Reise in den Orient
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Reise in den Orient

Erster + Zweiter Band - Reiseberichte: Türkei, Konstantinopel, Beirut, Jerusalem, Ägypten, Malta und mehr...

  1. 1,256 Seiten
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Reise in den Orient

Erster + Zweiter Band - Reiseberichte: Türkei, Konstantinopel, Beirut, Jerusalem, Ägypten, Malta und mehr...

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Dieses eBook: "Reise in den Orient" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen.Friedrich Wilhelm Hackländer (1816 - 1877) war ein deutscher Schriftsteller. Seine humorvolle und realistische Art machten ihn schnell beliebt und um die Mitte des 19. Jahrhunderts war er einer der meistgelesenen Schriftsteller Deutschlands. Er bereiste viele Länder; 1840 machte er eine "Reise in den Orient", war Kriegsberichterstatter in Italien 1848/49, "Ein Winter in Spanien" (zusammen mit Christian Friedrich von Leins) 1855.Inhalt: Erster BandErstes Kapitel. Fahrt auf der Donau von Regensburg bis Giorgewo.Zweites Kapitel. Ritt durch die europäische Türkei.Drittes Kapitel. Konstantinopel.Das neue Serail.Viertes Kapitel. Schiffbruch des Dampfbootes Seri-Pervas.Fünftes Kapitel. Fahrt durch den Archipel.Sechstes Kapitel. Beirut.Zweiter BandErstes Kapitel. Reise nach Damaskus und Palmyra.Zweites Kapitel. Reise nach Jerusalem.Drittes Kapitel. Die heiligen Orte.Viertes Kapitel. Zug durch die Wüste.Fünftes Kapitel. Aufenthalt in Aegypten.Sechstes Kapitel. Fahrt von Alexandrien nach Malta.Siebentes Kapitel. Heimkehr.

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Information

Verlag
e-artnow
Jahr
2013
ISBN
9788074841712

Zweiter Band

(1855)
Inhaltsverzeichnis

Erstes Kapitel. Reise nach Damaskus und Palmyra.

Inhaltsverzeichnis
Fürst Aslan. – Abreise von Beirut. – Wilde Gebirgspässe im Libanon. – Khan el Hussein. – Felsentreppe. – Wolken auf der Höhe des Gebirges. – Schneesturm. – Ein Vocalconcert. – Das Schloß der Assassinen. – Aegyptische Deserteure. – Bekaa, das Thal. – Ein Unfall. – Perser. – Der Antilibanon. – Felsengärten. – Schiras. – Das Thal Gutba. – Damaskus. – Eine armenische Hochzeit. – Ritt nach Palmyra. – Pferde-Revue. – Baalbek. – Die Cedern des Libanon. – Die Stute in Sachile. – Zweite Reise nach Damaskus. – Der persische Kaufmann. – Merkwürdiger Pferdehandel. – Scham, der Hengst. – Rückkehr nach Beirut
Wie oft schauten wir von der Terrasse unseres Landhauses sehnsüchtig zu dem Libanon empor, dem gewaltigen Riesen, der sich mit dem weißen Haupte und den grauen Gewändern, die unten in’s Hellgrüne der Oelpflanzungen und Goldige des Meersandes auslaufen, an die See gelagert hat! O diese mächtigen Bergwände, die wir täglich vor Augen hatten, verbargen uns viel Schönes, wornach wir schon lange getrachtet, und stets waren wir durch verschiedene Umstände verhindert worden, unsere Rosse zu satteln und den »Ritt in’s alte romantische Land« zu beginnen. Jedem Zug Beduinen, Maroniten oder Drusen, die sich bei der Stadt gelagert hatten und ihre Pferde packten, um in die Berge zurückzuziehen, sahen wir neidisch nach, besonders seit wir bei unserm Ritt nach dem Kloster Deir Mar Mikael einen Blick in die wilden Schönheiten des Gebirgs gethan, und verwünschten oft die kriegerischen Zeiten, die uns abhielten, ihnen zu folgen. Aber erstlich waren es die Feindseligkeiten zwischen Ibrahim Pascha’s Armee und den Türken, sowie kleine Plänkeleien und Scharmützel, die beide Theile zuweilen mit den Bergbewohnern hatten, welche die Wege durch den Libanon unsicher machen sollten, und weßhalb man uns dringend abrieth, nach Damaskus aufzubrechen. Dann waren auch unsere beiden Kranken noch immer sehr schwach, so daß wir sie doch gänzlich auf der Besserung sehen wollten, ehe wir Beirut für ein paar Wochen verließen.
