Soziale Bewegung und Protest
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Soziale Bewegung und Protest

Vom Wert der Begegnung: Interaktionssoziologische Perspektiven auf das Weltsozialforum

  1. 280 Seiten
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Soziale Bewegung und Protest

Vom Wert der Begegnung: Interaktionssoziologische Perspektiven auf das Weltsozialforum

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Warum treffen sich soziale Bewegungen? Dieser Frage geht Rainald Manthe am Beispiel der transnationalen Bewegungskonferenz des Weltsozialforums nach. Mithilfe einer interaktionssoziologischen Perspektive zeigt er auf, welche Eigenleistungen die Sozialform der (physischen) Interaktion für das Zustandekommen und den Erfolg der Treffen sozialer Bewegungen erbringt. Hierzu analysiert er, wie eine fragile Interaktionsordnung konstruiert, Verstehen ermöglicht und Zusammenhalt geschaffen wird - und dadurch Alternativen lebbar werden. Dabei wird deutlich, dass es nicht nur bei sozialen Bewegungen einen Eigenwert hat, sich leibhaftig zu treffen, anstatt über technische Medien zu kommunizieren.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783732856169

1.Einleitung


a)Die Magie des Weltsozialforums

Magisch. So beschreiben Blau und Moncada die Weltsozialforen: »There is an air of uncompromising, no-nonsense seriousness – there is work to be done – yet, the Forums have an atmosphere of vibrant youthful utopianism.« (Blau & Moncada 2008: 2)
Solche Beschreibungen finden sich auf ähnliche Weise auch immer wieder in meiner Feldforschung. Eine Interviewpartnerin1 bezeichnete die Atmosphäre als »sauschön« (Interview 1), durchsetzt von Momenten der Euphorie und Energie (ebd.). Die Atmosphäre auf dem vorherigen Weltsozialforum beschreibt sie sogar als »sehr ausgelassen, total positiv, neugierig [und] euphorisch« (ebd.). Ein »ständiges Zusammenwirken« gibt eine Teilnehmerin aus Lateinamerika zu Protokoll, seien die Treffen (Interview 7). In den Workshops, die ein zentraler Bestandteil der Weltsozialforen sind, empfand eine andere Teilnehmerin einen »Raum für offene Diskurse« (WSF 2015 – Auswertungstreffen).
Menschen sind fasziniert vom Weltsozialforum, dem transnationalen Großtreffen sozialer Bewegungen, das 2001 als Experiment gestartet ist. Sie schreiben ihm positive Attribute zu. Doch diese Faszination beginnt sich abzunutzen. Es gibt viel Kritik an der Organisation, Durchführung, Schwerpunktsetzung, Instrumentalisierung, Machstrukturen und Wirkung der Treffen, vor allem von (langjährigen) Beteiligten (Mestrum 2017; Müller 2018). Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander. Aber wie sieht diese Wirklichkeit eigentlich aus? Es gibt ein Ungleichgewicht zwischen vielen normativen – entweder affirmativen oder ablehnenden – Texten und wenigen empirischen Studien zum Weltsozialforum (siehe aber Schroeder 2015; Fiedlschuster 2018). Es wurde viel geschrieben über dieses Ereignis, aber recht wenig geforscht.
Als das Weltsozialforum 2001 zum ersten Mal stattfand, war die Weltlage eine andere als heute. Die Linke befand sich in Aufbruchsstimmung: Große, medienwirksame Proteste gegen die Welthandelsorganisation (WTO) 1999 in Seattle (die als »the battle of Seattle« in die Geschichte der globalisierungskritischen Bewegung eingingen) und gegen ein Treffen der G8 in Genua sowie die Erfolge linker und linkspopulistischer Regierungen in Lateinamerika schürten Hoffnung. So startete das Weltsozialforum mit dem Slogan »Eine andere Welt ist möglich« und dem Anspruch, die Spaltungen in der Linken durch ein neues Veranstaltungsformat zu überwinden: den Open Space (ausführlich: Kapitel 4). Es sollte ermöglichen, Alternativen zu einer rein wirtschaftlichen Globalisierung, wie sie etwa auf dem zu Anfang zeitgleich stattfindenden Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum, WEF) in Davos verhandelt wurde, zu diskutieren und auszuprobieren.
Die Weltsozialforen sind Großtreffen sozialer Bewegungen, die eine andere Globalisierung jenseits einer kapital- und konsumgetriebenen verhandeln. Hier treffen sich vor allem globalisierungskritische soziale Bewegungen, Einzelpersonen, Intellektuelle, Aktivist*innen und Nichtregierungsorganisationen (NGO) unter Ausschluss von Partei- und Staatsvertreter*innen. Workshops und Seminarveranstaltungen – tausende pro Treffen – stehen im Mittelpunkt der Veranstaltungen. Während die Treffen in den 2000er Jahren bis zu 150.000 Teilnehmende anzogen, hat sich die Zahl nach 2010 auf ca. 30.000 eingependelt. Auffallend ist die sprachliche und kulturelle Heterogenität der Teilnehmenden sowie die Breite ihres Aktivismus: Spanischsprachige Menschen aus Südamerika treffen auf Englisch oder Französisch sprechende Aktivist*innen aus Europa, auf nordamerikanische Gewerkschafter*innen, auf afrikanische NGO-Mitarbeiter*innen, auf indische Intellektuelle. Diese Heterogenität wird schnell sicht- und erlebbar: Die Treffen sind vielsprachig, bunt und wuselig – am ehesten können sie beschrieben werden als eine Mischung aus Festival und Konferenzbetrieb.
Im Jahr 2018 ist von dieser Aufbruchsstimmung wenig übrig (vgl. z.B. Manthe 2018). Nicht erst auf dem Weltsozialforum in Salvador da Bahia im März 2018 ist die Hoffnung großer Alternativen reinen Abwehrkämpfen gewichen. Die Kämpfe richten sich gegen Unterdrückung, gegen Morde, gegen den Klimawandel und gegen die Verbreitung des Rechtspopulismus. Debatten über Ausrichtung und Notwendigkeit der Großtreffen gibt es seit ihrem Beginn, aber in letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die das Forum ersatzlos abschaffen wollen (Müller 2018). Ob und in welcher Form das Treffen eine Fortsetzung findet, ist derzeit nicht bekannt. Gleichwohl hat es so einige Tiefpunkte überlebt und erfreut sich erstaunlich großer Beliebtheit und Unterstützung. Die »Magie« der Weltsozialforen scheint nicht vollständig erloschen. Was vielen Beobachter*innen der Weltsozialforen fehlt, ist das Gefühl von Folgenreichtum: Die Weltsozialforen führen nicht merkbar zum proklamierten Ziel: »Another world is possible.« Die Welt verändert sich durch sie kaum, aufreibenden und langwierigen Treffen zum Trotz. Diese perzipierte Folgenlosigkeit kontrastiert mit der schwer fassbaren Faszination für die Treffen.

