Nachbarsleute: Kleinstadtgeschichten
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Nachbarsleute: Kleinstadtgeschichten

  1. 139 Seiten
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Nachbarsleute: Kleinstadtgeschichten

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

In 'Nachbarsleute: Kleinstadtgeschichten' von Ludwig Thoma taucht der Leser ein in die Welt der bayerischen Kleinstadt, in der scheinbar gewöhnliche Nachbarn und ihre Geschichten im Fokus stehen. Thoma's literarischer Stil zeichnet sich durch eine lebendige und humorvolle Darstellung des Alltags aus, die von einem tiefen VerstĂ€ndnis fĂŒr menschliche Natur und soziale Dynamiken geprĂ€gt ist. Das Buch, das zuerst 1909 veröffentlicht wurde, reflektiert die damalige Gesellschaft und bietet einen einzigartigen Einblick in die MentalitĂ€t der bayerischen Kleinstadt zu jener Zeit. Thoma's genaue Beobachtungen und pointierten Dialoge machen 'Nachbarsleute' zu einem zeitlosen Meisterwerk der deutschen Literaturgeschichte.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9788027228355

Junker Hans

Inhaltsverzeichnis

Eine Kleinstadtgeschichte

Wie es gekommen war, ob Herr Pfaffinger höflich oder in barschem Tone das Schließen der TĂŒre verlangt, ob Herr Tresser nach dieser Aufforderung erst recht die TĂŒre aufgerissen, ob Herr Pfaffinger in rĂŒder Weise sie dann ins Schloß geworfen hatte und hierauf von Herrn Tresser als ungebildeter LĂŒmmel bezeichnet wurde, wĂ€hrend Herr Pfaffinger diesen, Herrn Tresser nĂ€mlich, mit dem Worte Lauskerl schon vorher betitelt hatte, lĂ€ĂŸt sich aus den erregten Schilderungen der angesehenen BĂŒrger Dornsteins nicht unwiderleglich feststellen, – Tatsache ist, daß Herr Tresser Herrn Pfaffinger einerseits an der Gurgel packte, wĂ€hrend Herr Pfaffinger andererseits diesem, dem Herrn Tresser nĂ€mlich, eine derart schallende Ohrfeige versetzte, daß der Schlag sogar in den hintersten Sitzreihen des HöllbrĂ€usaales vernommen wurde.
Von vielen Zeugen des Vorfalles wird erzĂ€hlt, daß die Tochter des Herrn Magistratsrates Trinkl, FrĂ€ulein Fanny Trinkl, ĂŒber Zugluft geklagt habe, was den neben ihr sitzenden BrauereivolontĂ€r Pfaffinger veranlaßte, aufzuspringen und die SaaltĂŒre zu schließen, worauf Herr Rechtspraktikant Tresser dieselbe sogleich wieder öffnete, sei es nun, weil er und einige mitanwesende Beamte es zu heiß fanden, sei es, weil er ĂŒber die eigenmĂ€chtige Handlung des Herrn Pfaffinger entrĂŒstet war, was aber wiederum diesem, Herrn Pfaffinger, als eine Beleidigung seiner Dame erscheinen mußte, so daß er sich zu einem Schimpfworte hinreißen ließ, wobei freilich nicht bestimmt behauptet werden kann, daß nicht etwa Herr Tresser schon vorher den Ausdruck ungebildeter LĂŒmmel gebraucht hatte, kurz und gut, was hier auch ĂŒbereinstimmend oder verschieden berichtet wird, – Tatsache ist, daß Herr Pfaffinger von Herrn Tresser an der Gurgel gefaßt wurde, und daß dann Herr Tresser eine dermaßen starke Ohrfeige erhielt, daß seine linke Wange anschwoll.
Mir war und ist es nur darum zu tun, eine vollkommen wahrheitsgetreue Schilderung des Herganges zu geben, wobei ich keineswegs, wie Herr Magistratsrat Trinkl, das Verhalten des Herrn Pfaffinger oder, wie Herr SekretĂ€r HundertkĂ€s, das Benehmen des Herrn Tresser als absolut berechtigt hinstelle, sondern ich möchte ausschließlich die Tatsache klarstellen, daß Herr Tresser einerseits Herrn Pfaffinger körperlich anfiel, wĂ€hrend Herr Pfaffinger andererseits diesem eine wuchtige Maulschelle applizierte.
