Die Musik in der Wolke
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Die Musik in der Wolke

Cloud Music und Mobile Devices

  1. 87 Seiten
  2. German
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Die Musik in der Wolke

Cloud Music und Mobile Devices

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Der Begriff "Cloud", der mit Wolke ins Deutsche übersetzt werden kann, wurde als Metapher für das Internet schon seit Ende der 1960er Jahre verwendet. Für die Analyse der Entwicklungen innerhalb der Musikindustrie kann die Idee der Cloud verwendet werden, um die Fokusverschiebung vom Physischen zum Virtuellen und vom Tonträger hin zur Wolke bzw. zum Internet zu beschreiben. Der Auszug der Musik in die Wolke wird vielfach als ein Paradigmenwechsel für Musik und Musikindustrie angesehen. Die Wolke ist hierbei ein für den Anwender und Musikhörer nicht greifbarer Ort: Cloud Music meint ganz allgemein den Zugang zu Musik über verschiedenste mit dem Internet verbundene Geräte, wobei die Musik in Form von Audiodateien von Webservern oder Peers direkt aus dem Netz abgespielt wird, statt erst (vollständig) auf die einzelnen Geräte heruntergeladen zu werden. Nahezu alle jemals in Form von Tonaufnahmen veröffentlichte Musik ist heute jederzeit und von überall via Internet verfügbar. Das Phänomen Cloud Music spielt dabei mit der Idee einer unerschöpflichen und – in Bezug auf das Repertoire – vollständigen Musikquelle, zu der man Zugang hat statt einzelne Musiktitel wie einen Tonträger in Besitz zu nehmen. Das Nebeneinander vieler internetfähiger Geräte, der ständige Wechsel zwischen diesen Geräten, der Wunsch nach immer neuer Musik und die ständige Verfügbarkeit von (kabellosem) Breitband-Internet an den entlegensten Orten wecken den Bedarf nach Musikdiensten, die dieser Idee nahe kommen. Cloud Music-Dienste vermarkten deshalb nicht länger einzelne Musiktitel oder Alben sondern den Zugang zu Musik über das Internet (Access). Sie sind plattformübergreifend verfügbar und verändern die Geschäftsmodelle der Musikindustrie, die Nutzung von Hardware und technischer Infrastruktur sowie den Umgang mit Musik. "Die Musik in der Wolke" gibt einen detaillierten Überblick über die aktuellen Phänomene und Angebote im Bereich Cloud Music.