b)Warum treffen sich soziale Bewegungen?

Die Weltsozialforen stehen in der Kritik, nicht erst in den letzten Jahren. Und doch finden sie bis jetzt immer wieder statt – trotz erheblichen Aufwands und intensiver Kosten. Der empirische Fall des Weltsozialforums verweist auf ein breiteres soziologisches Rätsel, das nicht hinreichend geklärt ist: Warum kommen so viele Menschen freiwillig zusammen, ohne, dass klare Folgen erkennbar sind und obwohl ihre Opportunitätskosten hoch sind? Diese Frage stellt sich für viele Aktivitäten sozialer Bewegungen. Kurzgefasst:
Warum treffen sich soziale Bewegungen?
Es gibt verschiedene Kategorien von Treffen sozialer Bewegungen. Während bei Planungstreffen, in der Literatur je nach Akteurskonstellation häufig Micro- oder Mesomobilization genannt (Gerhards & Rucht 1992), die Zwecke des Treffens klar erscheinen (Planung von Aktivitäten, Vernetzung für dauerhafte oder punktuelle Zusammenarbeit), ebenso auf Demonstrationen (Darstellung von Protest), sind die Gründe für Bewegungskonferenzen unklarer. Sie sind gewissermaßen unwahrscheinliche Ereignisse, da ihr Nutzen für Einzelne, für die sozialen Bewegungen und für Gesellschaft bestenfalls diffus und schlimmstenfalls unklar ist. Noch unwahrscheinlicher sind globale Bewegungskonferenzen wie das Weltsozialforum: Bei sehr hohen (Opportunitäts-)Kosten ist der Nutzen kaum klar zuweisbar.
Die vorrangig zuständige Bewegungsforschung hat auf diese Frage bisher keine hinreichenden Antworten gegeben. Sie stellt zwar fest, dass soziale Bewegungen sich ständig treffen, allerdings folgt daraus kein Forschungsprogramm. Die in Europa führenden Bewegungsforscher*innen Dieter Rucht und Donnatella della Porta bemerken treffend: »Although social movements activists do protest in the street, most of their political life is spent in meetings: they act a lot, but they talk even more.« (Della Porta & Rucht 2013b: 3) Soziale Bewegungen interagieren ständig face-to-face, obwohl Äquivalente wie soziale Medien oder Social-Movement-Organizations zunehmend leicht und billig verfügbar sind. Warum ist Interaktion so wichtig für soziale Bewegungen?
Eine mögliche Erklärung könnte darin bestehen, dass die Beteiligung an den Treffen sozialer Bewegungen größere persönliche und/oder politische Effekte hat: Man kommt positiv verändert aus diesen Treffen zurück, etwa gestärkt und motiviert, und/oder man verändert durch seine Teilnahme ein Stück weit die Welt. Diese Effekte rechnen die Teilnehmenden ihren eigenen Präsenz zu. Während dies bei Protestaktionen und Demonstrationen vielleicht noch konstruierbar ist, sind die Effekte der Treffen sozialer Bewegungen kaum zurechenbar. Nicht umsonst gibt es nur spärlich Literatur zu den »Konsequenzen« sozialer Bewegungen auf Biographien, auf Werte und auf politische Entwicklungen (siehe dazu neu und in den Beiträgen sehr kleinteilig: Bosi et al. 2016; Cox 2018).
