ENRICO RODOLFO GALBIATI
MARIA
ROSA MYSTICA
MUTTER DER KIRCHE
Die Erscheinungen in Montichiari und Fontanelle
Geschichte, Botschaften, Andachtsübungen
Herausgegeben von
Rosanna Brichetti Messori
und Riccardo Caniato
Mit Beiträgen von
Fratel Ettore
Vittorio Messori
P. René Laurentin
Geleitwort
zur vorliegenden Ausgabe
von der Stiftung „Fondazione Rosa Mistica Fontanelle“
Dieses Buch ist in der vorliegenden Form erstmals 2008 in italienischer Sprache erschienen. Seitdem hat sich manches ereignet, was Fontanelle und Montichiari betrifft und wovon unsere in der ganzen Welt verstreuten Leser in Kenntnis gesetzt werden sollten.
Zunächst einmal hat 2013 der Bischof von Brescia, Msgr. Luciano Monari, die bereits 2001 von seinem Vorgänger Msgr. Giulio Sanguineti erlassene Erlaubnis für den Kult der Rosa Mystica und Mutter der Kirche bestätigt und geregelt, obwohl er zugleich auf den Beschluss der Kongregation für die Glaubenslehre hinwies, wonach zum heutigen Stand der Kenntnisse die Präsenz des Übernatürlichen in den hier geschilderten Ereignissen nicht erwiesen ist.
Dieser Entschluss hat wichtige geistige Früchte getragen.
Erstens wurde dadurch ein besserer Empfang der Pilger möglich, die nach wie vor zahlreich aus allen Ländern der Welt anreisen. Heute können sie nicht nur ungestört an diesem Ort beten, sondern haben auch die Möglichkeit, sich den Sakramenten der Beichte und der Eucharistie zu nähern, worüber sich die Muttergottes sicher freuen wird.
Zweitens hat das pastorale Feingefühl des Bischofs und seines Delegierten dabei geholfen, die gut sechzigjährige Tradition des Gebets, die sich im Geist der Muttergottes unter den Titeln „Rosa Mystica“ und „Mutter der Kirche“ herausgebildet hat, ohne Bruch und ohne Trauma zu übernehmen und am Leben zu erhalten.
Drittens hat diese Normalisierung dazu beigetragen, die Beziehungen zwischen dem Ort, an dem geschichtlich gesehen alles seinen Anfang nahm, und den zahlreichen Orten in der Welt, an denen der Kult Mariens als Rosa Mystica und Mutter der Kirche ganz spontan Fuß gefasst hat, geklärt und vereinfacht. Die Folgen davon werden sich in Zukunft zeigen, aber jetzt schon erscheinen sie recht bedeutsam, wie die beiden internationalen Studienkongresse über die Rosa Mystica gezeigt haben, die 2011 in Bogotá (Kolumbien) und 2013 in Panama stattfanden und an denen Interessenten aus allen Kontinenten, sogar aus Indien und aus Äquatorial-Guinea teilnahmen.
Und schließlich sind die verschiedenen Vereine, die zunächst unabhängig voneinander zum selben Zweck der Förderung der Kenntnis und Verehrung der Rosa Mystica entstanden waren, heute unter dem Dach der Stiftung „Fondazione Rosa Mistica Fontanelle“ vereint worden, der in erster Linie die Aufgabe zukommt, die mit dem Kult verbundenen Orte zu verwalten, der aber auch die Weiterführung der Dokumentation und der Studien über die Ereignisse obliegt, die Fontanelle zu einem Kultplatz gemacht haben. Das bedeutet, dass während an diesem Ort Maria als Rosa Mystica und Mutter der Kirche verehrt wird, zugleich auch weiter über die Vergangenheit und über die gegenwärtigen Früchte dieser Verehrung geforscht wird, um ihren historischen Wahrheitsgehalt und ihre spirituelle Tragweite immer besser zu erfassen. Der unbedingte Gehorsam gegenüber der Kirche bedeutet nämlich nicht, dass man sich dem Hauch des Heiligen Geistes verschließt, wohin auch immer er uns führen will.
Um einen nützlichen Beitrag in diese Richtung zu leisten, hat die Stiftung beschlossen, die Neuausgabe des vorliegenden Buches in mehreren Sprachen zu veranlassen, damit es weitere Verbreitung finden kann.