Neben diesen Umständen wurden unsere Reisepläne oft nach den Tagesneuigkeiten geändert. Denn bald hieß es: Ibrahim hat Damaskus endlich Verlassen und will die Armee auf dem Wege über Jerusalem aus Syrien führen; und uns schimmerte die Hoffnung, jetzt endlich die Tour durch das Gebirge beginnen und Damaskus erreichen zu können. Vergeblicher Wunsch! Den andern Tag wußte man aus ganz sichern Quellen, daß Ibrahim der Pforte die Erklärung gegeben, sich in Syrien bis auf den letzten Mann zu halten, und wir machten alsbald Projekte, welcher Weg in jetzigen Zeiten der beste sei, um nach Jerusalem zu reisen, wo wir abwarten wollten, ob uns der Marsch der ägyptischen Armee erlauben würde, von dort nach Damaskus zu gehen.
So thürmten sich von allen Seiten unserer Abreise die größten Schwierigkeiten entgegen und vereitelten unsern sehnlichsten Wunsch, bald das traurige Beirut zu verlassen. Alle Communication zur See war gesperrt; denn außer kleinen Küstenfahrern kamen nur englische Linienschiffe, Fregatten oder Kriegsdampfboote von Konstantinopel und Marmarizza, Depeschen oder Soldaten bringend. Obendrein weigerten sich die Leute, wie unser Dolmetscher versicherte, zum Ritt durch den Libanon ihre Pferde zu geben, und auf dem Wege nach Jerusalem waren, wenn uns auch die Bewegungen der Armeen nicht gehindert hätten, andere Sachen zu bedenken; denn in Saida, Akre und Jaffa sollte die Pest ausgebrochen sein, was dort bei dem Zusammenfluß von türkischen Soldaten, schlecht gekleidetem Gesindel aus den Bergen und halb verhungerten Deserteuren von Ibrahims Armee, kein Wunder war.
Endlich nach einigen sehr unruhigen Tagen, in denen sich unser politischer Horizont noch schwärzer umzogen hatte, mit einem unangenehmen Gewitter drohend, klärte er sich über Nacht fast ganz auf, denn unser liebenswürdiger Freund, der russische Consul, Herr von B., ließ uns eines Morgens sagen, soeben erhalte er einen Reitenden aus Damaskus, der ihm die erfreuliche Nachricht bringe: Ibrahim Pascha habe mit der ganzen Armee die Stadt verlassen und sich gegen Jerusalem und das todte Meer gezogen. Ein Postscriptum seines artigen Billets lud uns auf den Abend zu einer Tasse Thee ein, wo wir die Bekanntschaft eines georgischen Fürsten machen sollten, der ebenfalls Willens sei, Jerusalem und die heiligen Orte zu besuchen und sich wahrscheinlich sehr freuen würde, die Reise in unserer Gesellschaft fortsetzen zu können.
