Reise durch England und Schottland
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Reise durch England und Schottland

Erinnerungen, Reisen und Eindrücke

  1. 340 Seiten
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Reise durch England und Schottland

Erinnerungen, Reisen und Eindrücke

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Dieses eBook: "Reise durch England und Schottland" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen.Johanna Henriette Schopenhauer (1766-1838) war eine deutsche Schriftstellerin und Salonnière. Sie war die Mutter des Philosophen Arthur Schopenhauer und der Schriftstellerin Adele Schopenhauer. Sie reiste sie zweimal (1787 mit ihrem Mann und 1803 mit Mann und Sohn) nach Großbritannien und veröffentlichte ihre persönlichen Erfahrungen 1818 in ihrem Buch Reise durch England und Schottland. Besonders eine längere Tour durch die Highlands sowie die ausführlichen, fast die Hälfte des Berichts einnehmenden und teils sehr ironisch gefärbten Beobachtungen des Lebens in London trugen viel zum kontinentalen Schottland.Aus dem Buch: "Es ist eigentlich recht erfreulich, in diesem Lande zu reisen. Die schönsten Landschaftsgemälden ähnlichen Parks, die Gärten, die zweckmäßige Einrichtung der Häuser, der raffinierte Luxus, die Nettigkeit der Ordnung überall, die selbst in dem unbedeutendsten Hausgeräte sich zeigende Eleganz und Bequemlichkeit, machen einen frohen Eindruck auf den Besuchenden. Man wünscht sich alle diese Dinge nicht, weil man ihrer nicht gewohnt ist, oft nicht einmal ihren Gebrauch kennt; aber man bekommt ein Gefühl von heiterem Lebensgenusse. Nur den Wunsch, sich der Kunstwerke recht zu erfreuen, sie zu studieren, vielleicht etwas zu kopieren, muß man nicht aufkommen lassen; denn seine Erfüllung ist in diesem Lande mit so vielen Schwierigkeiten umgeben, dass sie fast undenkbar wird."

