Bertha von Suttner
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Bertha von Suttner

Kämpferin für den Frieden

  1. 320 Seiten
  2. German
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Bertha von Suttner

Kämpferin für den Frieden

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Über dieses Buch

Sie war nicht nur die prominenteste politische Journalistin ihrer Zeit und Begründerin der Friedensgesellschaft, sie kämpfte Zeit ihres Lebens leidenschaftlich gegen überholte Konventionen, gegen die Unterdrückung der Frauen und gegen den Antisemitismus. Ihr Bestseller "Die Waffen nieder" (1889) verschaffte ihr Weltruhm, und ihrer Initiative verdanken wir die Stiftung des Friedensnobelpreises, den sie 1905 als erste weibliche Preisträgerin verliehen bekam.Brigitte Hamann fügt in dieser bebilderten Biografie ein facettenreiches Bild Bertha von Suttners zusammen: ihre Jugend in Prag und Wien, die Spielleidenschaft der Mutter, ihre romantische Liebe zu ihrem deutlich jüngeren Mann Arthur, die abenteuerliche gemeinsame Flucht in den Kaukasus, die Jahre der Entbehrung und ihre Emanzipation zu einer anerkannten Journalistin und Schriftstellerin, schließlich ihr Engagement für die internationale Friedensbewegung. Vor dem Hintergrund der politischen und sozialgeschichtlichen Ereignisse entsteht so ein lebendiges, differenziertes Panorama der untergehenden Donaumonarchie am Vorabend des Ersten Weltkriegs.

