Plurale Ansätze im Fremdsprachenunterricht in Deutschland
eBook - ePub

Plurale Ansätze im Fremdsprachenunterricht in Deutschland

State of the art, Implementierung des REPA und Perspektiven

  1. 354 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Plurale Ansätze im Fremdsprachenunterricht in Deutschland

State of the art, Implementierung des REPA und Perspektiven

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Mit dem Referenzrahmen für Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen im Fremdsprachenunterricht (REPA) liegt ein Instrument vor, das für die Unterrichtskonzeption und Unterrichtsplanung wichtige Hilfestellungen bietet. Im Unterschied zu anderen europäischen Ländern wurde der REPA in Deutschland bisher eher zögerlich rezipiert dem versucht die vorliegende Veröffentlichung entgegenzuwirken, indem sie in zentrale Konzepte der Pluralen Ansätze für den Fremdsprachenunterricht einführt und die Instrumente und Datenbanken des REPA vorstellt und untersucht.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Plurale Ansätze im Fremdsprachenunterricht in Deutschland von Silvia Melo-Pfeifer, Daniel Reimann, Silvia Melo-Pfeifer, Daniel Reimann im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Literature & Literary Criticism History & Theory. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Inter- und transkulturelle kommunikative Kompetenz

Daniel Reimann

1 Historische und theoretische Hintergründe: Fremdsprachendidaktik – Bildungswissenschaften – Kultur- und Kommunikationstheorie

Interkulturelle kommunikative Kompetenz ist vielleicht der wichtigste Beitrag des Fremdsprachenunterrichts zum übergeordneten Erziehungs- und Bildungsauftrag unserer Schulen. Doch was ist darunter genau zu verstehen, wie hat sich inter- oder transkulturelle Kompetenz als Gegenstand des Fremdsprachenunterrichts entwickelt?