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Information

Verlag
e-artnow
Jahr
2014
ISBN
9788026820222

ÖFFENTLICHE VERGNÜGUNGEN

Inhaltsverzeichnis

Theater

Inhaltsverzeichnis

Nicht allein an der Sprache erkennt man die verschiedenen Nationen, welche Europa bewohnen, auch am Gange, am Tone, an der Gebärde. Jede derselben unterscheidet sich von der anderen durch schwer zu bezeichnende, aber deshalb nicht weniger sichtbare und untrügliche Kennzeichen.
Auch auf die bildende Kunst hat dieser angeborenen und angeeignete Unterschied der Nationen großen Einfluß. Kein Niederländer malt wie ein Italiener, kein Franzose wie beide; alle müssen ihrer Nationalität treu bleiben. Die Gestalten, die Gebärden, der Himmel, die Beleuchtung, die wir von Jugend auf sehen, prägen sich uns mit unauslöschlichen Zügen ein. Wir können nur wiedergeben, was wir in uns tragen, und der Unterschied der Schulen liegt mehr an dem Himmel, unter dem sie entstanden, als an den Meistern, die man für ihre Stifter erkennt.
Bei der theatralischen Kunst blickt diese Nationalität noch deutlicher hervor, und wäre es möglich, einem Schauspiel zuzusehen, ohne daß man ein Wort davon hörte, so müßte doch der kundige Beobachter gleich entscheiden können, ob er ein englisches, französisches oder deutsches Theater vor sich sähe. Alle drei können in ihrer Art vortrefflich sein und werden dennoch dem Fremden mißfallen. Denn dieser, mit der Individualität der Nationen noch nicht bekannt genug, will nach seinem eigenen, von hause mitgebrachten Maßstabe messen. Nur nach und nach wird er entdecken, daß das, was ihm zuerst widerwärtig, unnatürlich, übertrieben erschien, dennoch treu, wahr und bewundernswürdig ist.
Betrachtet man eine theatralische Vorstellung als ein vollendetes, abgerundetes Ganze, so haben wir Deutschen vor den anderen Nationen keinen Vorzug, so viel vortreffliche einzelne Künstler wir auch aufzuweisen haben. Das Weimarische Hoftheater, begünstigt durch ein Zusammentreffen vieler seltener, außerordentlicher Umstände, war vielleicht das einzige in Deutschland, auf welchem man noch zuweilen einzelne Darstellungen einiger Meisterwerke der vorzüglichsten Dichter erblickte, da sich, durch das Zusammenpassen jedes Teils zum Ganzen, der Vollkommenheit näherten.
Daß der deutsche Schauspieler allen alles sein muß, ist ein Unglück; dadurch wird er verhindert, sein Talent auszubilden für das seiner Persönlichkeit am besten zusagende Fach. In Paris und London ist das anders. Jeder widmet sich den Rollen, zu welchen seine Individualität ihn ruft. Mit dem Alter nimmt man es dort weit weniger genau als bei uns. Gerechter als wir, bedenkt man: wieviel dazu gehört, eine hohe Stufe in irgend einer Kunst zu erringen. Kein vollendeter Künstler ward geboren. Jahre voll Anstrengung und Studium gehören dazu, um das große Talent auszubilden; oft ist die Jugend entflohen, wenn jenes erst in vollem Glanze strahlt. In Frankreich und England erkennt man dies und läßt sich lieber willig durch Schminke, Kleidung, Beleuchtung täuschen, als daß man den höchsten Genuß, den die Kunst gewähren kann, verschmähte, weil der Künstler einige Jahre zuviel zählt.
Der vorzügliche deutsche Schauspieler ist in Gebärde, Ton, Deklamation und Stellung bei weitem der gemäßigste, weil Maßhalten und Ernst in der Natur des Deutschen liegen. Wir erscheinen unseren Nachbarn kalt, aus demselben Grunde, aus welchem sie uns übertrieben erscheinen. Ebenso wird der westfälische Bauer gewiß glauben, der Provenzale oder Gascogner wolle ihn totschlagen, wenn jener ihm bloß nach seiner Landessitte einen guten Morgen bietet.
Nennt man ein nach festgesetzten Regeln genau gebildetes Ganzes ein vollendetes Kunstwerk, so hat die französische Tragödie vor allen anderen den Vorzug. Streng abgemessen sind Zeit und Ort. Jeder Vers, jedes Wort findet im Parterre Richter, die keinen Verstoß gegen einmal festgesetzte Regeln hingehen lassen. Gesetze des sogenannten Wohlstandes, wie keine andere Nation sie kennt, binden den Dichter wie den Schauspieler. Beide dürfen sich nur in scharf gezogenen Schranken bewegen. Das auf diese Weise mühevoll hervorgebrachte Kunstwerk blendet, setzt in Erstaunen, erregt Bewunderung; aber wir bleiben ohne Teilnahme dabei, und ein Frösteln, das wir ungern Langeweile nennen möchten, bemächtigt sich unser. Die Stellungen der berühmtesten Schauspieler, schön und kunstreich, wie sie sind, erinnern doch immer an jene akademischen Figuren, die wir auch auf den französischen Gemälden finden, und von denen es auch ihren besten Meistern nicht gelingt, sich ganz zu befreien. Der Geist der Tragödie ist nicht der Geist der Nation, die von jeher alles leicht nahm, was das Schicksal auch immer über Sterbliche verhängen mag. Die Sprache selbst, ihr Mangel an Tonfall, widerstrebt der höheren Poesie, widerstrebt jeder Deklamation. Alles wird bloß durch Kunst hervorgebracht, es ist, als hörte man einen auf das kunstreichste gebildeten Sänger, dem aber die Natur eine sonore Stimme versagte. In der höheren Komödie hingegen steht der Franzose auf der ersten Stufe. Da ist Geist, Leben, Witz, Laune und der fein gebildete Konversationston zu treffen, welcher ihn auch im gemeinen Leben vor allen Nationen auszeichnet.