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Information

1. KAPITEL

Komtesse Kinsky

Die jugendliche Bertha war doch eine rechte Null«, notierte die berühmte Friedenskämpferin als 64-Jährige in ihr Tagebuch. Damals schrieb sie an ihren Memoiren und überdachte ihr Leben. Nichts außer ihrer unermüdlichen Arbeit für den Frieden ließ sie als Leistung gelten. Mit diesem Engagement für die Friedensbewegung »wird die eigentliche Bertha von Suttner erst geboren, diejenige, für die die Welt sich interessiert«, meinte sie.1
Als sie sich für die Friedensbewegung zu engagieren begann, war die Suttner freilich schon 40 Jahre alt. Mehr als die Hälfte ihres Lebens war damals bereits vorüber. Wenn sie selbst auch ihre Jugendzeit als harmlose österreichische Komtesse verspottete, so waren diese Jahre doch von nicht zu leugnender Bedeutung für die besondere Art, wie sie ihre spätere Arbeit anfasste.
Im Palais Kinsky am Altstädter Ring in Prag, einem der schönsten Rokoko-Schlösser der böhmischen Hauptstadt, wurde am 9. Juni 1843 Bertha Sophia Felicita Gräfin Kinsky von Chinic und Tettau geboren. Die Fürsten und Grafen Kinsky waren und sind eines der vornehmsten Geschlechter Böhmens. Ihre Geschichte ist voll von Aufruhr gegen kaiserliche Macht, voll von Verschwörungen und gewaltsamem Sterben und zeugt von einem unbeugsamen aristokratischen Selbstbewusstsein. Jahrhundertelang waren sie als Gesandte, Hofkanzler oder Minister in kaiserlichen Diensten tätig. Vor allem aber bewährten sie sich im Krieg gegen Friedrich II. von Preußen und Napoleon I.
Auch Berthas Vater und seine drei Brüder standen in dieser militärischen Familientradition und waren Generäle. Sie gehörten dem älteren Familienzweig, dem gräflichen (von Chinic und Tettau) an, der die kriegerischen Traditionen weit mehr als der jüngere, fürstliche Familienzweig pflegte. Das Kinsky-Palais in Prag war die Residenz des fürstlichen Familienzweiges und alles andere als ein ruhiges Refugium. Es ähnelte vielmehr einem riesengroßen Hotel, in dem die zahlreichen Familienmitglieder, die sich gerade in Prag aufhielten, abstiegen und in der »Saison« ihre Feste gaben. Die wahren Residenzen aber waren die prächtigen Kinsky’schen Landschlösser in Böhmen, von denen allerdings Berthas Vater keines besaß, denn er war nicht Majoratsherr, also Haupterbe, sondern nur »dritter Sohn«, der sich ohne Landgüter und ohne eigenes Stadtpalais auf seinen militärischen Beruf beschränken musste. Er lebte mit seiner Familie in einer der vielen Wohnungen des Prager Palais. Hier, und keineswegs im hochherrschaftlichen Haupttrakt, wurde die kleine Bertha geboren. Man sollte meinen, dass ein Lebensbeginn mit solchem Namen und solchem Geburtsort außergewöhnlich günstig und Glück verheißend gewesen wäre. Weit gefehlt – denn das Neugeborene war vaterlos: Franz Joseph Kinsky war kurz vor Berthas Geburt im Alter von 75 Jahren gestorben. Er hinterließ eine fast 50 Jahre jüngere Witwe, die einen für Berthas weiteres Leben entscheidenden Schönheitsfehler aufwies: Sophie Gräfin Kinsky war nämlich »ungeboren« oder »geworfen«, wie es in der Umgangssprache der österreichischen Aristokratie noch heute bisweilen heißt, also eine Bürgerliche.
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Berthas Vater Franz Joseph (2. v. l.) und
seine Brüder – alle hohe Offiziere der k. k. österreichischen Armee
