Wasser als Gemeinsames
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Potenziale und Probleme von Commoning bei Konflikten der Wasserbewirtschaftung

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Wasser als Gemeinsames

Potenziale und Probleme von Commoning bei Konflikten der Wasserbewirtschaftung

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Wasserkonflikte sind insbesondere in Zeiten von Klimawandel, Ressourcenübernutzung und sozialen Verwerfungen mitunter folgenschwer. Johannes Euler begibt sich auf die Suche nach den ökonomischen und sozialen Ursachen von Wasserkonflikten sowie nach Möglichkeiten, diesen Ursachen entgegenzuwirken und gleichzeitig konstruktiv mit vorhandenen Konflikten umzugehen. Dabei zeigt er theoretisch und empirisch die Potenziale und Probleme von Commoning als Form der Wasserbewirtschaftung jenseits von Markt und Staat auf. Durch die Verknüpfung von Wirtschafts-, Nachhaltigkeits- und Konfliktforschung liefert er hoffnungsvolle Erkenntnisse für die Wasserwirtschaft und alternativökonomische Praxis.

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1.Commons und Wasserkonflikte: Wasser als Gemeinsames?


»Wasserknappheit und Wasserreichtum sind nicht naturgegeben, sondern das Ergebnis kulturell bestimmter Umgangsweisen mit Wasser. Kulturen, die Wasser verschwenden oder das zarte Geflecht des Wasserkreislaufs zerstören, schaffen Knappheit auch unter Bedingungen des Überflusses. Wer jedoch mit jedem Tropfen haushaltet, kann Knappheit in Überfluss wenden.« (Shiva 2003: 167)