Das englische Theater steht auf dem ganz entgegengesetzten Punkte. Keine Regel beschränkt den Dichter, keine den Schauspieler. Ungebunden überlassen beide sich ihrem Genius. Alles steht dem Dichter zu Gebot, Verse und Prosa, ewiger Wechsel der Szene, Ausdehnung der Zeit ins Unendliche, alle möglichen Motive. Wie schwer es sei, von dieser unbeschränkten Gewalt den rechten Gebrauch zu machen, lehrt der Mangel an guten neuen Tragödien; nur Shakespeares Riesengeist konnte sie zum Rechten anwenden; noch immer steht er allein da, das Volk verehrt ihn als seinen einzigen Dichter und drängt sich unermüdet zu seinen Meisterwerken.
Die englische Komödie gibt ein treues, oft etwas überladenes Bild des häuslichen und geselligen Lebens, der Fehler, der Tugenden, der Lächerlichkeiten, die man in den verschiedenen Ständen trifft. Die Eigenheiten der verschiedenen Provinzen, der Schotten und Iren, besonders ihrer Dialekte, erhöhen das Komische derselben und werden mit vieler Treue dargestellt.
Charakter-Komödien, wie die Franzosen deren meisterhafte besitzen, in denen sich alles um eine Rolle dreht, die dadurch bis ins kleinste Detail herausgehoben wird, kennt der Engländer nicht. Dafür wimmeln alle Stücke von Personen, die uns als Karikaturen erscheinen, die es aber bei diesem originellen Volke nicht sind. Nur die stärksten Züge ein wenig verflacht und gemildert, und man trifft überall im geselligen Leben die Urbilder dazu an.
Selbst bei den besseren der gezeichneten Karikaturen, an denen wir uns auch zuweilen in Deutschland ergötzen, ist dieses schon der Fall; Ähnlichkeit liegt immer zugrunde, und bei weitem nicht so mit fremden Zügen überladen, als man im Auslande wohl glaubt.
So streng man sonst in England in allen Zirkeln, die aus Männern und Frauen gemischt sind, auf Dezenz hält, so nachsichtig ist man in dieser Hinsicht auf dem Theater. Frauen, die im geselligen Leben jedes nur von fern ihr Zartgefühl beleidigende Wort empört, sehen Szenen an, von denen jede Französin sich zürnend wegwenden würde und die gewiß das Pariser Publikum mit dem entschiedensten Unwillen aufnähme.
Der englische Tragiker spielt natürlicher als der französische, feuriger als der deutsche. Zu treu kopiert er die Natur und überschreitet oft die Grenze des Schönen. Der wütendste Ausdruck des Leidens, selbst der laute Schrei körperlichen Schmerzes, alle Verzerrungen des Wahnsinns, konvulsivisches Zucken des Sterbenden, nichts wird dem Publikum erlassen, welches in diesem allem die höchste Kunst zu sehen glaubt und mit gesträubtem Haare dann am lautesten in Beifallsbezeugungen ausbricht, wenn es vor Schrecken schaudert.
Die Größte des Schauspielhauses zwingt die Schauspieler, überlaut zu sprechen, denn der im entferntesten Winkel sitzende Matrose will für seine Sixpence so gut alles hören und vernehmen als die vornehmste Lady in der ersten Loge. Deutliche Aussprache ist demnach die erste Forderung, welche das englische Publikum an den Schauspieler macht. Dieser muß daher mit der äußersten Anstrengung jedes Wort, jede Silbe abstoßend betonen. Bei den mittelmäßigen Künstlern bringt dies eine sehr unangenehme, oft lächerliche Wirkung hervor; nur die besten von ihnen wissen mit unglaublicher Mühe diese Schwierigkeit zu bekämpfen.
Aber auch die besseren Schauspieler heben gewissen Tiraden hervor, welche auf Patriotismus, Freiheit und Nationalität Bezug haben, und von denen sie voraus wissen, daß das Publikum sie jedes Mal beklatscht. Diese Stellen werden ganz an dasselbe gerichtet, und die Mitspielenden während einer solchen Hauptaktion gar nicht beachtet; ihre Zeit tritt später wieder ein. Periodenweise deklamiert der Schauspieler seine Rede ab. Zwischen jedem Satze wird eine hinlängliche Pause für den Beifall gelassen, dann weitergesprochen, dann wieder geschwiegen, so daß das Ganze sich wie ein Melodram ausnimmt, zu welchem das Publikum das Akkompagnement liefert.
Die englische Deklamation hat ohnehin einen eigenen singenden Ton, ohne große Modulation, etwas dem Fremden affektiert scheinendes Pathetisches, das sich nicht beschreiben läßt; bei etwas Aufmerksamkeit aber findet man ihn im gemeinen Leben wieder, bei jedem durch Leidenschaft gehobenen Gespräch. Es ist die der englischen Sprache eigene Melodie; jede Sprache hat die ihrige.
Im Komischen, besonders im Possenspiel, übertreffen die Engländer vielleicht alle anderen Nationen. Schon der bekannte, angeborene Ernst dieses Volkes macht seine seltene Lustigkeit umso ergötzlicher. Die Späße sind nicht immer die feinsten, oft ein wenig breit und plump, aber sie reizen unwiderstehlich zum Lachen; einige Schauspieler, zum Beispiel MundenJoseph, beliebter Komiker, von der zeitgenössischen Kritik jedoch als Grimassenschneider einschränkend beurteilt., brauchen nur sich zu zeigen, und das Haus erbebt bis in seinen tiefsten Grund von der rauschendsten, lautesten Freude. Viel will dies sagen bei einer Nation, welche das Lachen für unanständig hält und dem Gebildeten höchstens nur ein Lächeln erlaubt. Hier siegt die Natur, unterstützt von der Kunst, und Regel und Zwang sind vergessen.
Opern werden selten gegeben, ein englisches Rezitativ ist undenkbar, und der Engländer findet die Abwechslung von Rede und Gesang unnatürlich. Das Volk liebt überhaupt die Musik wenig. Doch spielt man zuweilen als Nachspiel irgend eine kleine Oper, und es fehlt nicht an guten Sängern und Sängerinnen, um sie für ein englisches Ohr ganz angenehm aufzuführen.