Das Geschehnis lĂ€ĂŸt sich weder leugnen noch beschönigen, noch auf irgendeine Weise aus der Welt schaffen, und es ist weiter nichts zu erörtern als die Frage, welche Folgen die Mißhandlung eines den besseren Kreisen angehörigen Mannes haben konnte.
In der Tat wurde der Vorfall auch von den bĂŒrgerlichen Elementen nach Verlassen des HöllbrĂ€usaales lebhaft erörtert, und BĂ€ckermeister Schwarz bewies vielleicht die grĂ¶ĂŸte Heftigkeit der Gesinnung.
»Also mir
 net
 also mir bal oana so was saget
 net
 also ung’hobelter Lackel oder so was
 net
 also i
 mei Liaba
 i den bei de Ohrwaschel nehma und beuteln
 hast doch’ g’hört
 und nacha oani links und oani rechts abahau’n
 vastehst
 und nacha no a paar
 also mir bal oana kam! Was? sag i
 an ung’hobelter Lackel bin i
 moanst du vielleicht, weil di dei Vata studieren hat lass’n
 derfst du an BĂŒrgersmann, der wo seine Steuern zahlt
 net
 und wo seine Familli rechtschaff’n ernĂ€hrt
 schimpf’n
 sag i
 Wer is ung’hobelt? sag i
 vielleicht net a Beamta, der sie a so auffĂŒhrt? Was bin i? A Lackel bin i? Hab Eahna i scho amal an Lackel abgeb’n? Han? Du Herrgottsakrament! sag i. Da hast a paar! sag i «
»PlĂ€rr do net a so!« rief Magistratsrat Trinkl
 »Bleib’n ja d’Leut steh’ und schaug’n «
»Ja no
 muß ma si so was hoaß‘n lass’n«?
»Zu dir hat er nix g’sagt!«
»Dös is sei GlĂŒck, mei Liaba
 mir bal er so was saget! Also den schlaget i sei Batterie scho a so her, daß er alle Engel pfeif’n hörat
 Ung’hobelter Lackel möcht er an BĂŒrgersmann hoaß‘n
 so a Schreiberg’sell, so a notiger, der wo si net amal was G’scheits z’fress’n kaff’n ko
 Dir gib i scho an Lackel
 also bloß sag’n braucht er’s zu mir
 nix als wia sag’n
 sag’ i«
»Mir g’fallt de G’schicht garnet
 dös
 dös
 ich woaß net
 da derleb’n mir no was!« sagte der Gold-und Silberarbeiter Elfinger und machte ein bekĂŒmmertes Gesicht
 »De G’schicht is no net firti «
»Was is net firti?« fragte Trinkl.
»Ja
 dös mit dera Schell’n
.
»Dös is allerdings firti. Der hat sei Fotz’n, und gar is «
»Wer’n ma’s sehen, ob die Sache so einfach verlĂ€uft, also gewissermaßen im Sande«, erwiderte Elfinger, der nicht ungerne hochdeutsch sprach.
»Was will er denn mit a Klag?« höhnte Magistratsrat Trinkl.
»Bal er z’erscht ‘s Maul aufreißt, net, und ganz ordinĂ€r werd’
 und nacha auf’s G’richt laff’n! Na, mei Liaba!«
»G’richt laufen!«
»Ja
 da werd halt ‘s G’richt sag’n, Herr Rechtspraktikant, werd’s sag’n, bald Sie eine wĂŒrkliche Bildung besitzen, dĂŒrfen Sie nicht anfangen und die Leute aufreizen, und bald Sie aber die Leute aufreizen, mĂŒssen Sie Ihnen halt diese Behandlung gefallen lassen. A so red’t ‘s G’richt! Vastand’n?«
»Ich rede ja ĂŒberhaupts nicht vom Gericht«, sagte Elfinger etwas ungeduldig.
»Net?«
»Nein
 durchaus nicht. Das weiß man doch, daß diese Herren
 also
 die wo auf der UniversitĂ€t studiert haben
 eine Ohrfeige durchaus nicht hinnehmen dĂŒrfen wie unsereiner «
»Geh! Hör’ auf!«
»Nein! Das lest man doch in der Zeitung, daß fĂŒr solchene Herren eine Ohrfeige sozusagen eine tödliche Beleidigung ist, und auch bald sie nicht wollen, mĂŒssen sie doch, indem es ein Ehrenstandpunkt ist «
»Geh! Hör’ auf!«
»Na, frag’ halt Leut’, die ‘s wissen! Ob eine Ohrfeige nicht mit Blut abgewaschen werden muß, und bald der Betreffende auch vielleicht nicht will «
»Jetzt muaß i scho sag’n
 Elfinger
 red’ net gar so saudumm daher!«
»Ich rede durchaus nicht saudumm daher
 und ĂŒberhaupts möchte ich mir das verbitten
 net wahr «
»Kam er da mit’n Bluat o’wasch’n
 und solche SprĂŒch!«
»Weil es wahr ist! Jawohl! Wenn einer natĂŒrlich seiner Lebtag in Dornstein hockt als Lebzelter, weiß er nicht, wie solche Vorkommnisse sich auswachsen «
»O mei! Da balst net gehst! «
