Jeder stirbt für sich allein
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Jeder stirbt für sich allein

  1. 552 Seiten
  2. German
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Jeder stirbt für sich allein

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Für die eBook-Ausgabe völlig neu überarbeitet und in aktualisierter Rechtschreibung ||In seinem letzten Roman schildert Hans Fallada den authentischen Fall des Ehepaars Otto und Elise Hampel, das Postkarten-Flugblätter gegen Hitler an öffentlichen Plätzen Berlins auslegt, schließlich denunziert und 1943 hingerichtet wird. Im Roman tragen die Protagonisten die Namen Anna und Otto Quangel. |Ursprünglich durchaus Anhänger Hitlers, wächst das Unbehagen der Quangels gegen das Nazi-Regime zunehmend; den letzten Anstoß zum Widerstand gibt die Nachricht vom Tod des Sohnes an der Kriegsfront. Die Eheleute beginnen einen einsamen und stillen Kampf gegen das Naziregime und legen auf Postkarten geschriebene Botschaften des Widerstand an öffentlichen Plätzen der Stadt aus, etwa: "Der gemeine Soldat Hitler und seine Bande stürzen uns in den Abgrund." |Der Roman hier erstmals in Falladas lange Zeit unveröffentlichter Originalfassung.

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Information

Verlag
EClassica
Jahr
2018
ISBN
9783963611674

VIERTER TEIL – Das Ende

52. KAPITEL – Anna Quangel im Verhör

Es war vierzehn Tage nach der Verhaftung bei einem der ersten Verhöre von Anna Quangel, die wieder gesund geworden war, als sich Anna entschlüpfen ließ, dass ihr Sohn Otto einmal mit einer gewissen Trudel Baumann verlobt gewesen war. Zu jener Zeit hatte Anna es noch nicht erfasst, dass jede Namensnennung gefährlich war, gefährlich für den Genannten. Denn mit einer pedantischen Genauigkeit wurde der Bekannten- und Freundeskreis jedes Verhafteten nachgeprüft, jeder Spur wurde nachgegangen, damit »die Eiterbeule auch ganz ausgebrannt« werde.
Der Vernehmende, der Kommissar Laub, der Nachfolger Escherichs, ein kurzer, gedrungener Mann, der es liebte, seine knochigen Finger wie eine Peitsche dem Vernommenen ins Gesicht zu schlagen, war nach seiner Gewohnheit erst über diese Mitteilung, ohne von ihr Notiz zu nehmen, weggegangen. Er fragte Anna Quangel lange und tödlich ermüdend über die Freunde und Arbeitgeber des Sohnes aus, fragte Dinge, die sie nicht wissen konnte, aber wissen sollte, fragte und fragte, und dazwischen peitschte er ihr rasch einmal die Finger ins Gesicht.
Kommissar Laub war ein Meister in der Kunst solcher Vernehmungen, ohne Ablösung hielt er es zehn Stunden aus, so musste es die Vernommene auch aushalten. Anna Quangel schwankte auf ihrem Schemel vor Müdigkeit. Die kaum überstandene Krankheit, die Angst um das Schicksal Ottos, von dem sie nichts wieder gehört hatte, die Schmach, wie ein unaufmerksames Schulkind geschlagen zu werden, all dies machte sie zerstreut, unaufmerksam, und wieder schlug Kommissar Laub zu.
Anna Quangel ächzte leise und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen.
»Nehmen Sie die Hände runter!«, rief der Kommissar. »Sehen Sie mich an! Na, wird’s bald?«
Sie tat es, sie sah ihn an mit einem Blick, in dem Angst war. Aber nicht vor ihm, sondern Angst, sie könne schwach werden.
»Wann haben Sie diese sogenannte Braut Ihres Sohnes zum letzten Male gesehen?«
»Das ist sehr lange her. Ich weiß doch nicht. Schon seit wir die Karten schreiben. Über zwei Jahre … Oh, schlagen Sie nicht schon wieder! Denken Sie an Ihre eigene Mutter! Sie möchten auch nicht, dass Ihre Mutter geschlagen wird.«