Fast jeden Abend waren wir bei dem freundlichen Consul, und wenn Geselligkeit und Unterhaltung stets die Würze des Lebens sind, so gehörten diese kleinen Soireen in den damaligen Verhältnissen zu unsern köstlichsten, genußreichsten Stunden. Wir hatten in unsern Appartements einen einzigen dreibeinigen Stuhl, den wir nur durch zarte Behandlung und kleine Aufmerksamkeiten dahin bringen konnten, daß er uns nicht plötzlich seinen Dienst aufsagte. Dieses Möbel benutzte abwechselnd der, welcher an dem ebenfalls defecten Tische etwas schreiben wollte. Die Andern mußten beim Essen oder sonstigen Beschäftigungen auf ihren Betten, ich wollte sagen auf den Teppichen kauern, die unsere Schlafstellen vorstellten. Wenn ich noch hinzufüge, daß wir unsern Thee in einer Casserole kochten, die Mittags Suppe und Fleisch beherbergt hatte, so kann mir jeder glauben, daß es für uns kein kleiner Genuß war, an einem ordentlichen Tische auf festen bequemen Stühlen sitzend, guten russischen Thee zu trinken und sich in einem gewärmten Zimmer, ohne zu frieren, angenehm unterhalten zu können. Es war in den letzten Tagen Decembers doch etwas kühl geworden und besonders bei uns draußen fegte die feuchte Seeluft unangenehm durch unsere Zimmer, die keine Glasfenster, sondern nur schlechte hölzerne Laden hatten, so daß wir uns nur erwärmen konnten, wenn wir die Pelze umhingen und auf-und abliefen.
Heute Abend war bei dem Herrn B. größere Gesellschaft als sonst. Auf einem Divan saß der Civilgouverneur der Stadt, ein ältlicher Türke mit langem grauem Bart, den er beständig strich, übrigens ein freundlicher Herr; denn er lachte über Alles, was wir zusammen sprachen und von dem er doch gewiß kein Wort verstand. Sein Sohn, ein ganz junger Mensch, saß neben ihm auf einem Stuhle, doch schien ihm dieses Möbel durchaus nicht behaglich; denn bald zog er das eine Bein herauf, bald das andere, und rückte beständig unruhig hin und her. Erst später schien er sich wohler zu fühlen, denn da hatte er, als wir im Eifer des Gesprächs nicht auf ihn achteten, den Stuhl zu einem Divan umgeformt, d. h. er saß mit aufgeschlagenen Beinen auf dem Sitz, was höchst possierlich aussah. Eine andere Person, und für uns die interessanteste in der Gesellschaft, war der georgische Fürst, den uns der Konsul unter dem Namen Fürst Aslan vorstellte, ein nicht sehr großer, aber schlank und zierlich gewachsener junger Mann, mit einem ausdrucksvollen schönen Kopfe; sein Gesicht war etwas bleich, aber antik, edel und fein, wie aus Wachs geformt. Ein langer Schnurrbart vereinigte sich mit einem kohlschwarzen krausen Barte um Wange und Kinn, wodurch der schlanke nervige Hals vortheilhaft hervorgehoben wurde. Sein Auge war, wie das aller Südländer, dunkel und blitzend; die hohe Stirne schmückte eine feine georgische Mütze von Astrachanpelz, die, oben zugespitzt wie die persische Mütze, einen Kegel bildet. Sein Anzug bestand aus einem eng anliegenden Kleide von blauer Seide, ohne Kragen mit Aermeln, das ihm bis an’s Knie leichte und von einem gestickten Gürtel zusammengehalten wurde. Seine Hose war weit, von grauer Farbe, unten zusammengeschnürt und ließ den Fuß sehen, der mit kleinen rothen Halbstiefelchen bekleidet war. Ueber dem blauen Gewand hatte er ein anderes von grünem Tuch, ebenfalls ohne Kragen, mit langen aufgeschlitzten Aermeln, die, wenn sie herabhingen, bis zur Wade reichten. Doch warf er sie fast immer über die Schulter und ließ sie zu beiden Seiten der Brust herabhängen. Um beide Röcke ging ein Besatz von Goldborten. Merkwürdig war seine Waffe, ein Handschar, vielleicht anderthalb Fuß lang, der oben eine Hand breit war und sich nach unten zuspitzte. Die Klinge von Khorassan war schwarz, in der Mitte einen Zoll dick und hatte vom Heft bis zur Spitze an jeder Seite eine Hohlkehle; im Handgemenge eine fürchterliche Waffe, zum Hauen, Stechen und Schneiden eingerichtet. Der Griff war schwer von Elfenbein und hatte einen dicken stählernen Knopf, mit dem man auch zur Noth einem Feinde den Schädel einschlagen konnte.