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Information

Verlag
J&H
Jahr
2013
ISBN
9783955770617

1. Einleitung

1.1 Der Auszug der Tracks in die Wolke

Seit Ende der 1990er-Jahre hat die Musikindustrie ganz entscheidende Veränderungen durchgemacht. Gleichzeitig zum zunehmenden Erfolg des World Wide Web und dem Auftauchen von MP3-Format, Musiktauschbörsen und portablen Abspielgeräten für Audiodateien ist die Tonträgerindustrie in die Krise geraten. Vor allem bei jungen Musikfans haben sich das Musikhören und die kulturellen Praxen rund um die Musik innerhalb kurzer Zeit entlang der technologischen Entwicklung und mit der Adaption neuer technischer Geräte gewandelt. Die traditionellen Musikmedien wurden ad hoc in ihrer Funktionalität und ihrem Nutzen in Frage gestellt. Statt einzelner, gekaufter oder kopierter Tonträger und den dazugehörigen Hörgeräten (z.B. CDs und Discman) fand sich die private Musiksammlung in Form von Audiodateien von nun an meist auf PCs und MP3-Playern. Eine digitale Musiksammlung kann seitdem problemlos viele zehntausend Titel beinhalten und ist trotzdem navigier- und überschaubar, einfach kopierbar und steht jederzeit – egal ob zuhause oder unterwegs – mittels Computer und Abspielsoftware oder auf dem portablen Player zum direkten Abruf bereit.
Dieser gesamte Komplex rund um die digitale Musik ist ein hoch aktuelles Phänomen und bedroht weiterhin traditionelle Distributionswege, Kontrollmöglichkeiten und Geschäftsmodelle der Musikindustrie. Die Veränderungen haben zum Teil vollkommen neue Teilnehmer, Produkte und Dienstleistungen im Markt hervorgebracht. In Bezug auf die digitale Musik sind dabei die Abhängigkeiten von neuen Technologien und Hörgeräten, illegalen Tauschbörsen und Rückgängen bei den Tonträger-Verkäufen, gelernten Verhaltensweisen und den neuen musikalischen Klängen noch lange nicht endgültig (wissenschaftlich) geklärt. Und dennoch steht schon der nächste Paradigmenwechsel für die Musik kurz bevor – nicht als nachfolgende Stufe in einer evolutionären Entwicklung, sondern vielmehr parallel und mit komplexen Querverweisen zu Tonträgern, digitalen Audiodateien, Tauschbörsen und Online-Musik-Diensten. Die vorliegende Arbeit handelt von diesem Paradigmenwechsel und dem Auszug der Musik in die Wolke.
Die Wolke ist hierbei ein für den Anwender nicht greifbarer Ort, der für das Internet steht. Cloud Music meint ganz allgemein den Zugang zu Musik über verschiedenste mit dem Internet verbundene Geräte, wobei die Musik in Form von Audiodateien von Webservern oder Peers direkt aus dem Netz abgespielt wird, statt erst auf die einzelnen Geräte heruntergeladen zu werden. Nahezu alle jemals in Form von Tonaufnahmen veröffentlichte Musik ist heute jederzeit und von überall via Internet verfügbar. Das Phänomen Cloud Music spielt dabei mit der Idee einer unerschöpflichen und – in Bezug auf das Repertoire – vollständigen Musikquelle, zu der man Zugang hat statt einzelne Musiktitel wie einen Tonträger in Besitz zu nehmen. Das Nebeneinander vieler internetfähiger Geräte, der ständige Wechsel zwischen diesen Geräten, der Wunsch nach immer neuer Musik und die ständige Verfügbarkeit von (kabellosem) Breitband-Internet an den entlegensten Orten wecken den Bedarf nach Musikdiensten, die dieser Idee nahe kommen. Cloud Music-Dienste vermarkten deshalb nicht länger einzelne Musiktitel oder Alben sondern den Zugang zu Musik über das Internet (Access). Sie sind plattformübergreifend verfügbar und verändern die Geschäftsmodelle der Musikindustrie, die Nutzung von Hardware und technischer Infrastruktur sowie den Umgang mit Musik.

1.2 Zielsetzung

Ziel der Arbeit ist es, einen detaillierten Überblick über die aktuellen Phänomene und Angebote im Bereich Cloud Music zu geben. Dabei werden neben einer historischen und theoretischen Einordnung rechtliche Fragen, technische Anforderungen, wirtschaftliche Kennzahlen und Geschäftsmodelle in Betracht gezogen. Es soll herausgearbeitet werden, wie Abhängigkeiten zwischen ökonomischen, technologischen und kulturellen Rahmenbedingungen die Entstehung neuer Musikdienste im Bereich Cloud Music beeinflussen und wie diese wiederum versuchen am Markt zu bestehen. Der Gegenstand der Untersuchung ist hoch komplex und befindet sich aktuell in einer noch frühen Entwicklungsphase. Entsprechend handelt es sich bei der Analyse um eine Momentaufnahme (Stand März 2012). Diese soll aber so umfassend und akkurat wie möglich und damit für die weitere Theoriebildung aufschlussreich sein.