Das englische Publikum im Theater

Inhaltsverzeichnis

Dies verdient ein eigenes Kapitel, denn es ist einzig in der Welt. Wie es despotisch über die bretterne Welt herrscht, davon hat man in ganz Europa keinen Begriff, auch in Frankreich nicht, wo man doch noch weit von der Langmut der Deutschen entfernt ist.
Oft, wir gestehen es, wenn wir sahen, wieviel sich das deutsche Publikum von seinen Lieblingen gefallen läßt, wünschten wir diese nur auf wenige Monate auf die englische Bühne, damit sie erkennen lernten, wie wohl es ihnen zu Hause geht.
Im Ganzen läßt sich das Verfahren dieser Insulaner durchaus nicht rechtfertigen. Jedes zu leise gesprochene Wort, jede Vernachlässigung, jedes Stocken wird unbarmherzig geahndet; nur gegen Debütierende zeigt man große Nachsicht und muntert sie auf alle Weise auf. Daher kam es aber auch, daß wir nie einen Londoner Schauspieler sahen, der seine Rolle nicht gelernt hätte. Der Souffleur mit seinem alle Illusion vernichtenden Kasten ist gänzlich von der Bühne verbannt; nur ganz dem Publikum verborgen, stehen auf beiden Seiten in den Kulissen Einhelfer, die emsig für sich nachlesen und dem Schauspieler notdürftig zu Hilfe kommen, wenn diesen einmal sein Gedächtnis verläßt.
Wie überall, so hat auch hier der auf den höchsten Spitzen befindliche Teil des Publikums die lauteste Stimme; jedes Liedchen, jede Arie, welche diesen Erhabenen gefällt, muß zweimal, oft dreimal gesungen werden. Und ihnen gefällt vieles. Selbst die stolze Billington mußte in unserem Beisein sich gefallen lassen, eine Bravour-Arie und ein Duett zweimal zu singen. Entsteht eine Unruhe, ein Streit im Parterre oder auf der Galerie, wird jemand krank und muß weggebracht werden, gleich erschallt von oben herab der Befehl an die Schauspieler, inne zu halten, bis die Ruhe wieder hergestellt oder der Unruhestifter hinausgeworfen ist. Bisweilen wird der Lärm so arg, daß die Schauspieler das Theater verlassen müssen, bei der Wiederkehr werden sie mit Händeklatschen empfangen, und genau, wo sie aufhörten, fangen sie wieder an.
Wie es bei allem diesem um die Illusion stehe, darum kümmert sich niemand; die Hauptsache ist, daß jeder für sein Geld alles sehe und höre, was es zu sehen und zu hören gibt.
Zuweilen werden die Zuschauer Schauspieler. Ein Matrose kam, wie wir eben im Theater waren, einst auf den Einfall, in einem Zwischenakt ein Liedchen zu singen. Gleich wurde von oben herab Stillschweigen geboten, und alles gehorchte. Der Matrose sang für das, was er war, gut genug und mit einer ganz erträglichen Stimme, dabei ganz furchtlos, obgleich sein Auditorium zum Teil aus den Vornehmsten des Reichs bestand. Er fand vielen Beifall und sollte noch einmal singen. Jetzt wollte er es aber zu schön machen, überstieg sich über seine Kräfte und warf mitten in einer Roulade förmlich um. Ein allgemeines Gelächter endigte für diesmal die Szene.

