Resozialisierung durch Soziale Arbeit
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Resozialisierung durch Soziale Arbeit

Ein Lehrbuch für Studium und Praxis

  1. 221 Seiten
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Resozialisierung durch Soziale Arbeit

Ein Lehrbuch für Studium und Praxis

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Resozialisierung ist Ziel und Auftrag der Sozialen Arbeit z.B. im Strafvollzug, in der Bewährungshilfe und in der Freien Straffälligenhilfe. Um dieses Ziel - die Reintegration in die Gesellschaft - zu erreichen, sind spezifische Kenntnisse und Kompetenzen sowie ethische Grundsätze und kriminalpolitische Orientierung notwendig. Das Buch zeigt, wie Fachkräfte der Sozialen Arbeit in enger Zusammenarbeit mit ihren Klientinnen und Klienten erfolgreich resozialisieren können. Neben der Auseinandersetzung mit dem Begriff, den Problemlagen und Handlungsmethoden werden institutionsbezogene Hilfearten vorgestellt. Das Lehr- und Lernbuch bietet dazu ein facettenreiches Fallbeispiel und ermöglicht so den Transfer des Wissens in die Praxis.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783170360464

Fallgeschichte

Zur Veranschaulichung des Inhalts dieser Lektion und einleitend zu den folgenden Lektionen soll anhand einer kleinen Fallgeschichte beispielhaft die Lebenswelt und Lebenslage der Klientinnen und Klienten illustriert werden, um mögliche Interventionen der Sozialen Arbeit mit dem Ziel der Resozialisierung im Kontext verstehen zu lernen.
Es soll aus didaktischen Gründen versucht werden, dies an der immer gleichen Fallgeschichte des R. zu üben. Die etwas blutlose Reduzierung des Namens auf einen Buchstaben erfolgt, weil jeder Fantasiename von Kevin über Ronnie bis Karl Friedrich oder Mustafa Assoziationen auslöst, die hier vermieden werden sollen. Fallübungen dieser Art bergen immer neben ihren Chancen hinsichtlich des Verstehens und Lernens auch Gefahren: Jegliche Beschreibung von Merkmalen kann Stigmatisierungen auslösen oder die Normalität des Alltags auch dieser Personen ausblenden bzw. unsichtbar machen. Jegliche Reduzierung von Komplexität zum Erkennen von Strukturen könnte dazu verführen, Multiproblemlagen zu ignorieren. Die Konzentration auf eine junge männliche Person lässt sich durch die Häufigkeitszahlen rechtfertigen, könnte aber auch als Ignoranz gegenüber Minoritäten missverstanden werden. Die Fallgeschichte ist konstruiert aus Elementen, die sich genauso in Akten des Jugendamtes, Gerichtsurteilen und Gefangenenpersonalakten fanden. Manche Leserin und mancher Leser mag zunächst meinen, der Fall sei zu komplex und etwas sehr konstruiert. Aber es geht um Fallübungen und deshalb geht es neben der Realitätsnähe, die hier durchaus gegebenen ist, auch um Anknüpfungspunkte für Resozialisierungshilfen, die der Lebensgeschichte einen anderen Verlauf geben könnten, indem sie das mögliche Handlungsspektrum des R. erweitern. Diese kleine Vorbemerkung soll den richtigen Gebrauch der Fallübungen erleichtern – einige spezifische Anmerkungen werden deutlich machen, dass Vielfalt und Diversität in der Praxis der Lebenswelten gesehen werden.
R.s Mutter war zum Zeitpunkt der Geburt 17 Jahre alt und hatte schon damals keinerlei Kontakt mehr zum Kindsvater. Im Alter von 15 Monaten wird R. von der Mutter zur Adoption freigegeben, weil sie sich von der Versorgung des Kindes überfordert fühlt und weil es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit ihrer eigenen Mutter über den Umgang mit dem Kind bzw. Enkel kommt. R. kommt zunächst in eine Jugendhilfeeinrichtung, und nach vier Monaten findet die Adoptionsvermittlungsstelle eine Adoptionsfamilie, die ihr geeignet erscheint. Das Ehepaar nimmt ihn zur Adoptionspflege auf, zögert aber immer wieder mit der Adoption, »weil sie mit R. so schlecht zurechtkommen und sichüberfordert fühlen«. R. gilt als aufgeweckt, findet aber nur schwer Kontakt zu Gleichaltrigen, und die Adoptiveltern sind enttäuscht, dass er so wenig Vertrauen zu ihnen fasst. Nach sechs Monaten, kurz nach R.s zweitem Geburtstag, teilen die Pflegeeltern mit, dass sie R. nicht adoptieren wollen. Die Adoptionspflegschaft wird daraufhin beendet und R. kehrt in die Jugendhilfeeinrichtung zurück, wo er die nächsten zwei Jahre verbleibt. Dann wird erneut ein Paar gefunden, das R. als Kind annehmen möchte. Nach vier Monaten in dieser Familie im Rahmen der Adoptionspflege erfolgt dann die Adoption. Auch diese Eltern berichten dem Jugendamt von großen Schwierigkeiten mit R., sind aber zuversichtlich, dass sich das geben werde, denn sie wüssten ja, dass R. es bisher nicht leicht hatte. Die Eltern nehmen ihre Erziehungsaufgabe mit Engagement an und fühlen sich als Familie komplett, als nach gut einem Jahr noch ein leibliches Kind geboren wird. Die Erzieherinnen in der Kindertagesstätte schildern R. als oft trotzig und manchmal aggressiv – einen Freund findet er in der Kindergruppe nicht.
