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Staatsrecht II: Grundrechte für Dummies
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Über dieses Buch
Thomas Heinicke behandelt in seinem zweiten Buch zum Staatsrecht die wichtigsten Grundrechte für Prüfung und Praxis. Er führt zunächst in die allgemeine Grundrechtslehre ein und stellt den Prüfungsaufbau von Grundrechten und das Recht der Verfassungsbeschwerde dar. Im Hauptteil behandelt der Autor die einzelnen Grundrechte. Fallbearbeitungen runden das Buch ab.
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Information
Teil III
Schutz von Freiheit und Persönlichkeit
Kapitel 8
Schutz von Würde und Persönlichkeit
IN DIESEM KAPITEL
- Was den Menschen im Innersten ausmacht
- Menschenwürde und Persönlichkeitsschutz
- Moderne Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Die bis hierhin behandelten allgemeinen Grundrechtslehren sind leider ziemlich abstrakt und für einige Studierende schwer verdauliche Kost. Jetzt kommt die gute Nachricht: Ab hier wird es konkret! Geordnet nach verschiedenen Lebensbereichen werden die einzelnen Grundrechte des Grundgesetzes vorgestellt und versucht, Ihnen deren Inhalt schmackhaft zu machen.
Bitte merken Sie sich: Die allgemeinen und die besonderen Grundrechtslehren gehören zusammen! Selbst mit dem schönsten Prüfungsschema können Sie ohne Kenntnis der einzelnen Grundrechte die Klausur nicht bestehen. Das gilt aber auch andersherum: Wenn Sie zu einem bestimmten Grundrecht alles wissen, jedoch keine Ahnung haben, wie Sie dieses Wissen geordnet zu Papier bringen, schreiben Sie vielleicht einen Besinnungsaufsatz, bestehen aber definitiv keine Grundrechtsprüfung. Sie erhalten daher in diesem Teil auch immer wieder Hinweise dazu, wie Sie den Stoff zu Papier bringen können.
Die Behandlung der einzelnen Grundrechte beginnt mit dem innersten Bereich des Menschen, seiner Würde und seiner Persönlichkeit.
Die Menschenwürde
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt.
Die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) nimmt im Grundgesetz einen besonderen Platz ein, denn sie ist allen anderen Verfassungsbestimmungen vorangestellt und beinhaltet damit das zentrale Element der Verfassung. Den Müttern und Vätern des Grundgesetzes war im Jahr 1949 nach den Gräueln der Nazi-Zeit vor allem eine Sache wichtig: Der Staat sollte verpflichtet sein, alle Menschen würdig zu behandeln. Die Menschenwürde stellt damit den obersten Verfassungswert dar.
Ein Grundrecht oder nicht?
Wenn Sie den Grundrechtsartikel weiterlesen, stellen sich viele Studierende die Frage, ob denn die Menschenwürde ein »echtes« Grundrecht ist. In Art. 1 Abs. 3 GG ist nämlich davon die Rede, dass die nachfolgenden Grundrechte Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden.
Die Menschenwürde ist aber definitiv ein echtes Grundrecht, denn sie ist darauf gerichtet, einen staatlichen Eingriff abzuwehren. So können Sie gegen eine Verletzung der Menschenwürde vor dem BVerfG Verfassungsbeschwerde einlegen (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG). Aber die Menschenwürde ist eben nicht »nur« ein Grundrecht, sondern zusätzlich auch oberstes Verfassungsprinzip. Der grundrechtliche Teil der Menschenwürde lässt sich nicht vom Verfassungsprinzip trennen; das Gleiche gilt umgekehrt. Rechtlich gesehen hat die Menschenwürde damit also eine Doppelnatur: Sie ist Grundrecht und Verfassungsprinzip zugleich.
Die Doppelnatur der Menschenwürde hat für die Rechtsanwendung eine praktische Konsequenz: In ihre Beeinträchtigung kann der Betroffene nicht einwilligen, er kann dem Staat also nicht erlauben, seine Würde zu verletzen.
Vor wem wird geschützt? Die Grundrechtsbindung
Die Menschenwürde ist – wie jedes Grundrecht – zunächst staatsgerichtet und damit Abwehrrecht gegen den Staat (Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG: »Sie zu achten (…) ist Aufgabe aller staatlicher Gewalt«). Das ist die normale Sicht auf die Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat. Der Bürger hat ein Recht darauf, dass der Staat nur so weit gegen ihn vorgeht, wie seine Grundrechte es zulassen (also in etwa »bis hierhin und nicht weiter!«).
Nach überwiegender Auffassung wirkt die Menschenwürdegarantie darüber hinaus direkt auf das Bürger-Bürger-Verhältnis ein. Der umfassende Schutz der Menschenwürde verlangt, dass die menschliche Würde nicht nur gegen staatliche Eingriffe, sondern gegen jede Form von Eingriff, also durch den Staat und auch durch andere Bürger geschützt wird. Die Einbeziehung Privater in die Grundrechtsbindung nennt sich unmittelbare Drittwirkung.
Weiterhin beinhaltet Art. 1 Abs. 1 GG aber auch die Pflicht des Staates, die Menschenwürde zu schützen (»Sie zu achten und zu schützen …«). Diese Schutzpflicht verlangt, dass der Staat einschreitet, wenn ein Bürger durch einen anderen Bürger in seiner Würde beeinträchtigt wird. Der Staat kommt dieser Schutzpflicht nach, indem er zum Beispiel Strafgesetze erlässt, die Menschenhandel, sexuelle Übergriffe, Demütigungen und Verletzungen unter Strafe stellen. Dies ist beispielsweise in der Strafprozessordnung durch das Verbot bestimmter Vernehmungsmethoden in § 136a StPO geschehen.
Der persönliche Schutzbereich
Die Garantie der Menschenwürde ist bewusst in Abkehr vom nationalsozialistischen Unrechtsstaat und seiner Klasseneinteilung der Menschen an die Spitze des Grundgesetzes gesetzt worden. Die Menschenwürde ist nicht abhängig davon, wie begabt, schlau oder wichtig jemand für die Gesellschaft ist, und auch nicht davon, ob wir uns ethisch korrekt und würdevoll verhalten. Die Menschenwürde wird durch nichts verdient, jeder Mensch ist ihr Träger. ...
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Über den Autor
- Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Teil I: Die Basics – Grundrechte im Staat
- Teil II: Allgemeine Grundrechtslehren
- Teil III: Schutz von Freiheit und Persönlichkeit
- Teil IV: Politische und gesellschaftliche Grundrechte
- Teil V: Fallübungen mit Lösung
- Teil VI: Der Top-Ten-Teil
- Abkürzungsverzeichnis
- Stichwortverzeichnis
- End User License Agreement