Einrichtungen der beiden großen Londoner Theater in Hinsicht auf die Zuschauer

Inhaltsverzeichnis

Um halb sieben Uhr soll jede Vorstellung anfangen, doch wird es fast immer sieben Uhr, und auch diese Stunden ist noch zu früh für ein Publikum, das im Durchschnitt erst gegen sechs Uhr und oft weit später noch zu Mittag speist. Die Vorstellungen dauern so lange, daß jede nicht englische Geduld ermüden muß. Selten kommt man vor Mitternacht nach Hause. Kurz und gut ist nun einmal nicht das Symbol der Engländer: überall lieben sie lange Sitzungen, im Parlament, an der Tafel und auch im Theater.
Jeden Abend müssen zwei Stücke gegeben werden, eines von fünf Akten und ein Nachspiel, welches auch oft zwei bis drei Aufzüge hat. Gewöhnlich spielt man zuletzt irgend eine Posse, selten eine kleine Oper, oft irgend ein den neuen englischen Romanen nachgeformtes Unding voll Nacht und Graus. Ob übrigens das Nachspiel zum ersten Stück passend gewählt ist, ob es nicht mit den durch jenes erregten Empfindungen auf das schreiendste kontrastiert - dies kümmert niemanden; genug, der Zuschauer bekommt volles Maß für sein Geld.
Beide großen Theater von Drury Lane und Covent Garden sind vom Monat September bis Ende Junius geöffnet, dann werden sie geschlossen und das kleinere Sommer-Theater zu Haymarket kommt an die Reihe. Im Monat Mai und Junius werden die meisten Benefiz-Vorstellungen für die älteren und besseren Schauspieler gegeben; sie gehören mit zu deren Gehalt. Dann währen diese Vorstellungen oft bis nach ein Uhr; denn um das Publikum vollkommen gut zu bewirten, schiebt man noch allerhand Sächelchen in die Zwischenakte ein, bald ein Liedchen, bald einen Tanz. Diese gefallen gewöhnlich den hohen Zuschauern, müssen zwei- bis dreimal wiederholt werden und kosten viel Zeit.
Die Logen sind sehr geräumig und so gebaut, daß man aus allen gleich gut sehen kann. Sie enthalten sämtlich mehrere Reihen Bänke, die sich übereinander erheben; so ist's auch im Parterre, welches sich, ohne Parkett oder Parterre noble, vom Orchester bis ans Ende des Hauses erstreckt.
In allen Reihen Logen werden die Plätze gleich zu sechs Schilling bezahlt, das Parterre kostet etwas über die Hälfte. Über die Logen erheben sich noch zwei Galerien, zu zwei und einem Schilling die Person, und hoch über der letzten Galerie ganz im Hintergrunde thronen, wie unsichtbar, die respektablen Personen, die, wir wir eben erzählten, gewöhnlich den Ton angeben. Niedrige Abteilungen trennen jede Loge von ihren nächsten Nachbarn. Hell wie Tageslicht erleuchtet, angefüllt mit Zuschauern, gewähren sie einen bezaubernden Anblick. Die Etikette will, daß alle Damen im vollen Putz das Theater besuchen, wenn sie auf die vordersten Sitze in den Logen Anspruch machen, besonders in denen des ersten und zweiten Ranges. Keine Dame wird mit einem tiefen Hut hineingelassen, ein kleiner, mit Federn oder Blumen gezierter Putzhut ist erlaubt. Im Parterre dagegen erscheint man in gewöhnlicher Kleidung mit großen Hüten, die aber ohne Widerrede abgenommen werden müssen, wenn es verlangt wird. Frauenzimmer des Mittelstandes und Herren jedes Standes besuchen das Parterre. Es ist ein ganz anständiger Platz, nur muß man früh, oft vor Öffnung des Hauses kommen, um eine gute Stelle zu finden; denn kein Vorherbestellen findet dort statt.
In die beiden ersten Logenreihen wird zu Anfang keine Dame hineingelassen, die nicht zuvor ihren Namen ins Logenbuch hat aufschreiben und dadurch ihren Platz bestellen lassen. Dies geschieht, um die öffentlichen Stadtnymphen von diesen Logen zu entfernen, welche für die ersten und unbescholtensten Familien des Reichs bestimmt sind. Jenen Damen sind eigene Sitze im Hintergrund des Schauspielhauses angewiesen.
Mit dem Einschreiben des Namens gewinnt man das Recht, mehrere Plätze, in welcher Reihe Bänke man will, bis zu Ende des ersten Aufzuges für sich aufbewahren zu lassen. Man kann seinen eigenen Bedienten hinschicken, oder, was gewöhnlicher ist, einen Shilling bezahlen. Für diesen Preis wird jemand von dem Logenwärter hineingestellt. Bis Ende des ersten Aktes werden diese leeren Plätze freigelassen, später hat jeder das Recht, sich ihrer zu bemächtigten. Niemand darf für mehr Plätze bezahlen, als er braucht, und täte man es, mietete man auch eine ganze Loge, es würde nichts helfen. Der Engländer behauptet: niemand dürfe durch sein Geld einen anderen...

Inhaltsverzeichnis

  1. Reise durch England und Schottland
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. ENGLAND
  4. Schottland
  5. ENGLAND
  6. RÜCKKUNFT NACH LONDON
  7. ÖFFENTLICHE VERGNÜGUNGEN
  8. LONDONS UMGEBUNGEN