Die Liebe des Plato
eBook - ePub

Die Liebe des Plato

Eine galizische Geschichte

  1. 112 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Die Liebe des Plato

Eine galizische Geschichte

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Das Geschlecht zu wechseln, um dem Geliebten zu gefallen, ist seit Shakespeare ein ergiebiger Gegenstand der Literatur. Sacher-Masoch unterlegt das Motiv mit seiner eigenen Typologie der Geschlechter, die auch der berühmten Erzählung Venus im Pelz zugrunde liegt: Die Frauen sind zu wahrer Liebe nicht fähig. In "Venus im Pelz" ersetzt der Held deshalb Liebe durch Unterwerfung, in "Die Liebe des Plato" entsagt der junge Graf Tarnow vollständig der Liebe der Frauen – und wird deshalb zum Gegenstand einer raffinierten Täuschung. Schließlich spielt er wider besseres Wissen sogar mit in diesem Spiel, da er seinen "Anatol" nicht verlieren will.Michael Gratzke hat mit viel Sorgfalt eine Neuausgabe dieser seit langem nicht mehr lieferbaren Erzählung besorgt und kenntnisreich kommentiert. Aufgrund seiner galizischen Wurzeln verkörpert Sacher-Masoch eine literarische Tradition, die im modernen Europa verschüttet ist. So ist vor allem eine zauberhafte Prosa wiederzuentdecken, die den Leser auf ihre eigene Weise in die Welt schneidiger Offiziere, rauschender Ballkleider und flackernder Kerzen entführt.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Die Liebe des Plato von Leopold von Sacher-Masoch, Michael Gratzke im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Literatur & Historische Romane. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2012
ISBN
9783863001117
BRIEFE AN MEINE MUTTER
Den 7. December.
Liebe Mutter!
Ich bin glücklich angekommen und befinde mich wohl, aber dabei ist es mir recht einsam und – ich schäme mich nicht, es zu gestehen – recht bange. Du weißt ja, daß ich den Soldatenrock angezogen habe, um in dem Lande, dessen Bürger ich bin, einen Beruf zu erfüllen, nicht aber, um den Helden zu spielen. Ich habe Heimweh und ein heftiges, tiefes Heimweh nach Dir, aber auch nach jedem alten Möbel, nach jedem halbdunklen Winkel, nach meiner schwarzen Katze, ja sogar nach dem Vater, der mir immer streng und fremd gegenüber gestanden ist. Ich bin eben das erstemal vom Hause fort. Meine Wohnung ist freundlich und bequem eingerichtet, ich habe auch bereits dem Obersten meine Aufwartung und meinen Kameraden Besuche gemacht; der Oberst war ziemlich kühl, die Officiere behandeln mich mit einer beleidigenden Artigkeit. Man läßt es mich fühlen, daß ich mit dem goldenen Porte-épée* in das Regiment kam.
So sitze ich denn Abends allein an dem warmen Ofen, mein Bursch kocht mir das Wasser zum Thee, und ich hänge meinen Gedanken nach und dies sind meine glücklichsten Stunden, denn dann bin ich bei Dir in unserem lieben Hause. Ich brauche nur die Augen zu schließen, und Alles steht lebhaft vor mir. Es ist fünf Uhr, die Stunde, wo wir in Deinem Zimmer den Kaffee nahmen. Anna deckt schon den großen runden Tisch mit dem gelben geblumten Tuch, und Marcin klappert mit den Tassen; ich höre Deine sanfte Stimme – ich höre Alfred und Roman, wie sie die gute Anna necken, sie die heilige Lichtscheere nennen und sie ganz zornig wird. Ich weiß nicht, aber ich kann in diesem Augenblicke weder über ihre vielen Heiligenbilder noch über ihren Myrthenkranz oder ihre Schwärmerei für den Pater Seraphikus* lachen, nicht einmal über den Jungfrauenverein. Marcin sogar in seiner komischen Leidenschaft für die Gouvernante erscheint mir als eine Naturnothwendigkeit, es würde dem alten Hause etwas fehlen, wenn er nicht während dem Serviren die Augen verdrehen und seufzen und während er den Boden wichst und auf seinen Bürsten tanzt, französisch lernen würde. Was macht der Adam, der herrliche Adam, den ich schon als Kind so liebte, der mich allein außer meiner Amme auf dem Arm haben durfte und den ich trotz seinem Stallgeruch, seinen ungewaschenen Händen und seinem von Branntwein rothlackierten Gesicht den schönen Ada nannte. Aber ich thue ihm Unrecht, er hat doch einmal seine Hände gewaschen und das war an dem Tage, wo er, zwei rothe Nelken im Knopfloch, um die Rosalie anhielt. Ob er sie am Hochzeitstage auch gewaschen, weiß ich nicht. Und Rosalie, was macht sie, die gute Seele hat manche Thräne in den letzten Äpfelstrudel hineingebacken, den sie mir gemacht hat. Aber ich spreche da von den Dienstleuten und vergesse –
