Der Talmud
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Der Talmud

  1. 295 Seiten
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Der Talmud - Wegweiser zum Studium des jüdischen Glaubens | für die eBook-Ausgabe optimiert und mit verlinktem eBook-Inhaltsverzeichnis | Im Gegensatz zu vielen anderen heiligen Schriften verschiedener Religionen stehen im Zentrum des Talmud originär keine Texte, die direkt auf das Wort eines übergeordneten Gottes zurückgeführt werden, sondern es geht um deren Interpretation. In diesem Fall die Interpretation der eigentlichen jüdischen Gesetzestexte, der Tora. - Allerdings hat der Talmud durch seine Kraft und Autorität im Lauf der Jahrhunderte sehr wohl den Status einer heiligen Schrift erreicht.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783962174507

ZWEITE ORDNUNG: ›MOED‹, FEST

1. Traktat: ›Schabbat‹, Sabbat

Einleitung

Beim Vergleichen zwischen dem Alten und dem Neuen Testament ist es schwer festzustellen, aus welchem Grunde die tiefe Kluft zwischen dem Judentum und dem Christentum entstanden ist. Das Neue Testament geht von dem Alten Testament aus und beruft sich fortwährend auf dasselbe. Jesus selbst versichert, dass er nicht das Gesetz aufzuheben gekommen sei, sondern es zu erfüllen. ›Bis dass Himmel und Erde zergehen‹, ruft er aus, ›wird nicht zergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüttel vom Gesetz.‹ Selbst Paulus, der sich gegen das Gesetz auflehnt, weist immer wieder auf das Alte Testament hin. Der Grund aber, dass das Christentum sich so weit vom Judentum entfernt hat, liegt in der Auffassung, die beide von der Heiligen Schrift haben. Paulus selbst hat bereits den Satz geprägt: ›Der Buchstabe tötet, und der Geist belebt.‹ Damit war die Richtung angebahnt, durch die sich die Anhänger des Neuen Testaments von denen des Alten immer mehr entfernen sollten. Das lässt sich am deutlichsten erkennen, wenn man die Erzählung des Neuen Testaments betrachtet, wie die Pharisäer sich bei Jesus beklagten, dass seine Schüler am Sabbat Ähren ausrauften, um ihren Hunger zu stillen. Jesus hielt, wie jeder fromme Jude, das Gesetz der Sabbatheiligung aufrecht, aber ihm kam es nicht auf den bloßen Buchstaben, sondern auf den Sinn an. Er fasste das Gesetz der Sabbatruhe als eine Einrichtung auf, die den Menschen zugutekommen sollte. Sobald aber dieses Gesetz den Menschen zu schaden drohte, hielt er es für recht und billig, darüber hinwegzugehen. Ebenso hielt er es mit der Heilung eines Kranken am Sabbat. ›Des Menschen Sohn ist ein Herr auch über den Sabbat.‹ In dem Verlauf, den das Christentum genommen hat, hat sich wohl gezeigt, dass die Kirche die Bindung durch den Buchstaben nicht entbehren konnte. Immerhin war der Bruch mit dem Zeremonialgesetz durch die Lehre Jesu und Paulus im Prinzip herbeigeführt; dadurch war das Christentum fortdauernd gezwungen, in seiner Lebensführung sich immer mehr von dem Judentum zu entfernen. Das zeigt sich am deutlichsten, wenn man den Sonntag mit dem Sabbat vergleicht. Selbst in den Staaten, in denen man auf die Heilighaltung des Sonntags streng achtet, wird sie doch nirgends vollkommen durchgeführt. Die Geschäfte sind einen Teil des Tages geöffnet. Es steht einem jeden frei, zu Hause nach Belieben zu arbeiten. Fahren, Reiten und anstrengende Spaziergänge sind öffentlich überhaupt nicht verboten. Wie ganz anders gestaltet sich der Sabbat in den jüdischen Gemeinden, die streng nach talmudischer Vorschrift leben. Es gibt keine noch so geringfügige Tätigkeit, die nicht durch das Gesetz der Sabbatruhe eingeschränkt ist. Die