Die russische Agentin
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Die russische Agentin

Drama im Berliner Untergrund 1942

  1. 430 Seiten
  2. German
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Die russische Agentin

Drama im Berliner Untergrund 1942

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Über dieses Buch

Die Agentin Sonja Rasumova wird von Moskau aus nach Berlin geschickt, um den Verräter Wlassow ausfindig zu machen und zu eliminieren. Sie ist Teil einer Sondereinheit der Roten Armee und Spezialistin für Spionage und verdeckte Einsätze. Mit Geschick, Skrupellosigkeit und ihrem guten Aussehen ist sie eine der angesehensten Spione Stalins. In Deutschland angekommen findet sie Wlassow, jedoch ist die Erfüllung ihres Auftrages nicht so einfach, wie es schien. Weitab der Schlachtfelder des 2. Weltkrieges tobt ein Kampf der Geheimdienste und Agentin Rasumova muss sich entscheiden, für welche Seite sie ihr Leben aufs Spiel setzt.

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783933708922
1.
General Ushbar stieß den Rest seiner Kasbek-Zigarette in den Aschenbecher. Sein breites Kalmückengesicht war hochrot angelaufen, als sei er einem Schlaganfall nahe. Er hakte den Kragen seiner Litewka auf. Nein, es war nicht nur die zornige Erregung, es war auch die bleierne Hitze. So tief die Temperaturen im vergangenen Winter gefallen waren, so hoch waren sie im Sommer des Jahres 1942 in Moskau gestiegen. Jetzt freilich war es nicht mehr Sommer. Es war Ende September, aber das Thermometer zeigte schon zu dieser frühen Stunde 28 Grad.
»Wissen Sie, für wen er Moskau gerettet hat?«, sagte Ushbar mit seiner rostigen asthmatischen Stimme, die sich nur mit Mühe durch die Fleischmassen seines schweren Körpers hindurchzuquälen schien. »Wissen Sie für wen, Oberst Michailow?«
Die kleinen, wie Kubankiesel glitzernden Augen starrten den Oberst an.
»Nein, Towarischtsch General«, stammelte Michailow. Seine Hand, die die blaue Mütze mit dem himbeerroten Band hielt, die Kopfbedeckung aller Angehörigen der »besonderen Sektion«, zitterte merklich.
General Ushbar drückte sich aus dem gepolsterten Schreibtischstuhl hoch.
»Für sich selbst und seine Kumpane, die Hitler-Faschisten«, grollte er.
Sein Blick glitt von Michailows verstörtem Gesicht zu den Papieren auf seinem Schreibtisch: die Akte »Andrej Andrejewitsch Wlassow«. Zuoberst lag das Flugblatt, das heute früh auf dem Roten Platz – ja, auf dem Roten Platz! – aufgelesen worden war.
»An meine russischen Brüder diesseits und jenseits der Front …«
Ushbar brummte wie ein gereizter Bär. Plötzlich hob er die großen, fahlen Hände.
»Ich könnte Sie zerquetschen«, murmelte er drohend. »Wir haben Sie in den Wolchow-Kessel eingeflogen, und anstatt mir den Mann zu bringen, lassen Sie ihn zu den Deutschen hinübergehen. ›Schluß mit dem Morden!‹ Nach solchen Äußerungen war er reif für die physische Vernichtung. Warum haben Sie ihn nicht erschossen, Oberst Michailow?«
»Ich …«, stotterte der Oberst, »einen hochverdienten General – Träger des Ordens der Roten Fahne – unantastbar. Im Übrigen war da dieser Mironow, Kommandant der Leibwache –«
»Sie sind ein Versager. Sie werden die Folgen tragen«, fiel General Ushbar grimmig ein.
Der Oberst ließ die Mütze fallen und bückte sich ungeschickt danach. Gab es noch Hoffnung für ihn? Vielleicht doch, denn wozu hätte der General ihn sonst rufen lassen?
General Ushbar schob das verwünschte Flugblatt mit General Wlassows Aufruf zur Beseitigung des Sowjetregimes zur Seite. Von einer Liste las er Namen ab.