1.1 Geschichte und Gegenwart der Beschäftigung mit (zielsprachigen) Kulturen im Fremdsprachenunterricht

In der jüngeren Geschichte des Fremdsprachenunterrichts seit dem 19. Jahrhundert lässt sich eine Auseinandersetzung mit der fremdsprachlichen Kultur jenseits der Literatur erstmals in der neusprachlichen Reformbewegung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts feststellen. Sie manifestiert sich in einer so genannten Realienkunde, in der es darum geht, einzelne Gegenstände und Fakten über das zielsprachige Land kennenzulernen und zu sammeln, um so zu einer Kenntnis der Zielkultur zu gelangen. Die Realienkunde ist im Kontext des Positivismus und innerhalb der Philologien auch im Kontext der altertumswissenschaftlichen Realienkunde zu sehen (cf. die monumentale Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, 1837fsqq.). Auf die Realienkunde folgt in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die sog. Kulturkunde, in der ein vertiefteres Verstehen der anderen Kultur intendiert wird. Dabei versucht man, von einer Einheit von Kultur und Nation ausgehend, den Nationalcharakter fremder Völker zu eruieren und zu vermitteln. Hier kann eine Parallele in der etwa gleichzeitig etablierten idealistischen Sprachwissenschaft (z.B. Vossler) gesehen werden. Der hermeneutisch begründete kulturkundliche Ansatz - ab 1925 in den preußischen Rahmenrichtlinien fassbar - sah die Kenntnis fremder Kulturen v.a. mit dem Ziel vor, die eigene Kultur besser zu verstehen (cf. Reinfried 2013, 38). Aus verschiedenen Quellen kann Marcus Reinfried folgende zeitgenössische Stereotypisierungen „der Spanier“ feststellen:
Spanier wurden […] öfter als sensitiv, „impressionistisch“, im großen Ganzen aber noch logisch denkend beschrieben; als spezifische Eigenschaften wurden ihnen - in etwas geringerem Maße während der zwanziger Jahre, stärker ausgeprägt im Dritten Reich - Tapferkeit, „Ritterlichtkeit“ und Mut, Stolz, „glühende Vaterlandsliebe und der unerschütterliche Glaube an etwas Höheres auf der Welt“ attribuiert (Reinfried 2013, 38sq., mit weiterführender Bibliographie).
Erkenntnisse der Kulturkunde konnten folglich in der nationalsozialistischen Ideologie missbraucht werden; in dieser Zeit wurde unter den Vorzeichen der Wesenskunde versucht, ideologisch überformte Erkenntnisse zum Volkscharakter anderer Nationen zu vermitteln. Während beispielsweise Italien bereits mit dem ersten Weltkrieg Sympathien verloren hatte (Hausmann 2008, 466sq.), hatte die Beliebtheit der spanischen Sprache in der Folge der Neutralität der hispanophonen Staaten in den Kriegshandlungen bereits seit den 1920er Jahren zugenommen (Reinfried 2013, 32). Mit der nationalsozialistischen Reform des Unterrichtswesens der Jahre 1935/1936sqq. wurde Englisch für alle Schulen verpflichtend und das Französische zum Wahlpflichtfach abgewertet (z.B. Hausmann 2008, 62, 64, Reinfried 2013, 29sqq.). Zugleich wurden das Spanische und das Italienische als Sprachen wichtiger politischer Partner grundsätzlich mit dem Französischen (wohlgemerkt mit Wahl(pflicht)fachstatus, d.h., maximal jeweils drei Wochenstunden in drei Schuljahren) gleichgestellt (Hausmann 2008, 65, cf. auch Reinfried 2013, 31 sowie die sehr kurzen Richtlinien in Christ/Rang 1985, 165sq.). Insbesondere das Spanische, das man aufgrund damals noch engerer Beziehungen der hispanoamerikanischen Staaten mit Spanien als wirtschaftlich, aber - gerade nach dem Kriegseintritt der USA - auch politisch bedeutsame Sprache erachtete, erlebte einen Aufschwung (cf. z.B. Hausmann 2008, 495sqq.). Aus verschiedenen Diskussionsbeiträgen der fraglichen Zeit leitet Frank-Rutger Hausmann folgende inhaltliche Motivationsfaktoren für das Spanische in der fraglichen Zeit ab:
Einem Erfahrungsbericht zufolge begeisterten sich auch seit Beginn des Bürgerkriegs 1936 mehr deutsche Oberschüler für das Spanische als für das Französische. Dafür sorgten offenbar die Berichte über die ´Legion Condor´ oder die ´Kadetten von Toledo´ […]. Der Spanischunterricht informierte, so ein anderer Spezialist, über „das Werden und Wachsen des autoritären Staates jenseits der Pyrenäen“ und vermöge die Schüler mehr zu begeistern als das Französische, die „Sprache und Kultur eines ´abgetanen´ Volkes“ (Hausmann 2008, 500, mit weiterführender Bibliographie).
Darüber hinaus galt für den Unterricht in den (romanischen) Fremdsprachen, dass deutschkundliche Lernziele (cf. Reinfried 2013, 35), mithin Themen wie „der Führermythos, die Kriegsverherrlichung, der Kolonialismus, der Rassenkult und der Blut- und Bodenmythos“ zu berücksichtigen waren (Hausmann 2008, 74). Folglich
wurde die Beschäftigung mit fremden Kulturen nicht mehr als eigenständiges Lernziel begriffen, das zum besseren Verständnis fremder Perspektiven führen sollte, wie das noch bei der Realienkunde während der neusprachlichen Reformbewegung der Fall gewesen war (Reinfried 2013, 38).
