000 Eigenheime pro Jahr errichtet und auch verkauft. Spanien hat bis heute eine Eigentumsquote von über 80%. Die Regierungen sind seit Jahren bemüht, den Anteil an spanischen Mietwohnungen zu steigern.
Im Zuge dieses Höhenflugs wurden Eigenheime in dem Land, das praktisch keine Tradition indirekter Immobilienanlage kennt, vielfach zum Anlage- und Spekulationsobjekt. Es entwickelte sich eine gewaltige Immobilienblase, die im Jahre 2008 zum Platzen kam und – verstärkt durch die im selben Zeitraum auftretende internationale Finanz- und Wirtschaftskrise – zu schweren Verwerfungen für den spanischen Wirtschaftsstandort führte, insbesondere durch ein sprunghaftes Ansteigen der Arbeitslosenzahlen, vorwiegend hervorgerufen durch die zum Erliegen gekommene Bauwirtschaft.
Verschiedene seitens der Regierung seit Krisenbeginn eingeführte Reformen1 sorgen jedoch seit dem Jahre 2014 für eine schrittweise Erholung der spanischen Wirtschaft:2 Neben einer Verbesserung des Exportgeschäfts verbessern sich auch die Zahlen auf dem Immobilienmarkt, vor allem auf dem gewerblichen Immobilienmarkt, so dass Spanien seit Anfang 2015 erneut als attraktives Investitionsland, gerade auch für Anleger und Investoren aus dem Ausland, gilt. Unter dem Strich führte das Platzen der Immobilienblase im Jahre 2008 zu einer Bereinigung der teilweise nicht marktgerechten Preisentwicklung. Mitte 2014 waren spanische Immobilien um rund 40% gefallen. Seit September 2014 sind Preisanstiege zu verzeichnen. Investitionen, vor allem im Büro- und Retailmarkt, aber auch im Hotelsektor, verzeichneten 2015 erneut Rekordzahlen. Zur Ankurbelung des spanischen Immobilienmarkts trug auch eine sehr wohlwollende Steuergesetzgebung für spanische REITs (socimis) bei. Verschiedene „socimis“, zum Teil auch mit dem Kapital ausländischer Investoren ausgestattet, entpuppten sich seit 2014 als wichtige Marktteilnehmer in Spanien.
Wichtigste Märkte sind dabei für die institutionellen Anleger die Metropolregionen Madrid und Barcelona, in denen der größte Teil der spanischen Immobiliengeschäfte abgewickelt wird.3
Die Entwicklung der spanischen Wohnwirtschaft lässt dagegen verstärkt auf die Binnennachfrage schließen. Sie zeichnet sich, wie bereits erwähnt, traditionell durch den Eigentumserwerb aus. Die krisenbedingte Zurückhaltung der spanischen Bankwirtschaft in den letzten Jahren führte dazu, dass sich zumindest in städtischen Regionen der Mietanteil im Vergleich zur Quote des Erwerbes von Eigenheimen etwas erhöhte. Weiterhin versucht die Regierung den Aufbau des Mietmarktes durch unterstützende Maßnahmen zu fördern und anzuregen.
Vorausgesetzt, dass künftige Regierungen in Spanien an dem eingeschlagenen Reformkurs festhalten und es auch der EU gelingt, die Eurokrise zu beenden oder zumindest zu kontrollieren, kann auch mit einer weiteren Erholung der spanischen Wirtschaft insgesamt gerechnet werden, die sich natürlich auch positiv auf den Immobilienmarkt auswirken wird, so dass Spanien auch in Zukunft ein attraktives Investitionsziel für nationale wie internationale Anleger sowohl privatwirtschaftlicher als auch institutioneller Herkunft sein wird.
1.2Einführung in das Beurkundungs- und Grundbuchwesen Spaniens
1.2.1Notare und notarielle Beurkundungen
Spanien verfügt über ein Notariatswesen, das im Gegensatz zu Deutschland im gesamten Königreich durch Berufsnotare als Träger eines öffentlichen Amtes ausgeübt wird.4 Aspiranten auf das Amt des Notars müssen nach Abschluss des spanischen Jurastudiums eine anspruchsvolle Zulassungsprüfung (Oposición de ingreso en el notariado) absolvieren, deren Vorbereitung in der Regel mehrere Jahre in Anspruch nimmt.
Der Aufgabenbereich spanischer Notare wird grundsätzlich durch die Beurkundungsanforderungen der spanischen Gesetze abgesteckt: So bedürfen bestimmte Rechtsgeschäfte der notariellen Beurkundung, um materiell-rechtliche Wirksamkeit zu erlangen, zum Beispiel Testamente,5 Eheverträge6 oder Hypothekenbestellungen.7 Andere Rechtsgeschäfte, wie zum Beispiel der Immobilienerwerb oder bestimmte gesellschaftsrechtliche Beschlüsse, sind dagegen nicht zu ihrer Wirksamkeit in notarieller Form zu erteilen, sondern „lediglich“ deshalb, um registerrechtlich vollzogen und im Register ein...