Vielfalt in Schule und Unterricht
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Vielfalt in Schule und Unterricht

Konzepte und Debatten im Zeichen der HeterogenitÀt

  1. 141 Seiten
  2. German
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Vielfalt in Schule und Unterricht

Konzepte und Debatten im Zeichen der HeterogenitÀt

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Über dieses Buch

HeterogenitĂ€t ist ein zentrales Schlagwort in Debatten um Inklusion und Chancengleichheit. Schule soll HeterogenitĂ€t meistern, erzeugt sie aber gleichzeitig auch selbst. In diesem Band werden zunĂ€chst didaktische Unterrichtskonzepte auf ihre Eignung hin ĂŒberprĂŒft: Wie tauglich sind diese im Hinblick auf heterogene Schulklassen? Im Anschluss werden die Möglichkeiten eines einbeziehenden Unterrichts beleuchtet und dabei auch der Hintergrund sozio-kultureller Differenzdebatten um Gender, Migration und soziale Herkunft reflektiert. Abschließend werden die Professionalisierung der Lehrenden fĂŒr HeterogenitĂ€t und die Sicht der Lernenden auf Vielfalt in Schule und Unterricht in den Blick genommen.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783170363120
Auflage
1
Thema
Bildung

Soziokulturelle Differenzdebatten in der (Fach)Didaktik

MigrationspÀdagogik als Einsatz1 einer Allgemeinen Didaktik

Thomas Geier & Paul Mecheril

1 Migrationsgesellschaftliche Gegenwart

In den letzten zwei Jahrzehnten ist in PĂ€dagogik und Erziehungswissenschaft im amtlich deutschsprachigen Raum das Interesse an der Auseinandersetzung mit dem Themenfeld Migration deutlich gestiegen (Hummrich & Terstegen 2020). Nachdem politisch und medial in Deutschland lange Zeit die Haltung vorherrschte, dass Migration randstĂ€ndig und nicht konstitutiv fĂŒr gesellschaftliche Wirklichkeit sei, lĂ€sst sich inzwischen vielmehr davon sprechen, dass das Thema Migration ubiquitĂ€r geworden ist und dies keineswegs in unproblematischer Weise. Dabei wurde noch bis Ende der 1990er Jahre die offizielle Selbstdarstellung der Bundesrepublik hartnĂ€ckig von der »LebenslĂŒge« dominiert, Deutschland sei kein Einwanderungsland (vgl. Bade 1994). Diese politische IrrefĂŒhrung und Ignoranz haben zweifelsohne die sozialen Folgen von Migration verkannt und damit ĂŒberaus problematische Entwicklungen nach sich gezogen, deren Konsequenzen sich deutlich auch im Feld von Bildung und Erziehung sowie ihren Organisationen zeigen. Konnte sich wĂ€hrend der 1980er und 1990er Jahre angesichts dieses gesamtgesellschaftlichen Desinteresses eine systematische BeschĂ€ftigung mit der Migrationstatsache – die nicht erst als Arbeitsmigration