1.3 Aufbau

Nach der Einleitung soll im zweiten Kapitel die Entwicklung vom Tonträger zur digitalen Audiodatei aufgezeigt werden. In einem kurzen historischen Abriss (2.1) werden hierfür zunächst technische, wirtschaftliche und kulturelle Rahmenbedingungen in ihrer historischen Abfolge vom Ende des 19. bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts dargelegt. Danach werden Urheberrecht und Copyright als rechtliche Rahmenbedingungen behandelt (2.2), um im darauffolgenden Teil die Produkte der Copyright Industry mit ihren besonderen Eigenschaften wie z.B. Immaterialität und ihre Kennzeichnung als Experience Products zu beschreiben (2.3). Unter Punkt 2.4 werden die Widersprüche zwischen der Information als quasi öffentliches Gut und den ihr auferlegten Restriktionen als Basis für die Monetarisierung von Informationsgütern besprochen. Als Abschluss des zweiten Kapitels wird Musikhören als Kulturtechnik definiert (2.5), um eine theoretische Grundlage zum Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Musikkonsum und den an der Genese von kulturellen Praktiken beteiligten Hörgeräten zu erarbeiten.
Im dritten Kapitel wird zunächst der Begriff Cloud Music und dessen Herkunft erörtert (3.1). Nach der Beschreibung der technischen Vorgaben und einer Einordnung der derzeit verfügbaren Services im Bereich Cloud Music folgt ein Marktüberblick mit aktuellen Zahlen (3.2). Danach werden die für das Phänomen Cloud Music notwendige Hardware und technische Infrastruktur erklärt (3.3). Die verschiedenen Arten von Cloud Music-Diensten – Music Locker, Video- und Audio-Portale sowie Music Streaming-Services – werden anhand von Beispielen in den Unterkapiteln 3.4-3.6 im Detail behandelt. Im vierten Kapitel folgt als Abschluss der Arbeit ein kurzes Resümee. Die wesentlichen Erkenntnisse der Arbeit werden zusammengefasst und kritisch gewürdigt, um mit einem Ausblick zum Thema Cloud Music zu enden.