1.1Forschungsdrang und Abenteuerlust: Die Motivation

Die vorliegende Arbeit entspringt dem Zueinanderkommen von drei großen Begriffen. Da ist zunächst das Wasser, Ursprung allen Lebens, reich an Formen und kulturellen Bezügen, schwer zu fassen, in großen Mengen vorhanden und viel zu häufig knapp oder verschmutzt. Hinzu kommen Konflikte, seit jeher Teil des Lebens, mal grausam-zerstörerisch, mal konstruktiv-erlösend ausgetragen, Treiber von Geschichte und Hort vieler Ängste. Zuletzt das Gemeinsame, ein uralter und hochaktueller Begriff, wieder sichtbarer werdende soziale Praktiken des Gemeinsamen, verbindendes Teilen, umweht von der Hoffnung auf eine bessere Welt. Der Dreiklang dieser Elemente liefert das Grundgerüst dieser Arbeit. Das Zusammenspiel formt den Verlauf.
Die Bedeutsamkeit des Wassers sowie der damit verbundenen Krisen und Konflikte wird im politischen Diskurs und von nationalen und globalen politischen Akteurinnen1 anerkannt. Am 28. August 2010 sprach die Vollversammlung der Vereinten Nationen (United Nations; kurz: UN) dem Zugang zu sauberem Wasser den Status eines Menschenrechts zu. In den »Millennium Development Goals« der UN (2015a) wurde ein Ausbau des Zugangs zu sicherem Trinkwasser und sanitären Anlagen anvisiert.2 Die »Sustainable Development Goals«, auf die sich die UN im September 2015 einigten, beinhalten eine verschärfte Forderung (UN 2015b).3 Auch wenn der »Millennium Development Report« von 2015 (UN 2015a: 58ff.) einige Fortschritte verzeichnet, ist eine kontinuierliche und flächendeckende Erfüllung des Menschenrechts auf sauberes Wasser nicht in Sicht.
Kurzzeitige wie andauernde Krisen und Konflikte sind im Wasserbereich nicht ungewöhnlich und reichen von extremer Trockenheit über Starkregenereignisse bis hin zu Überschwemmungen und Verschmutzungen (Green et al. 2015; Böhmelt et al. 2014; Rodríguez-Labajos/Martínez-Alier 2015; Yates et al. 2017). Für das Jahr 2015 bezeichnete das World Economic Forum (WEF) im »Global Risks Report« Wasserkrisen als das achtwahrscheinlichste Risiko und als globales Risiko Nummer eins »in terms of impact« (WEF 2015: 9). Seit 2012 sind Wasserkrisen unter den Top Fünf dieser Kategorie zu finden, neben Massenvernichtungswaffen, Extremwetterereignissen, Naturkatastrophen und dem Versagen bei der Anpassung an den Klimawandel (WEF 2019: 8).4 Für das WEF gilt das Risiko von Wasserkrisen nicht mehr als vornehmlich umweltbezogenes Risiko, sondern als ein primär gesellschaftliches (WEF 2015: 24). Einer Erfüllung des Menschenrechts auf sauberes Trinkwasser steht der häufig konfliktreiche Umgang mit Wasser entgegen. So lassen sich viele, teils gewaltsame Wasserkonflikte ausmachen, die mitunter durch die mit dem Klimawandel einhergehenden Veränderungen angeheizt werden (Welzer 2009: 157ff.). Die Auswirkungen des Klimawandels auf die global verfügbaren Wasserressourcen werden in Summe als negativ eingeschätzt (Grambow et al. 2013: 11). Harald Welzer (2009: 161) spricht von einer »herausragende[n] Rolle, die Konflikte um basale Ressourcen wie Wasser, Boden und Luft als Gewaltursache spielen«. Regional lokalisierbare Konflikte seien dabei auch durch überregionale Bedingungen beeinflusst. Es ist davon auszugehen, dass sich derartige Bedingungen, beispielsweise durch veränderte Nachfrage- und Angebotsstrukturen, verstärkte Migrationsbewegungen und zunehmende Extremwetterereignisse, auch auf die entsprechenden lokalen Ökonomien auswirkt.
Eine aufschlussreiche Illustration der Beeinflussung regionaler Wasserverfügbarkeiten durch globale Warenströme ist das sogenannte virtuelle Wasser. Damit wird Wasser bezeichnet, das bei der Erzeugung eines Produktes verwendet und in der Folge virtuell mit diesem Produkt transportiert wird. Mit Blick auf die globalisierten Ökonomien der Gegenwart und das Weltklima liegt die gegenseitige Abhängigkeit der unterschiedlichen geografischen Räume und Ebenen auf der Hand. »Bei der Wasserinanspruchnahme gilt grundsätzlich, dass ihre Auswirkungen stark von der Art der Wassernutzung sowie der Region, in der sie stattfindet, abhängen« (Graaf et al. 2015: 36). Unter Berücksichtigung dieser Wechselwirkungen könnte als Ziel nachhaltigen