nach 1945 einsetzte, sondern immer schon Teil sozialrĂ€umlicher MobilitĂ€t gewesen ist – zunĂ€chst nur in pĂ€dagogischen Subdisziplinen, etwa der interkulturellen PĂ€dagogik, entfalten, lĂ€sst sich gegenwĂ€rtig das Gegenteil feststellen. Das Thema Migration ist heute auch erziehungswissenschaftlich gewissermaßen in aller Munde. Davon zeugen nicht zuletzt auch die mannigfaltigen diversifizierten pĂ€dagogischen Programme, die unter â€șHeterogenitĂ€tâ€č, â€șDiversitĂ€tâ€č, â€șVielfaltâ€č, â€șInterkulturalitĂ€tâ€č oder â€șPluralitĂ€tâ€č firmieren und einen gelingenden Umgang mit Differenz versprechen.
Mit Beginn des 21. Jahrhunderts hatte sich das politische Szenario verĂ€ndert, und erste An-Erkennungen der Migrationstatsache setzten ein. Ab 2000 prĂ€gen bedeutsame Momente des OrtsansĂ€ssigkeitsprinzips die deutsche StaatsbĂŒrgerschaftsregelung. Zudem wurde 2004 das Zuwanderungsgesetz verabschiedet, das zum ersten Mal den Begriff der â€șIntegrationâ€č in einer migrationspolitischen Gesetzgebung verwendet. Zugleich macht bereits der Name des Gesetzes aber seine restringierende Ausrichtung deutlich: »Gesetz zur Begrenzung und Steuerung von Zuwanderung«2. Bezogen auf Migration wird hier das widersprĂŒchliche Prinzip politischer Regelung deutlich: Neuformierung des Sozialen durch Grenzausdehnung bei gleichzeitiger restriktiver Begrenzung von Migrationsbewegungen. Auch das 2016 in Kraft getretene Integrationsgesetz ist einerseits zwar als Gestaltung von Migration und damit als Anerkennung der Migrationstatsache zu werten, doch hebt es andererseits einseitig hervor, Migrant*innen auf sogenannte Integrationsleistungen zu verpflichten, wenn dort von »Aktive[r] Integration als Pflicht« gesprochen wird (BMAS 2016, S. 3). Es lĂ€sst sich auch von einem »Integrationsdispositiv« sprechen (Mecheril 2011, S. 49), das eine solche soziale Wirklichkeit hervorbringt, in der es fĂŒr Migrant*innen gilt, sich anzupassen. Andernfalls drohten Sanktionen (vgl. Geier 2020).
Mit Beginn des neuen Jahrtausends hat sich in Deutschland das SelbstverstĂ€ndnis durchgesetzt, dass die Anwesenheit von Migrantinnen und Migranten weder marginal noch vorĂŒbergehend, sondern konstitutiv fĂŒr die gesellschaftliche Wirklichkeit ist. Die öffentlichen Diskurse, die politischen Debatten und Anstrengungen sowie die Ergebnisse der empirischen Bildungsforschung der letzten Jahre in Deutschland verweisen darauf, dass das Thema Migration zu den wichtigsten gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der Gegenwart und Zukunft avanciert ist.