Geschäfte müssen von Freitagabend bis Sonnabend Abend, also volle vierundzwanzig Stunden, ununterbrochen geschlossen bleiben. Man darf weder Geld in die Hand nehmen noch von Geschäften sprechen. Das Verbot des Feueranzündens wird so weit ausgedehnt, dass man sich während des Sabbats des Rauchens enthalten muss. Spaziergänge dürfen nicht über zweitausend Ellen ausgedehnt werden, dabei darf man nichts mit sich tragen, was nicht unbedingt notwendig ist. Selbst das Taschentuch gehört zu den entbehrlichen Dingen. Man kann sich daher denken, wie ungeheuer groß die Zahl der Vorschriften über die Sabbatheiligung ist, die sich im Talmud herausgebildet haben. Schon unser Traktat umfasst 314 Seiten. Aber auch der nächste Traktat, ›Erubin‹, die Vermischungen, der ebenfalls von den Vorschriften für den Sabbat handelt, umfasst 109 Seiten. Alle diese Vorschriften werden von der Tora und anderen Büchern des Alten Testaments abgeleitet. Die Stellen, in denen die Bibel vom Sabbatgebot spricht, zerfallen in allgemeine und besondere:
1. Allgemeine Bestimmungen
2. B. M. 20,8–11: ›Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten …; aber am siebenten Tage … sollst du kein Werk tun …; ferner 2. B. M. 23,12; 5. B. M. 5,14.
2. Besondere Bestimmungen
2. B. M. 16,23–29: ›Morgen ist der Sabbat … Was ihr backen wollt, das backet, und was ihr kochen wollt, das kochet, was aber übrig bleibt, das lasset bleiben, dass es behalten werde bis morgen … so bleibe denn ein jeglicher in dem Seinen, und niemand gehe heraus von seinem Ort des siebenten Tages‹; 2. B. M. 34,21: ›… am siebenten Tage sollst du feiern mit Pflügen und mit Ernten; 35,3: ›… Ihr sollt kein Feuer anzünden am Sabbattag in allen euren Wohnungen‹; 4. B. M. 15,32–35: ›… fanden sie einen Mann Holz lesen am Sabbattage … der Herr aber sprach zu Moses: Der Mann soll des Todes sterben‹; Amos 8,5: ›und sprecht: Wann will denn der Neumond ein Ende haben, dass wir Getreide verkaufen, und der Sabbat, dass wir Korn feil haben mögen‹; Jeremia 17,21: ›… und tragest keine Last am Sabbattage durch die Tore hinein zu Jerusalem‹; Nehemia 10,32: ›… auch wenn die Völker im Lande am Sabbattage bringen Ware und allerlei Getreide zu verkaufen, dass wir’s nicht von ihnen nehmen wollten am Sabbat …‹; Nehemia 13,15–17: ›Zur selben Zeit sah ich in Juda Kelter treten … und allerlei Last gen Jerusalem bringen auf den Sabbat … Da schalt ich die Obersten in Juda und sprach zu ihnen: was ist das für ein böses Ding, das ihr tut und brechet den Sabbattag.‹
Eine besonders wichtige Rolle spielt im Talmud die Frage des Hinaustragens eines Gegenstandes von einem ›Reschut‹ (nicht Raschut), Gebiet, ins andere. Es wird unterschieden zwischen einem, Reschut hajachid‹, Privatgebiet, und einem ›Reschut harabbim‹, öffentlichem Gebiet. Das Verbot des Hineintragens von dem Privatgebiet ins öffentliche Gebiet und umgekehrt ist zwar in der Tora selbst nicht enthalten, aber es wird im Traktate Schabbat 96a auf folgende merkwürdige Art aus ihr abgeleitet: ›Wo steht geschrieben, dass man am Sabbat von einem Privatgebiet in ein öffentliches Gebiet nichts hinaustragen darf? Rabbi Jochanan sagte: ›Es heißt im 2. B. M. 36,3–6: ›Und sie nahmen zu sich von Moses alle Hebe, das die Kinder Israel brachten zu dem Werk des Dienstes des Heiligtums … da kamen alle Weisen, die am Werke des Heiligtums arbeiteten … und sprachen zu Moses: ›Das Volk bringt zu viel, mehr denn zum Werk dieses Dienstes nottut … ›Da gebot Moses, dass man rufen ließ durchs Lager: ›Niemand tue mehr zur Hebe des Heiligtums.