»Wassilij Fedorowitsch Malyschkin, Generalleutnant – Fedor Iwanowitsch Truchin, Generalmajor – Grigorij Nikolajewitsch Schilenkow, Generalmajor und Politkommissar – Blagoweschtschenskij, Generalmajor – Viktor Iwanowitsch Malzew, Oberst – Sykow, Kapitän, unter Bucharin Redakteur der Iswestija – was für eine erlesene Gesellschaft! Truchin, ein ›Gewesener‹. Malyschkin schwer belastet in der Tuchatschewskij-Affäre.« Unversehens reckte Ushbar den mächtigen kahlen Schädel hoch. »Sie werden sich etwas einfallen lassen, Oberst Michailow. In 24 Stunden legen Sie mir brauchbare Vorschläge für wirksame Gegenmaßnahmen vor. Die Wlassow-Bewegung muss aufgefangen werden, bevor dieser verhinderte Pope Unheil anrichten kann.«
Eine knappe Handbewegung bedeutete Oberst Michailow, dass er sich zu entfernen habe. Er verließ eilends das Zimmer, entschlossen, sich etwas einfallen zu lassen, um seinen Kopf zu retten.
Der Fernsprechapparat auf Oberst Michailows Schreibtisch schnarrte. Der Oberst hob den Hörer ab. Seine Hand zitterte nicht mehr. Eine Stimme meldete: »Leutnant Sonja Petrowna Rasumowa.«
»Ich lasse bitten«, sagte der Oberst in ungewöhnlich gönnerhaftem Ton. Seine Vorschläge waren von General Ushbar gebilligt worden. Er verfügte über alle Vollmachten zu ihrer Verwirklichung und war stolz darauf. Denn nun war er es, der eine Seite Sowjet-Geschichte schreiben würde, er, Iwan Ignatjewitsch Michailow, Oberst der »besonderen Sektion«.
Die Tür öffnete sich. Mit raschen Schritten trat Leutnant Rasumowa in das vom Sonnenschein erhellte Dienstzimmer. Die erdfarbene Uniform wirkte eher aufreizend an ihr als vermännlichend. Die nach Maß geschneiderte Jacke mit den roten Kragenspiegeln betonte die Kurve ihres kleinen, festen Busens. Der Rock reichte bis knapp übers Knie. Die hauchdünnen Seidenstrümpfe, die die geraden, schlanken Beine mehr entblößten als verhüllten, entstammten einer über Murmansk eingetroffenen Lieferung aus den USA. Die kleinen Halbschuhe waren von einer Spezialwerkstätte nahe dem Kasaner-Bahnhof angefertigt worden. Auf dem schwarzen Haar, das zigeunerhaft bis auf die Schultern herabfiel, saß schräg die blaue, rot abgesetzte Mütze der »Besonderen«.
Oberst Michailow strich unwillkürlich über seinen rotblonden Schnurrbart. Was war nur so fesselnd und erregend an diesem ein wenig unsymmetrischen hellhäutigen Gesicht? War es der Blick der haselnussbraunen Augen, der immer ein wenig spöttisch schien, als seien die Bewunderung und die schlecht verborgene Begehrlichkeit der Männer etwas ungemein Belustigendes? Oder war es die Lockung der sanft geschwungenen Lippen? Die dezent aufgetragene Schminke harmonierte jedenfalls mit dem Farbton des Mützenbandes.
Der Oberst hatte sich erhoben. Mit schwungvoller Kavaliersgeste deutete er auf einen Stuhl.
»Bitte, Genossin Rasumowa.«
»Danke, Genosse Oberst.«
Die Rasumowa neigte kaum merklich den Kopf und setzte sich. Sie war entschlossen, keine Spur von Neugier zur Schau zu tragen.
Oberst Michailow öffnete sein silbernes Etui und bot der schönen Agentin eine von seinen Kasbek-Zigaretten an. Der verlauste Rotarmist im Graben rauchte Machorka, wenn überhaupt etwas Rauchbares vorhanden war, aber in der »Besonderen Abteilung« gab es kein derartiges Kraut.
Die Rasumowa griff mit ihren schlanken, frisch manikürten Fingern zu, und wieder kam dieses leicht amüsierte »Danke, Genosse Oberst« über ihre Lippen.
»Sie kennen sicherlich die Umtriebe des ehemaligen Generals Wlassow, Genossin«, begann Oberst Michailow ohne lange Vorrede. »Kurzum, General Ushbar hat Sie dazu bestimmt, sich dieser sogenannten russischen Befreiungsbewegung anzunehmen. Sie sprechen Deutsch. Sie waren bei unserer Botschaft in Berlin und haben sich nach Ausbruch des sowjetisch-deutschen Krieges nach der Erfüllung Ihrer gewiss nicht leichten Aufgabe durchs Kampfgebiet durchgeschlagen. Wir sind überzeugt, dass Sie mit demselben Geschick nach Berlin zurückfinden werden. Wenn es sein muss, als Mann verkleidet …«
»Das dürfte etwas schwierig sein, Genosse Oberst«, lächelte die Rasumowa, während sie scheinbar unabsichtlich über ihre Hüften strich.
Oberst Michailow erwiderte irritiert das Lächeln.