Dies bestÀtigt sich insbesondere im Bildungssystem, das von Migrationsbewegungen in vielerlei Hinsicht grundlegend betroffen ist. Nicht nur gewohnte Praxen und Institutionalisierungsformen pÀdagogischen Handelns, auch pÀdagogische SelbstverstÀndnisse und Programme werden unter Bedingungen der Vielfalt von Zugehörigkeiten, Lebensformen und biographischen Mustern sowie demokratisch nicht legitimierbarer Ungleichheit prekÀr bzw. in ihrem prekÀren Status sichtbar. MigrationsphÀnomene gehen mit Herausforderungen einher, weil sie die Bildungsinstitutionen mit den in sie eingelagerten NormalitÀtskonstruktionen konfrontieren, die als habituelle Muster ihrer Beharrung verstanden werden können.
Die mit Migration verknĂŒpften PhĂ€nomene betreffen alle bildungsbezogenen Handlungsebenen, also Organisationsformen, Methoden, Inhalte wie auch die ProfessionalitĂ€t des pĂ€dagogischen Personals. Migrationsbewegungen stellen die FunktionalitĂ€t und LegitimitĂ€t von gesellschaftlichen Institutionen und Organisationen infrage. Diese doppelte Beunruhigung von und in BildungsrĂ€umen zeigt sich zuletzt in der öffentlichen Thematisierung der globalen FluchtphĂ€nomene in besonders klarer Weise. Die aktuelle Fluchtmigration und die lange verdrĂ€ngte Tatsache der Arbeitsmigration fordern die Bildungsinstitutionen insofern dazu heraus, ihre Organisationsformen und Selbstbilder zu ĂŒberdenken und zeitgemĂ€ĂŸ zu gestalten.
Fragen einer zeitgemĂ€ĂŸen migrationsgesellschaftlich ausgerichteten Gestaltung pĂ€dagogischer Institutionen und Handlungsformen motivieren diesen Beitrag. Weil MigrationsphĂ€nomene konstitutiv fĂŒr lokale, nationale und globale Ungleichheits- und MachtverhĂ€ltnisse sind, können diese im Sinne Wolfgang Klafkis als »epochaltypische SchlĂŒsselprobleme unserer Gegenwart und der vermeintlichen Zukunft« (Klafki 2007, S. 56) bezeichnet werden. Den pĂ€dagogischen und sozialen Organisationen und Bildungsinstitutionen fĂ€llt daher die zentrale Rolle zu, auf die aktuellen globalen VerhĂ€ltnisse einzugehen und Migration im Zusammenhang globaler Not und Ungleichheit als einen bedeutsamen, allgemeinen Bildungsgegenstand aufzufassen und zu konzipieren. Der Beitrag schließt dazu und gewissermaßen unorthodox, doch gleichwohl systematisch an Klafki an, indem seine kritische Frage nach einer allgemeinen Didaktik aufgeworfen wird. Es stellt sich die Frage, inwieweit das kanonisierte und institutionalisierte, fachliche und pĂ€dagogische Wissen die fĂŒr die Bedingungen und Gestaltung einer Migrationsgesellschaft erforderlichen allgemeinen Bildungsmöglichkeiten ĂŒberhaupt eröffnet. Eine migrationspĂ€dagogisch informierte allgemeine Didaktik, soll im Folgenden charakterisiert und skizziert werden.