Die Wirkungen sozialer Bewegungen – externe wie interne – sind schwer zu bestimmen. Das gilt für die Beteiligten wie auch für Forschende. Aufseiten der Beteiligten führt dies umso mehr dazu, dass die Treffen zu unwahrscheinlichen Angelegenheiten werden: Wenn den potentiellen Teilnehmenden unklar ist, warum sie mitmachen sollten, zumal gleichzeitig verbunden mit hohen Kosten, warum sollte man dann überhaupt teilnehmen? Was ist es, das dazu führt, dass aus dem Weltsozialforum 2001 in Porto Alegre ein Plural an Weltsozialforen geworden ist?
Auch »Magie« ist ein soziologisch schwer fassbares Konzept und fällt somit als Erklärung aus. Was die Treffen sozialer Bewegungen jedoch eint, ist, dass sie als face-to-face Interaktion stattfinden. Hierin könnte eine Antwort auf die Frage liegen, warum soziale Bewegungen sich treffen. Meine These ist, dass die Sozialform Interaktion etwas birgt, das mit anderen Konzepten nicht erfasst werden kann und das zur Aufklärung meiner Frage hilfreich ist. Die interaktiven Bedingungen für das Zustandekommen und das Stattfinden der Weltsozialforen sind es, die mich in dieser Arbeit interessieren.
Interaktion, also Kommunikation unter Anwesenden (Kieserling 1999), ist das zentrale Konzept dieser Arbeit. Sie meint dabei nicht Wechselwirkung – eine häufig verwendete Bedeutungsebene (Näheres in Kapitel 2), sondern die Kommunikation unter sich gegenseitig als anwesend wahrnehmenden Anwesenden (Luhmann 2009b [1975]).
Im Gegensatz zu Ansätzen, die etwa nach den Outcomes der Treffen sozialer Bewegungen fragen, oder solchen, die auf individuelle Teilnahmemotivationen abzielen, fragt das Konzept der Interaktion, was auf den Treffen geschieht. Mehr noch: Ein starker Interaktionsbegriff, wie ihn etwa Luhmann (ebd.) und Goffman (1983) vorschlagen und mit dem ich arbeite, laboriert mit der These der Unhintergehbarkeit der Interaktion. Die Kommunikation unter Anwesenden bildet eine eigene Ebene von Sozialität, die eigenen Regeln folgt, welche nicht etwa durch die Rollen der Interaktionsteilnehmenden, ihre Motive oder die weltpolitische Lage vorhersagbar sind. Interaktion ist nicht vollständig auf andere Sozialformen zurückführbar, sie entfaltet ihre ganz eigenen Dynamiken und folgt eigenen Regeln.
Damit wird Interaktion in dieser Arbeit als ein Konzept herausgearbeitet, das zur Erklärung der Treffen sozialer Bewegungen beitragen kann. Es geschieht etwas auf der Ebene von Interaktion, das bisher kaum analytisch betrachtet wurde und das so stark ist, dass sich soziale Bewegungen weiterhin face-to-face treffen.
Diese Arbeit fragt, warum sich soziale Bewegungen treffen und untersucht dies anhand des globalen Interaktionsphänomens Weltsozialforum. Die konkrete Untersuchungsfrage lautet:
Warum finden Treffen wie die Weltsozialforen trotz ihrer Unwahrscheinlichkeit statt?
Mit der These, dass die Sozialform Interaktion, in der die Treffen stattfinden, etwas damit zu tun hat, ergeben sich folgende Unterfragen:
Wie wird auf den WSF interagiert?
Welche Interaktionsprobleme stellen sich und wie werden sie gelöst?
Welche Leistungen stellt Interaktion für die Treffen bereit?