Die Gestalt und Kleidung des Fürsten hab’ ich deshalb so genau beschrieben, weil er uns später ein so lieber Reisegefährte wurde, und ich noch oft auf ihn zurückkommen muß. Er war ein guter liebenswürdiger Mensch, offen und gerade, dem man sich im ersten Augenblicke anschließen und ihn lieb gewinnen mußte. Russisch, georgisch und persisch sprach er geläufig, wußte sich auch im Französischen gut auszudrücken und besaß eine Gewandtheit in Führung der Waffen, im Reiten und Voltigiren, die uns oft in Erstaunen setzte. Es dauerte nicht lange, so ward Fürst Aslan mit uns bekannt und erzählte von seinem Vaterlande, sowie von Tscherkessien, das er bereist, und von Petersburg, wo er unter den Gardehusaren gedient. Er hatte häufig das Theater besucht und konnte alle bekannten Arien der neuen Opern stellenweise auswendig.
Im Laufe des Abends wurde öfters von unserer Tour nach Damaskus gesprochen, die jetzt, da Ibrahim abgereist, ausführbar schien, und so bald als möglich unternommen werden sollte. Der gute Consul, der die ihm angenehme Gesellschaft des Barons nicht verlieren mochte, erhob, wie er schon öfter gethan, wegen der Pferde und Führer Bedenklichkeiten; doch sein eigener Janißair, den wir hereinkommen ließen, war kein Diplomat wie sein Herr, und versprach, so viel als nöthig seien, zu besorgen, weßhalb wir ihn vorläufig auf morgen zu uns bestellten. Das Angenehmste bei diesem Hin-und Herreden war jedoch, daß der Fürst, in dessen Plan es gar nicht gelegen, auch Damaskus zu besuchen, hiezu durch unsere Debatten Lust bekam und uns ohne Weiteres seine Begleitung anbot, die wir mit großer Freude annahmen. Denn abgesehen von seiner liebenswürdigen Persönlichkeit, waren in der jetzigen Zeit bei einer Reise durch das Gebirg ein paar Männer, auf die man sich im Fall der Noth verlassen konnte, besser als ein Dutzend Beduinen, die man zur Bedeckung hätte mitnehmen können. Auch der Fürst versprach, unser Schloß am Meer den nächsten Morgen zu besuchen, um das Nähere zu verabreden.
Unsere beiden kranken Reisegefährten hatten sich indessen wieder so weit erholt, daß wir sie verlassen und der Pflege ihres bisherigen Krankenwärters, eines Juden Namens Hassan, ohne Sorge anvertrauen konnten. Es war uns unangenehm, sie nicht mitnehmen zu können, aber das gastrische Fieber hatte sie so geschwächt, daß sie gern die Zeit unserer Abwesenheit benutzen mochten, um zu der weiteren Reise durch Syrien nach Aegypten neue Kräfte zu sammeln.
Dem Janißair des russischen Consuls wurde aufgetragen, für drei Reitpferde, zwei Maulesel, zum Tragen der Effecten, und drei handfeste gute Mucker, so heißen die Führer, zu sorgen; und als Nachmittags der Fürst zu uns kam, um den Tag der Abreise zu erfahren, wurde ihm der folgende Morgen dazu bestimmt, was ihm ganz recht war; denn er und seine Bedienten waren vollständig montirt, hatten ihre eigenen Pferde und freuten sich, je eher je lieber weiter zu ziehen.
Der Himmel, der seit ungefähr acht Tagen sehr unfreundlich ausgesehen hatte, und fast immer mit Wolken bedeckt war, die uns täglich unangenehme kalte Regenschauer herabsandten, klärte sich den Tag vor unserer Abreise ziemlich auf und versprach gutes Reisewetter.
Ich weiß nicht, ob es die Erwartung auf die schönen wilden Gegenden, die wir nun sehen sollten, war, was uns diese Nacht nicht einschlafen ließ; aber der Baron so wenig als ich konnten ein Auge schließen; wir warfen uns auf den harten Teppichen herum, sprachen jetzt zusammen und versuchten dann wieder zu schlafen: Alles vergebens, weßhalb wir den ersten Strahl des Tages freudig begrüßten und uns zum Abritt rüsteten. Es war am 4. Januar.