R. wird altersgerecht eingeschult und hat hinsichtlich des schulischen Lernens wenige Probleme. Als sich nicht nur die Lehrerin, sondern auch einige Eltern von Mitschüler_innen über Beleidigungen, Sachbeschädigungen und häufige plötzliche körperliche Angriffe beschweren, suchen die Eltern mit dem neunjährigen R. eine Erziehungsberatungsstelle auf und fragen schließlich bei der Adoptionsvermittlungsstelle nach, was man denn tun könne, wenn man von einer Adoption überfordert wäre. R.s Adoptivvater führt dabei aus, dass es an der Erziehung nicht liegen könne, denn das vierjährige leibliche Kind Thomas sei ganz normal und werde von R. auch oft drangsaliert. Er vermute einen Alkoholmissbrauch während der Schwangerschaft – davon habe er in einer Illustrierten gelesen.
R. wird in seiner Schulklasse zunehmend als Außenseiter wahrgenommen – einige Mitschüler_innen haben auch regelrecht Angst vor ihm. Der Versuch der Adoptiveltern, ihn in eine Fußballmannschaft zu integrieren, misslingt, weil R. nach drei Trainingseinheiten am Wochenende nicht in eine Turniermannschaft eingesetzt wird und daraufhin den Trainer lautstark schwer beleidigt und zwei seiner eigenen Mitspieler tritt. Zu einer daraufhin verabredeten Spielersitzung drei Tage später will er nicht hin, und insgesamt weigert er sich, jemals noch einmal zum Training zu erscheinen.
Der zwölfjährige R. zeigt keine schlechten Schulleistungen, allerdings attestieren die Musiklehrerin, der Sportlehrer und die Lehrerin für Kunsterziehung ihm häufige Leistungsverweigerungen und manchmal auch unerlaubtes Entfernen aus dem Unterricht. Er bekommt keine Gymnasialempfehlung von der Grundschule und die Eltern sind sich mit den Lehrer_innen und der Schulleitung einig, dass ihm ja ohnehin das Durchhaltevermögen fehle.
R. ist von der Schullaufbahnentscheidung einerseits wenig beeindruckt, andererseits fühlt er sich aber gekränkt, als er feststellt, dass die Schüler und Schülerinnen seiner Grundschulklasse sortiert werden und er zur Minderheit der schlechteren gehört. In der achten Klasse fällt er durch einige Prügeleien auf und gerät dadurch auch in Kontakt zu älteren Schülern mit ähnlichen Verhaltensweisen. Die Eltern schwanken zwischen rigiden Strafen, insbesondere Hausarresten sowie Taschengeldentzug, und der Einsicht, man könne ohnehin nichts machen, denn »der R. sei eben so«. Deshalb müssten sie vor allem den kleinen Bruder Thomas schützen und dafür sorgen, dass wenigstens er studieren könne.
In der Clique mit den älteren Mitschülern seiner Schule kommt es immer wieder zu kleineren Raufereien, Ladendiebstählen und auch Gewaltdrohungen, bei denen R. zunächst nur Zuschauer ist. Wenn man sich nachmittags am Buswartehäuschen oder vor dem Jugendklub trifft, werden manchmal auch Alkohol und das Rauchen ausprobiert. R. ist nun 13 – manche in der Gruppe sind 15 Jahre alt, konsumieren manchmal Cannabis und haben gelegentlich unfreiwilligen Kontakt zu Polizei, Jugendgericht und Jugendhilfe.
Am Ende des achten Schuljahrgangs werden die Eltern auf die vielen Fehltage und Disziplinprobleme hingewiesen – die Versetzung ist aber aufgrund seiner Schulleistungen nicht gefährdet. Besonders gute Leistungen zeigt R. in Mathematik. Der Mathematiklehrer geht immer wieder spezifisch auf ihn ein, spornt ihn an und verlangt von ihm besondere Leistungen, die er dann auch erbringt. Die beiden verstehen sich offensichtlich gut und der Mathematiklehrer setzt sich gegenüber seinen Kollegen und Kolleginnen auf den Konferenzen immer wieder für R. ein. R. fehlt in keiner einzigen Mathematikstunde.
Als es zu mehreren Diebstählen in der Klasse kommt, wird von Lehrer_innen, mehreren Mitschüler_innen und deren Eltern der Verdacht geäußert, dass dies wohl R. gewesen sei. Auf dem Schulweg verprügelt R. einen der ihn verdächtigenden Mitschüler, verletzt ihn dabei und beschädigt auch seine Kleidung und Schultasche. Die Eltern erstatten Anzeige wegen Körperverletzung. Wenige Tage später stellt sich heraus, dass für die Diebstähle in der Klasse ein anderer Schüler verantwortlich war.