Aus dem Missbrauch kultureller Inhalte in der Zeit des Nationalsozialismus erklärt sich, dass in den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkrieg eine explizite Auseinandersetzung mit den zielsprachigen Kulturen im Fremdsprachenunterricht nicht angestrebt war; vielmehr konzentrierte man sich auf sprachliche und literarische Inhalte. Erst mit der zunehmenden Politisierung und Soziologisierung der Gesellschaft nach 1968 kann eine so genannte landeskundliche Wende des Fremdsprachenunterrichts verzeichnet werden. Nunmehr wird die - gerade auch gegenwärtige, gesellschaftliche und politische - Realität der Zielkultur wieder interessant, auf diese Zeit gehen Textsammlungen für die Oberstufe zurück, die überwiegend aus thematisch angeordneten Zeitungsartikeln bestehen usw. Zu den Inhalten landeskundlichen Unterrichts zählt auch die Auseinandersetzung mit Stereotypen (s.u.), Ziel ist nunmehr ganz dezidiert die Völkerverständigung in einem zusammenwachsenden Europa und einer globalisierten Welt. Das Ziel einer „transnationalen Kommunikationsfähigkeit“ wird in den sog. Stuttgarter Thesen zur Landeskunde im Französischunterricht des Jahres 1982 unterstrichen (Robert Bosch Stiftung/Deutsch-französisches Institut 1982). Mit dem Ziel der Völkerverständigung ist bereits der Grundstein für eine Weiterentwicklung des Landeskundeunterrichts gelegt: denn um zu einer solchen zu gelangen, reicht deklaratives Wissen über den kulturellen Hintergrund des Kommunikationspartners nicht aus, sondern man muss auch auf diesen eingehen können, indem man sich in seine Perspektive hineinversetzt, seine Argumentationen verstehen kann usw. Dies fokussiert der Ansatz des interkulturellen Lernens, der in der deutschsprachigen Fremdsprachendidaktik aufs engste mit dem Konzept des Fremdverstehens verknüpft ist, der, zusammen mit dem romanistischen Fachdidaktiker Herbert Christ (1929-2011) , insbesondere von dem Anglisten Lothar Bredella (1936-2012) geprägt und in dem bisher einzigen fremdsprachendidaktischen DFG-Graduiertenkolleg „Didaktik des Fremdverstehens“ (1991-2003) vor allem in den 1990er Jahren an der Universität Gießen elaboriert wurde. Diese immanente Entwicklung der Fremdsprachendidaktik ist vor dem Hintergrund des erziehungs- und bildungswissenschaftlichen Diskurses zu verstehen: Das Konzept des interkulturellen Lernens war in der Pädagogik bereits in den 1980er Jahren als Fortschreibung einer sog. Ausländerpädagogik entwickelt worden, welche seit den 1970er Jahren, ausgehend von einer Defizit-Hypothese („kompensatorische Pädagogik“, cf. Hauenschild 2010, 151), Einwandererkindern die Integration in die deutsche Gesellschaft erleichtern sollte („Assimilationspädagogik“ bzw. „Übergangs-Assimilation“ im Hinblick auf eine spätere Re-Migration, ibid.), wobei ein Schwerpunkt im Bereich der Sprachförderung bestand (cf. z.B. den „Förderunterricht“ für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an der Universität Duisburg-Essen seit 1974). Zielgruppe solcher Programme waren seinerzeit auch die Kinder der zahlreichen etwa italienischen und spanischen Arbeitsmigrantinnen und -migranten, die auch einen bedeutenden Anteil an den frühen Schülerkontingenten des curricularen Italienisch- und Spanischunterrichts (als „Fremdsprache“) hatten. Ab den 1980er Jahren wurde im Kontext der interkulturellen Pädagogik der Blick von den Defiziten einzelner Gruppen auf die Differenzen zwischen Kulturen verlagert (Hauenschild 2010, 152), wobei
[d]ie Betonung kultureller Verschiedenheit […] Gefahr [läuft], die Diskriminierung von Minderheiten ungewollt zu verstärken und somit einer weltweiten Tendenz zur Re-Ethnisierung Vorschub zu leisten: Durch die Thematisierung von Differenzen (re-) produzieren sie sich selbst […] (Hauenschild 2010, 152).
Die Fremdsprachendidaktik, wie auch die Pädagogik selbst, erkannten sodann in den 1990er Jahren das Potential des interkulturellen Lernens für alle Schülerinnen und Schüler, also auch für diejenigen ohne Migrationshintergrund. Die KMK erhob interkulturelle Bildung und Erziehung mit entsprechenden Empfehlungen im Jahr 1996 zu einer Querschnittsaufgabe für alle Bildungseinrichtungen (KMK 1996, aktualisiert 2013). In dieser Zeit stehen begegnungspädagogische und konfliktpädagogische Ansätze im Zentrum des Interesses (Hauenschild 2010, 153). Georg Auernheimer (zuletzt 2012) führt als grundlegende Prinzipien Interkultureller Pädagogik:
  • Gleichheit und
  • Anerkennung.
Als ihre Z...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Foreword
  6. Didactique des plurilinguismes, enjeux et éthique
  7. Plurale Ansätze im Fremdsprachenunterricht im deutschsprachigen Raum
  8. Mehrsprachigkeitsdidaktik
  9. Der Referenzrahmen für Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (REPA)
  10. Plurale Ansätze in Lehrwerken und Lernmaterialien
  11. Begegnung mit Sprachen / Eveil aux langues
  12. Rezeptive Interkomprehension
  13. Interkomprehension in der mehrsprachigen Interaktion
  14. Gesamtsprachencurricula
  15. Inter- und transkulturelle kommunikative Kompetenz
  16. Der Referenzrahmen für Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (REPA) – ein Werkzeug zur Weiterentwicklung des bilingualen Sachfachunterrichts?!
  17. Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen aus der Perspektive künftiger Lehrerinnen und Lehrer der romanischen Sprachen
  18. Nachwort: Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen als fächerübergreifender Begegnungsort im Curriculum – Zur Relevanz im deutschen Bildungskontext
  19. Fußnoten