Zwei, drei Schläge trafen sie kurz nacheinander.
»Meine Mutter ist kein hochverräterisches Aas wie Sie! Nennen Sie noch einmal meine Mutter, und ich werde Ihnen zeigen, wie ich schlagen kann! Wo hat dies Mädchen gewohnt?«
»Ich weiß doch nicht! Mein Mann hat mir mal gesagt, sie hat seitdem geheiratet! Sie wird sicher weggezogen sein.«
»So, Ihr Mann hat sie also gesehen? Wann war das?«
»Ich weiß nicht mehr! Da schrieben wir schon die Karten.«
»Und sie hat mitgemacht, was? Hat dabei geholfen?«
»Nein! Nein!«, rief Frau Quangel. Mit Schrecken sah sie, was sie angerichtet hatte. »Mein Mann«, sagte sie eilig, »hat die Trudel bloß auf der Straße getroffen. Da hat sie ihm erzählt, dass sie geheiratet hat und nicht mehr in die Fabrik geht.«
»Na – und weiter? In welche Fabrik ist sie denn gegangen?«
Frau Quangel nannte die Adresse der Uniformfabrik.
»Und weiter?«
»Das ist alles. Das ist wirklich alles, was ich weiß. Bestimmt, Herr Kommissar!«
»Finden Sie das nicht ein bisschen komisch, dass die Braut vom Sohn nicht einmal mehr zu den Schwiegereltern kommt, nicht mal nach dem Tode des Bräutigams?«
»Aber mein Mann war doch so! Wir haben schon nie Verkehr gehabt, und seit wir die Karten schrieben, hat er überhaupt alles abgebrochen.«
»Da lügen Sie schon wieder! Mit den Heffkes haben Sie erst beim Kartenschreiben den Verkehr angefangen!«
»Ja, das ist wahr! Das hatte ich vergessen. Aber Otto war es auch gar nicht recht, er hat’s nur erlaubt, weil es mein Bruder war. Und wie hat er immer auf die Verwandtschaft geschimpft!« Sie sah den Kommissar traurig an. Sie sagte schüchtern: »Darf ich jetzt auch was fragen, Herr Kommissar?«
Kommissar Laub knurrte: »Fragen Sie nur! Wer viel fragt, kriegt viel Antwort.«
»Stimmt es …« Sie unterbrach sich. »Ich glaube, ich habe meine Schwägerin gestern Morgen unten auf dem Flur gesehen … Stimmt es, dass Heffkes auch verhaftet sind?«
»Das lügen Sie wieder!« Ein scharfer Schlag. Und noch einer. »Die Frau Heffke, die ist ganz woanders. Die können Sie gar nicht gesehen haben. Das hat Ihnen eine verpfiffen. Wer hat Ihnen das verpfiffen?«
Aber Frau Quangel schüttelte den Kopf. »Nein, keiner hat’s. Ich hab die Schwägerin von Weitem gesehen. Ich war nicht mal sicher, dass sie’s war.« Sie seufzte. »Nun sitzen die Heffkes also auch und haben gar nichts getan und von nichts gewusst. Die armen Menschen!«
»Die armen Menschen!«, höhnte der Kommissar Laub. »Von nischt nischt gewusst! Das sagt ihr alle! Aber ihr seid alle Verbrecher, und so wahr ich der Kommissar Laub bin, ich leire euch die Gedärme aus dem Leib, bis ihr die Wahrheit sagt! Wer liegt bei Ihnen mit auf der Zelle?«
»Ich weiß nicht, wie die Frau heißt. Ich sage einfach Berta zu ihr.«
»Wie lange liegt die Berta bei Ihnen auf der Zelle?«
»Seit gestern Abend.«
»Also die hat’s Ihnen verpfiffen, das mit den Heffkes. Gestehen Sie es nur ein, Frau Quangel, sonst hole ich die Berta rauf und schlage sie in Ihrem Beisein so lange, bis sie gesteht.«
Frau Anna Quangel schüttelte wieder den Kopf. »Ob ich nun ja oder nein sage, Herr Kommissar«, sagte sie, »Sie holen die Berta doch rauf und schlagen sie. Ich kann nur sagen, ich habe die Frau Heffke unten auf dem Flur gesehen …«