c)Übersicht über das Buch

Meiner Frage werde ich wie folgt nachgehen: Im folgenden Kapitel (2) entfalte ich meinen Hauptbegriff – face-to-face Interaktion – und grenze ihn von verwandten Begriffen wie Telekommunikation ab. Interaktion ist eine soziale Ebene eigener Ordnung, und mit einem interaktionssoziologischen Blick rücken so andere Phänomene in den Blick als im Rückgriff auf andere Konzepte.
Inwiefern die Forschung zu sozialen Bewegungen bereits Interaktionsphänomene erfasst, mit welchen Mitteln sie diese betrachtet und welche Leerstellen es gibt, führe ich im darauffolgenden Teil aus (3).
Was ist das Weltsozialforum, welche (Vor-)Geschichte hat es und welche Debatten werden um diese Großtreffen sozialer Bewegungen geführt? Darum geht es im vierten Kapitel. Wie untersucht man dieses Feld am besten, um Interaktion auf die Spur zu kommen? In Kapitel fünf führe ich aus, warum ein ethnographisches Vorgehen sich anbietet und wie ich vorgegangen bin, mit allen Vorteilen und Problemen dieser Vorgehensweise.
Im sechsten Kapitel beginnt die Reise zum Weltsozialforum – mit einigen Hürden. Was muss geschehen, damit die Treffen stattfinden? Welche Unwahrscheinlichkeitsschwellen müssen dafür übersprungen werden?
Im folgenden Kapitel (7) argumentiere ich, dass die Weltsozialforen es schaffen, eine besondere, auf Aufmerksamkeit und Offenheit gepolte Interaktionsordnung hervorzubringen. Diese sattelt auf verschiedenen, bekannten Mustern auf, findet jedoch keine Entsprechung in den Lebenswelten der Teilnehmenden und ist deswegen auf vielfache Aushandlungsprozesse angewiesen und fragil. Dies ist die erste Leistung der Sozialforum Interaktion für die Weltsozialforen.
Die zweite Leistung (Kapitel 8) ist das Verstehen. Hierbei kann zwischen Sprachverstehen, Situationsverstehen und kognitivem Verstehen unterschieden werden. Verstehen generiert noch keine Zusammengehörigkeit – eine Verstehensfiktion ist allerdings eine Vorbedingung für eine Zusammengehörigkeitsfiktion. Dafür muss ein gewisses Maß an Sprachverstehen sichergestellt werden, worauf kognitives Verstehen zumeist basiert. Situationsverstehen dagegen erfolgt stärker nonverbal, im Vergleich zu anderen, ähnlichen Situationen. Das Verstehensproblem kommt einerseits interaktiv ganz anders auf als etwa online oder im heimischen Lehnstuhl: Man kann sich ihm schlecht entziehen, und wenn man schon einmal anwesend ist, kann man sich auch um Verständigung bemühen. Andererseits finden sich in face-to-face-Interaktion auch schneller Lösungen, nicht nur aus schierer Notwendigkeit, sondern weil die Möglichkeit besteht, zur Not mit Händen und Füßen zu übersetzen. Insofern ist Verstehen eine Leistung, die erst notwendig wird, weil die Treffen überhaupt stattfinden. Gleichzeitig ist es aber auch eine Leistung, die zum Gelingen der Treffen beitragen und deren Mittel zum Teil auf den Treffen selbst bereitgestellt werden.
Die dritte Leistung (Kapitel 9) ist die Herstellung von Zusammengehörigkeit. Diese erfolgt in Interaktion häufig über eine Zusammengehörigkeitsfiktion, über eine Fiktion von Gleicherleben und Gleichfühlen, vom gemeinsamen Hineingezogensein in eine Situation. Darüber hinaus verläuft die Konstruktion von Zusammengehörigkeit etwa anhand sozialer Kämpfe als verbindendes Element. Die interaktiven ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
  6. Prolog
  7. 1. Einleitung
  8. 2. Interaktion als analytische Brille
  9. 3. Interaktion als Kategorie für soziale Bewegungen
  10. 4. Das Weltsozialforum
  11. 5. Das Weltsozialforum untersuchen
  12. 6. Die Unwahrscheinlichkeit der Weltsozialforen
  13. 7. Leistung I: Die Interaktionsordnung(en) des Weltsozialforums
  14. 8. Leistung II: Verstehen
  15. 9. Leistung III: Zusammengehörigkeit schaffen
  16. 10. Leistung IV: Alternativen Leben
  17. 11. Fazit
  18. Epilog: Face-to-Face Interaktion nach Corona
  19. Liste zitierter Quellendokumente
  20. Literaturverzeichnis