2 MigrationspÀdagogik als Gestaltung der Migrationsgesellschaft

MigrationspĂ€dagogik (Mecheril 2004) bezeichnet einen Blickwinkel, unter dem Fragen gestellt und thematisiert werden, die bedeutsam sind fĂŒr eine PĂ€dagogik unter den Bedingungen einer Migrationsgesellschaft. Die Rede ist hier insbesondere von â€șMigrationsgesellschaftâ€č und nicht beispielsweise von Einwanderungsgesellschaft, weil der Begriff Migration weiter als Einwanderung gefasst ist und dadurch einem weiteren Spektrum an WanderungsphĂ€nomenen gerecht wird. Mit dem Ausdruck Migration ist eine allgemeine Perspektive verbunden, womit PhĂ€nomene erfasst werden, die fĂŒr eine Migrationsgesellschaft kennzeichnend sind: Übersetzung oder Vermischung als Folge von Wanderungen, Entstehung von Zwischenwelten und hybriden IdentitĂ€ten, PhĂ€nomene der Zurechnung auf Fremdheit, Strukturen und Prozesse des Rassismus, Konstruktionen des und der Fremden oder auch die Erschaffung neuer Formen von EthnizitĂ€t.
MigrationspĂ€dagogik bezieht sich in einer pĂ€dagogischen Einstellung auf PhĂ€nomene dieser Art. Damit kommen die in MigrationsphĂ€nomenen deutlich werdenden Prozesse der Pluralisierung und der Vereinseitigung, der Differenzierung und der Entdifferenzierung, der Segregation und der Vermischung des Sozialen in den Blick. â€șMigrationsgesellschaftâ€č ist eine Bezeichnungspraxis, die von vornherein anzeigt, dass die Einengung etwa auf eine kulturelle Betrachtung der mit Wanderung verbundenen PhĂ€nomene unangemessen ist (ebd., S. 113 ff.). Wanderung ist vielmehr ein umfassendes PhĂ€nomen, das im Spannungsfeld politischer, administrativer, ökonomischer, kultureller und rechtlicher Systeme auf globaler, nationaler und lokaler Ebene stattfindet. Positionierungen und Identifizierungen der â€șMigrantenâ€č und der â€șMigrantinnenâ€č und komplementĂ€r der â€șNicht-Migrantenâ€č und der â€șNicht-Migrantinnenâ€č mĂŒssen in der KomplexitĂ€t dieses Spannungsfeldes verstanden werden. MigrationspĂ€dagogik eröffnet Möglichkeiten einer pĂ€dagogischen ReflexivitĂ€t, die den Beitrag der Bildungsinstitutionen und des pĂ€dagogischen Diskurses zu diesen VerhĂ€ltnissen sowie Möglichkeiten der Thematisierung und Verschiebung dieser VerhĂ€ltnisse in den Blick nimmt.
Der migrationspĂ€dagogische Ansatz interessiert sich fĂŒr die Beschreibung und Analyse der dominanten Schemata und Praxen der Unterscheidung zwischen natio-ethno-kulturellem â€șWirâ€č und â€șNicht-Wirâ€č und weiterhin auch fĂŒr die StĂ€rkung und Ausweitung der Möglichkeiten der VerflĂŒssigung und Versetzung dieser Schemata und Praxen. MigrationspĂ€dagogik ist also keine klientelorientierte Migrant*innen-PĂ€dagogik in dem Sinne, dass es ihr erstes Anliegen wĂ€re, die Migrant*innen zu verĂ€ndern. Anders als diejenigen pĂ€dagogischen AnsĂ€tze, die in erster Linie auf die Förderung (des zum Beispiel als Sprachkompetenz bezeichneten Vermögens, die hegemoniale Sprache im Standardregister zu sprechen3) der Migrant*innen zielen, oder im Gegensatz zu etwa interkulturellen AnsĂ€tzen, die die kulturelle Differenz zwischen Migrant*innen und Nicht-Migrant*innen verringern oder akzeptieren wollen, kommen migrationspĂ€dagogisch institutionelle und diskursive Ordnungen der Erzeugung (zum Beispiel ethnischer oder kultureller) Differenz sowie Möglichkeiten ihrer VerĂ€nderung in den Blick.
Eine zentrale Aufgabe der MigrationspÀdagogik besteht folglich in der BeschÀftigung mit der Frage, wie der und die natio-ethno-kulturelle Andere unter Bedingungen von Migration erzeugt wird und welchen Beitrag pÀdagogische Diskurse und pÀdagogische Praxen hierzu leisten. Gegenstand der MigrationspÀdagogik sind insofern die durch MigrationsphÀnomene bestÀtigten und hervorgebrachten Zugehörigkeitsordnungen und insbesondere die Frage, wie diese Ordnungen in bildungsinstitutionellen Kontexten wiederholt und produziert werden sowie nach den Möglichkeiten, diese zu verÀndern. Dies soll nun anhand zweier PÀdagogiken, die vornehmlich mit Differenz befasst sind, erlÀutert werden. Diese werden als BeitrÀge und spezifische Formen aufgefasst, DifferenzverhÀltnisse in pÀdagogischen Institutionen zu erzeugen.