»Ich war dritthalb Jahr in Erlangen, mein Lieber, wo sich eine UniversitĂ€t befindlich ist, und bald du das nicht woißt, kannst es ja nachles’n im Sulzbacher Kalender «
»I huast dir auf dei UniversitÀt!«
»Das ist die Sprache der Ungebildeten
 das kann ich dir sagen «
»Han?«
»Jawohl! Da muß man einmal in der Welt herumgekommen sein, dann schaut man die Sache etwas anders an. Ich hab viel erlebt in dieser Beziehung, und bald ein Student dem anderen eine Ohrfeigen gibt, diese FĂ€lle kenn’ ich, und da entscheidet dann das Ehrengericht, ob dieser Betreffende nicht mit der Pistole in der Hand Rechenschaft verlangen muĂŸâ€ŠÂ«
»Herrgottsakrament, jetzt sag’ i s’ nomal, a so a spinnata Tropf is ma do aa no net fĂŒrkemma «
»Da spinnt niemand!«
»Net z’ weni, sag’ i «
»Nein! Durchaus nicht! Das ist der Standpunkt der Satisfaktion, wennst d’ scho amal was g’hört hast von dem! «
»Da mĂŒaßt da Schorschl
?«
»Jawohl!!«
»Da mĂŒaßt da Pfaffinger Schorschl si vo an so an notinga Hanswurscht’n nauf schiaßn lass’n?«
»Jawohl!! Das heißt, in dieser Beziehung weiß ja der Betreffende nicht, ob ihn das Schicksal trifft, und Ă€h «
»Da Pfaffinger Schorschl, der in a paar Jahr de Brauerei von sein Vata kriagt mit achtavierz’g Wirt
 und «
»Was hat denn das damit zu tun «
»Und dös schöne Sach in Matzing drauß‘n
 langa koane vierhundert Tagwerk «
»  Also «
»Und a Stuck an achtz’g KĂŒah im Stall
 der soll si
? Geh! Wia no a Mensch so daher red’n ko!«
»Wenn du oan net red’n laßt und all’s besser woaßt, na brauch ja i net red’n«, schrie Elfinger, den der Zorn wieder ins Altbayrische brachte.
»FĂŒr dös Red’n kriagst d’ nix«, erwiderte der Herr Magistratsrat Trinkl mit gleichfalls erhobener Stimme. »Kam er do mit sein Student’nschmarr’n daher! A DuwĂ€l! Ah! Ah! da kunnt’st scho Grean Baamwirt wer’n!«
»Wenn er an Ehr im Leib hat
 vastehst!«
»An Ehr! Woaßt, was da Pfaffinger Schorschl hat? An Diridari hat a! Maxi hat a! Und auf dei Ehr is «
»Mit dir ko ma net streit’n; dös woaß ma scho! Weil du a Hammi bist!«
»I?«
»Ja du! FĂŒr dös bist du bekannt in ganz Dornstoa!«
»Ah! Der is guat! Was bist na du?«
»Is scho recht!«
»Was bist na du? A spinnata Deifi bist d’. Mit’n Bluat o’wasch’n kam er daher! Wasch da du ‘s Hirn mit Salmiak, dös werd g’scheiter sei!«
»Sie sind ein ordinĂ€rer Mensch, Herr Trinkl! Ich verkehre nicht mehr mit Ihnen «
»Bleib’ halt weg, spinnata Deifl! Spinnata!«
Herr Elfinger hatte sich mit raschen Schritten entfernt und war schon in der Dunkelheit entschwunden, da schrie ihm Herr Trinkl noch durch die hohlen HÀnde nach: »Druck di, du Hanswurscht, mit dein DuwÀl!«
Und zum BĂ€ckermeister Schwarz sich noch immer erregt wendend, fragte er: »Hast d’ scho amal so was Dumm’s g’hört? Der bracht’s außa, als wenn da Pfaffinger Schorschl so a Karmenadlstudent waar!«
»I hab’n net recht vastand’n«, sagte Herr Schwarz. »Moant er, daß de mit’n Sabl da so aufanand trischak’n mĂŒaßt’n?«
»Oder schiaß‘n, vastehst? Mit da Pistol’n! Der Pfaffinger Schorschl werd si von so an Hungerleider aufi schiaß‘n lass’n. Dös kost da denk’n!«
»Als der oanzige Sohn vom DanglbrĂ€u in Matzing!« rief BĂ€ckermeister Schwarz voll Hohn aus, denn auch er hatte sogleich die ganze LĂ€cherlichkeit dieses Gedankens erfaßt.
»Also mir sollt oana mit so a’ra DuwĂ€lforderung kem...

Inhaltsverzeichnis

  1. Nachbarsleute: Kleinstadtgeschichten
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. Auf dem Bahnsteig
  4. Das BegrÀbnis
  5. Junker Hans
  6. Krawall
  7. Der westfÀlische Glaubensbote
  8. Bismarck
  9. Kaspar Asam
  10. AnfÀnge
  11. Das alte Recht
  12. Peter Spanningers Liebesabenteuer
  13. Papas Fehltritt
  14. Der Christabend