Da R. inzwischen 14 Jahre alt ist und damit strafmündig, bekommt er zunächst eine Vorladung zur Vernehmung bei der Polizei, wo er gemeinsam mit seinen Eltern erscheinen soll. R. gibt die Körperverletzung und Sachbeschädigung zu und rechtfertigt dies mit der grundlosen Verdächtigung hinsichtlich der Diebstähle. Er sagt gegenüber der Polizei, dies sei eine schwere ehrverletzende Beleidigung, gegen die er sich nicht anders habe wehren können.
Eine Woche später kommt ein Schreiben des Jugendamts, Abteilung Jugendgerichtshilfe. Eine Mitarbeiterin teilt mit, dass sie von der Polizei über den Vorfall informiert wurde, mit R. und seinen Eltern darüber sprechen möchte und gerne dazu zu einem Hausbesuch in die Wohnung komme. Acht Tage später kommt die Sozialarbeiterin zum Gespräch. R. möchte vor allem sein Verhalten rechtfertigen, weil er sich ungerecht behandelt fühlt. Die Sozialarbeiterin des Jugendamtes möchte aber insbesondere über seine bisherige Kindheit sprechen und befragt die Mutter mehr als R. Die Mutter ist zunächst sehr zurückhaltend und bittet dann R., das Zimmer zu verlassen. Als R. nicht mehr zuhören kann, erzählt sie, dass er ein Adoptivkind ist und schon immer schwierig gewesen sei. An ihrer Erziehung könne es nicht gelegen haben – sie bemühe sich sehr, das Beste aus ihm zu machen, und hoffe sehr, dass das Jugendgericht ihm klar mache, dass es so nicht weitergehe.
Schließlich kommt drei Monate später ein Schreiben der Staatsanwaltschaft mit dem Inhalt, dass man gem. § 45 JGG von der Strafverfolgung absehe, wenn R. sich bei seinem Mitschüler schriftlich entschuldige. Zunächst verstehen weder R. noch seine Eltern den Inhalt des Schreibens und R. wundert sich, warum er einem Mitschüler, den er fast täglich sehe und spreche und mit dem er immer wieder in Schule und vor dem Jugendclub Fußball spiele, einen Brief schreiben solle – die Sache sei doch zwischen ihnen beiden längst erledigt. Aber die ihm bekannte Mitarbeiterin des Jugendamts (Jugendhilfe im Strafverfahren/Jugendgerichtshilfe) erklärt ihm und den Eltern, dass etwas schriftlich vorliegen müsse, damit das Verfahren beendet sei und so schreibt R. einen Dreizeiler, den er seinem Mitschüler übergibt und dessen Kopie an die Staatsanwaltschaft geht. Kurz darauf kommt ein Schreiben der Staatsanwaltschaft, dass von der Strafverfolgung abgesehen werde.
In der Folgezeit wird R. kurz hintereinander dreimal bei Ladendiebstählen erwischt. Wieder gibt es Vorladungen und Vernehmungen bei der Polizei für ihn und seine Eltern. Beim erneuten Besuch der Mitarbeiterin des Jugendamtes meint diese, nun werde er wohl vor das Jugendgericht kommen. Jetzt dürfe nichts mehr passieren, sonst müsse er ins Gefängnis. Außerdem solle er sich für die Hauptverhandlung gut vorbereiten, das was er gemacht habe ehrlich gestehen und möglichst viel Positives über sich und seine Zukunftspläne berichten.
Kurz vor seinem 16. Geburtstag findet die Hauptverhandlung statt – sie dauert nur eine gute Stunde und R. wird dazu verurteilt, in einer nahe gelegenen Grundschule den Hausmeister für 20 Stunden bei Reinigungsarbeiten auf dem Schulhof zu unterstützen. R. ist erleichtert, dass er nicht inhaftiert wird, und leistet die ersten acht Stunden regelmäßig. Dann vergisst er einen Termin und kommt beim nächsten Termin zu spät. Als der Hausmeister ihm daraufhin Vorwürfe macht, wirft er ihm den Besen vor die Füße und geht. Die Mitarbeiterin des Jugendamtes versucht zu vermitteln, aber R. weigert sich und bezeichnet den Hausmeister als einen »Schnaps trinkenden Assi«, von dem er sich nichts sagen lasse. Zwei Monate, nachdem der Abbruch der Arbeiten dem Jugendgericht gemeldet wird, kommt ein Schreiben des Jugendgerichts, dass er mit der Verhängung von Jugendarrest rechnen müsse, wenn er sich weiterhin weigere, die Arbeiten aufzunehmen. R. ist bereit, andere Arbeiten auszuführen, möchte aber auf keinen Fall mehr dem besagten Hausmeister begegnen – eher würde er für fünf Jahre in den Knast gehen. Zwei Wochen später kommt ein Schreiben des Gerichts, dass er zwei Wochenenden von Samstag 8:00 ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Inhalt
  6. Einleitung
  7. Fallgeschichte
  8. Literaturverzeichnis
  9. Stichwortverzeichnis