2.1 DifferenzverhÀltnisse I: InterkulturalitÀt

Programme der Interkulturellen PĂ€dagogik, also jener erziehungswissenschaftlichen Subdisziplin, die sich mit migrationsgesellschaftlichen DifferenzverhĂ€ltnissen befasst, richten sich auf Grundlage normativ geltender allgemeiner Gleichheitsprinzipien auf die Anerkennung differenter »anderer IdentitĂ€tsentwĂŒrfe« (Auernheimer 2001, S. 45). Anerkennung des und der Anderen kann sicherlich einen angemessenen Grundsatz pĂ€dagogischer Arbeit bilden, doch bedarf das Prinzip einer bedeutenden ErgĂ€nzung. AlteritĂ€tstheoretische AnsĂ€tze in der Allgemeinen PĂ€dagogik heben seit geraumer Zeit (z. B. Masschelein/Wimmer 1996) hervor, dass – ĂŒberspitzt formuliert – der bzw. die Andere nicht anerkennbar sei, da der bzw. die Andere nicht erkennbar ist. Das heißt jedoch nicht, dass Anerkennung ein unangemessener Grundsatz wĂ€re. Auch bezeichnet die Unmöglichkeit der Anerkennung des oder der Anderen aufgrund der Einsicht, dass das, was nicht erkennbar, deshalb auch nicht anerkennbar ist, keinen Mangel, sondern sollte selbst anerkannt werden. Das heißt: Es geht hier um eine Anerkennung der Nicht-Erkennbarkeit, oder – angemessener in allgemeinpĂ€dagogischen Begriffen formuliert – der Unbestimmtheit des oder der Anderen. Neben dem Gleichheitsgrundsatz und dem Prinzip der Anerkennung von IdentitĂ€tsentwĂŒrfen stellt mithin auch dieses paradoxe Moment, die Unmöglichkeit der Anerkennung anzuerkennen, ein Moment allgemeiner Bildung in der Migrationsgesellschaft dar und bezeichnet somit einen ihrer politisch-ethischen Fluchtpunkte.
Der Ausdruck â€șkulturelle Differenzâ€č wird hingegen zumeist benutzt, um zwischen â€șunsâ€č und jenen Personen(gruppen) zu unterscheiden, die gewöhnlich als kulturell Differente imaginiert und identifiziert werden (Terkessidis 2010, S. 77 ff.): â€șdie Fremdenâ€č, â€șdie Zuwander*innenâ€č, â€șdie Anderenâ€č, â€șdie AuslĂ€nder*innenâ€č, â€șdie Migrant*innenâ€č, â€șdie FlĂŒchtlingeâ€č, â€șMenschen mit Migrationshintergrundâ€č etc. Und nur, weil es einen dominanten Diskurs gibt, in dem die Fremden, Anderen, AuslĂ€nder*innen, Migrant*innen (und nur sie und sie nur in dieser Weise) der kulturellen Differenz bezichtigt werden, kann ĂŒber besondere Voraussetzungen und Erfordernisse nachgedacht werden, mit der Differenz zu kulturell Anderen (pĂ€dagogisch) umzugehen. Da also in dominanten Diskursen â€șinterkulturellâ€č mit â€șMigrantenâ€č verknĂŒpft ist und die Praxis â€șinterkulturellâ€č hĂ€ufig als Praxis des Otherings auftritt, können pĂ€dagogische Sonderkompetenzen im Umgang mit Migrant*innen beispielsweise als interkulturelle Kompetenz nachgefragt werden (Mecheril 2010) oder interkulturelle Lerninhalte fĂŒr die SchĂŒler*innen in LehrplĂ€nen4 festgeschrieben werden (empirisch dazu Geier 2011).
Die kulturelle Besonderung von Menschen, die in der Migrationsgesellschaft als Andere gelten, trĂ€gt komplementĂ€r dazu bei, dass die andere Seite – Menschen ohne Hintergrund – sich als nicht besonders, nicht integrationsbedĂŒrftig, sondern als normal und fraglos am richtigen Ort verstehen kann. In verwandter Weise hat Franz Hamburger dies bereits vor zehn Jahren als das Elend der Interkulturellen PĂ€dagogik bezeichnet:
»Es gibt unzĂ€hlige Berichte ĂŒber Besuche von Kindergartengruppen in Moschen und auslĂ€ndischen Familien, aber keine Berichte ĂŒber didaktisch analog konzipierte Besuche in Kirchen und deutschen Familien, um deren Kultur kennen zu lernen. Das ist immer noch das Elend der Interkulturellen PĂ€dagogik« (Hamburger 2009, S. 10).
Aber selbst, wenn man â€șdeutsche Familienâ€č besuchen wĂŒrde, um ihre Kultur kenne...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Einleitung: HeterogenitÀt in Schule und Unterricht
  6. Potenziale von Unterrichtskonzepten in Hinblick auf HeterogenitÀt
  7. Soziokulturelle Differenzdebatten in der (Fach)Didaktik
  8. Professionalisierung im Spiegel von HeterogenitÀt
  9. HeterogenitÀt aus Sicht der Lernenden
  10. Die Autor*innen