Dieses Buch kann der Sache der Rosa Mystica, aber auch der Marienverehrung im Allgemeinen, nur dienlich sein, denn es ist das ernsthafte und gut dokumentierte Werk einer der repräsentativsten Gestalten der ambrosianischen Kirche, zugleich eines der größten Bibelforschern des zwanzigsten Jahrhunderts, Msgr. Enrico Rodolfo Galbiati (1914-2004). Wie der Leser feststellen wird, untersuchte Galbiati die Ereignisse von Montichiari und Fontanelle eingehend und bezeugte sie mit aller Glaubenskraft und Kompetenz, die für ihn typisch waren. Deshalb wird in Zukunft niemand, der sich ernsthaft mit diesem Thema befassen möchte, von diesem Werk absehen können.
Wie in der Ausgabe von 2008 wird der Text von Msgr. Galbiati auch in dieser Neuauflage von einigen kleineren aber interessanten Beiträgen begleitet. Da sie ebenfalls von Fachleuten stammen, werden sie dienlich sein, um das immerwährende und liebevolle Wirken der heiligen Jungfrau Maria im Herzen jedes Gläubigen zu beleuchten.
Möge Maria, Rosa Mystica und Mutter der Kirche, uns alle segnen!
Fondazione Rosa Mistica Fontanelle
EINLEITUNG
von Rosanna Brichetti Messori und Riccardo Caniato
Die Fakten in wenigen Worten
Es gibt einen Ort in der Lombardei, im Raum Brescia, dessen Ruhm weltweit immer mehr anwächst. Ein kleiner Ort. Eine Handvoll bescheidener Häuser inmitten der weiten Ebene, zwischen Wiesen und Kornfeldern. Ein hübscher Ort, aber nichts Besonderes; ganz sicher sieht er nicht nach einem Touristenort aus. Er besitzt auch keine Kunstschätze, die die ständig wachsende Zahl der Besucher erklären könnten, die an den schönen Frühlingstagen, aber auch in der Hitze des Sommers, im herbstlichen Nebel und in der Kälte des Winters hierher reisen.
Warum tun sie es also? Es ist schnell gesagt: Dieser Ort ist Zeuge außerordentlicher Ereignisse geworden und bewahrt die Erinnerung daran. Ereignisse, die das Herz der Menschen in der Tiefe berühren und Freude, Zuversicht, Mut hervorrufen. Jener Ort, so sagt man, und immer mehr Menschen glauben es, hat Maria gesehen – zum ersten Mal am 17. April 1966, einem Weißen Sonntag, als sie eine kleine baufällige Steintreppe herunterkam. Jener Ort hat sie aufgenommen, und sie hat dort eine Quelle mit ihrer heiligen Hand berührt und versprochen, dass diese Quelle durch Gottes Barmherzigkeit und durch ihre mütterliche Fürsprache zu einer „Quelle der Barmherzigkeit und der Gnade“ werden solle, die den Leib und das Herz vieler Menschen gesund machen werde.
Doch jener Weiße Sonntag, genau jener Tag, den viele Jahre später Papst Johannes Paul II., den Visionen von Schwester Faustyna Kowalska folgend, zum Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit erklären sollte, war, so sagen viele, in Wirklichkeit nur ein Gipfelpunkt, die Spitze eines Eisbergs. Schon vorher nämlich, aber auch danach noch, hatte es in dieser Ortschaft eine ganze Reihe von Marienerscheinungen gegeben, vermittelt durch eine Seherin: Pierina Gilli.
Alles hatte 1944 seinen Anfang genommen, als Pierina in Brescia Postulantin bei den „Dienerinnen der Nächstenliebe“ war und infolge einer Gehirnhautentzündung im Koma lag. Damals erschien ihr die Gründerin jenes Ordens, die selige Maria Crocifissa Di Rosa, und ließ sie geheilt wieder aus dem Koma erwachen. Dieser besondere Schutz der Ordensgründerin sollte sich auch in späteren Jahren immer wieder offenbaren. Die selige Maria Crocifissa, die 1954 von Papst Pius XII. heiliggesprochen wurde, sollte nämlich in einem gewissen Sinn zur Führerin werden, die Pierina während ihrer ersten Marienerscheinungen leiten sollte. Diese begannen am 24. November 1946 im Krankenhaus von Montichiari, wo die Seherin damals arbeitete. Doch sollte die selige Ordensgründerin auch später noch für Pierina eine Stütze und ein Trost in den vielen Schwierigkeiten sein, die ihr Leben begleiteten. Jener ersten Erscheinung sollten bis zum 8. Dezember 1947 sechs weitere folgen – noch zwei im Krankenhaus und vier im Dom von Montichiari. In ihrer Gesamtheit bilden diese Erscheinungen ein Vorspiel auf die späteren Marienerscheinungen.