»Ein Scherz – natürlich«, sagte er. »Wir überlassen das ganz Ihnen, Genossin. Sie erweisen Ihrem Vaterland, der großen Sowjetunion, einen unschätzbaren Dienst. Ich kann Ihnen verraten: Der Wendepunkt des Krieges zeichnet sich an der Wolga ab. Wir können in diesem Augenblick keine gefährlichen Störmanöver von außen dulden. Ihre besonderen Anweisungen, Genossin, übergebe ich Ihnen schriftlich. Sie prägen sich jeden Punkt gewissenhaft ein und vernichten dann sofort das Schriftstück. Den Anweisungen liegt ein Propusk bei, lautend auf Ihren Namen, unter dem Sie die Abwehr der Hitler-Faschisten nicht kennt. In fünf Stunden sind Sie marschbereit. Sie treten Ihre Reise in einem Sonderflugzeug an. Bei Tichoretzkaja in der Kubansteppe springen Sie mit dem Fallschirm ab. Sie kennen die Gegend vom Dezember her. Ihre Kleidung muss unauffällig, aber geschmackvoll sein. Die Größe und Bedeutung Ihrer Aufgabe ist Ihnen klar. Noch eine Frage, Genossin Rasumowa?«
Leutnant Sonja Rasumowa holte tief Atem.
»Nein, Genosse Oberst.«
Sie stand auf. Auch der Oberst erhob sich und nahm stramme Haltung an.
»Viel Glück zu Ihrem Unternehmen, Genossin. Sa Rodinu sa Stalina!«
Die Rasumowa wiederholte die feierliche Grußformel, nahm das Kuvert in Empfang, das ihre Anweisungen und den Propusk enthielt, und verließ das Dienstzimmer im NKWD-Block an der Lubljanka.
In der Nacht dieses 1. Oktober 1942, während das Sonderflugzeug mit der findigsten und schönsten Geheimagentin der Sowjetunion an Bord längst mit Südkurs über den dunklen Himmel schwebte, drang fahles Licht aus dem Erkerfenster im düsteren Verwaltungsgebäude des Obersten Sowjet. Nächtliche Stille lag über dem Kreml. Die Sterne über den Zwiebelkuppeln glommen in düsterem Rot. Im Erkerzimmer gab der mit Elfenbein eingelegte Fernsprechapparat ein schwaches Läuten von sich. Der alternde grusinische Wolf, den die einen Marschall und Generalissimus, die anderen den »großen und weisen Vater« nannten, nahm mit seiner schweren Hand den Hörer auf.
General Ushbars rostige Stimme meldete mit der gebotenen Unterwürfigkeit, der Fall Andrej Andrejewitsch Wlassow werde der befohlenen Erledigung zugeführt.
Jossip Dschugaschwili, genannt Stalin, legte wortlos den Hörer auf und gab sich erneut dem Studium der Landkarte hin. Es war das Gebiet zwischen dem Donbogen und dem Wolgaknie, dem die Aufmerksamkeit des Ergrauten galt.
Schukow und Rokossowskij beabsichtigten, in diesem Rayon den entscheidenden Gegenschlag gegen die Aggressoren zu führen.
Hunderttausende waren auf der Wanderschaft. Mit hochbeladenen Zweiradkarren oder mit Bündeln von unterschiedlicher Größe zogen sie von Kiew nach Charkow, von Melitopol oder Stalino nach Dnjepropetrowsk, dahin und dorthin, zumeist Frauen, viele mit Kindern. Auch von Tichoretzkaja nach Bataisk und Rostow bewegte sich ein stetiger Zug von Reisenden. Wer es eilig hatte, versuchte sich einen Platz in einem Leerzug der deutschen Wehrmacht zu sichern, doch die meisten hatten Zeit.
Den deutschen Besatzern war dieses Hin- und Herwandem auf den Straßen unbegreiflich, ja geradezu unheimlich. Aber es gab keinen, der sich mit dieser ständigen Bewegung ungezählter Menschen befasst hätte. Was hätte es auch geholfen, wenn die Militärbefehlshaber, die Ortskommandanten oder gar die Reichskommissare Verbote erlassen hätten? Die Fronten hatten sich ins Endlose ausgeweitet, und im riesenhaften Hinterland fehlten die Kräfte, die eine wirksame Kontrolle der Straßen hätten durchführen können – von der weglosen Steppe ganz zu schweigen.
Sonja Rasumowa hockte im Schatten ein...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Worum geht es im Buch?
  5. 1. Kapitel
  6. 2. Kapitel
  7. 3. Kapitel
  8. 4. Kapitel
  9. 5. Kapitel
  10. 6. Kapitel
  11. 7. Kapitel
  12. 8. Kapitel
  13. 9. Kapitel
  14. 10. Kapitel
  15. 11. Kapitel
  16. 12. Kapitel
  17. 13. Kapitel
  18. 14. Kapitel
  19. 15. Kapitel
  20. 16. Kapitel
  21. www.rosenheimer.com