Der Baron, ich und unser Dolmetscher, Koch und Kammerdiener in einer Person, Giovanni, bestiegen die drei Pferde; auf die Maulthiere wurden Mäntel, Decken, einiges Kochgeschirr sowie Lebensmittel, als gekochtes Hammelfleisch, Wein, Brod, Käse, Kaffee etc. gepackt und als Alles zu unserer Abreise fertig war, drückten wir den kranken Freunden, die uns doch etwas verstimmt nachsahen, herzlich die Hand und ritten zur Stadt, wo wir vor den Thoren mit dem Fürsten zusammentrafen. Dieser ritt ein kleines, aber starkes russisches Pferd und seine Begleitung bestand aus einem Kammerdiener, der ein tscherkessisches Costüm trug, einen Rock von einer Art dickem Filz gemacht, auf dem an jeder Seite der Brust zwölf kleine Behälter für Patronen aufgenäht waren. Er hieß Skandar und hatte denselben Gesichtsschnitt, wie sein Herr, nur etwas plumper und nicht so ausdrucksvoll, wie jener. Ferner hatte der Fürst einen Tscherkessen bei sich, der die Pferde pflegte; es war ein riesengroßer, baumstarker Mensch, Namens Mechmet, der ein türkisches Costüm, das ihm der Prinz geschenkt, sowie einen grauen Beduinenmantel trug und mit einem Handschar und einem Wurfspieße bewaffnet war. Die Spitze des Letzteren putzte er besonders vor dem Ausreiten mit seinem Mantel blank und sauber, weil er behauptete, sie glänze dann im Sonnenlicht weit hin, und halte die Feinde, die uns anfallen wollten, im Respekt. Für das Gepäck hatte der Prinz ebenfalls ein Maulthier mit einem Mucker.
Nachdem wir unsere Streitkräfte versammelt, zogen wir westlich durch einen holperigen Hohlweg, den wir bei unsern Spazierritten schon öfters verwünscht und dem auch heute wieder manches böse Wort galt. Mechmet, mit dem Wurfspieß, fing hier seine Bergtour nicht glücklich an. Sein Pferd machte einen Fehltritt und beide kollerten über einander hin, glücklicher Weise jedoch ohne Schaden zu nehmen. In der ersten halben Stunde unseres Rittes fühlte ich mich auf meinem ziemlich starken Pferde gar nicht heimisch. Ich hatte einen alten Beduinensattel, der, vorn und hinten sehr hoch, nur einen schmalen Sitz bietet und dann nur angenehm ist, wenn man es versteht, mit so kurzen Bügeln wie die Wüstensöhne zu reiten, daß die Kniee den Hals des Pferdes erreichen. In diesem Fall findet man nach einiger Uebung das Galoppiren recht angenehm, doch ist in der Stellung vom Traben keine Rede. Ich schnallte meinen Bügel lang, was ich bei ähnlichen Sätteln jedem Europäer rathe, da man bei einem unglücklichen Sturz mit dem Pferde durch die kurzen Bügel schlimm über den Kopf des Pferdes geworfen werden kann.
Wir zogen nordwestlich von der Stadt im tiefen weichen Sand durch jene Pinienanpflanzungen des Schach Fachreddin, von denen ich früher gesprochen. Hie und da wand sich ein kleines Bächlein, ein Kind des ewigen Schnees droben, durch den trocknen Grund, und sah von Weitem wie eine grüne glänzende Schlange aus, denn rechts und links an seinen Ufern trieb die Feuchtigkeit hunderte von Pflanzen und Kräutern hervor, die sich auf dem gelben Sand scharf abzeichneten. Zwischen drei oder vier solcher Bäche, wenn sie auch mehrere hundert Schritt auseinander liegen, haben die Leute Palmen gepflanzt und auf unserm Wege kamen wir durch kleine Wälder dieser schönen Bäume, die um den Fuß des Libanon einen grünen Gürtel zogen.