‹ Da hörte das Volk auf zu bringen‹ –. Wo befand sich Moses? Doch im Lager der Leviten. Das Lager der Leviten aber war ein öffentliches Gebiet. Er sagte also zu den Israeliten: ›Bringet nicht hinaus und nicht hinein von eurem Privatgebiet ins öffentliche Gebiet.‹ Woher wissen wir, dass es sich um einen Sabbat handelte? Vielleicht war es an einem Wochentag, und der Befehl zum Einstellen der Gaben ist deshalb ergangen, weil man ihrer nicht mehr benötigte, wie es doch am Schluss unserer Stelle heißt: ›denn des Dinges war genug‹. Hier wird der Ausdruck ›Haabara‹ (Ausrufen) gebraucht. Auch beim Versöhnungstage kommt dieser Ausdruck vor (2. B. M. 25,9). Wie hier musste es sich auch dort um einen Ruhetag gehandelt haben. Daraus können wir doch nur entnehmen, dass man von einem Privatgebiet in ein öffentliches Gebiet nichts hinaustragen darf. Woher wissen wir, dass das Hineinbringen von einem öffentlichen Gebiet in ein Privatgebiet verboten ist? Das ist selbstverständlich, es sind doch zwei verschiedene Gebiete, da ist es gleich, ob man etwas von dem einen ins andere hineinbringt oder hinausträgt.‹‹

1. Kapitel – Mischna 1

Die im Folgenden behandelten Fragen über das Hinaustragen am Sabbat von einer Privatwohnung auf die Straße und umgekehrt erinnern lebhaft an die spitzfindigen Fragen der römischen Rechtslehrer und der Scholastiker. Zum näheren Verständnis muss man sich folgendes Bild konstruieren. Ein Mann, der als Wirt bezeichnet wird, sitzt in seinem Zimmer vor dem Fenster und guckt auf die Straße hinaus. Draußen steht ein Mann, der ›der Arme‹ genannt wird. Dabei muss man nicht gerade an einen Bettler denken, es kann auch ein Briefträger sein. Er wird nur deshalb so genannt, weil der Draußenstehende gewöhnlich arm ist. Man denke sich also, dass er dem Wirt einen Brief zu überbringen hat oder dass ihm der Wirt einen Brief übergeben will. Beides dürfen sie aber nicht tun, weil das Hinein- und Hinaustragen aus dem öffentlichen Gebiet in das Privatgebiet verboten ist. Dabei sind acht Fälle, bei denen der ›Arme‹ und der Wirt je eine Handlung begehen, möglich: 1. Der Briefträger streckt die Hand mit dem Brief in das Fenster hinein. Dadurch hat er noch keine Sünde begangen, denn er hat ja den Brief nicht hineingelegt; der Wirt nimmt ihm den Brief aus der Hand, auch er begeht dadurch keine Sünde, denn er hat ihn ja nicht hineingetragen. 2. Der Briefträger streckt die Hand mit dem Brief durch das Fenster und legt den Brief in die Hand des Wirtes, dann ist der Briefträger schuldig und der Wirt nicht. 3. Der Wirt hat einen Brief zu befördern. Der Briefträger streckt die Hand ins Zimmer hinein und nimmt den Brief aus der Hand des Wirtes. Auch hier ist der Briefträger schuldig und der Wirt nicht. 4. Wenn ihm aber der Wirt den Brief in die Hand legt, dann sind beide unschuldig. 5. Der Wirt streckt die Hand mit dem Brief zum Fenster hinaus und legt ihn in die Hand des Briefträgers, dann ist der Wirt schuldig und der Briefträger unschuldig. 6. Wenn nun aber der Wirt die Hand mit dem Brief aus dem Fenster streckt und der Briefträger ihm dabei den Brief aus der Hand nimmt, dann sind beide unschuldig. 7. Der Briefträger hat einen Brief in der Hand, der Wirt streckt die Hand zum Fenster hinaus und nimmt den Brief aus der Hand des Briefträgers. Der Wirt ist schuldig und der Briefträger ist unschuldig. 8. Wenn aber der Briefträger ihm den Brief in die Hand legt, dann sind beide unschuldig. Auf diese Weise können der Wirt und ›der Arme‹ im Zimmer und auf der Straße je zwei mal zwei Arbeiten am Sabbat verrichten, wobei ein jeder viermal schuldig und viermal unschuldig ist.