Wassermanagements die sowohl ökologisch als auch sozial dauerhaft verträgliche Gestaltung der Wasserinanspruchnahme bezeichnet werden.5 Bis dato scheint es genügend Wasser auf der Erde zu geben, um dieses Ziel zu erreichen. »The fact is there is enough water available to meet the world’s growing needs, but not without dramatically changing the way water is used, managed and shared. The global water crisis is one of governance, much more than of resource availability« (UN 2015c: 7).6 Demnach ist es notwendig, die gegenwärtige Form des Wassermanagements grundsätzlich infrage zu stellen. Dabei geht es letztlich um die Fragen, auf welche Weisen und zu welchen Zwecken Wasser nutzbar gemacht und genutzt wird. Diese Fragen stellen häufig den Ausgangspunkt für Wasserkonflikte dar.7
Viele Lösungsansätze zielen entweder auf staatliche Lenkung (Steuern, Gesetze) oder marktwirtschaftliche Selbstregulation ab – oder auf deren Zwischenbereich (Mischformen wie Subventionen, staatliche Eingriffe bei Marktversagen, gezielte Veränderung der wirtschaftlichen Anreizstrukturen) (vgl. Bauer 2010; Cassel/Rüttgers 2009; Gibbons 1986; Grambow 2013; López Rivera 2015; Scheele 2008). Allerdings sind Elinor Ostrom (1999: 1) zufolge weder der Staat noch der Markt »ein Garant für nachhaltige und produktive Nutzung von Naturressourcen«. Stattdessen wurde Trinkwasser, um das es in der vorliegenden Arbeit vornehmlich gehen wird, in den letzten Jahrzehnten immer weniger als »schützenswertes, überlebensnotwendiges Allgemeingut« (Schermuly 2017: 331) behandelt, sondern wurde immer mehr zur »Ware wie jede andere« (ebd.). Die Kommodifizierung von Trinkwasser erfolgte im Zusammenspiel von Politik und Ökonomie und lässt sich sowohl bei staatlichen als auch bei privatwirtschaftlichen Unternehmen beobachten (López Rivera 2015). Dies hat zur Folge, dass Wasser, wie andere Waren auch, der ökonomischen Ausbeutung preisgegeben wird. Dies steht mitunter den Zielen des nachhaltigen Managements entgegen.
Elinor Ostrom (1999: 1f.) zeigt eine weitere Form der Governance, die sie als Selbstverwaltung bezeichnet. »[M]anche Gemeinschaften [haben] weder staat- noch marktähnlichen Institutionen vertraut […], um ihre Ressourcensysteme über lange Zeiträume mit vernünftigem Erfolg zu verwalten«. Die selbstorganisierte Wasserbewirtschaftung stellt einen der wichtigsten Bereiche der von ihr beforschten Commons8 dar. In jüngerer Zeit werden vermehrt neuartige Phänomene insbesondere aus dem Bereich der Informations- und Telekommunikationsgüter als Commons bezeichnet (zum Beispiel Wikipedia und Freie Software). Weitere Beispiele neuerer Commons lassen sich in sehr unterschiedlichen Bereichen finden: etwa beim Wohnen (Mietshäuser Syndikat), in der Gesundheitsversorgung (ARTABANA), der Lebensmittelproduktion (Solidarische Landwirtschaft), dem Transportwesen (Freie Lastenräder) und dem Maschinenbau (open source ecology).
Anstelle der Beschaffenheit der stofflichen oder nichtstofflichen Dinge werden für die Bezeichnung als Commons häufig die darunterliegenden sozialen Praktiken in den Vordergrund gerückt: das Commoning (Helfrich 2012b). Mit dem Bezug auf diese Praktiken des Gemeinsamen wird die Aussicht auf einen sozial verwurzelten und ökologisch nachhaltigen Umgang mit Ressourcen wie Wasser mit alternativen Formen des Wirtschaftens verbunden (Barlow 2012; Habermann 2015). Auf diesem Wege könnte möglicherweise nicht nur konstruktiv mit Wasserkonflikten umgegangen werden, sondern könnten auch die gesellschaftlichen Konfliktpotenziale reduziert werden (Sutterlütti/Meretz 2018). Diese Perspektive kann als gedankliche Quelle der argumentativen Richtschnur, die den kommenden Kapiteln zugrunde liegt, gelten. Damit ist die vorliegende Arbeit, an Shivas Eingangszitat angelehnt, eine Auseinandersetzung mit einer besonderen Form kulturell bestimmter Umgangsweisen mit Wasser. Die zu überprüfende Ausgangsthese lautet, dass diese Form das Potenzial in sich trägt, die Wasserkreisläufe nicht zu zerstören sowie Konflikte, Ausgrenzungen und Knappheit nicht künstlich zu erzeugen, sondern stattdessen eine Rückverbindung zum Wasser und zum davon abhängigen Leben zu ermöglichen.