In kurzer Zeit hatten wir die Stadt, sowie die Pinien hinter uns und genossen den vollen Anblick des prächtigen Gebirges, von der darüber emporsteigenden Sonne malerisch beleuchtet. Wir ritten aufwärts, und unser Weg, wenn man die Bahn, die vor uns hinaufziehende Karawanen gemacht, so nennen kann, führte anfänglich über eine breite sandige Fläche, die mit zahlreichen Pinien, Platanen und Sykomoren bedeckt war. Oft blieben wir stehen und schauten rückwärts, denn es begann sich hinter uns eine große schöne Aussicht zu entfalten. Die Landzunge, auf der Beirut liegt, hatten wir noch nie Gelegenheit gehabt, in ihrer ganzen Ausdehnung zu übersehen. Jetzt standen wir hoch über der Stadt wie auf einem Thurm und sahen vor uns das Meer auf drei Seiten den Halbkreis, auf dem Beirut liegt, umspülen; die Stadt, welche mit den sie umgebenden Gärten und Anpflanzungen einen ziemlichen Raum einnimmt, verschwand fast gegen die ungeheure Wasserfläche, die sich vor uns ausbreitete. Zur linken Hand trat das Land in einer ähnlichen Spitze in’s Meer, doch für unser Auge zu weit, um dort etwas erkennen zu können. Das war Saida. – Drunten im Hafen von Beirut lagen die großen englischen Linienschiffe und schienen uns nicht größer als Nußschalen zu sein. Eins der Kriegsdampfboote wandte sich und ruderte fort – ein Wasserinsect, das den Bach durchschwimmt; ein anderes sahen wir auf der Höhe der See und erkannten es nur an dem langen dunkeln Rauch, der es umhüllte. –
Nach zwei Stunden beständigen Aufwärtssteigens kamen wir an ein einzeln stehendes Haus, Chan oder Wirthshaus, mit einer aus unbehauenen Steinen roh zusammengesetzten Wasserleitung, die einen klaren Felsbach in ein Bassin im Hof führte; wir zogen vorbei, und da hinter diesem Hause der Weg ziemlich steil zu werden anfängt, stiegen wir von den Pferden und führten sie. Der Boden war zum Marschiren sehr unangenehm, ein weicher sehr tiefer Sand, der das Gehen außerordentlich erschwerte; auch brannte die Sonne heftig, obgleich wir uns im Monat Januar befanden, und erwärmte mehr, als nöthig war. Bewundernswürdig war bei diesen schlechten Wegen die Klugheit und Ausdauer unserer Pferde, denn obgleich man ihnen wohl das arabische Blut ansah und sie die edle Race ihrer Stammeltern nicht verläugneten, waren es doch nur gebrauchte Miethpferde, von denen die meisten obendrein schon sehr bei Jahren waren; aber alle waren noch stark auf den Beinen und höchst selten stolperte eins; auch brauchte man sie nicht anzutreiben, sondern ruhig und unermüdlich kletterten sie so rasch aufwärts, daß wir ihnen kaum folgen konnten.
Hie und da begegneten wir einzelnen Maroniten und Drusen, die zur Stadt hinabstiegen, um Einkäufe oder sonstige Geschäfte zu besorgen. Alle grüßten uns freundlich und verließen uns mit einem lauten: Allah il Allah! Etwas höher hinauf kamen uns Schwarze entgegen, welche ein paar türkische Weiber von Damaskus hergeleiteten. Die Damen saßen auf Maulthieren und waren stark verschleiert. Viel Freude verursachte uns eine andere Begegnung. Bei einer Biegung des Wegs sahen wir eine kleine Gesellschaft auf uns zukommen, die wir ihrem Costüm nach sogleich für Europäer erkannten. Es war ein Mann zu Pferde und hinter ihm zwei Frauenzimmer auf Maulthieren. Sie schienen von unserem Anblick ebenso überrascht wie wir von dem ihrigen. Sie waren Deutsche aus dem Elsaß und der Mann Militärarzt bei Ibrahim Pascha gewesen. Sie hatten Damaskus nach Abzug der Armee verlassen und gingen nach Beirut, um sich in die Heimath einzuschiffen. Wer es schon gefühlt hat, wie wohlthuend die Klänge der heimathlichen Sprache in der Fremde auf das Herz wirken, wird glauben, daß wir uns herzlich begrüßten und ein kleines Gespräch hielten, ehe wir wieder schieden. Wie gute Freunde, die sich verlassen, sahen wir uns öfter nach einander um und schwenkten die Tücher. Bald waren sie unseren Augen entschwunden.