[Wortgetreue Übersetzung, Bl. 2a]
›Jeziot‹, die Hinausgänge, am Sabbat: zwei, das sind vier, drinnen und zwei, das sind vier, draußen. Wieso? Der Arme steht draußen und der Wirt drinnen. Der Arme streckt die Hand nach dem Innern und gibt in die Hand des Wirts, oder er nimmt aus ihr und bringt hinaus: der Arme ist schuldig und der Wirt ist nicht schuldig. Der Wirt streckt die Hand hinaus und gibt in die Hand des Armen oder er nimmt aus ihr und bringt hinein: der Wirt ist schuldig und der Arme ist nicht schuldig. Der Arme streckt die Hand in das Innere hinein und der Wirt nimmt aus ihr oder er legt in sie und bringt hinaus: beide sind unschuldig. Der Wirt streckt die Hand hinaus und der Arme nimmt aus ihr oder er gibt in sie und er bringt hinaus: beide sind unschuldig.
Gemara
Scholie 1. An einer anderen Stelle (Schebuot 1,1) führt die Mischna drei unserer Stelle hinsichtlich der Zahlen analoge Fälle an. Der erste Fall bezieht sich auf das 3. B. M. 5,4: ›Oder wenn jemand schwöret, dass ihm aus dem Munde entfährt Schade oder Gutes zu tun (wie denn einem Menschen ein Schwur entfahren mag, ehe er es bedächte) und wird’s inne, der hat sich an der einem verschuldet.‹ Es kann sich hier beispielsweise darum handeln, dass jemand schwört, etwas zu essen oder nicht zu essen, also sich Schaden oder Gutes anzutun. Er vergisst nun später diesen Schwur und handelt dagegen. Dadurch hat er sich zweier Sünden schuldig gemacht. Obwohl es sich hier offenbar um eine zukünftige Sache handelt, leitet die Mischna an der angeführten Stelle davon einen Schwur auf die Vergangenheit ab, nämlich, dass er früher gegessen oder nicht gegessen hat, während es sich herausstellt, dass er falsch geschworen hat.