Maria, die Rosa Mystica – so wollte sie in Montichiari genannt werden – wird in ihren Botschaften erklären, dass sie gekommen sei, um den Glauben und die Beständigkeit speziell der gottgeweihten Menschen zu stärken; der Priester und Ordensleute also, die leider nur allzu oft nicht im Einklang mit der Berufung leben, die ihnen geschenkt wurde. Deshalb fordert Maria, durch Pierina, eine erneuerte und glühendere Verehrung für sich, für die „mystische Rose“, die „Mutter Jesu und Mutter der Kirche“, um dadurch jene gottgeweihten Seelen, die lau geworden sind, wachzurütteln und zu bekehren und ihr Herz zu verwandeln, auf dass es dem Herzen ihres Sohnes ähnlich werde. In ihren Erscheinungen nimmt Maria ausdrücklich Bezug auf ihre anderen Erscheinungen in Fatima und in Ghiaie di Bonate; sie besteht auch darauf, dass ihre Botschaften dem Papst (damals Pius XII.) zur Kenntnis gebracht werden.
Es war damals, in einer Zeit, als die Kirche noch fest und unerschütterlich zu sein schien, sicher nicht leicht zu verstehen, wie viel Wahrheit in den Worten Mariens über den „Verrat“ der gottgeweihten Menschen steckte, von dem wir heute wissen, dass er in nennenswertem Maße erst zwei Jahrzehnte später stattfand. Tatsache ist, dass viele Menschen der Pierina Glauben schenkten; doch gerade die, die kraft ihres Amtes den Botschaften Mariens zu breiter Akzeptanz hätten verhelfen können, schwiegen.
So musste die Seherin vieles ertragen, wurde viel angefeindet; fand jedoch auch Hilfe und Unterstützung bei manchen Priestern, Ordensleuten und Laien. Die Erscheinungen setzten sich fort: Über die Jahre empfing Pierina immer mehr private Offenbarungen durch Maria, doch auch Jesus, die Engel und manche Heilige statteten ihr Besuche ab, darunter auch die kleinen Jacinta und Francisco von Fatima. Langsam zeichnete sich eine neue Entwicklung ab. Die Rosa Mystica bereitete Pierina nämlich auf neue Erscheinungen vor, die diesmal in der Öffentlichkeit stattfinden sollten, und zwar an einem Ort auf dem Lande, unweit von Montichiari, an dem einige natürliche Quellen entspringen und der deshalb als „Le Fontanelle“ (wörtlich: die Quellchen) bekannt war.
Diese Erscheinungen, die dann auch stattfanden, waren insgesamt vier an der Zahl. Alle ereigneten sich an Tagen, die für die Liturgie sehr wichtig sind. Die erste, wie wir schon gesehen haben, am 17. April 1966, in jenem Jahr der Weiße Sonntag; die zweite am 13. Mai, dem Jahrestag von Fatima; die dritte am 9. Juni, dem Fronleichnamsfest; die vierte und letzte am 6. August, Fest der Verklärung des Herrn. In diesen vier Erscheinungen stellt Maria sich weiterhin als „Rosa Mystica“ vor und nimmt ausdrücklich Bezug auf ihre Erscheinungen von 1947; doch richtet sie ihre Botschaft jetzt an alle Gläubigen. Beim ersten Mal berührt sie die Quelle mit ihrer heiligen Hand und erklärt, welch großes Geschenk sie sei; im Zuge ihrer späteren Erscheinungen lenkt sie dann die Aufmerksamkeit der Seherin auf verschiedene Aspekte des Glaubens, von der Liebe Gottes, zum großen Geschenk der Eucharistie, bis hin zu Themen wie Gebet, Opfer, Buße und die Rolle, die ihr selbst als Mutter zukommt, die fortwährend für uns bittet.