2. Vom Tonträger zur Audiodatei

2.1 Historischer Abriss

Die Entwicklung der Kommunikationstechnik und der audiovisuellen Medien im 20. Jahrhundert hat die populären Musikformen in besonderem Maße geprägt.1 Populäre Musik ist durch die Produktion und Verbreitung über jene Technologien zu einer fast allgegenwärtigen Erscheinung des Alltagslebens geworden und hat in ihrer Geschichte einen zunehmend globalen Charakter angenommen.2 Mit dem Tonträger begann für die Musik ein neues Zeitalter:
  • mit für den Tonträger produzierten und technisch speziell beschaffenen Klanggebilden
  • mit der Bindung an die Tonträgerindustrie mit ganz eigener Ökonomie
  • mit neuen institutionellen Infrastrukturen
  • mit einem aktiven Marketing, das die Musik an immer komplexer gewordene Verwertungsketten band und noch immer bindet.3
„Der Tonträger hat die Musikkultur unaufhaltsam in ein Produkt seiner selbst verwandelt“ und ist während seiner etwa einhundertjährigen Entwicklung „in kultureller, wirtschaftlicher und ästhetischer Hinsicht zum normativen Paradigma der Musik geworden“.4
In der Geschichte des Tonträgers gab es diverse Formate mit je eigenen klangtechnischen Konsequenzen und der Verortung und Bindung an sehr unterschiedliche Ziel- und Nutzergruppen. Der erste Schritt in das neue Zeitalter der Musik geschah am 19. Februar 1878 als Thomas Alva Edison das Patent für seinen 1877 erfundenen Phonographen erhielt. Die Vermarktung als Diktiergerät misslang. Es dauerte aber nicht lange bis zur Entdeckung des Phonographen als Musikmaschine. Ausgestattet mit Stethoskop-Schläuchen und Münzmechanismus wurde 1889 der erste Vorläufer der späteren Jukebox in San Francisco aufgestellt. Der Erfolg war so groß, dass in nur wenigen Wochen weitere Automaten in Restaurants und Wartehallen aufgebaut wurden. Abgespielt wurden damals noch Aufnahmen lokaler Bands. Doch schon in den 1890er-Jahren spezialisierte sich die Columbia Phonograph Company als erstes Tonträgerunternehmen in der Geschichte des Mediums auf die Produktion von bespielten Zylindern.5
Auch Emil Berliner dachte bei seinem Grammophon mit scheibenförmigem Speichermedium zuerst nicht an Musik. Er wollte vielmehr die Stimme des Menschen in Erinnerung bewahren. Der Patentschutz für das 1887 angemeldete Verfahren zur Schallaufzeichnung wurde aufgrund der Ähnlichkeit zu Edisons Erfindung in den USA verwährt. Doch der Erfolg von Edisons Phonographen als Unterhaltungsapparat ermutigte auch Berliner sein Grammophon als Musikmaschine in Amerika zu vermarkten. Dafür richtete Berliner 1894 das erste professionelle Musikstudio in Washington ein. Berliners Verfahren hatte den großen Vorteil der unbegrenzten Reproduktionsfähigkeit des Speichermediums und wurde deshalb und auch aufgrund des schlechten Patentschutzes in nur wenigen Jahren zum Industriestandard. Von nun an war der Vormarsch des Tonträgers als Musikmedium nicht mehr aufhaltbar, die Musik wurde von ihrer raumzeitlichen Bindung an die Aufführung gelöst. Der Tonträger entwickelte sich zur Grundlage einer eigenen Industrie und rückte ins Zentrum des Musikgeschäfts. So wurden bspw. 1921 schon 140 Millionen Walzen und Platten in einem Gesamtwert von 106 Millionen US$ abgesetzt, von denen der Großteil in Jukeboxen landete.6
In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts hatte das Aufkommen des Rundfunks erhebliche Auswirkungen auf den Absatz von Tonträgern. Die Zahl der häuslichen Rundfunkempfänger wuchs rasant, denn Rundfunk war kostengünstiger als der Erwerb von Tonträgern und wies eine bessere Klangqualität auf. Die Tonträgerindustrie erreichte mit einem Umsatz von sechs Millionen US$ im Jahr 1933 ihren vorläufigen Rekordtiefstand. Ausweg aus der Krise war die Fokussierung auf zielgruppenorientierte Nachfragestrukturen, was als Marketingkonzept zügig von allen Tonträgerherstellern übernommen wurde. Dies prägte die Musikentwicklung entscheidend und führte zur Fragmentierung des Musikmarktes in verschiedene Segmente (in den USA: Rhythm & Blues als afroamerikanisches Marktsegment, Country Music für die nicht urbane Bevölkerung, Classic für das Bildungsbürgertum, Pop als repertoire-unspezifische und eher an Verkaufszahlen orientierte Kategorie). Es bildete sich eine Allianz zwischen Rundfunk und Plattenfirmen, indem schon bald überwiegend Tonkonserven im Radio gespielt wurden. Der Rundfunk wurde mehr und mehr zum Werbemedium für die Tonträgerindustrie und die Plattenfirmen Materiallieferant für den wichtigsten Programminhalt im Rundfunk.7