Kommissar Laub drehte sich rasch um und ließ der Frau Anna Quangel einen knallenden Furz ins Gesicht fahren. Dann drehte er sich wieder um und sah ihr höhnisch grinsend ins Gesicht. »Das riechen Sie man auf«, sagt er, »von der Sorte habe ich noch mehr, wenn sie zu schlau sind!« Und plötzlich schreiend: »Mist seid ihr! Mist seid ihr alle! Scheißdreck seid ihr alle! Und ich ruhe nicht eher, bis ihr als Mist unter der Erde liegt! Alle müsst ihr hinwerden! Alle! Ordonnanz, bringen Sie die Berta Kuppke herauf!«
Eine Stunde verbrachte er damit, die beiden Frauen zu ängstigen und zu schlagen, trotzdem Frau Berta Kuppke sofort zugab, der Frau Quangel von Frau Heffke erzählt zu haben. Sie hatte bisher mit Frau Heffke auf einer Zelle gelegen. Aber das genügte dem Kommissar Laub nicht. Er wollte genau jedes Wort wissen, was zwischen den beiden gesprochen war, und sie hatten einander doch nur ihr Leid geklagt, wie es Frauen gerne tun. Er aber witterte überall Verschwörung und Hochverrat und ließ nicht ab mit Schlagen und Fragen.
Schließlich war die heulende Kuppke in den Keller abgeschoben worden und Anna Quangel wieder das alleinige Opfer des Kommissars Laub. Sie war jetzt so müde, dass sie seine Stimme nur noch wie aus weiter Ferne hörte, seine Gestalt verschwamm vor ihren Blicken, und die Schläge schmerzten sie nicht mehr.
»Was ist also vorgefallen, dass die sogenannte Braut Ihres Sohnes nicht mehr zu Ihnen gekommen ist?«
»Nichts ist vorgefallen. Mein Mann mochte keine Besuche.«
»Sie haben doch gestanden, dass er mit dem Besuch der Heffkes einverstanden war.«
»Die Heffkes waren eine Ausnahme, weil der Ulrich mein Bruder ist.«
»Und warum ist die Trudel nicht mehr ins Haus gekommen?«
»Weil mein Mann es nicht wollte.«
»Wann hatte er es ihr denn gesagt?«
»Ich weiß doch nicht! Herr Kommissar, ich kann nicht mehr. Lassen Sie mir eine halbe Stunde Ruhe. Eine Viertelstunde!«
»Erst wenn du’s gesagt hast. Wann hat Ihr Mann dem Mädchen das Haus verboten?«
»Wie mein Sohn gefallen war.«
»Na also! Und wo ist das geschehen?«
»Bei uns in der Wohnung.«
»Und was hatte er als Grund gesagt?«
»Weil er keinen Verkehr mehr will. Herr Kommissar, ich kann wirklich nicht mehr. Nur zehn Minuten!«
»Na schön. In zehn Minuten werden wir eine Pause machen. Was hat denn Ihr Mann als Grund gesagt, dass die Trudel nicht mehr kommen soll?«
»Weil er keinen Verkehr mehr haben wollte. Da hatten wir das mit den Postkarten doch schon vor.«
»Da hat er ihr also als Grund gesagt, dass er das mit den Postkarten vorhat?«
»Nein, darüber hat er nie mit einem Menschen gesprochen.«
»Was hat er ihr denn als Grund gesagt?«
»Dass er keinen Verkehr mehr will. Oh, Herr Kommissar!«
»Wenn Sie mir den wirklichen Grund sagen, mache ich für heute sofort Schluss!«
»Aber das ist der wirkliche Grund!«
»Nein, das ist er nicht! Ich sehe doch, dass Sie lügen. Wenn Sie mir nicht die Wahrheit sagen, so vernehme ich Sie noch zehn Stunden. Was hat er also gesagt? Wiederholen Sie mir die Worte, die er zu der Trudel Baumann gesagt hat.«
»Die weiß ich nicht mehr. Er war so wütend.«
»Warum war er denn so wütend?«
»Weil ich die Trudel Baumann bei mir habe schlafen lassen.«
»Aber er hat’s ihr doch erst hinterher verboten, oder hat er sie gleich weggeschickt?«
»Nein, erst am Morgen.«
»Und am Morgen hat er es ihr verboten?«
»Ja.«
»Warum war er denn so wütend?«
Frau Anna Quang...

Inhaltsverzeichnis

  1. Innentitel
  2. Vorbemerkung des Herausgebers
  3. Vorbemerkung des Autors
  4. ERSTER TEIL – Die Quangels
  5. ZWEITER TEIL – Die Gestapo
  6. DRITTER TEIL – Das Spiel steht gegen die Quangels
  7. VIERTER TEIL – Das Ende
  8. Zum Autor
  9. Impressum
  10. Fußnoten