Solange der Ehrfurcht gebietende Ehemann lebte, war die junge Mutter einigermaßen vor Anfeindungen geschützt. Nun, nach seinem Tod, wurde sie von der aristokratischen Verwandtschaft isoliert. Über diese Familienkalamitäten schwieg sich Bertha später aus. Auch über ihren Vater überliefert sie nichts. Sie zitiert in ihren Memoiren nur ihren Taufschein aus der Pfarre »Maria Schnee« in Prag, der allerdings für Kenner aristokratischer Bräuche einiges über das Ausmaß der Familienschwierigkeiten aussagt: Keiner der fürstlichen oder gräflichen Verwandten war als Pate der kleinen Bertha erschienen. Die Taufpaten waren ihr älterer Bruder, der damals sechsjährige Arthur Kinsky, und das Kammermädchen Barbara Kraticek.2 Die Taufkirche »Maria Schnee« war nicht die traditionelle Taufkirche des böhmischen Hochadels, der seine Kinder meist in der Thein-Kirche taufen ließ, sondern eine Klosterkirche. Es war nicht zu leugnen: Hier wurde ein »Bastard« der Familie Kinsky getauft, kein vollwertiges Familienmitglied.
Diese Abstammung stellte einen unauslöschlichen Makel in der gesellschaftlichen Reputation der Gräfin Bertha Kinsky dar. Den Zwiespalt, einerseits Aristokratin, andererseits Bürgerliche zu sein, konnte sie bis an ihr Lebensende nicht bewältigen. Sie war stolz auf ihren Namen und ließ sich später, längst als Baronin Suttner berühmt, noch Visitenkarten mit dem Vermerk ihrer gräflichen Abkunft drucken: »Baronin Suttner, née Gräfin Kinsky«. Immer, wenn es um die Beziehungen zu den »reinadligen« Kinskys geht, ist in Berthas Tagebuch deutlich ein Minderwertigkeitsgefühl zu spüren. Jede Begegnung mit einem Verwandten wies sie auf ihre Unterlegenheit hin, die nicht auf persönlichem Versäumnis, sondern allein auf ihrem mangelhaften Stammbaum beruhte. Sie war nicht akzeptiert – mochte sie sich in ihrem Leben auch noch so anstrengen und noch so viel leisten. Bertha schreibt später darüber: »Der österreichische Adel … ist von der Moderne am wenigsten angekränkelt. Er rekrutiert sich nicht, wie die englische Peerage, aus dem Bürgertum; hier sind die Zehntausend mehr Kaste als Klasse. Die Bläue ihres Blutes ist ihnen Glaubensartikel. Eine Kluft liegt zwischen ihnen und dem Mittelstande. Dieser aber ist es, der die Arbeit – sowohl die manuelle wie die intellektuelle – betreibt, und da jeder Kulturfortschritt nur ein Ergebnis der Arbeit ist, so erhellt, daß die zeitbewegenden Gedanken vom Mittelstande ausgehen. Zu den jenseits dieses Standes lebenden Zehntausend dringen jene Gedanken nicht deutlich, sondern nur wie ein etwas unangenehmer – weil drohender – Brandungslärm hinüber.« Bei aller erbarmungslosen Kritik, die sie ihr Leben lang am österreichischen Adel übte, konnte sie aber ihre Bewunderung für die alten Werte, die der Adel verkörperte, nicht verhehlen, etwa wenn sie eine der Adelsresidenzen beschrieb: »Da sind die Galerien mit den Bildern gekrönter Vorfahren; da ist die Rüstkammer mit den Waffen, die von heerführenden Mitgliedern des Hauses getragen wurden; da sind die Zimmer, wo königliche Gäste gewohnt haben; da sind ganze Museen von Pretiosen, Pergamenten und Dokumenten, die von der historischen Herrlichkeit des Hauses zeugen: da spricht alles von Macht, Glanz und Ruhm. Von der höchsten Zinne des Turmes, wo in den Wappenfarben die Fahne weht, bis hinab in das Gruftgewölbe, wo jahrhundertealte Gerippe in steinernen Särgen ruhen: alles verkündet die Hoheit des hier waltenden Geschlechtes. Der Respekt, den das Alter einflößt; der fromme Schauer, den die sichtbare Spur längst verflossener Zeiten in jeder Seele weckt; die Achtung vor der melancholischen, aber ehrfurchtgebietenden Majestät der Vergangenheit – diesen Zoll von Gefühlen, die das prächtige, traditionsreiche Schloß jedem Beschauer abzwingt, den zollt der Besitzer seiner eigenen Geburt, die ihn zum Erben und zum Repräsentanten aller gehäuften Ehren seines Hauses eingesetzt hat. Diese Selbstehrerbietung heißt dann Hochmut – aber liegt nicht auch eine Pietät darin?«3
Ungeachtet all der Anfeindungen durch die Außenwelt hatten Mutter und Tochter ein sehr inniges Verhältnis zueinander. Bertha erwähnt »die selbstverständliche große Liebe dieser Mutter für mich und meine Liebe zu ihr, die so groß war, daß, wenn sie auf zwei oder drei Tage nach Wien fuhr, ich stundenlang schluchzte, als wäre mir das Herz gebrochen«.4