1.2Die bekannte Welt: Die akademischen Ufer

In der ökonomischen Literatur wird Wasser in der Regel als Flussressource angesehen (mitunter allerdings auch als Bestandsgröße), es gilt in der Regel als nicht substituierbar, unhandlich und durch sein vergleichsweise hohes Gewicht als kostspielig zu transportieren. Wasser gilt gleichsam als anfällig für Staats- und Marktversagen, und es werden eine Vielzahl unterschiedlicher, teilweise miteinander rivalisierender Nutzungsmöglichkeiten und -ansprüche ausgemacht. Diese Nutzungsvielfalt hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass je unterschiedliche Arten von Wasser in den Blick genommen werden. In der Regel wird in der akademischen Literatur zwischen blauem, grünem und grauem Wasser unterschieden (bspw. Hoekstra/Mekonnen 2012). Als blau gilt sowohl unterirdisches als auch in oberflächennahen Gewässern befindliches Wasser. Als grün wird Regenwasser bezeichnet und bei grauem handelt es sich um verschmutztes Wasser. Diese Wasserarten sind eng miteinander verwoben und bilden zusammen mit dem Salzwasser der Meere die unzähligen lokalen Wasserkreisläufe. Die Wässer dieser Kreisläufe werden gewissermaßen immer geteilt. Das geschieht erstens, weil niemand alleinige Eigentümerin eines solchen Kreislaufs sein kann, und zweitens, weil alle Kreisläufe miteinander verbunden sind.9 Das Wasser, das den menschlichen Körper zu großen Teilen ausmacht, gehört ebenso dazu wie Gletscher, Regenwasser, Weltmeere, Grundwasser und so weiter. Gleichwohl stellt sich die Frage, wie Wasser auf- und zugeteilt wird, welche Prinzipien vorherrschen und wie mit dem Wasser umgegangen wird.
Als Wasserwirtschaft, Wasserressourcen-Management oder schlicht Wassermanagement kann »[d]ie Kunst des Umgangs mit dem Wasserschatz, seiner ungleichmäßigen örtlichen und zeitlichen Verteilung, seines Schutzes und seiner Nutzbarmachung für den Menschen« (Grambow et al. 2013: 5) bezeichnet werden. In der naturwissenschaftlichen Fachliteratur spielen neben den ökologischen insbesondere technische Aspekte eine große Rolle (vgl. Staben 2008). Vornehmlich technologische Antworten auf ökologische Fragen werden allerdings bisweilen als kulturell und ökologisch unpassend kritisiert. Vandana Shiva (2003: 42) beispielsweise beschreibt technologiebasierte Lösungen als »Irrweg« und betont stattdessen, »dass die Vielfalt an Ökosystemen eine große Vielfalt von Kulturen und Wirtschaftsweisen hervorgebracht hat«. Lösungen, die sich an den lokalen Begebenheiten und Kulturen ausrichten oder sogar aus diesen entstehen, scheinen ihr erfolgversprechender. Dieser Analyse folgend, geht es beim Wassermanagement nicht nur um Ökologie und Technologie, sondern zuvorderst um das Soziale.
Laut Willems (2017: 15) sind die Fragen der sozialen Organisation der Wasserwirtschaft auch in den Sozialwissenschaften weitgehend vernachlässigt. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive scheint die soziale Frage vornehmlich die von Angebot und Nachfrage zu sein. »The generic problem of water is one of matching demand with supply, of ensuring that there is water of a suitable quality at the right location and the right time, and at a cost that people can afford and are willing to pay« (Hanemann 2005: 87). Die Frage des Zugangs zu Wasser wird als Frage der Wasserqualität und der räumlichen sowie zeitlichen Verfügbarkeit interpretiert. Wer Zugang zu Wasser bekommt, hänge zentral von der Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft der Nutzerinnen ab. Dieser Problembeschreibung sind viele Setzungen eingeschrieben, zum Beispiel die Zentralität einer Marktvermittlung und die damit verbundene Behandlung von Wasser als Ware. Antworten finden die Wirtschaftswissenschaften, wie bereits angedeutet, in der Regel zwischen den Polen Markt und Staat. Die vorliegende Arbeit grenzt sich von dieser Herangehensweise ab, indem diese Setzungen hinterfragt werden und Alternativen sowohl in der Problembeschreibung als auch in der Lösungsformulierung aufgezeigt werden.