Nach dem zweiten Weltkrieg resultierte eine Kapitalkonzentration in der Musik- und Medienindustrie in einem exponentiellen Anstieg der Tonträgerproduktion. Gleichzeitig führte nach diversen proprietären Formaten mit unterschiedlichen Wiedergabegeräten, Abspielgeschwindigkeiten und verschiedenen Schnitt- und Abtastverfahren die zunehmende Standardisierung von Tonträgern zu letztlich zwei konkurrierenden Formaten: die Single (7 Zoll, 45 U/min, 3-5 min pro Seite) und die Langspielplatte (12 Zoll, 331/3 U/min, 25 min pro Seite). Die Single war das ideale Format im Niedrigpreissektor und wurde schnell Leitmedium der Jugendkultur rund um den Rock’n’Roll. Tonträger wurden erstmals in den 1950er-Jahren mit der Singleschallplatte Gegenstand des individuellen Massenkonsums und diese in wirtschaftlicher, kultureller und musikalischer Hinsicht Grundlage der expandierenden Musikindustrie.8
Bereits im Verlauf der 1950er-Jahre kam es zu einer faktischen Marktsättigung mit Tonträgern. Schon damals deckten 90% der Tonträger nicht die Produktionskosten und wurden durch die restlichen 10% mitfinanziert. Innerhalb der kalkulierten Überproduktion halfen als Strategien zunehmend das durch das Marketing aufgebaute Starsystem, weiter ausdifferenzierte Angebotskategorien und schnellere Produktlebenszyklen. In den 1960er-Jahren wurde dann die LP (Langspielplatte) mit dem Entstehen von Konzeptalben9 im Gegensatz zu davor üblichen Single-Compilations10 zum zentralen Format auf dem Tonträgermarkt. Die aus einem Album ausgekoppelten Singles dienten nun vor allem als Marketing-Instrument für die Longplayer.11
1963 brachte Philips die Compact Cassette auf den Markt. Dieses Format konnte sich neben konkurrierenden Audio-Kassetten wegen der besonders leichten Handhabung durchsetzen. Aufgrund der Popularität der Kassetten begannen die Schallplattenfirmen ab 1976 ihre Inhalte auch auf diesen zu veröffentlichen. Doch vor allem als unkompliziertes Aufnahmemedium erlangte die Compact Cassette enorme Beliebtheit und eröffnete damit neue Dimensionen für die Musikentwicklung – dieses Mal jedoch weitgehend der Kontrolle der Tonträgerindustrie entzogen. Der Teil der abgesetzten Leerkassetten war hierbei fast immer höher als der der bespielten. Home Taping Is Killing Music war der Slogan für den Albtraum der Musikindustrie, welche durch aufwendige Kampagnen eine Geräte- und Leermedienabgabe ab den 1980er Jahren durchsetzen konnte (in Deutschland ab 1985).12
Eine ganz entscheidende Rolle spielte die Compact Cassette für das mobile Musikhören. Schon in den 1970er-Jahren fand sie in tragbaren Radiorekordern Verwendung und wurde im Zusammenhang mit so genannten Ghettoblastern für die Entwicklung afroamerikanischer Jugendkulturen wichtig (z.B. Breakdance). Als Sony 1979 den Walkman einführte, stieg der Verkauf von Kassetten noch einmal sprunghaft an. Seither ist das mobile Musikhören aus öffentlichen Räumen nicht mehr wegzudenken. Das Jahr 1989 gilt schließlich als Höhepunkt für den Absatz von Kassetten, wobei der Umsatz bespielter Kassetten den der Schallplatte um mehr als 30% überstieg. Die Compact Cassette wurde in den Industriestaaten Mitte der 90iger Jahre wegen des Erfolges der CD praktisch aufgegeben.13
Die von Philips und Sony entwickelte Compact Disc wurde erstmals 1981 auf der Berliner Funkausstellung vorgestellt und hatte für den Tonträger noch einmal einen ungeahnten Wachstumsschub zur Folge. Der im Vergleich zu bisherigen Entwicklungen höhere Bedienkomfort dieses digitalen Tonträgerformats sorgte für eine rasche Verbreitung. Nur 10 Jahre nach der Einführung der CD war die Schallplatte weitgehend vom Markt verschwunden und existiert seitdem als Nischenprodukt14. Wurde die Einführung neuer Tonträgerformate bis dahin immer von attraktiven Neuveröffentlichungen begleitet um deren Durchsetzung zu beschleunigen, stellt die Umstellung auf Compact Disc ein Novum dar. Die erste CD-Veröffentlichung von 1982 war die Wiederveröffentlichung des schon 1978 erschienenen Albums „52nd Street“ von Billy Joel und gab damit neue Tendenzen für die Musikentwicklung vor. Die Einführung der CD erfolgte über den besonders profitablen Weg der Zweitverwertung der Back-Kataloge15 Der Anstieg der Tonträgerverkäufe ab Einführung der CD ist hierbei zu einem großen Teil der Tatsache geschuldet, dass Konsumenten ihre Platten-Sammlungen mit CDs ersetzten.16
„Neuproduktionen befanden sich damit in Konkurrenz zu der gesamten auf einmal auf Tonträgern gebrachten Musikgeschichte, gegen die sie sich behaupten mussten.“17 Das Erfolgsrisiko wuchs noch einmal und die Industrie reagierte mit einer steigenden Zahl von Veröffentlichungen. Die Lebenszyklen einzel...

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung
  2. 1.2 Zielsetzung
  3. 1.3 Aufbau
  4. 2. Vom Tonträger zur Audiodatei
  5. 2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen
  6. 2.3 Produkte der Copyright Industry
  7. 2.4 Information und Copyright
  8. 2.5 Musikhören als Kulturtechnik
  9. 3. Cloud Music
  10. 3.2 Marktüberblick
  11. 3.3 Hardware und technische Infrastruktur
  12. 3.4 Music Locker
  13. 3.5 Video- und Audio-Portale
  14. 3.6 Musik-Streaming-Dienste
  15. 4. Zusammenfassung und Ausblick
  16. 5. Quellenverzeichnis
  17. 6. Endnoten