Die Fünf Goldenen Prinzipien für erfolgreiches »Tu Du!«
Ob Aufgaben-Abgeben wirklich gut klappt und für alle Beteiligten zufriedenstellend ist, hängt sehr stark auch von den richtigen Prinzipien und den richtigen Techniken ab. So häufig sind es kleine Fehler oder Versäumnisse im Akt des Abgebens, die den Erfolg torpedieren. Mit dem Ergebnis, dass Du zwar Aufgaben abgibst, aber der andere zu spät, fehlerhaft oder gar nicht liefert.
Lass uns in diesem Kapitel über die grundsätzlichen Prinzipien sowie über konkrete Methoden und Techniken sprechen, damit »Tu Du!« funktioniert. Und lass uns auch ein paar Sonderfälle prüfen, die Dir vielleicht momentan noch das Leben schwer machen und die Du im Auftakt-Check angekreuzt hast.
Du gibst bereits Aufgaben ab, aber meist ist das Ergebnis nicht so, wie Du es Dir wünschst? Du gibst bereits Aufgaben ab, aber meist liefern die anderen dann zu spät ab oder sogar gar nicht? Du willst anderen keine Aufgaben zumuten, die Du selbst nicht gerne machst? Du findest es mühsam, delegierte Themen im Blick zu behalten und gegebenenfalls nachkorrigieren zu lassen?
Das wird sich ab sofort ändern!
Prinzip #1: Die »richtige« Aufgabe auswählen
»Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.«
William Faulkner, US-amerikanischer Schriftsteller (1897 – 1962)
Wann ist eine Aufgabe die »richtige«, um sie abzugeben? Was solltest Du höchstpersönlich erledigen und was kannst Du getrost an andere Menschen delegieren? Wie viel Verantwortung und Autonomie kannst Du Deinen Mitarbeitern oder Deinen Familienmitgliedern geben? Sei hier ruhig mal mutig und entscheide Dich, Aufgaben abzugeben, die Du bislang nie abgegeben hast.
Warte dabei nicht, bis Du zu einer Entscheidung gezwungen wirst, so wie die Managerin Insa Klasing, die sich bei einem Reitunfall beide Arme brach. Als die Deutschland-Chefin von Kentucky Fried Chicken nach sechs Wochen Reha ins Büro zurückkam, steckte der linke Arm in einer Schlinge, die rechte Hand war noch gegipst. Ihre Energie reichte für genau zwei Stunden Arbeiten am Tag und dies zwang sie, wortwörtlich loszulassen. Mit super Ergebnis!22
Reflektier regelmäßig, welche Aufgaben geeignet sind, um sie abzugeben. Eine grundsätzlich gute Entscheidungshilfe sind Deine Prioritäten (vgl. das »Prioritäten-Kapitel«) und die Einteilung der Aufgaben in »wertvolle Steine«, »Kiesel« und »Sand« (vgl. Einleitung).
Prinzipiell gut geeignet, um »Tu Du!« zu sagen, sind
- Kiesel- und Sand-Aufgaben (wichtig, dass sie erledigt werden, aber nicht wichtig, dass Du Dich höchstpersönlich darum kümmerst),
- wiederkehrende Tätigkeiten ohne Ausnahmefälle (zu bearbeiten nach »Schema F«),
- wiederkehrende Tätigkeiten mit Ausnahmefällen, für die klare Vorgaben gemacht werden und Kompetenzen übertragen werden (z. B. falls ein Kunde storniert, dürfen Stornos bis 200 Euro direkt bearbeitet werden, bei höheren Beträgen ist Rücksprache zu halten),
- variierende Aufgaben, die per se zwar neu sind, die der andere aber mit gesundem Menschenverstand und/oder mit ein wenig fachlicher Eigeneinarbeitung ohne viel Abstimmungsbedarf erledigen kann (z. B. Erstellen einer Inventurliste des Büromaterialschranks in Excel),
- Klärungen von Detailfragen (Recherche als Zuarbeit),
- Aufgaben, deren Einzelschritte in einem Ablaufplan oder einer Checkliste erfasst sind und leicht nachgemacht werden können (z. B. Packen von Musterkisten zum Versand an Interessenten),
- Tätigkeiten, die Du sehr klar analog den Sieben Stufen der Delegation (im »Fakten-Kapitel«) abgeben kannst, unter Berücksichtigung von möglicher Verantwortung, von Kompetenz, Fähigkeiten und Wissen des anderen,
- Expertentätigkeiten, bei denen ein hohes Fachwissen nötig ist,
- Aufgaben, die Du zu einem eigenständigen Arbeitsfeld entwickeln und komplett delegieren willst.
Alle Aufgaben, die für Dich wertvolle Steine sind und auch bleiben sollen, solltest Du nur im absoluten Notfall an andere Menschen abgeben und, sobald Du wieder mehr Luft in Deinem Kalender hast, wieder zurückholen. Bitte mach dem Aufgaben-Übernehmer dann auch von vornherein klar, dass es sich um eine zeitlich befristete Übergabe im Sinne einer Vertreterregelung handelt! Dies beugt Frust und Demotivation vor, wenn Du Dir die Aufgaben später wieder selbst vornimmst.
Nicht delegierbar?
