II.Wirkungsorientiertes Nachhaltigkeitsmanagement in Kommunen
1.Grundlagen
Das vorige Kapitel hat deutlich gemacht: Wenn es um die Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs) auf lokaler Ebene geht, sind Kommunen wichtige Akteurinnen. Ihnen kommt – nicht nur in Deutschland – eine Schlüsselrolle zu, wenn die Rede davon ist, die SDGs mit Leben zu füllen. In den Städten, Kreisen und Gemeinden bündeln sich die Themen der nachhaltigen Entwicklung. Und die Beispiele oben haben gezeigt: Die Kommunen stellen sich ihrer Verantwortung, einen signifikanten Beitrag zur Erfüllung der anspruchsvollen Ziele zu leisten. Sie erfüllen die hohen Erwartungen, die an sie gestellt werden.
Die Zahl der Kommunen, die Nachhaltigkeit in ihren Entwicklungsstrategien und Leitbildern verankern, wächst stetig. Damit dürfte auch der Bedarf an praxiserprobten Instrumenten für ein kommunales wirkungsorientiertes Nachhaltigkeitsmanagement steigen – besonders für Einsteigerkommunen, die oft vor der Aufgabe stehen, zentrale Instrumente wie etwa Nachhaltigkeitsstrategien oder -berichte auf ihre jeweiligen Bedürfnisse anzupassen und erstmals einzusetzen. Wie dieser Einstieg gelingen kann, ohne das Rad immer wieder neu zu erfinden, wird im Folgenden beschrieben.
1.1Modelle für ein kommunales Nachhaltigkeitsmanagement
Vereinfacht ausgedrückt ist kommunales Nachhaltigkeitsmanagement ein Bündel an Prozessen, Maßnahmen und Instrumenten, die eine Kommunalverwaltung im Zusammenspiel mit der Kommunalpolitik regelmäßig anwendet, um die Stadt, den Kreis oder die Gemeinde in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung zu steuern. Gemäß dem Prinzip der Anerkennung der planetaren Grenzen ist die zentrale Herausforderung einer nachhaltigen Kommunalentwicklung, allen Teilen der örtlichen Bevölkerung Teilhabe, Auskommen und Versorgungssicherheit zu gewährleisten, während der Pro-Kopf-Verbrauch an natürlichen Ressourcen stetig zurückgefahren wird.
Vier Modelle kommunaler Nachhaltigkeitsprozesse
Für den Ablauf von Nachhaltigkeitsprozessen auf kommunaler Ebene wurden in den vergangenen Jahren unterschiedliche Modelle entwickelt und erprobt (Riedel 2020: 21– 24). Vier beispielhafte Modelle sollen erwähnt werden, die aus den folgenden Vorhaben hervorgegangen sind:
ISO 37101 »Sustainable development in communities« Projekt »Nachhaltige Kommunalverwaltungen in Deutschland« Projekt »Global Nachhaltige Kommune NRW« (siehe Kapitel I) Projekt »Monitor Nachhaltige Kommune« der Bertelsmann Stiftung Die ISO-Norm 37101 beschreibt einen Standard für ein Managementsystem einer nachhaltigen Entwicklung auf kommunaler Ebene. Die einzelnen Phasen eines Nachhaltigkeitsprozesses umfassen danach (International Organization for Standardization 2015: 29–40; International Organization for Standardization 2016):
Unterstützung (»Support«) Evaluation und Monitoring (»Performance evaluation«) Verbesserung (»Improvement«) Im Projekt »Nachhaltige Kommunalverwaltungen in Deutschland« hat die Leuphana Universität Lüneburg ein Modell zur Entwicklung einer kommunalen Nachhaltigkeitssteuerung erarbeitet, das sich ebenfalls in fünf Schritte gliedert (Pawlitzki et al. 2015: 31–67):
Auswahl der Handlungsfelder Konkretisierung der Maßnahmen Reflexion und Lernprozess Im bereits erwähnten Projekt »Global Nachhaltige Kommune NRW« der LAG 21 NRW und der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global sieht der idealtypische Prozess eines kommunalen Nachhaltigkeitsmanagements folgende Schritte vor (LAG 21 NRW und SKEW 2018: 9–16):
Erarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie Nachhaltigkeitsstrategie und formeller Beschluss Evaluation und Fortschreibung Im Projekt »Monitor Nachhaltige Kommune« der Bertelsmann Stiftung wurde das von ICLEI – Local Governments for Sustainability entwickelte, integrierte und zyklische Nachhaltigkeitsmanagement weiterentwickelt. Die fünf Schritte dieses Prozessmodells (Kuhn, Burger und Ulrich 2018: 11) lauten:
Evaluation und Fortschreibung Vier Modelle – ein Grundprinzip
Zusammengefasst fällt auf, dass sich die vier Modelle in ihren grundlegenden Prozessschritten nicht wesentlich unterscheiden. Sie alle legen fünf (bzw. in einem Fall sechs) Schritte zugrunde, die in Teilen identisch sind und überwiegend einer gemeinsamen Logik folgen. Denn alle Modelle beziehen sich explizit oder implizit auf den sogenannten PDCA-Zyklus (Plan – Do – Check – Act). Hinzu kommt: Das von ICLEI entwickelte integrierte und zyklische Nachhaltigkeitsmanagement wurde in den drei anderen Modellen aufgegriffen und die Weiterentwicklung des ICLEI- Ansatzes baut wiederum auf den anderen Modellen auf (vgl. ICLEI 2007).
1.2Nachhaltigkeitsmanagement in Kommunen: ein integrierter, zyklischer Prozess
Den weiteren Ausführungen wird das Modell des integrierten zyklischen Nachhaltigkeitsmanagements in Kommunen zugrunde gelegt und vertieft. »Integriert«, weil im Gegensatz zu früheren Ansätzen alle Handlungsfelder einer nachhaltigen Stadtentwicklung einbezogen werden. »Zyklisch«, weil statt eines statischen Nachhaltigkeitsplans ein regelmäßig wiederkehrender Prozess initiiert wird.
Die folgende Abbildung zeigt das Zusammenspiel der fünf idealtypischen Schritte, der flankierenden Elemente und der vier zentralen Instrumente des zyklischen Nachhaltigkeitsmanagements in Kommunen.
Abbildung 7: Wirkungsorientiertes Nachhaltigkeitsmanagement in Kommunen
Quelle: Kuhn, Burger und Ulrich 2018: 10
Ausbau und Aktualisierung in regelmäßigen Zyklen
Ein so beschriebener, sich regelmäßig – beispielsweise alle zwei bis fünf Jahre – wiederholender, zyklischer Managementprozess hat mehrere Vorteile für Kommunen.
Zum einen: Was heute noch unerreichbar erscheinen mag, kann schon in wenigen Jahren allgemeiner Konsens sein. Das hat die Nachhaltigkeitsdebatte oft gezeigt. Neue politische und gesellschaftliche Herausforderungen können – dies hat uns die Corona-Krise sehr deutlich vor Augen geführt – Maßnahmen erfordern, an die bisher kaum jemand dachte. Im zyklischen Prozess können die Ansprüche an die gesetzten Ziele und Maßnahmen veränderten Debatten und Problemlagen angepasst und damit relevant gehalten werden.
Zum anderen: Der ambi...