Aber meine Brüder wissen ja wie ich sie liebe, sie meine besten Freunde, haben sie seitdem viele Schlachten geliefert, wer commandirt die französische Armee, seitdem ich fort bin. Sie werden vielleicht den Napoleon suchen und bei den Grenadieren werden ihnen vier Mann im Gliede fehlen und einer bei den Voltigeurs* der Garde und – ich kann es ihnen ja so nicht verheimlichen, auch bei den Uhlanen* einer – sie werden böse sein – aber sage ihnen, daß es mir schwer war, mich von meinen papiernen Soldaten zu trennen und daß ich diese wenigen mitgenommen habe und daß sie jetzt auf meinem Tische stehen zwischen meinen Büchern und den Büsten von Puschkin und Lermontow.
Und nach dem Kaffee sehe ich Dich an dem kleinen Nähtisch sitzen, auf dem eine Stadt abgebildet ist, unter der mit großen Buchstaben Petersburg steht, weil sie sonst Niemand erkennen würde. Erinnerst Du Dich noch, wie ich als Kind, wenn der Herr von Festenburg zum Vater kam und ich Dir nicht zu sagen wußte, wer bei ihm ist, da ich mir den Namen nie merken konnte, jedesmal zu Deinem Nähtisch lief und dann erfreut ausrief: der Herr von Petersburg, Mama, der Herr von Petersburg!
Ich sehe Dich an dem Nähtisch sitzen in Deinem weißen Häubchen und die Stadt Petersburg ist mit Hemden und Strümpfen bedeckt und Dir gegenüber hängt das Bild meiner kleinen verstorbenen Schwester, und über Deinem Bette hängt das Kreuz mit dem Heiland und die Mutter mit dem Jesuskinde und wie es dunkel wird, sitzen die Dienstleute in dem großen Zimmer, das keine Fenster hat und in dem eine ewige Dämmerung ist und, die Anna liest ihnen zum dreißigstenmale den Rinaldo Rinaldini oder die Geschichte von dem Czaren Iwan dem Schrecklichen und seinem Leibwächter und Du holst Deine Tücher und Fetzelchen und deckst die Vögel zu, die den Kopf unter dem Flügel auf den Sprossen sitzen und schlafen wollen, den Staar, die Turteltauben, die Kreuzschnäbel und die 21 Kanarienvögel, ich glaube, es sind wirklich 21 oder noch mehr, denn wir haben die Jungen niemals weggegeben, obwohl wir es uns jedesmal feierlich vornahmen. Leben die Katzen noch und Mimi, meine schwarze Freundin, wer läßt sie apportiren, und der alte Dschox, hat er nicht wieder dem Adam ein Kaninchen todt gebissen, ich höre ihn knurren und sehe ihn unter giftigem Gewinsel die Brodkügelchen essen, welche ihm Roman auf den Tisch legt.
Der Saal ist wohl schon ganz dunkel wie damals, wo der Vater mich in demselben auf den Vorposten stellte und die weißen Vorhänge lebendig wurden und ich weinend davonlief, der schöne Saal, der bei Sonnenlicht so freundlich ist, mit seinen blauseidenen Möbeln, seinen rothblühenden Kaktusen und seinen vielen Gemälden, dem Mädchen mit der Katze, der Maske, dem Moses, der den Israeliten in der Wüste die Schlange zeigt, den Landschaften, auf denen ich jeden Baum, jeden Zweig kenne.
Der Vater sitzt in seinem Zimmer an dem Marmortisch und liest, auf dem Tisch stehen Virgil, Goethe in seinem langen Kaputrock, die Hände auf dem Rücken und Friedrich der Große. Wie of unterhielt ich mich damit, seinen kleinen Degen aus der Scheide zu ziehen und wieder hineinzustecken. Auch Napoleon ist da, rittlings auf dem Sessel sitzend wie in der Schlacht bei Leipzig, und der kleine Klavierspieler aus Porzellan mit dem großen Zopf. Zwischen den beiden Fenstern steht drohend der geharnischte Mann, über seinem Helme kreuzen sich schartige Säbel, auf denen alte Blutflecken rosten und an der Wand hängt eine türkische Fahne, das Panzerhemd eines Tartarenchans, den ein Tarnow unter Sobieski* bei Zolkiev erschlagen, und auch die Mongolenpfeile hängen da, welche ich nie anrühren durfte, weil sie vergiftet sind.
Aber ich unterhalte Dich da mit Dingen, die Du alle kennst, die Dich umgeben, die mir indeß alle so unendlich kostbar und merkwürdig erscheinen, seitdem ich ferne von ihnen bin.