Nicht abgeben solltest Du alles, was Deiner Kernkompetenz und Deiner erklärten Zuständigkeit entspricht, was vertraglich vereinbart wurde oder wo Sicherheitsvorgaben und Vertraulichkeit dem entgegenstehen.
Häufig sind sehr komplexe Aufgaben nicht delegierbar. Bevor Du jetzt in die »Das muss ich selbst machen«-Falle tappst, zerleg die große Aufgabe in so viele sinnvolle Einzelschritte wie möglich und delegier zumindest Teilaufgaben. Setz Dir ein Ziel, wie viel Deines Pensums Du in jedem Fall immer abgeben willst, und rück damit »Tu Du!« in Deinen täglichen Fokus.
Auch im privaten Alltag kannst Du viele Aufgaben an Dritte geben oder innerhalb der Familie verteilen – die spannende Frage ist, wo Deine Prioritäten liegen und wie Du Deine Rolle innerhalb der Familie definierst. Es gibt Eltern, die im Job zurückstecken, um viel Zeit mit den Kindern verbringen zu können, andere Eltern präferieren eine Ganztages-Kinderbetreuung oder später ein Internat, um beruflich voll eingespannt zu bleiben. Nicht delegierbar ist meiner Überzeugung nach das vorbehaltlose emotionale »Da-Sein« für die Kinder, auch im Sinne von Vermitteln von Zugehörigkeit, Nestwärme und Geborgenheit und vorbehaltloser Unterstützung beim Wachsen und Reifen – auf welchen Wegen das geschieht, wird aber in jeder Familie anders sein. So gibt es Mütter oder Väter, die jeden Tag stundenlang mit ihren Kindern lernen und selbst Referate ausarbeiten, »damit das Kind wirklich eine gute Note bekommt«, während andere sporadisch gerne zur Seite stehen und ansonsten die Arbeit und die Verantwortung bei den Kindern lassen. Richtig? Falsch? Weder noch – es ist eine Frage der eigenen Sichtweise und der sehr persönlichen Entscheidungen. Um festlegen zu können, was delegierbar ist und was nicht, sind also Rollenverständnis und persönliche Einstellung auschlaggebend.
Je nachdem, wie Du zu »Lass Mal Andere Arbeiten« stehst, wirst Du entweder (fast) alle Aufgaben als delegierbar betrachten oder (fast) alle Aufgaben als »muss ich selbst machen«. In beiden Fällen färbt Deine Einstellung ungünstig auf eine sachliche Entscheidung ab – im Kapitel »Innere Haltung« hast Du deshalb an Deinen Einstellungen und Überzeugungen gearbeitet.
Betrachte die Sinnhaftigkeit von Abgeben auch unter dem Aspekt Deiner persönlichen Ziele und Träume. Manchmal erscheint es unsinnig, sich um etwas selbst zu kümmern, weil es wirklich genügend Menschen gibt, die das tun könnten. Betrifft dies aber Dinge, die Du lernen willst, dann stecken wir mitten im Thema »persönliche Weiterentwicklung« und Dein „Ich mach’s!« eröffnet Dir neue Perspektiven.
Ziel von »Lass Mal Andere Arbeiten« ist es mit Sicherheit nicht, dass Du ab sofort jede Aufgabe als »richtige« Aufgabe zum Abgeben stempelst. Über kurz oder lang erkennen Mitarbeiter und Familienmitglieder diese »Alles-Delegierer«, reagieren trotzig und entsagen ihre Unterstützung und Loyalität.
Mix aus Murr-Jobs und interessanten Aufgaben
Streb, wenn Du Aufgaben abgibst, zudem immer einen gesunden Mix aus einfachen sowie anspruchsvollen Tätigkeiten an. Menschen, die beruflich oder privat immer nur simple, unangenehme, arbeitsintensive, undankbare, lästige oder gar konfliktträchtige Arbeiten abgeben und sich selbst die Rosinen rauspicken, schüren Missmut und Demotivation.
Im privaten Alltag kennen wir das, wenn Family-Manager lediglich Depperl-Jobs wie Müll raustragen oder Spülmaschine ausräumen von den anderen machen lassen – da boykottieren sehr schnell auch die Kleinsten. Natürlich fallen diese Aufgaben an und stellen für Dich Sand-Aufgaben dar – für die anderen sind das aber auch Sand-Aufgaben! Und dann ist es nur fair, wenn jeder mal diese Murr-Jobs machen muss. Im beruflichen Kontext kennst Du ein solches Vorgehen vielleicht von Kollegen oder Vorgesetzten, die mit Vorliebe uninteressante oder simple Tätigkeiten auf andere abwälzen – nur um mit ihren »anspruchsvollen« Projekten umso mehr glänzen zu können.
Schieß aber bitte auch nicht in die andere Richtung übers Ziel hinaus und gib Deinen Mitmenschen nicht ständig nur Aufgaben, mit denen sie überfordert sind. Manchmal begegnen uns Vorgesetzte, die mit Vorliebe die richtig schwierigen Aufgaben abgeben, an denen die anderen fraglos scheitern. Auf diese Weise provozieren sie Misserfolge, die beweisen, dass »ohne sie in diesem Laden eh nichts läuft« – eine Einstellung, die wir uns ausführlich im Kapitel »Innere Haltung« angeschaut haben und die Du mit Sicherheit nicht (mehr) hast.
Weitblick gefordert!
Bea...