Sophie Kinsky war laut Bertha »eine etwas schwärmerische, überspannte Natur«. Als 18-Jährige hatte die Tochter eines k. k. Rittmeisters den alten Grafen Kinsky geheiratet und damit zwar eine »gute Partie« gemacht, aber den großen Lebenstraum, eine gefeierte Sängerin zu werden, aufgegeben. Die Eltern hatten ihr verboten, zum Theater zu gehen, das von ehrbaren Bürgern als »Pfuhl der Sünde« betrachtet wurde. So trauerte Sophie Kinsky zeitlebens um ihre versäumte Karriere als Operndiva.
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Ansicht von Brünn: Hier verbrachte Bertha ihre Kindheit.
Kurze Zeit nach Berthas Geburt verließ Sophie Kinsky das Prager Palais und zog, versehen mit einem kleinen Vermögen und einer Witwenapanage der Familie Kinsky, zu Berthas Vormund, Landgraf Friedrich Fürstenberg, nach Brünn. Der etwas kränkliche Knabe Arthur kam nach aristokratischem Brauch in eine Kadettenschule und entfremdete sich Mutter und Schwester.
»Fritzerl« Fürstenberg, wie Bertha ihn in ihren Memoiren liebevoll nennt, war ein Freund und Kamerad des Vaters gewesen. Er war bei Berthas Geburt 50 Jahre alt, also 25 Jahre jünger als der Vater. »Mir schien er uralt, aber urlieb«, schreibt Bertha. »Ich betete ihn an, betrachtete ihn als höheres Wesen, dem ich unbedingten Gehorsam, Verehrung und Liebe schuldete und auch gern zollte.« Sein Bild habe ihre »ganze Kindheit und erste Jugend … freundlich durchleuchtet«. Sie erklärt auch, warum ihr Vormund zeitlebens unverheiratet blieb: »Die Ursache war, daß er eine Herzensneigung zu einer Frau hegte, die zwar auch die Witwe eines Aristokraten, aber von Geburt nicht hoffähig war, also erschien ihm eine Heirat mit ihr einfach ausgeschlossen. Seiner Familie wollte er ein solches Ärgernis nicht geben, und schließlich wäre es ja auch ihm ein Ärgernis gewesen, denn alles, was außer dem Geleise, außer der Tradition, außer der ›Korrektheit‹ lag, das ging ihm wider den Strich.« Dass diese Dame wahrscheinlich niemand anderer als ihre Mutter Sophie war, verschweigt Bertha diskret.
In Brünn verbrachte Bertha eine gehütete, wenn auch einsame Kindheit. Englische und französische Gouvernanten, die Kammerzofe und Taufpatin Babette, die etwas schwärmerische, sangesfreudige Mutter und der Grandseigneur Fürstenberg waren die Gesellschaft des Kindes, das keine anderen Kinder kannte. Vergnügungen boten kleine Landausflüge, Klavierspielen, Singen und zweimal wöchentlich eine Kartenpartie von Mutter und Vormund, bei der die kleine Bertha zuschauen durfte. Die Unterhaltungen drehten sich um die »Société«, also die vornehme aristokratische Gesellschaft, die für den Feldmarschall »die einzige Menschenklasse [war], deren Leben und Schicksale ihn interessierten«.
In dieser abgeschlossenen Welt wurde das Mädchen eine recht typische kleine Komtesse, die heftig für den 13 Jahre älteren Kaiser Franz Joseph schwärmte, stets Garderobeprobleme hatte und überzeugt war, dass die Welt »ein Märchenglück« für sie bereithielt. Für die Außenwelt hatte sie kein Interesse: »Der Lauf der Welt, das war nur die Maschinerie, deren sämtliche Räder zu dem Zwecke ineinandergriffen, um mir ein strahlendes Glück zu bereiten.«
Mit knapp zwölf Jahren erhielt Bertha in ihrer Cousine Elvira eine fast gleichaltrige Gefährtin. Die Mütter, beide verwitwet, waren Schwestern und lebten von nun an zusammen. Elviras Vater war ein vermögender Privatgelehrter gewesen, und das Mädchen war »sozusagen in der väterlichen Bibliothek aufgewachsen«.5 Von Kinderzeiten an kannte Elvira die Schriften der großen Philosophen wie Kant, Fichte und Hegel. Sie hatte Shakespeare ebenso gelesen wie die zeitgenössischen Schriftsteller. »Das Resultat dieser Erziehung war natürlich ein Blaustrümpfchen«, schreibt Bertha, die ihre Freundin eben wegen ihrer Belesenheit anhimmelte und verehrte.