Du willst Nachrichten von mir und ich weiß Dir heute nichts zu erzählen, aber in meinem nächsten Briefe hoffe ich Dir Manches mittheilen zu können, denn wie ich Dir zu Hause stets Alles gesagt habe, so sollst Du auch jetzt von mir wissen und jeden geheimsten Gedanken und jedes Gefühl, das sich vor sich selbst schämt, Alles werde ich Dir schreiben, sollte es Dir auch zu viel werden, Alles was ich erlebe, die Gedanken, die mir kommen, die Empfindungen, die ich habe, und meine Handlungen, und Du wirst mir immer wie zu Hause sagen, ob ich unvernünftig oder ob ich recht gehandelt habe. Denn Du hast mich immer gut geleitet mit Deiner lieben, sanften Hand und wenn Dein Auge freundlich auf mir ruhte, so wußte ich, daß ich mit mir zufrieden sein durfte. Leb’ wohl, liebe Mutter, grüße mir Alle, Alle von ganzem Herzen,
Dein dankbarer Sohn
Henryk.
Nachschrift.
Wie ich den Brief schließen will, fällt mir noch etwas ein, was ich Dir mittheilen muß, eine auffallende Begegnung. Wie ich aus der Kaserne nach meiner Wohnung ging, schoß ein phantastischer Schlitten an mir vorbei und in dem Schlitten saß eine junge Frau in prachtvoller Toilette. Ich sah sie nur einen Augenblick, aber ich weiß, daß sie blonde Haare hat und schöne Augen und die Haltung einer Fürstin, einer Herrscherin. Ich blieb stehen und sah ihr nach und wenn ihre vier kleinen Ukrainer Pferde nicht Flügel gehabt hätten, ich wäre ihr nachgegangen. Ja ich bin imstande, die Promenade, das Theater zu besuchen, ja sogar die Kirchen, um sie wieder zu entdecken, und wenn ich einmal ihre Wohnung weiß, Stunden unter ihren Fenstern zu stehen, nur um ihren Schatten an den Vorhängen vorüber schweben zu sehen.
Erkläre mir dieß? Eine schöne Frau ist das Entzückendste, was es für mich gibt, ich kann mich Tag und Nacht mit ihr beschäftigen, ich erzähle mir selbst Romane, deren Held ich, deren Heldin sie ist, sie taucht in meinen Träumen auf, aber ich denke nie daran, sie zu besitzen, ja ich habe die Erfahrung gemacht, daß ich nur zehn Worte mit ihr zu wechseln brauche, um –
Eine schöne Frau ist mir wie ein Kunstwerk, z. B. ein Gemälde, das man nie berühren, ja dem man nicht einmal nahe kommen darf, wenn man den Zauber nicht schwinden sehen will.
Ich werde meine Fürstin wiedersehen, aber gewiß nie sprechen. Ich werde, wie Du es bei Deinen Rosen thust, ihren köstlichen Duft athmen, ihre Gestalt bewundern, aber sie nie pflücken. – Lache über mich, daß ich blöder Junge überhaupt nur davon sprechen kann, eine so stolze Rose zu brechen.
Dießmal hast Du einen sehr langen Brief, dafür schreibe ich Dir nächstens sehr wenig. Hab’ Nachsicht mit Deinem kindischen Helden, aber es ist mein einziges, mein seligstes Vergnügen, Dir zu schreiben.
Gute Nacht, liebe Mutter.
Den 11. December.
Liebe, gute Mutter!
Ich küße Dir die Hände für Deinen guten Brief. Wie glücklich bin ich, daß Alle wohl sind, sogar die 21 Kanarienvögel; ich habe also wirklich richtig gezählt. Sei unbesorgt, ich trage immer die warmen Strümpfe so wie Du es mir befohlen hast und werde mich gewiß nicht erkälten. Bei der Baronin war ich noch nicht – werde aber nächstens hingehen.
Du schreibst mir, ich soll mein Leben genießen, Du, die Du vom Leben nur Bitterkeit empfangen, Du gibst mir den Rath, meiner Fee im Schlitten oder sonst einer sterblichen hübschen Frau den Hof zu machen, Du, die Du in der Liebe nur Enttäuschung, Schmerzen und Kränkung gefunden, und endlich ihren eingebildeten Freuden vollkommen entsagt hast.
Weil ich ein junger Mensch bin!
Ich bin nicht so jung, oder ja, ich zähle erst zwanzig Jahre, aber mein Geist ist reif und mein Herz ist alt. Nein alt ist nicht das Wort, aber todt.
Ich weiß, daß Du mit dem Vater nicht glücklich warst, daß Du still mit Deinen Kindern gelebt hast, während er – wenn Du nicht glücklich warst in der Liebe, im Leben, wer soll dann glücklich sein, wer darf dann noch annehmen, daß er ein Recht auf Glück hat?
Was ich an Dir erfahren, was ich so gesehen habe in unserem Hause mit den großen neugierigen stets offenen Augen eines Kindes, hat sich tief in meine Seele gesenkt. Ich habe eine Art Furcht vor der Liebe, ich habe es Dir of genug ge...

Inhaltsverzeichnis

  1. COVER
  2. TITEL
  3. WIDMUNG
  4. RAHMENHANDLUNG
  5. BRIEFE AN MEINE MUTTER
  6. RAHMENHANDLUNG
  7. FUSSNOTEN DES AUTORS ZU «DIE LIEBE DES PLATO»
  8. GLOSSAR DES HERAUSGEBERS
  9. NACHWORT ZUR NEUAUSGABE
  10. EDITORISCHE NOTIZ
  11. COPYRIGHT
  12. ÜBER DEN AUTOR
  13. INHALTSVERZEICHNIS