Glossar
adaptiv: angepasst oder anpassend an das ökologische/soziale Umfeld einer Art oder eines Individuums, im Sinne einer positiven Auswirkung auf die evolutionäre Fitness; es kann evolutionäre oder individuelle Anpassung gemeint sein.
adaptive Radiation: differenzierende Artbildung; von einer relativ unspezialisierten Art ausgehende Bildung spezialisierterer Arten, an unterschiedliche ökologische Gegebenheiten angepasst.
Affekte: kurzzeitige Gefühlsaufwallung; in der Bio-Psychologie oft verwendet, um unbewusste Gefühle von den bewusst werdenden Emotionen zu unterscheiden.
Affektlogik: Begriff von Luc Ciompi; auf den Funktionen des Gehirns beruhende Theorie zum Zusammenwirken von Fühlen und Denken im Gehirn.
Agency Detector: hier: der unbewusste mentale Mechanismus, Lebendiges von toter Materie zu unterscheiden.
AIDS: Acquired Immune Deficiency Syndrome: durch den HI-Virus hervorgerufene Symptomatik.
Allele: Varianten eines Gens; bewirken unterschiedliche Ausprägungen des dem Gen entsprechenden Merkmals im Phänotyp eines Individuums.
Altruismus: uneigennütziges Handeln zum Nutzen anderer. Für Charles Darwin noch ein evolutionäres Paradoxon, bietet die moderne Verhaltensbiologie unterschiedliche Erklärungen.
altruistischer Impuls: Begriff von Frans de Waal; „instinktive“ Hilfsreaktion auf die Notlage eines anderen; beruht nicht auf bewusstem Denken und wird auch von sozial komplexen Tieren gezeigt.
Allantois: embryonale Harnblase bei den Amnioten; einigen Reptilien, Vögeln und Säugetieren.
Alleinstellungsmerkmal: Merkmal, das eine taxonomische Gruppe (Art, Familie, Stamm) mit keiner anderer Gruppe teilt, etwa die menschliche Symbolsprache. Aufgrund der Kontinuierlichkeit mit den Fähigkeiten anderer Arten auch ein Beispiel dafür, dass Alleinstellungsmerkmale nicht unbedingt diskret-qualitativ sein müssen; eine hinreichende quantitative Differenzierung reicht aus.
alternative Strategie: in der evolutionären Biologie gebrauchter Begriff für alternatives Verhalten, das Individuen zusätzlichen Fortpflanzungserfolg bringen kann, z. B. Seitensprünge in monogamen Systemen.
Aminosäuren (AS): elementare Bausteine der Proteine; chemische Verbindungen mit einer Aminogruppe und einer Karbonsäuregruppe. 20 natürliche AS bauen die Strukturen der Zellen und Körper unter Steuerung durch DNA bzw. RNA auf.
Amnion, Amnioten: embryonale Fruchtblase; evolutionäre Schlüsselinnovation bei den Amnioten (Reptilien, Vögel, Säugetiere), die sie in der Vermehrung unabhängig von Wasser macht.
Amphibien: aus Fischen hervorgegangener Stamm von Landwirbeltieren mit den Untergruppen Schwanzlurche, Blindwühlen und Frösche; zur Vermehrung immer noch an Wasser gebunden; aus ursprünglichen Formen entwickelten sich die Reptilien.
Androgene: männliche Steroidhormone, vorwiegend in Eierstöcken, Hoden und Nebennieren gebildet; bewirken die Ausbildung sekundärer männlicher Geschlechtsmerkmale.
angeboren: steht für Eigenschaften, die bei der Geburt angelegt sind; auch im Sinn von „vollständig genetisch determiniertes“ Merkmal verwendet. Da alle Eigenschaften lebender Systeme im Zusammenwirken zwischen Umwelt und Genen entstehen, gibt es diese nicht – weswegen der Begriff in der modernen Biologie vermieden werden sollte.
angeborener Schulmeister (auch: „innate School-marm“): von Konrad Lorenz für erbliche Aufmerksamkeitsstruktur gebrauchter Begriff; macht Lernen adaptiv und erklärt, warum es über die Entwicklung hindurch bestimmte Lernfähigkeiten und Lernfenster gibt. Peter Marler prägte dafür den Begriff „instinct to learn“.
Angststörung: übersteigerte Ängste, im Gegensatz zu Furcht nicht auf bestimmte Auslöser gerichtet; auslöserbezogene Phobien sind daher Furchtstörungen; Furcht und Angst beruhen aber auf weitgehend identischen zentralen Mechanismen; immer verbunden mit aktivierten Stress-Systemen.
Animismus: steht hier für ein spirituelles System, das auf dem Glauben an die Beseeltheit von Natur und Mensch beruht. Wahrscheinlich eine der ursprünglichsten Formen von Spiritualität.
Anthropomorphismus, -zentrismus: „Vermenschlichung“ aller relevanten Subjekte und Objekte, vor allem der anderen Tiere, einschließlich Zuordnung menschlicher mentaler Eigenschaften; menschenzentrierte Weltsicht.
Anthropozän: Vorschlag zur Benennung des jüngsten Erdzeitalters, in dem die menschlichen Aktivitäten maßgeblich die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde bestimmen; Beginn noch strittig, Vorschläge reichen von 1610 bis 1945.
Archaeopteryx: Übergangsform zwischen Dinosauriern und Vögeln; befiedert, aber mit noch vielen Reptilmerkmalen und bezahntem Schnabel; gefunden im Solnhofener Plattenkalk; lebte im späteren Erdmittelalter vor ca. 150 Mio. Jahren.
Arenabalz(-system): Männchen einer Art stellen sich als Gruppe auf begrenztem Raum durch Balzdarbietungen dar; Weibchen wählen nach bestimmten Kriterien, kopulieren mit einem der Männchen und ziehen ihren Nachwuchs alleine auf; besonders häufig bei Vögeln, z. B. Birkhuhn. Männchen sind in diesem System reine Samenspender.
Art, biologische: taxonomische Einheit mit einem Maximum an gemeinsamen Eigenschaften; Individuen pflanzen sich miteinander fort, meist sexuell.
Asperger-Syndrom: beschrieben von Hans Asperger; mit sozialen Eigenheiten und stereotypem Verhalten verbundene Form des Autismus, manchmal mit Hoch- und Inselbegabung einhergehend.
Atavismus: Wiederauftreten bereits verschwundener Merkmale aus der Stammesgeschichte.
Attachment: mit John Bowlby und der Bindungstheorie verbunden; präziser als der deutsche Begriff Bindung. Man versteht heute darunter den physiologischen Bindungsmechanismus plus das „interne Arbeitsmodell“, die primäre mentale soziale Repräsentation.
Augenbrauengruß: rasches, reflexartiges Hochziehen der Augenbrauen beim Zusammentreffen einander bekannter M...