Elvira beschäftigte sich seit dem achten Lebensjahr auch mit eigenen Dichtungen. »Daß sie die größte Dichterin des Jahrhunderts werden sollte, das stand bei ihr selber, bei Tante Lotti und bei mir fest«, schreibt Bertha, die ihrerseits »eine große Dame werden und im Sturme alle Herzen erobern« wollte. So waren die Rollen im Leben verteilt. Mit Elvira las und arbeitete Bertha nun gemeinsam, durch sie lernte sie die großen Schriftsteller kennen, mit ihr träumte sie von der Zukunft. Mit Elvira erlebte sie auch ihre erste große Reise nach Wiesbaden.
Sinn dieser Reise war keineswegs, wie die beiden Mütter dem Vormund Fürstenberg sagten, eine Badekur. In Wahrheit wollten sie die Spielbank von Wiesbaden besuchen und dort ihr Glück machen. Sie waren überzeugt, die Gewinnnummern mithilfe der Hellseherei vorauszuahnen und malten sich mit viel Fantasie aus, was sie mit den gewonnenen Millionen anfangen würden. Ausgerechnet dem steinreichen Fürsten Liechtenstein wollten sie sein mährisches Schloss Eisgrub abkaufen und planten auch schon die Einrichtung.
Mit einem »Betriebskapital von ein paar hundert Gulden« »arbeiteten« sie vormittags im Spielsaal bei Roulette und Karten – ohne die Mädchen –, nachmittags genossen alle vier das Gesellschaftsleben des Badeortes. Bertha war 13 und Elvira 14 Jahre alt, als sie in Wiesbaden ihren ersten Ball erlebten. Acht Tage später hielt einer von Berthas Tänzern, Prinz Philipp Wittgenstein, um ihre Hand an und wurde mit Rücksicht auf die große Jugend des Mädchens freundlich abgewiesen. Bertha: »Mir war die Sache ein angenehmer kleiner Triumph, doch nahm ich sie mir nicht zu Herzen.«6
Das Kapital war in Wiesbaden bald verspielt. Die beiden Damen mussten zurück nach Brünn. Wie sich »Fritzerl« Fürstenberg zu diesen Eskapaden stellte, verschweigt Bertha in ihren Memoiren. Gewiss ist nur eines: Die beiden Damen übersiedelten mit den Töchtern von Brünn nach Wien.
Drei Jahre dauerte es, bis die beiden Mütter ihr Spielglück erneut in Wiesbaden wagen konnten. Wieder nahmen sie die beiden Mädchen – nun 16 und 17 Jahre alt – mit auf die Reise. Es war der Sommer 1859, in die Geschichte eingegangen durch die blutigen Schlachten von Magenta und Solferino, in denen Österreich die Herrschaft über die reiche Lombardei verlor. Bertha: »Aber ich weiß es genau: das Ereignis war mir damals so gleichgültig, so wenig vorhanden, wie es mir heute gleichgültig wäre zu erfahren, daß in einer westindischen Insel, deren Namen ich nie gehört hätte, ein Vulkan ausgebrochen sei. Ein Elementarereignis in großer Entfernung – das war mir der Krieg in Italien. Wir hatten niemand uns Nahestehenden, um den wir hätten zittern können, im Krieg.«7
Gesellschaften und Feste in Wiesbaden: Das interessierte die Damen. Bertha lernte das Leben der »großen Welt« kennen und schätzen, einer Welt, in der sie sich ihre Zukunft erträumte. Mit großem Eifer beobachtete sie die führende Gesellschaft und charakterisierte die »Gruppe des internationalen High life« später als »eine ganz eigene nomadisierende Völkerschaft, die ihre Zelte an alle Vergnügungsorte schleppt und sich überall da zu Hause fühlt, wo sie ihresgleichen begegnet und wo das L...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. INHALT
  4. Vorwort
  5. 1. Kapitel: Komtesse Kinsky
  6. 2. Kapitel: Gouvernante und Sekretärin
  7. 3. Kapitel: Im Kaukasus
  8. 4. Kapitel: Schriftsteller leben
  9. 5. Kapitel: »Die Waffen nieder!«
  10. 6. Kapitel: Gründung der Friedensvereine
  11. 7. Kapitel: Kampf gegen den Antisemitismus
  12. 8. Kapitel: Die Haager Friedenskonferenz
  13. 9. Kapitel: Menschlich-Allzumenschliches
  14. 10. Kapitel: Nobelpreis
  15. 11. Kapitel: Hoffnung auf die Mächtigen
  16. 12. Kapitel: Die Bundesgenossen
  17. 13. Kapitel: Die Frauenfrage
  18. 14. Kapitel: Vor dem großen Krieg
  19. Anhang
  20. Archivverzeichnis
  21. Anmerkungen
  22. Bertha von Suttner – Schriftenverzeichnis