Doch auch bei diesem zweiten Zyklus von Erscheinungen wird die Seherin kaum mehr Beachtung in der kirchlichen Hierarchie finden, als beim ersten Mal. Und dennoch, auch diesmal vertrauten viele, die Pierinas Güte, Demut und Einfachheit kannten, und darunter nicht wenige Priester und sogar Bischöfe, ihrem sensus fidei und beschlossen, die Botschaften der Rosa Mystica ernst zu nehmen. So verbreitete sich Tag für Tag und Jahr für Jahr die Kunde von einem neuen Lourdes, diesmal in Italien, und die Gläubigen versuchten auch den Anweisungen Mariens zu folgen und als erstes den Ort etwas besser herzurichten, indem sie z.B. ein Becken anbrachten, um das Wasser der Quelle aufzufangen, und ein Schattendach für die Gläubigen, die herbeiströmten um hier zu beten und in das heilbringende Wasser einzutauchen. Viele trugen dazu bei, den neuen Gnadenort über die Grenzen Italiens hinaus bekannt zu machen. Am eifrigsten setzte sich wohl Pater Thaddäus Laux dafür ein, ein deutscher Ordensmann, der von der Wahrheit der Botschaften der Rosa Mystica tief überzeugt war und bald zu ihrem eifrigen Apostel wurde. Schließlich gibt es in solchen Fällen nichts Wirkungsvolleres als die Mundpropaganda der Gläubigen, die von ihren Erlebnissen an dem Gnadenort berichten und dadurch in ihren Freunden und Bekannten den Wunsch wecken, ebenfalls dorthin zu reisen. Es ist wie ein großes Echo, das immer weitere Kreise zieht.
So findet die Verehrung Mariens, der Rosa Mystica, im Stillen zwar, doch unaufhaltsam, Eingang in das Glaubensleben der Menschen; in Italien, aber vor allem auch im Ausland. Zunächst ist es nur ein kleines Rinnsal, doch bald schon ein reißender Strom, der die Pilger immer zahlreicher und von immer ferneren Orten hier zusammenführt: aus Europa, aber auch aus Amerika, Afrika, Asien; kurz: aus der ganzen Welt.
An erster Stelle Priester:
ein Portrait von Msgr. Galbiati
Unter den zahlreichen Pilgern befindet sich eines Tages, Anfang 1989, auch ein international bekannter Gelehrter: Msgr. Enrico Rodolfo Galbiati. Er hat von den Ereignissen in Fontanelle gehört und ist nun gekommen, um sich selber ein Bild von dieser Geschichte zu machen. Msgr. Galbiati ist ein renommierter Bibelexperte, der wegen seiner Studien und seiner großen Erfahrung weltweit geschätzt ist. Er hat über dreihundert Veröffentlichungen geschrieben, nach der Zählung seiner Biographen.
Msgr. Galbiati lernte schon als Kind Hebräisch, indem er von selbst die Bücher seines Bruders las, der ins Priesterseminar eingetreten war. Im Laufe seines Lebens erlernte er ganze fünfundzwanzig Sprachen, mit Vorliebe solche, die etwas mit der Heiligen Schrift zu tun haben. Seine Liebe zur Bibel hat er in den Jahren seiner Lehrtätigkeit an der Katholischen Universität „Sacro Cuore“ in Mailand, aber auch als Doktor an der Ambrosianischen Bibliothek und später als Präfekt derselben immer wieder bewiesen. Sein Leben brachte er damit zu, jene Schriften zu durchleuchten, auf denen der christliche Glaube gegründet ist, und ihre Wahrhaftigkeit, ihren Wert, ihren Reichtum, ihre Beziehungen zum geschichtlichen Kontext, in dem sie entstanden sind, zu bewerten. Er besaß die Fähigkeit, jeden Satz abzuwägen, jedes Wort, um etwaige Widersprüche und jeden sprachlichen, geschichtlichen, kulturellen und geistigen Nachklang aufzudecken.
Doch dieses Bild eines begeisterten und ernsthaften Gelehrten wird der Person von Msgr. Enrico Rodolfo Galbiati nur teilweise gerecht. Jeder, der ihn kennengelernt hat, erwähnt auch seine anderen Eigenschaften.
Seine großen menschlichen Eigenschaften zum Beispiel, denn er war sehr zuvorkommend und aufmerksam, seinen Studenten gegenüber genauso wie zu den Besuchern der Ambrosianischen Bibliothek, denen er mit großer Hilfsbereitschaft zur Seite stand. Sein großes Herz führte ihn als Priester dazu, auch die orientalischen Liturgien zu vertiefen, und zwar so weit, dass er Archimandrit wurde und dank einer Sondergenehmigung in der Kirche San Maurizio in Mailand die heilige Messe für die albanischen Einwanderer feiern durfte. Er unterhielt auch fruchtbare Freundschaftsbeziehungen mit verschiedenen jüdischen Brüdern, die er auf seinen Reisen ins Heilige Land kennengelernt hatte, welches er oft besuchte, sowohl auf privaten Studienreisen als auch, so lange seine Kräfte es ihm erlaubten, als hochgeschätzter Begleiter von Pilgergruppen.