Der zweite Fall bezieht sich auf 3. B. M. 5,3: ›Oder wenn er einen unreinen Menschen anrührt, in was für Unreinigkeit der Mensch unrein werden kann, und wüsste es nicht und wird’s inne, der hat sich verschuldet.‹ Hier handelt es sich darum, dass jemand, während er unrein war, das Heiligtum betreten und Heiliges gegessen hat. Das sind nun zwei Handlungen. Die Unwissenheit, von der hier die Rede ist, kann eine zweifache sein. Man kann entweder nicht wissen, dass man, während man diese Handlungen begangen hat, unrein war, oder man kann zweitens nicht wissen, dass man in das Heiligtum gegangen ist oder vom Heiligen gegessen hat. Hinzugefügt sei noch, dass es sich hier um ein Vergessen handelt. Man wusste zuerst, aber vergaß es und beging währenddessen die Schuld und erinnerte sich erst nachher derselben. Der dritte Fall bezieht sich auf 3. B. M. 13,2–4: ›Wenn einem Menschen an der Haut seines Fleisches etwas auffährt oder ausschlägt oder eiterweiß wird, als wollte ein Aussatz werden an der Haut seines Fleisches, soll man ihn zum Priester Aaron führen oder zu einem unter seinen Söhnen, den Priestern. Und wenn der Priester das Mal unter der Haut des Fleisches sieht, dass die Haare ihm weiß verwandelt sind, und dass das Ansehen an dem Orte tiefer ist, denn die andere Haut seines Fleisches, so ist es gewiss der Aussatz. Darum soll ihn der Priester besehen und für unrein erklären. Wenn aber etwa seit er weiß ist an der Haut seines Fleisches und das Ansehen doch nicht tiefer denn die andere Haut seines Fleisches und die Haare nicht in weiß verwandelt sind, so soll der Priester denselben verschließen sieben Tage.‹
Wir haben es hier also mit zwei verschiedenen krankhaften Erscheinungen zu tun: mit etwas Auffahrendem und einem Ausschlag; beide müssen eiterweiß sein. Die Farbe des ›Eiterweiß‹ kann entweder wie Schnee oder wie der Kalk des Tempels sein. Aus diesen drei Fällen, die in der Schrift je zweifach angeführt werden: Gutes oder Böses, ins Heiligtum treten oder vom Heiligen essen, Auffahrendes oder Ausschlag, leitet die Mischna an der angeführten Stelle je vier her mit den Worten: ›Zwei, das sind vier.‹
Am Schluss führt sie noch einen vierten Fall an, nämlich das Hinaustragen am Sabbat, das in unserer Mischna erwähnt ist, und fügt ihm ebenfalls die Worte bei: ›Zwei, das sind vier.‹ Die Gemara fragt nun, warum dort bei dem letzten Falle nicht ebenso wie hier ausführlich gesagt wird: ›Zwei, das sind vier drinnen, und zwei, das sind vier draußen.‹ Diese Frage wird zunächst folgendermaßen beantwortet. Das Verbot, am Sabbat von einem Gebiet ins andere hinauszutragen, wird, wie wir bereits gesehen haben, von dem Verbot abgeleitet, das Moses beim Bau der Stiftshütte erlassen hat: am Sabbat nicht mehr die Baugeräte zur Stiftshütte zu bringen. Hier handelt es sich um ein Überbringen von der Privatwohnung eines jeden Israeliten in das öffentliche Gebiet, in dem sich die Stiftshütte befand. Das Hineintragen eines Gegenstandes vom öffentlichen Gebiet ins Privatgebiet hingegen wird erst davon abgeleitet. Wir haben es hier also mit zwei Arten von Verboten zu tun: einer Hauptart, die ›Vater‹ und der davon abgeleiteten Art, die ›Kind‹ genannt wird.
Die Gemara meint nun, dass unsere Mischna, die sich ausdrücklich mit dem Sabbat beschäftigt, sowohl die ›Väter‹ als die ›Kinder‹, also die Fälle des Hinaus- und Hineintragens anführt, deshalb zählt sie acht Fälle. Die zitierte Mischnastelle hingegen, deren eigentlicher Gegenstand nicht der ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Innentitel
  2. Vorbemerkung des Herausgebers
  3. Zur Geschichte des Talmud
  4. Über den Aufbau dieser Ausgabe des Talmud
  5. EINLEITUNG: SPRÜCHE DER VÄTER
  6. ERSTE ORDNUNG: SAATEN
  7. ZWEITE ORDNUNG: ›MOED‹, FEST
  8. DRITTE ORDNUNG: ›NASCHIM‹, FRAUEN
  9. VIERTE ORDNUNG: ›NESIKIN‹ BESCHÄDIGUNGEN
  10. Impressum
  11. Fußnoten