Lange Zeit wurde die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser als eine der Kernaufgaben des Staates angesehen (López Rivera 2015: 28ff.). Auf dieser Grundlage erschien das Wassermanagement als eine primär technische Aufgabe – eine Sichtweise, die nicht zuletzt durch unterschiedliche Formen der sogenannten Entwicklungszusammenarbeit auch in den Ländern des Globalen Südens verankert wurde. »From the 1950s to the 1970s, many development agencies and states around the world attempted to address water shortages with technical, interventionist, and extremely large-scale solutions« (Marston 2014: 75). In diesem Zuge wurden viele Großprojekte begonnen, wie zum Beispiel der Misicuni-Staudamm in der Nähe des bolivianischen Cochabamba (siehe 8.3). Im Laufe der Zeit wurden kleinere und dezentralisierte Lösungen verstärkt zum Mittel der Wahl (ebd.: 76). Dies ging einher mit dem aufkommenden Neoliberalismus10 und den darin bevorzugten marktlichen Governanceformen, die unter anderem der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank auf globaler Ebene verbreiteten (Bakker 2005; Magdahl 2012). Bezogen auf Umweltgüter, zu denen auch Wasser gezählt wird, spricht Karen Bakker (2007: 432) von einem »market environmentalism«, mit dem sie die Hoffnung verbindet, eine gelungene Fusion zwischen Wirtschaftswachstum, Effizienz und Umweltschutz zu sein.
»[T]hrough establishing private property rights, employing markets as allocation mechanisms, and incorporating environmental externalities through pricing, proponents of market environmentalism assert that environmental goods will be more efficiently allocated if treated as economic goods – thereby simultaneously addressing concerns over environmental degradation and inefficient use of resources« (ebd.).
Kritikerinnen neoliberaler Reformprojekte problematisieren beispielsweise die tatsächlichen ökologischen Folgen und die Implikationen für die Verteilung der fraglichen Güter, und so entstand eine mitunter erbittert geführte politische und wissenschaftliche Debatte (ebd.; vgl. Himley 2008; Magdahl 2012).11
Auf der einen Seite wurde, so zeigt Katherine Higuita Alzate (2014: 23), das Abfüllen und Verkaufen von Trinkwasser zu einem der lukrativsten und am stärksten wachsenden Geschäftsbereiche für internationale, nationale und lokale Unternehmen. Sie rechnet vor, dass im kolumbianischen Medellín eine Flasche Trinkwasser ungefähr 2900-mal so viel kostet wie für mittlere Einkommensschichten ein Liter aus der Leitung.12 Auf der anderen Seite bringt das marktwirtschaftliche Wassermanagement Probleme mit sich. So argumentiert Franklin Obeng-Odoom (2016: 414) beispielsweise: »Water markets have been responsible for much displacement and trouble not only for communities but also nature.« In der jüngeren Vergangenheit beginnt der Staat vielerorts wieder, sich stärker im Wassersektor zu engagieren.13 Doch auch jener scheint bislang kaum in der Lage zu sein, für ein langfristig nachhaltiges Wassermanagement zu sorgen, zumal im Zuge des Klimawandels gegenwärtig eine Vielzahl neu...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Danksagung
  7. 1. Commons und Wasserkonflikte: Wasser als Gemeinsames?
  8. 2. Commons und Commoning: Wie Wasser zum Gemeinsamen wird
  9. 3. Eine Theorie der Einbettung: Commoning und die Praktiken und Institutionen des Gesellschaftssystems
  10. 4. Aufkommen von Wasserkonflikten: Das Wesen von Konflikten und die Gründe ihres Auftretens
  11. 5. Austragung von Konflikten: Die Potenziale von Commoning für einen konstruktiven Umgang mit Wasserkonflikten
  12. 6. Thesen und Methoden: Von der Theorie zur Empirie konstruktiver Bearbeitung von Konflikten in der Wasserwirtschaft
  13. 7. Wasserkonflikte in der Commons-Literatur: Eine Metafallstudienanalyse
  14. 8. Commoning in Cochabamba: Selbstorganisierte Wasserbewirtschaftung in Bolivien
  15. 9. Selbstorganisierte Wasserbewirtschaftung in Medellín: Commoning und Konflikte in Kolumbien
  16. 10. Commoning, Einbettung und Wasserkonflikte:
  17. Literatur
  18. Anhänge