Sein Glaube war tief in ihm verwurzelt, sicherlich auch dank seiner Forschung und seiner tiefen Bibelkenntnisse; und trotzdem blieb er immer einfach und kindlich, zugleich aber sehr stark, wie die letzten, von Krankheit geprägten Jahre seines Lebens zeigen sollten: Eine Reihe von Schlaganfällen brachten ihn in den Rollstuhl, machten ihn taub und zu guter Letzt auch noch stumm; dabei blieb er jedoch immer geistig hell, geduldig, zu allen freundlich, ein Vorbild für die Pfarrgemeinde, die ihn am Ende seiner Gelehrtenlaufbahn mit aufrichtiger Freude aufgenommen hatte. Es war dieselbe Gemeinde, in der er in der Jugend seine erste heilige Messe gefeiert hatte, und als deren Mitglied er im März 2004 verstarb.
Monsignor Galbiati war gewiss ein außergewöhnlicher Mensch. Ein Mensch, der viel Zeit über schwerverständlichen antiken Büchern zubrachte, geschrieben in einer Sprache, die wohl nur wenige auf der Welt überhaupt hätten lesen können. Zugleich aber auch ein Mensch, der durchdrungen war von einem einfachen und demütigen Glauben, der es ihm ermöglichte, auch die in einer schlichten, alltäglichen, mit grammatikalischen Fehlern gespickten Sprache geschriebenen Tagebücher der Pierina Gilli ernst zu nehmen, sobald er von ihnen erfuhr. Die Seherin von Fontanelle hatte diese Tagebücher auf Empfehlung ihres Seelenführers geschrieben. In ihnen hatte sie nicht nur alle öffentlichen Erscheinungen notiert, sondern auch die zahlreichen privaten Offenbarungen, die der Seherin im Laufe ihres Lebens zuteil geworden waren und die dazu beitragen, die Botschaft der Rosa Mystica zu bereichern.
„Kümmer du dich um Fontanelle“:
der Auftrag des Abbé Laurentin
Msgr. Galbiati hatte von den Erscheinungen auf dem Lande bei Brescia erfahren, als er zufällig einige der eifrigsten Befürworter der Sache der Rosa Mystica kennenlernte. Diese Begegnung hatte ihn beeindruckt und nach einem ersten Besuch vor Ort kam in ihm der Wunsch auf, der Sache auf den Grund zu gehen. Er suchte Pierina Gilli auf und arrangierte auch ein Treffen mit dem bekannten Mariologen René Laurentin. Die Begegnung fand am 4. Februar 1990 in Montichiari statt. Galbiati und Laurentin kannten sich bereits von früher, denn sie hatten beide am Zweiten Vatikanischen Konzil teilgenommen; Laurentin als Beobachter und Galbiati als Experte im Team von Msgr. Giovanni Colombo, dem damaligen Erzbischof von Mailand.
Laurentin hatte eine positive Einstellung zur Frage der Authentizität der Erscheinungen der Rosa Mystica, war jedoch selber zu sehr damit beschäftigt, anderen Marienerscheinungen auf der ganzen Welt nachzuspüren. Deshalb forderte er seinen Freund, den er als Theologen und Bibelexperten schätzte, dazu auf, die Tagebücher der Seherin und die vielen anderen Zeugnisse zu untersuchen. Msgr. Galbiati machte sich ans Werk und stellte innerhalb kurzer Zeit dieses Buch zusammen, das wir hier vorstellen wollen. Es handelt sich um ein wertvolles Zeugnis, wenn man bedenkt, von welch autoritätsvoller Stelle es kommt. Galbiati hatte es zwar zunächst anonym verfasst, weil er in seinem großen kirchlichen Verantwortungsbewusstsein nicht den örtlichen Bischof übergehen wollte, dem das Urteil über die Ereignisse als Erstem zustand. Doch kann es keinen Zweifel darüber geben, wer der Autor ist, denn im Archiv des Vereins „Associazione Rosa Mistica“ wird das Manuskript aufbewahrt, welches Galbiati seiner Gewohnheit entsprechend eigenhändig in seiner deutlichen und charaktervollen Handschrift verfasste. In diesem Schreiben scheut er sich nicht, recht deutlich Stellung zu beziehen und seine Meinung durc...