Wir stiegen noch eine Stunde sehr steil aufwärts und hatten bald einen bekannten Chan erreicht, der wohnlicher als alle andern im Libanon eingerichtet, häufig von Reisenden, die über das Gebirge ziehen, zum ersten Nachtlager benutzt wird, – Chan el Hussein. Auch unsere Mucker fingen gleich bei unserer Ankunft an, die Thiere abzuladen, als verstünde es sich von selbst, daß wir hier anhielten. Doch war es erst Mittags ein Uhr, weßhalb wir heftig dagegen protestirten und weiter zu ziehen verlangten. Aber wie es uns zuweilen bei dergleichen Streitigkeiten mit den Eingeborenen ging, unser edler Dolmetscher Giovanni schlug sich auf ihre Seite, indem er wahrscheinlich nicht Lust hatte, für heute weiter zu gehen. Er malte uns die schrecklichsten Dinge aus, die uns treffen würden, wenn die Nacht uns in den Pässen des Libanon überraschte; er sprach von Abgründen voll Schnee und Eis, von Räubern und Gott weiß was Alles. Doch war uns noch der Zug über den Balkan, von dem man uns beinahe das Nämliche prophezeit hatte, zu frisch im Gedächtniß, um uns auf das Gerede dieser Leute zu verlassen. Aber was konnten wir machen? So sehr wir in den Dolmetscher drangen, die Leute zu fragen: ob es denn auf keine Weise möglich sei, noch heute weiter zu gehen und einen andern Chan zu erreichen, so ertheilte er uns beständig die Antwort: man sage, das sei unmöglich. Wir hätten also die Nacht hier zubringen müssen, wenn nicht durch die ziemlich heftig geführten Debatten ein anderer Araber aufmerksam geworden und näher getreten wäre. Er fragte den Baron in einem ganz verrenkten Englisch, ob er nicht diese Sprache kenne. – Nun ist wohl nie eine Mundart mehr geradbrecht worden als diese; aber sie klang wie Musik. Der Araber sagte uns, ihm scheine, als wollte unser Dertscheman (Dolmetscher) nicht weiter gehen; denn die Leute haben ihm schon mehrmal gesagt, es sei wohl möglich, wenn wir bald aufbrächen, mit Einbruch der Nacht einen andern Chan zu erreichen; doch müßten wir uns beeilen, da der Weg dahin ziemlich schlecht sei. Jetzt wurden natürlich alle Unterhandlungen abgebrochen. Der englische Araber mußte den Muckern erklären, daß wir auf jeden Fall weiter wollten und noch heute einen andern Chan erreichen, wornach sie sich einzurichten hätten. Unserm Giovanni, der es wieder einmal verdient hätte, bedeutend geprügelt zu werden, wurde strenge befohlen, gleich aufzupacken und nach einigen Minuten ging die Reise weiter.
Ich habe dies kleine Intermezzo erzählt, um einen Begriff zu geben, wie sehr der Reisende im Orient von den Launen dieser Dolmetscher abhängt. Dies ist nicht das einzige Beispiel der Art und nicht immer trafen wir einen Sprachkundigen wie heute, der uns aus der Verlegenheit half. Mit anständiger Behandlung und guten Worten, wie sie der Baron den Dienern stets zukommen ließ, ist bei diesem Volk nichts ausgerichtet; und ich rathe jedem Reisenden, bei dem geringsten Widerspruch oder unverschämten Betragen dieser arabischen Bedienten den Prügel zu gebrauchen. Läuft auch so ein Kerl heute fort, er wird morgen sicher wieder kommen, denn Herrschaften, die, wie die europäischen Reisenden, außerordentlich viel bezahlen, trifft er nicht gleich wieder, und so unangenehm es freilich für uns gewesen wäre, bei unsern Ausflügen, entfernt ...

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